Freitag, 6. Dezember 2013

Hartmudo: skurril

Montag, 11.11.2013. Es ist Karnevalsanfang. Das mir das Folgende ausgerechnet am 11.11. passiert, ist Zufall. Aber wenn schon, denn schon. Und es ist wirklich so passiert.
Vormittags im Büro war es etwas nervig, so dass ich zu der Überzeugung gelangte, dass es gut sei, eher Feierabend zu machen. 14.00 Uhr war hier der angemessene Zeitpunkt, da ich dann den Zug nehmen konnte. Kurz vor 3 In Braunschweig angekommen, war es Zeit, die ersten Weihnachtsgeschenke zu kaufen.
Ich radelte also schön in die Stadt rein, fand bei Saturn und Tee-Gschwendner die erhofften Präsente für die Lieben zum Weihnachtsfeste und nahm auch noch ein Brot mit. Dieser frühe und unverhoffte Feierabend hatte mir richtig gut getan. Deshalb verweilte ich auch länger in der Stadt, als ich eigentlich vorhatte.
Zuhause war ich dann kurz nach 16.00 Uhr. Jetzt rief ich meine Löwin an, um zu fragen, ob sie nach der Arbeit noch nach Hause kommt. Ich konnte mich nämlich noch daran erinnern, dass sie noch zum Verein fahren mußte an diesem Abend. Leider war mal wieder nur die Mailbox zu hören.
Ich sabbelte irgendwas von „bist wohl gleich zum Verein durchgefahren“ … „kommst anscheinend vorher nicht nach Hause“ … „brauchst nicht zurückzurufen“ … usw. Ist ja nicht schlimm, wenn sie direkt durchfährt. Das Brot kriege ich auch alleine gegessen.
Aber ich verspürte einen gewissen Druck im Körper und mußte Ballast loswerden. Im Anschluß daran war ausduschen angesagt. Da das diesmal etwas länger dauern würde, wollte ich warten, bis meine Löwin nach Hause kam und dann noch etwas Zeit im Bad verbringen könnte. Alternativ hätte sie, falls ich dann unter der Dusche stand, aufhalten oder in meine kleine Kemenate gehen müssen. Und ihr könnt mir glauben: Letzteres hätte Ihr nicht gefallen.
Da der Anruf offensichtlich erfolglos verlief, wollte ich noch warten mit meinem Ritual. Üblicherweise wäre sie normalerweise gegen 16.25 Uhr zuhause. Ich biß auf die Zähne, versteckte noch schnell die Weihnachtsgeschenke und gab meiner Löwin noch 10 Minuten Karenzzeit obendrauf.
Keine Löwin weit und breit. Ergo zog ich mich komplett aus (hinterher ausduschen!) und begab mich in meine Kemenate. Kurz darauf ging es mir wesentlich besser. Zum Entspannen las ich noch etwas im neuen Geo Epoch. Alexander der Große; spannende Lektüre.
Auf einmal klingelte es an der Tür. „Ein ungünstiger Zeitpunkt jetzt“, dachte ich noch. Schließlich war ich nackt. Und es klingelte noch ein zweites Mal, was nun? Vielleicht war es ja etwas Wichtiges. Ich gab meinem Herzen einen Ruck und stand auf.
Schnell schwang ich mir noch ein Handtuch um den nackten Leib, schlüpfte in meine Adiletten und betätigte den Türsummer. Vorsichtig, noch halb hinter der Haustür verborgen, spähte ich in den Hausflur. Wenn meine Löwin mich so sehen würde …. Au Weia, gäbe das Mecker.
Eine Hose überziehen, T-Shirt drüber? Ging gar nicht, da ich ja noch nicht unter der Dusche war. Außerdem kam ich ja grad aus dem papierlosen Büro. Den Bademantel hätte ich mir überwerfen sollen, klaro. Aber hinterher ist man immer schlauer.
Unten, von der Eingangstür, hörte ich ein helles Frauenlachen. „Kommt sie ja doch noch vorher nach Hause und hat alle Hände voll. Klingelt lieber, als mühsam den Schlüssel zu suchen.“
Ich war beruhigt. Hatte ich es doch richtig gemacht, indem ich die Tür öffnete. Doch was war das? 2 unbekannte Frauen quälten sich die Treppe rauf. Schreck laß nach!
Die eine Frau ungefähr Mitte Ende 50, die Andere Anfang 40. Beide hatte graue Strickmützen auf und graue Wollmäntel an; Brillenträgerinnen alle beide. Sie suchten die Namen an den Klingeln ab, eine murmelte dabei meinen Nachnamen.
Die Situation war eindeutig – Die Zeugen Jehovas hatten mich gefunden! Die hab ich ja gefressen wie ein Pfund Schmierseife. Ich öffnete die Tür komplett und stellte mich in Positur. Bei Religion verstehe ich keinen Spaß, da heißt es gegengehn. Ihren Besuch sollten sie in bleibender Erinnerung behalten.
„Wollen Sie vielleicht zu mir?“ fragte ich liebenswürdig und stemmte die nackten Arme in die vom Handtuch ummantelten Hüften.
„Ja. Wir kommen vom Tierheim.“ Antwortete die Eine und näherte sich. Bewaffnet mit Kuli und Klemmbrett.
Au Backe, was jetzt? Die kamen bestimmt wegen Abby und wollten nur kontrollieren, dass es ihr bei uns auch gut geht. Denn wir hatten Abby vor 4 Monaten aus dem Tierheim befreit und in unseren Haushalt integriert. Die konnte ich doch nicht einfach wegschicken.
Am Ende denken die noch, Abby wäre in ein schlechtes Zuhause gekommen. Das galt es zu verhindern. Ohne zu überlegen sagte ich: „Kommen sie rein.“
Abby und Sushi
An die Angemessenheit meines Auftretens verschwendete ich keinen Gedanken. Ich dachte nur noch eindimensional daran, den 2 Frauen zu zeigen, dass es Abby bei uns gut geht. Wohl dachte ich auch daran, dass keine Katze raus in den Flur läuft. Das mach ich bei jedem Öffnen der Tür, das läuft schon automatisch ab und darf keine Entschuldigung sein.
Ich war so erpicht darauf, einen schlechten Eindruck wegen Abbys Wohlergehen zu vermeiden, das ich nicht mal mehr an mein eigenes Auftreten dachte.
Selbst als ich die Frauen ins Wohnzimmer führte, wo sie beide Katzen nebst den 3 Kratzbäumen bewundern konnten, und sie kurz alleinließ, um das Tablet zu holen, dachte ich nicht daran, mir etwas überzuwerfen.
Ich weiß nicht, ob es an der Ritualisierung gewisser Bedürfnisse im Zusammenhang mit den gekachelten Räumen liegt oder der Fixierung auf die Überzeugungsarbeit bei den beiden Mitarbeiterinnen des Tierheims geschuldet ist. Nur noch „Katze geht es gut. Den Frauen dies vermitteln“ – mehr war nicht drin.
Robotergleich, ja wie ein Mantra schob ich dies im Gedanken vor mir her.
„Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte“, entgegnete ich auf die Frage, wie es Abby denn bei uns ginge. Ich zeigte den Frauen ein Bild auf dem Tablet, auf dem beide friedlich zusammen auf einer Ebene des großen Kratzbaumes im Katzenbett kuscheln.
Wir unterhielten uns mehrere Minuten über Fressgewohnheiten, die von Abby überwundene Menschenscheu („aber auf den Arm kommt sie nicht“) oder auch über den Spieltrieb von ihr. Über Abbys Angewohnheit, Bonbonpapier zu stibitzen. Ich erzählte und erzählte stolz von unserer Katze und wie glücklich wir sind, das sie sich bei uns so gut entwickelt hat. Während der ganzen Zeit standen beide Frauen im Wohnzimmer; Mützen auf und Mäntel bis oben hin zugeknöpft.
Ich hatte ihnen keinen Sitzplatz angeboten, geschweige denn Getränke. Und wir erzählten und erzählten. Die Ältere inspizierte zwar dauernd meine Adiletten, aber ich spulte das Programm konsequent ab. Schließlich sollten beide die Wohnung mit der Gewissheit verlassen, dass sie die kleine schwarze Katze in die richtigen Hände gegeben haben.
Und dann, plötzlich, passierte es. Die Haustür wurde aufgeschlossen. Meine Löwin kommt nach Hause.
„Hallooo, ich bin wieder da.“
Plopp – als ob eine Seifenblase platzt. Mit einem Geräusch – dem Drehen des Schlüssels in der Haustür – war alles Gerede über Abby vergessen. Wenn meine Löwin mich so sieht, das gibt Mecker! Zu Recht regt sie sich schon auf, wenn ich mal in Unterhose die Tür öffne, wenn der Paketonkel kommt. Und jetzt das. Angst, ja Panik erfaßte mich.
Ich ließ mir aber nichts anmerken, als sie ins Wohnzimmer kam. Ich stellte ihr die beiden Frauen aus dem Tierheim vor, umriss kurz den Grund ihres Besuches und verschwand daraufhin kommentarlos ins Bad, ohne mich von den Frauen aus dem Tierheim zu verabschieden.
Ich rechne es meiner Löwin hoch an, dass sie mir hinterher keine „Szene“ gemacht hat. Denn trotz meiner Schilderung der Situation hätte ich mich über Schelte und Schläge nicht beklagen dürfen, zumal, wenn man die Geschehnisse aus ihrer Sicht betrachtet.
Meine Löwin musste nämlich nach der Arbeit noch in die Apotheke und kam deshalb später. Zum Verein braucht sie erst um 19.00 Uhr aufzulaufen. Dies hatte sie mir auch erzählt, aber ich Drömel hatte an die Apotheke nicht mehr gedacht. Schlichtweg vergessen, ich werde alt.
Erschwerend kam hinzu, dass meine Löwin meinen Anruf tatsächlich gehört hatte. Aber wie es dann manchmal so ist, ausgerechnet bei diesem Anruf, wo sie die Hände voll hatte, glitt ihr das Handy aus der Hand und zersprang auf dem Fußboden. Es war zwar nicht kaputt, aber Rückklappe und Akku flogen raus.
Da wollte sie schnell ans Handy – es hätte ja was Wichtiges von mir sein können – und dann so etwas. Aus meinem Gebrabbel auf der Mailbox konnte meine Löwin sich auch keinen Reim machen. „Rückruf nicht erforderlich“ und auch ansonsten unverständliches Gerede.
Als sie mich dann da im Wohnzimmer fast nackt mit den beiden Frauen erwischte, da ergab mein Anruf scheinbar auf einmal Sinn. Ich hätte ja kontrollieren können, wo sie gerade ist. „Etwa schon zum Verein? Hurra, die Luft ist rein!“ Dies hätten meine Gedanken sein können. „Nein, nein. Du brauchst nicht zurückrufen!“ Schon klar. Sie hätte ja stören können.
Haben sich die beiden Frauen etwa schnell die Mäntel übergeworfen, als sie das Öffnen der Haustür hörten? Schließlich hatten sie auch keine Ausweise vom Tierheim vorgezeigt.
Für meine Löwin musste sich die ganze Situation skurril darstellen, verdächtig war sie allemal, auch wenn sie die beiden Frauen ebenfalls sofort als Zeugen Jehovas verortete.
Mein Glück jedenfalls war, dass es zwei Frauen waren. Nicht weil sie bis oben hin zugeknöpft waren, sondern weil es ganz profan zwei waren. Soviel „Kraft“ traut meine Löwin mir einfach nicht mehr zu.
Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Mal ganz abgesehen davon, dass ich meine Löwin gar nicht betrügen würde, weil so etwas immer rauskommt und dann gibt’s Pitjes!
Nein, das ist natürlich nicht der Grund. Ich liebe und achte meine Frau zu sehr, um ihr so etwas anzutun. Ich bringe nur ab und an den einen oder anderen Klopfer. Mal zum Gefallen, mal zum Leidwesen meiner Löwin.
Diesmal war beides dabei. Am Abbau des Leidwesens muss und werde ich noch weiter arbeiten. Lebenslänglich halt und das ist auch schön so.

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