Samstag, 29. Juli 2017

Hartmudo: Endspurt 7

Am nächsten Morgen hatten Charles und ich die unverdiente Niederlage in Wolfsburg am Vatertag schon abgehakt. Montag würde es zur Revanche kommen und da könnten sich die Radkappen warm anziehen. Aber zunächst machten wir bei gutem Wetter in Dresden weiter, bei herrlichem Sonnenschein erlebten wir an dem Wochenende die bislang schönste Kegelfahrt unseres Vereins, zumindest, seitdem wir dort Mitglieder sind.
Am Freitag stiegen wir gleich nach einem ausgiebigen Frühstück wieder in den Zug, um mit einer S-Bahn in die nähere Umgebung nach Radebeul zu fahren. Von dort fuhren wir zunächst mit der Lößnitzgrundbahn, einer bummeligen Dampflokomotive, weiter zum Schloss Moritzburg. August der Starke hatte dieses Jagdschloss Anfang des 18. Jahrhunderts ausgebaut und das Areal mit mehreren Teichen und Gräben ausgestattet. Diese durchdachte Gartenanlage trug dem Areal den Beinamen „Venedig Sachsens“ ein, zumal sich die Adligen jener Epoche gerne auf Flößen durch die Landschaft chauffieren ließen.
Dies alles hatte der Kutscher näher erklärt, der uns auf unserer obligatorischen Kutschfahrt durch den Park und am Schloss vorbei begleitete. Auf der Fahrt genossen wir das eine oder andere Bierchen und ärgerten uns deshalb nicht mehr allzu sehr über die gestrige Niederlage. Im Restaurant beim Schloss hatte ich noch ein sensationelles Bratenbrot, Mann, war das lecker! Bis auf Bud waren dann auch die anderen Kegelbrüder und -schwestern mit dem Essen zufrieden. Bud konnte die böhmischen Knödel nicht verknusen, da diese nicht aus Kartoffeln bestehen, sondern aus Weizenmehl. Sie waren ihm zu trocken.
Am späten Nachmittag nahmen Ralle, Charles und ich in der Kneipengasse bei einem österreichischen Wirt dringend benötigte Kaltschalen zu uns. Die Frauen fahndeten unterdessen nach dem Meißner Porzellan Outlet. Diesen Laden hatten die Damen am Vorabend während der Stadtführung entdeckt. Ich nehme es vorweg, die Preise waren dann doch zu hoch. Ulf und Nina schauten sich wohl die Frauenkirche nochmal an; zumindest Ulf hätten wir zum Saufen noch gebrauchen können. Bud trinkt bekanntlich nichts.
Abends dann schlichen wir auf der Suche nach einem bestimmten Lokal in einer Seitenstraße herum. Ich ging entschlossen voran und schaute nicht zurück, so dass ich die Anderen bald aus den Augen verloren hatte. Die hatten das Lokal schnell gefunden, während ich in meinem Brauseschädel einfach die Abbiegung verpasste. Als ich dann verspätet im Lokal eintraf, war ich übellaunig und aß einfach nichts von dem organischen Food, den die da anboten. War für mich nichts Leckeres dabei, daher blieb es beim Bier. Ein gemütliches Zusammensein ergab sich hinterher aber noch bei einem Italiener, so dass der Abend in bester Stimmung endete.
Am nächsten Tag war ich dann so richtig begeistert: Ein Kleinbus, so ein 16sitzer, holte uns morgens zur Fahrt durch die sächsische Schweiz ab. Die Fahrerin und Busunternehmerin zuckelte mit uns in dem gut klimatisierten Bus durch die Gegend. Wir hatten reichlich Platz und nutzten den auch, dazu erklärte uns die Fahrerin Gegend und gab passende Geschichten zum Besten. Die war richtig gut, dazu gab es das eine oder andere Bierchen.
An diesem Wochenende hatten wir eh alles mögliche aus der Pulle. Feldschlößchen, Radeberger, Freiberger und auch Hasseröder standen auf dem Speiseplan, im Bus war es wohl Radeberger.
In Erinnerung geblieben sind mir 2 nette Stopps auf der Strecke. Das eine war die Bastei, das andere eine Forellenzucht. Eine Bootsfahrt auf der Elbe gab es zwar auch, aber die war nicht so begeisternd, da wir uns mangels Platz über das ganze Boot verteilen mussten und ich schon etwas müde war. Die Hitze tat ein Übriges.
Auf der Bastei hatten Ralle und ich keine Lust auf die „Kletterei“ durch die wunderschöne Felsenformation. Stattdessen suchten wir uns ein schönes Plätzchen mit Aussicht und pichelten erst einmal einen. Bei dieser Gelegenheit verwickelte uns ein norwegischer Jude in ein Gespräch in englischer Sprache, welches wohl zwei Biere lang dauerte.
Bei der Forellenzucht mampften wir leckere Fischbrötchen, im Schatten saßen Nina und ich etwas abseits. Wir alle waren nach dem köstlichen Mahl gut entspannt und auch bester Dinge. Danach faserte der Nachmittag etwas aus, denn jetzt stand noch die Festung Königstein auf dem Programm. Meine Löwin und ich sowie Josie nebst Ralle fuhren den Fahrstuhl zur Feste nicht mit hinauf. Stattdessen schlichen wir vor der Festungsmauer etwas herum. Hinterher ging es dann aufs Boot und danach in Richtung Dresden mit dem Kleinbus. In dem Bus hätte ich gerne noch länger gesessen, denn der war klimatisiert.
So wurde es erst am Abend wieder gemütlich, als wir um de Ecke von unserem Hotel in einem tschechischen Restaurant zu Abend speisten. Hinterher genossen wir noch die laue Abendluft im Biergarten unseres Hotels. Schon lange nicht mehr hatten wir zusammen so viel Spaß. Stellenweise hatte ich mich schon gefragt, warum wir uns immer noch zum Kegeln treffen. Aber an diesem Abend scherzten und lachten wir zusammen, wie es in der Routine des 4wöchigen Kegelns leider selten geworden ist.
Nach dem Frühstück am nächsten Morgen gingen wir nochmal zum Zwinger. Berta und meine Löwin schauten sich das Porzellanmuseum an und verursachten beim Hinausgehen noch einen kleinen Tumult, weil meine Löwin unabsichtlich einen Alarm auslöste. Bud und ich saßen zu dem Zeitpunkt in einer Cafeteria, hätten also unsere Frauen nicht befreien können.
Sehr unangenehm ist mir noch die Rückfahrt nach Braunschweig im IC der deutschen Bahn in Erinnerung . Zunächst hatte die Bahn unsere Reservierung nicht geregelt bekommen, dann fiel in unserem Wagen noch die Klimaanlage aus.
Ganz großes Kino. Nachdem Ralle und ich den einen Mann fast schon gezüchtigt hätten, weil dieser Blödian zu dämlich war, um seinen gebuchten Platz im Doppeldecker unten aufzusuchen und stattdessen auf Ralles Platz klebte, drohte die Situation weiter zu eskalieren. Erst nachdem ich die Karte zeigte und sich ein Rudel der deutschen Trinkerjugend noch auf unsere Seite schlug, gab er nach und begab sich nach unten, wo er wahrscheinlich seinen Sitz gefunden hatte.
Auf meinem Platz saß ein junger Familienvater, schräg davor gab seine Frau gerade dem Säugling die Brust. Mein Atem ging dabei schwer, mir wurde ganz heiß… Nein, nicht wegen der schönen Brust der Mutter, sondern wegen der unerträglich hohen Temperatur im Waggon. Ich riet der Familie, aus Rücksichtnahme wegen des Kindes den nächsten Waggon, in dem die Klimaanlage noch funktionierte, aufzusuchen.
Die Familie hatte es doch tatsächlich nicht für nötig gefunden, Sitzplätze zu reservieren! Was für Rabeneltern, die lieber mit einem verängstigten Säugling im vollen Zug stehen, um die 13,50€ Reservierungskosten für 3 Plätze zu sparen. Als die weg waren, konnte ich mich endlich setzen und versuchte, mich nicht zu bewegen. Meine Güte, war das stickig. Und zur Krönung hielt der Zug kurz vor Leipzig auf freier Strecke, weil irgendwelche Hools auf dem Klo geraucht hatten. Eine geschlagene Dreiviertelstunde standen wir in der prallen Nachmittagssonne, die Fenster lassen sich im IC ja nicht öffnen.
Als es dann endlich weiterging, war ich endgültig gar gekocht. Dabei hatten wir noch Glück, dass das Zugpersonal den Brandmelder im Klo, der den Strom zur Sicherheit abgeschaltet hatte, lahmlegen konnte. In Leipzig stiegen wir dann in einen funktionierenden Zug um und konnten sogar unsere reservierten Plätze problemlos einnehmen.
In BS angekommen, zeigte Ulf seine ganze Klasse und leierte der Bahn eine Entschädigung von ca. 60,-€ aus der Tasche. Respekt, ich war dafür zu groggy und faul und bin mit meiner Löwin sofort nach Hause gefahren. Ach ja: Meine Löwin hatte leider ihren Autoschlüssel im Nachtschrank des Hotels vergessen. Aber dank unserer Catsitter, den Kindern von Mary und Charles, hatten wir den Ersatzschlüssel bei unserer Ankunft zur Verfügung. Das Hotel sendete uns den Schlüssel übrigens per Post nach Hause.
Dresden – immer eine Reise wert. Und unser Kegelausflug hatte uns bis auf einige Momente sehr viel Spaß bereitet. Da ließ sich die Niederlage von Eintracht verschmerzen.






Sonntag, 23. Juli 2017

Hartmudo Spezial: Mutter

12  
So besuchte ich Mutter also erst am 20. September. Ich traf sie in der Reuterstraße, denn Mutter wurde bereits sehr schnell Mittwochs oder Donnerstags in der Vorwoche aus dem Krankenhaus entlassen. Aber vorher hatte ich noch ein Highlight erlebt. Am Sonntag vorm 20. bin ich nach Berlin gefahren, um Family 5 live in Berlin sehen zu können. Zu meinem großen Vergnügen erlebte ich ein sensationell gutes Konzert. Überhaupt war Family 5 genau die Musik, die mich aus der dunklen Ecke, meinen düsteren Gedanken, ziehen konnte. Und da ich bei Urmel auf dem Sofa kurz nächtigte und somit erst Montagmorgen mit dem Zug zurück fuhr, bzw. gleich zur Arbeit durch preschte, war Dienstag der früheste Termin, an dem ich Mutter besuchen konnte.
Wie gewohnt saß sie auf ihrem Bett, als ich kam. Sie fühlte sich erneut sehr matt, klagte erwartungsgemäß über Schlaflosigkeit. Schon seit Tagen würde sie jeweils die ganze Nacht wach liegen und konnte partout nicht einschlafen. Jetzt waren es schon 3 Nächte ohne Schlaf. Ich erinnerte mich an meine Panikattacken von vor 4 Jahren, bei denen ich nachts immer aus dem Schlaf geschreckt war. Ausführlich beschrieb ich Mutter die Geschehnisse zu jener Zeit, hätte mir das allerdings sparen können. Es wäre auch das erste Mal gewesen, dass Mutter einen Rat von ihrem Sohn angenommen hätte.
Zur Schlaflosigkeit von Mutter möchte ich noch etwas anmerken. Denn wenn man da natürlich wie Mutter schon um 20.00 Uhr ins Bett zum Schafen darniedersinkt, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Nacht ab 23.00 Uhr zum Tag wird. Das kenne ich selbst von früher noch, als ich mich dummerweise „kurz" um diese Zeit abzulegen pflegte, weil ich aufgrund meines unsteten Lebenswandels einfach platt war.
Mutter schüttelte zu meinen Ausführungen leider wie üblich nur mit dem Kopf, das wollte sie entweder nicht hören oder ich hatte da was nicht mitgekriegt. Anyway, diese Nervosität, die sie nachts nicht schlafen lässt, ist nichts Neues. Nach dem Tod von Walter ging es ihr ähnlich, da hatte sie sogar noch Stimmen gehört und musste sich Psychopharmaka von ihrem Hausarzt verschreiben lassen.
Als ich das erwähnte, konnte sie sich zwar daran erinnern, aber mit der jetzigen Situation hatte das ihrer Meinung nach natürlich überhaupt nichts zu tun. Es wurde also Zeit für einen Themenwechsel. Ich weiß zwar nicht mehr wie und warum, aber irgendwie kamen wir auf Walter zu sprechen, der ja auch mal in der Salzdahlumer lag (wahrscheinlich daher die Verbindung).
Mutter erzählte von den letzten Stunden, bevor Walter verstorben war. Steif und fest behauptete sie, dass er im Augustinum sanft entschlafen sei. Eine Pflegerin hätte ihn dort noch zum Schluss liebevoll betreut. Da war ich richtig entsetzt, denn genau so war es nicht.
Zur Rekapitulation: Meine Löwin und ich waren in Aachen, als mich der Anruf von Berta ereilte. Das war ein Freitag gewesen und ich hatte die Patientenverfügung für Walter an der Backe, deshalb sollte ich unbedingt schnell ins St. Vinzenz Hospital kommen, wo Walter im Sterben lag. Also eben nicht in seiner Wohnung im Augustinum.
Nach unserer Rückfahrt Freitagnacht schaffte ich es letztendlich erst am Samstag Nachmittag, ins Krankenhaus zu fahren. Dort bot sich mir ein gänzlich anderes Bild, als Mutter mir dies jetzt, 3 Jahre später, vermittelte. Von wegen liebevoll und sanft entschlafen. Walter war an eine Maschine angeschlossen worden und krümmte sich alle paar Minuten vor Schmerzen wie ein Aal. Nach Absprache mit der Ärztin wurde die Maschine abgeschaltet und Walter verstarb am nächsten Tag. Sein Gehirn war eh schon tot, lediglich primitive Körperfunktionen waren vorhanden gewesen.
Was faselte Mutter da nur für einen Blödsinn. Ich war mir sicher, das sie geistig mehr und mehr nur deshalb abbaute, weil sie aus ihrem Zimmer nicht mehr rausging. Die Story mit dem Rummicub fiel mir da wieder ein. Da musste ich sie einfach wachrütteln, oder nicht?
Und erfreulicherweise drang ich zu ihr durch, oh Wunder. Mutter riss sich zusammen und wollte zu den Anderen in den Speisesaal zum Kaffee trinken gehen. Dazu musste sie allerdings zuerst die Hose über ihre stark bandagierten Knöchel ziehen. Sie war fast am Verzweifeln, weil sie die Hose nicht drüber bekam. Selbstverständlich half ich ihr dabei, da musste ich nicht erst lange überlegen. Doch obwohl ich in der Situation keine Berührungsängste hatte, war die Hilfestellung für meine Mutter beim Anziehen der Strümpfe für mich ungewohnt.
Irgendwie kam mir das Ganze seltsam vor, denn für mich war ein derart enger körperlicher Kontakt zu meiner Mutter in all meinen 55 Lebensjahren ungewohnt. Ich kann mich nur noch erinnern, dass sie mich als Kind abends vorm Fernseher gerne mal „killerte“. Damals strich sie sanft über meinen Oberarm; diese Zärtlichkeit hatte ich seitdem von meiner Mutter nie mehr erlebt. Nicht nur die körperliche Zärtlichkeit, sondern auch das damit einhergehende Gefühl, welches ja mehr im Kopf abläuft.
Hier, in diesem Moment, konnte ich dies Mutter irgendwie zurückgeben. Ich bin heute immer noch dankbar für diesen kleinen Moment, in dem ich mich Mutter näher verbunden fühlte als jemals zuvor in meinem Leben. Das dies der letzte Tag war, an dem ich Mutter lebend sah, wusste ich an dem Nachmittag natürlich nicht. Ein intimer Moment, der zwischen ihr und mir selten genug vorkam.
Beim folgenden Anziehen der Hose kam es zu Komplikationen, da diese für Mutter`s geschwollene Beine leider etwas eng war. „Schuld" an der zu engen Hose hatte lt. Mutter natürlich Sunny, die die Hose angeblich zu heiß gewaschen hatte. Tatsächlich lag es wohl eher an ihren ab den Knien abwärts bandagierten Beinen. Zwei Mal täglich wurde Mutter von den Pflegekräften des Heims gewickelt, weil das Wasser sich leider dort wegen des Leberkrebses stark ansammelte.
Im Speisesaal setzte ich Mutter an ihrem Tisch hinten in der Ecke ab, weil ich noch in Ruhe mit der Pflegedienstleitung sprechen wollte. Die Leiterin war sehr freundlich und klärte mich über den Gesundheitszustand von Mutter umfassend auf. Das Wasser in den Beinen hatte ich ja schon erwähnt.
Deswegen empfahl sie mir, die Pflegestufe 2 zu beantragen. Der Krebs schreitet halt weiter fort. Zusätzlich riet sie mir zur Rücksprache mit Mutters Hausarzt. Der wäre da ganz verständig. Ich hatte da zwar eher einen anderen Eindruck gewonnen und sagte ihr das auch, aber ein Gespräch mit ihm würde trotzdem nützlich sein.
Das war auf jeden Fall eine ganze Menge an Informationen. Mein Besuch bei Mutter neigte sich nunmehr dem Ende entgegen. Ich setzte mich noch kurz zu ihr an den Tisch im Speisesaal. Die Küchenhilfe bot Mutter noch Kuchen an, den sie aber ablehnte. Am Nebentisch unterhielten sich zwei Damen angeregt, dement waren die auf keinen Fall.
Als ich Mutter dies erklärte, winkte sie nur ab. Die wären arrogant und überhaupt so richtig eingebildet. Mutter konnte auf die beiden Frauen überhaupt nicht wechseln, fuhr aber mit ihrem Rollator mit zum Eingang, um sich zu den Anderen zu gesellen, die davor herumlungerten.
Na endlich, dachte ich da noch erfreut. Sie hatte meine Kritik endlich einmal angenommen und riss sich zusammen, ließ sich auch nicht so hängen. Doch leider war kein Platz mehr frei und auch die Mitbewohner machten keine Anstalten, für Mutter etwas Platz zu machen.
Anstatt deshalb loszubrüllen und die sturen Heimbewohner zur Ordnung zu rufen, blieb ich erstaunlich ruhig. Schließlich wollte ich Mutter das sich anbahnende kleine Schwätzchen nicht kaputt machen. Irgendwie zwängte sie sich dann doch noch ran und setzte sich auf ihren Rollator. Jetzt war auch ich zufrieden und konnte frohgelaunt nach Hause fahren.
Doch am Mittwoch, also am nächsten Abend, rief mich Berta konsterniert an. Mutter bekam Morphium gespritzt, weil sie so starke Schmerzen hatte. Das Gespräch mit dem Hausarzt war nun unerlässlich geworden. Zusätzlicher Stress entstand dann noch durch eine Mail vom Veranstalter der Spreeschifffahrt mit den Trantüten am Samstag. Der Veranstalter musste den Termin stornieren, weil auf dem Wasser eine Demo wegen irgendwelcher Rechte der Anleger stattfinden sollte.
Toll, wir hatten die Zugfahrt schon gebucht und konnten ergo den Termin nicht mehr canceln. Da würden wir uns was einfallen lassen müssen. Am wichtigsten allerdings waren jetzt Mutter`s Angelegenheiten, sprich der Hausarzt und die Erhöhung der Pflegestufe. Das würde ich am nächsten Tag telefonisch anschieben müssen.

Mittwoch, 19. Juli 2017

Contramann: kurz gesehen im Juli


http://www.spiegel.de/politik/deutschland/helmut-kohl-war-nie-mein-kanzler-bis-er-es-doch-wurde-a-1152594.html
Die Überschrift sagt es schon, Contramann wusste es allerdings schon vorher: Stefan Kuzmany von Spiegel Online ist ein Dussel.
Kuzmany entdeckte erst vor ein paar Jahren seine Sympathie für Kohl und strickt gegen Ende seines Kommentares weiter am Mythos des „Kanzlers der Einheit“. Das ist doch gerade das größte Märchen um die Gestalt Helmut Kohl. Auf westdeutscher Seite war es eher Genscher, der aktiv die Herauslösung der DDR aus dem Warschauer Pakt betrieb bzw. in der westdeutschen Botschaft in Budapest stand, als die Flüchtlinge aus der DDR dort um Ausreise in die BRD ersuchten. Sicherlich hatte Kohl im Hintergrund an vielen Strippen gezogen und die Wiedervereinigung ermöglicht. Das hätte aber auch ein anderer Politiker hinbekommen können.
Das Negative an Kohl war nicht die fehlende Aufbruchstimmung, was Kuzmany scheinheilig als sein Bild seiner Jugend verkauft. Der Ausverkauf der DDR zu Lasten der Infrastruktur, was sich bis in die heutige Zeit noch auswirkt, findet bei Kuzmany ebenso keine Erwähnung wie der Spendenskandal, der Helmut Kohl, für sich alleine genommen, bereits vollkommen entlarvt. Helmut Kohl war ein Kind der deutschen Wirtschaft, vor allem der multinationalen Konzerne. Sei es die Spendenaffäre, wo der „Ehrenmann“ Kohl sich rechtswidrig weigerte, die Spender zu nennen, weil er sein Wort gegeben habe.
Oder der unsägliche Gorbatschov – Goebbels Vergleich. Soviel zum Thema Besonnenheit und bei Russen wie Amis anerkannt, Herr Kuzmany.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/spd-und-linke-game-over-kommentar-a-1151609.html
Der Kommentator rät Herrn Schulz dazu, eine mögliche Rot-Rot-Grün Koalition von vornherein auszuschließen, weil Sarah Wagenknecht, seiner Meinung nach eine ewig Gestrige, auf dem Parteitag der Linken den meisten Applaus erhalten hatte. Hier wird wieder das Bild der SED Nachfolgepartei gezeichnet.
Bloß um (mit)regieren zu können, sollen die Linken also ihre Grundsätze wie Nato Austritt, Verurteilung der Einmischung des Westens in den Ukraine Konflikt und so weiter über Bord werfen. Wenn sie das tatsächlich machen, dann sind sie auf alle Fälle überflüssig. Gerade die Punkte, in denen sie nachgeben sollen, sind das wesentliche Element der Daseinsberechtigung der Linkspartei.
Machen wir uns nichts vor: Die SPD ist in fast allen Positionen der CDU/CSU derart nah, dass man die SPD für eine CDU interne Veranstaltung halten könnte. Und Grüne wie FDP sind innen- wie außenpolitisch im Wesentlichen auf derselben Linie unterwegs. Allenfalls in Nuancen sind da Unterschiede zu erkennen.
Selbst bei den Linken gibt es schon moderate Untertöne. Gemäßigte Stimmen wie z.B. Ramelow sind dann auch nach des Kommentators Meinung diejenigen, die den zukünftigen Kurs der Linken bestimmen sollen. Contramann sagt da nur: „Bloß nicht!“ Wenn auch noch die letzte ernstzunehmende Oppositionspartei einknickt, dann gibt es keine Hoffnung mehr auf eine Wiedereinführung der sozialen Marktwirtschaft. Und genau dafür wurde diese Republik 1949 gegründet.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/frank-walter-steinmeier-als-bundespraesident-zeichen-gegen-den-trumpismus-a-1121168.html
Ja, nun ist die größte Flachpfeife, die in der Berliner Regierungsmannschaft rumlief, zu unserem Staatsoberhaupt, sprich Bundespräsident, gewählt worden. „Steinmeier ist ein Mann des Ausgleichs, weltoffen, besonnen und deshalb international respektiert und daheim beliebt. Er ist ein würdiger Nachfolger für Joachim Gauck.“ So sieht es Herr Nelles, der Verfasser dieses Kommentars. Ich sehe das anders.
Wenn jemand einen farblosen Beamten verkörpert, dann ist das eindeutig Walter Steinmeier. Der Mann des bedingungslosen Konsenses hat es äußerst selten hinbekommen, eigene Akzente zu setzen. Da hätten sie gleich Lothar Matthäus zum Außenminister machen können.
Und wenn Steinmeier mit dieser seiner Art die Antwort auf Donald Trump sein soll, dann gute Nacht Marie.


http://www.spiegel.de/wirtschaft/deutschland-sichert-4-8-millionen-jobs-in-der-eu-a-1152385.html
Was will uns der Spiegel mit dieser Top-Meldung eigentlich sagen? Nach einer Schweizer Studie sichert Deutschlands exportorientierte Wirtschaft 4,8 Millionen Arbeitsplätze in der EU. Ganz Europa beschwert sich über die deutsche Wirtschaft, die durch Lohndumping (in Deutschland) ihre Erzeugnisse preiswert hält und dadurch die europäische Konkurrenz unter Druck setzt.
Sind die Vorwürfe gegen die Deutschen, zuletzt auch von Trump geäußert, nach den Zahlen der Schweizer Studie vollkommen aus der Luft gegriffen? Mitnichten, denn der Spiegel zieht hier eine üble Sinnestäuschung durch. Es soll suggeriert werden, dass diese Arbeitsplätze ohne die deutsche Wirtschaft gar nicht existieren würden. Das ist natürlich Bullshit, weil wenn z.B. VW oder Daimler in Frankreich keine Getriebe mehr für ihre Autos bauen lassen würde, weil sie entsprechend weniger Autos verkaufen, dann bauen dieselben Arbeiter die Getriebe halt für Toyota oder Honda.
Das ist jetzt zugegebenermaßen arg vereinfacht dargestellt, lässt aber die Zahl von 4,8 Millionen Jobs dank der deutschen Wirtschaft in einem anderen Licht erscheinen. Wenn statt der Deutschen andere „Europäer“ (oder wer auch immer) in diesen Fabriken arbeiten ließen, wären es vielleicht statt 4,8 Mio. immer noch 4,3 Mios. Oder 5,4 Mios, wer weiß das schon? Die Studie beantwortet diese Frage eben nicht und entkräftet den Vorwurf von Trump oder den Europäer gerade nicht.
Schlimm, mit was für Methoden der Spiegel und andere Leitmedien uns Sand in die Augen streuen.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wahlprogramm-der-union-flucht-vor-der-fluechtlingsfrage-kommentar-a-1155734.html
Genauso ist das: Einerseits hatte Mutti 2015 die Grenzen – widerrechtlich gegen das Schengener Abkommen – geöffnet und über einer Million Flüchtlinge den Aufenthalt in Deutschland ermöglicht, andererseits wettert die Union heuer gegen die Gefahr aufkommender Parallelgesellschaften. Die CDU sondert im Wahlkampf zu diesem wohl wichtigen Thema lediglich Sprechblasen ab. Gegen Intoleranz und Diskriminierung und gleichzeitig gegen Multikulti? Wie geht das denn zusammen? Das wirkt wie ein Gemischtwarenladen.
Das Schlimme daran ist, dass die Union damit durchkommen wird. Denn es ist ja wirklich erstaunlich: Alle Leute, die sich mir gegenüber zur aktuellen Politik unserer Bundesregierung geäußert haben, sind stark enttäuscht und wollen, das sich etwas ändert. Und ich meine hier nicht nur meinen näheren Freundeskreis, in dem man in der Regel ähnliche Ansichten hat. Wenn also alle , oder wenigsten die meisten, Menschen eine Veränderung herbeisehnen, müssten sie doch sicherlich eine Alternative zu CDU/CSU oder der SPD wählen, oder?
Aber genau das wird bei der nächsten Bundestagswahl im September erneut nicht passieren. Es handelt sich hier um das alte Spiel: Keiner hat Angela Merkel gewählt, keiner isst bei McDonalds oder bestellt bei Amazon.
Ich glaube, dass es uns allen noch viel zu gut geht. Ob als Langzeitarbeitsloser oder stress- und steuergeschädigter Unternehmer, alle sind sie am Meckern, wie schlecht es ihnen geht. Aber wenn man etwas ändern könnte, also bei Wahlen, da sind die Menschen trotz großer Schnauze nicht bereit, eine Änderung herbeizuführen. Es könnte ja noch schlechter werden. Da ist er also, der hässliche Deutsche. Die Idioten bei den Pegida Demonstrationen oder die Vermummten beim G20-Gipfel machen wenigstens noch Aktion, auch wenn diese falsch und verwerflich ist.
Die Politiker der führenden Parteien und ihre Unterstützer im Hintergrund können sich auf ihre Lämmer bei der Wahl verlassen, es wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Das „Weiter so!“ wird sich wieder durchsetzen.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article159709363/Tuerkisch-als-Abifach-Rot-Gruen-gibt-sich-kleinlaut.html
Was für eine Meldung. Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen wollten Arabisch, Türkisch und Farsi an Niedersachsens Schulen als Regelfach etablieren. Der schulpolitische Sprecher der Grünenfraktion verstieg sich gar zu der Behauptung, das das korrekte Erlernen der Muttersprache Migrantenkindern im Deutschunterricht helfen würde.
Ich war über diese Meldung mehr als entsetzt und kann auch keinen Sinn einer solchen Maßnahme erkennen. Da könnt ihr mich in die AfD-Ecke stellen, so häufig ihr wollt. Aber ein derartiger Schwachsinn ist in der nach wie vor aktuellen Flüchtlingsdiskussion Wasser auf die Mühlen der Ausländerfeinde.
Abgesehen von den organisatorischen Schwierigkeiten bei einer Umsetzung einer solchen Maßnahme befeuert dies höchstens die Entstehung von Parallelgesellschaften. Ich habe schon seit Jahren insbesondere bei Politikern der Grünen den Eindruck gewinnen müssen, das gesunder Menschenverstand keine Grundvoraussetzung für eine Karriere als Politiker darstellt. Wer derart weltfremd durch die Gegend reist, sollte als Sortierer im Lager eines Möbelmarktes arbeiten, wo er nicht viel Schaden anrichten könnte.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundespraesident-frank-walter-steinmeier-ein-mutmacher-gegen-die-angstmacher-a-1134212.html
Zum Abschluss möchte ich mich heute nochmal kurz mit unserem neuen Grüßaugust beschäftigen. Stefan Kuzmany vom Spiegel gesteht zwar ein, dass man Frank-Walter für einen Langweiler halten könnte. Aber: „Doch gerade in dieser ruhigen Beharrlichkeit, die Steinmeier auch schon als Außenminister gezeigt hat, liegt eine große Kraft.“
Nehmt dem Kuzmany bloß die Drogen weg, ganz schnell bitte. Allen Ernstes sieht er in Steinmeier eine „Kampfansage“ an die Rechtspopulisten in aller Welt. Ausgerechnet dieser verschnarchte Ministerialbeamte reinsten Wassers. Frank-Walter ist der fleischgewordene Kompromiss; einen bequemeren und – ganz wichtig! - farbloseren Bundespräsidenten könnten sich Le Pen oder auch Trump nicht wünschen.

Freitag, 14. Juli 2017

Hartmudo: Endspurt 6

Und bei diesem wichtigen Spiel am 25. Mai, einem Donnerstag, waren wir nicht in Braunschweig, sondern auf der Kegelfahrt in Dresden. Ausgerechnet Dresden! Dort kam ja die Wende zum Negativen für die Eintracht, als sie in der Hinrunde nach ihrer bis dato besten Saisonleistung ab der 60. Minute und einer 2:0 Führung noch 2:3 verloren hatten.
Und der Tag fing auch schon gut an. Beim Treffen der Kegelbrüder und -schwestern morgens am Bahnhof bemerkte ich, dass ich meinen Perso vergessen hatte. Da ich die verbilligte Gruppenfahrkarte für uns alle gekauft und dabei meinen Perso als Ident angegeben hatte, brauchten wir ihn unbedingt. Ich muss wohl nicht näher darauf eingehen, mit welcher Begeisterung meine Löwin mich schnell nach Hause fuhr, um den Perso zu holen. Zum Glück waren wir rechtzeitig zurück, um den Zug noch zu kriegen.
Während der Fahrt legte sich die erste Aufregung, zumal die ersten Wolters Dosen, noch gut gekühlt, angenehm in der Hand lagen und der Inhalt sanft die Kehle hinunterfloss. Unser Hotel lag in Dresden Neustadt, einer einst selbstständigen Stadt, die irgendwann im 19. Jahrhundert eingemeindet wurde und auf der anderen Seite der Elbe liegt. Anders als Dresdens Stadtkern wurde Neustadt am Ende des 2. Weltkrieges nicht weggebombt, so dass hier noch eine wunderschöne Barock Architektur, dank meines Solidaritätszuschlags auch aufwendig restauriert, zu bewundern ist.
Das Hotel Bülow betraten wir über eine kleine Seitenstraße mit Pflastersteinen; vor dem Einchecken erfrischten wir uns erst einmal im gemütlichen Biergarten. Am frühen Abend würden wir zur Stadtführung vor dem Hotel abgeholt werden und ca. 2 Stunden später im Kellergewölbe vom Pulverturm (neben der Frauenkirche) zum Abendessen erwartet. In einem Satz: Das Hinspiel der Relegation würden wir nicht live sehen können!
Die Stadtführerin machte ihre Sache wirklich gut; wir sahen den goldenen Reiter, gingen über eine Brücke, deren Name ich vergessen habe (Quirin Moll Brücke?), und sahen sowohl den Dresdner Zwinger, die Semper Oper als auch die Frauenkirche, die ich selbstredend nicht zur Besichtigung betrat. Im Pulverturm, einem heutzutage wohl bekannten Restaurant, hatten wir einen schönen großen Eichentisch. In der Mitte war ein dekorativer Degen zwischen 2 Kerzenständern drapiert.
Zu den ersten Getränken begleitete uns eine Bänkelsängerin, die mich stark an Christine Neubauer (so vor 10 Jahren, rrrrrrrr…) erinnerte. Vor allem Charles und mich interessierte das aber nur am Rande. Wir hatten keine Augen für die bildhübsche Sängerin, sondern nur für die Kicker App auf unseren Smartphones. Das Spiel hatte gerade begonnen. Ich hatte bestimmt schon nach dem Essen vergessen, was ich da überhaupt gegessen hatte.
Auch nahm ich die Reiseleiterin, die sich noch über eine halbe Stunde zwischen Ralle und mich gesetzt hatte, höchstens peripher wahr. Sicherlich, die Spezialität des Hauses, einem ekligen wie laschen Pfefferminzschnaps mit viel Pfeffer, der aus Zinnkelchen getrunken wird, bekam ich gerade so noch mit.
Doch da hatte der Riestermeister schon den Elfer reingesemmelt und Eintracht lag zur Pause mit 0:1 zurück. Charles und ich, auch Ralle, waren darüber erst traurig und dann wütend, als wir in der Kicker App lesen mussten, dass der Elfer irregulär gewesen war. Gomez himself hatte wohl zuerst den Ball mit dem Arm angenommen und diesen dann gegen den Arm von Valsvik gedroschen, auf das der blinde Schiedsrichter den doppelt unberechtigten Elfer pfiff.
Bis zu dem Zeitpunkt hatte die millionenschwere Startruppe aus dem Braunschweiger Vorort nicht eine Chance herausgespielt und obendrein noch riesiges Glück, dass Boland nach knapp über 20 Minuten den Ball völlig freistehend aus knapp 10 Meter überhastet neben das Tor ballerte. In der Saison waren diese Dinger immer drin und danach passierte im Spiel in der Regel nichts mehr. Das wäre es doch gewesen!
Boland hatte da wirklich eine 100prozentige auf dem Schlappen, ich habe es am nächsten Morgen im Frühstücksfernsehen sehen können. So aber passierte in der zweiten Halbzeit nichts mehr, außer das der eingewechselte Kumbela bereits nach 12 Minuten verletzt wieder runter musste und im Rückspiel fehlen würde.
Das war ja nun schon ernüchternd, aber Eintracht hatte das Spiel über gut dagegen gehalten und wurde im Endeffekt um eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel betrogen. Hatte da der DfB die Hände im womöglich abgekarteten Spiel? Frustration machte sich bei Charles, Ralle und mir breit. Zum Glück ergab sich die Gelegenheit für ein ausgiebiges Frustbesäufnis nicht mehr an diesem Abend, da wir noch üdie Brücke (Quirin Moll Brücke?) zu Fuß nach Hause (ins Hotel) mussten und unsere Frauen wie auch Ulf und Bud, beide weniger bis gar nicht fußballbegeistert, auf uns aufpassten.
Die merkwürdige Szene, dass die Schuhe der Eintracht Spieler von der angeblich automatischen Sprinkleranlage in der Kabine im Wolfsburger Stadion durchnässt worden waren, hatte ich erst später im Netz nachlesen können. So was Blödes hatte ich noch nie gehört. Und das der Braunschweiger Präsident von einem Wolfsburger Ordner aufgefordert wurde, seinen Fanschal abzunehmen, ist an Dreistigkeit kaum noch zu toppen. Dass Ebel da standhaft blieb und dem Ordner entgegnete, dass sie (die Ordner) ihn dann aus dem Stadion tragen müssten, rechne ich dem Präsidenten hoch an.
Wenn Eintracht gegen Wolfsburg auch scheitern sollte, dann mit erhobenem Haupt und nicht sang- und klanglos. Im Rückspiel wird es rundgehen!

Samstag, 8. Juli 2017

H Lecter: Onkel Hotte 9/x

9
„Am Strand von Maspalomas, auf Gran Canaria..." Dieser dämliche Song fällt mir immer ein, wenn ich an die Popostecker-Bar denke. An diesem letzten vollen Tag unserer Reise nach Gran Canaria sollte ich die „Strandapotheke" zum ersten Mal betreten. Und ja, diese Kneipe, also die Popostecker-Bar, ist in Maspalomas.
Nach dem ersten Vorglühen an der Bar auf der Terrasse des „Balkon" fuhren wir Jungs mit der Taxe von St. Augustin nach Maspalomas. Wir, das sind neben Onkel Hotte und mir noch Wastl und Mike. Auch diesmal wieder mit dabei: Der Krankenkassenangestellte mit dem asozialen Sprech nach dem fünften Bier.
Bei späteren Besuchen auf Granni sollte ich jedes Mal dort einkehren. Und von meinen späteren Besuchen weiß ich, das die Popostecker-Bar am Rande einer kleinen Einkaufszeile neben der Strandpromenade liegt. Die Bar hat zusätzlich einen Nebeneingang vom ein Stockwerk tiefer liegenden Strand. Und durch eben diesen Nebeneingang sollte ich diese Kneipe beim ersten Besuch betreten.
Weiß der Geier, warum wir nach Playa des Ingles fuhren, um von dort aus über den Strand zur Kneipe zu gelangen. Aber die Sonnenanbeter unter uns wollten noch ein wenig durch den Sand laufen. Wahrscheinlich fehlte ihnen das Sonnenbad am Nachmittag mit ihren Mädels, die ja gottlob nicht mit nach Maspalomas gefahren waren. Also stiegen wir aus der Taxe und betraten den wunderschönen weißen Strand.
Ich schließe jetzt mal kurz meine Augen, im Off ertönt Freddy. „Bre-nnend heißer Wüstensand..." Die gleißende Sonne knallte voll die Hitze auf uns herab, der Himmel war wolkenlos und azurblau. In meinen geschlossenen Halbschuhen stapfte ich über den lockeren Sand. Schon damals empfand ich das Gehen auf Sandstränden als mühselig und eher unangenehm, aber in den 90ern war mein Widerwillen gegen solche Spaziergänge noch nicht so schlimm.
Wie die Ameisen bewegten sich die Menschen auf einer Art natürlichen Straße 50 bis 60 Meter neben der Wasserlinie entlang dem Strand. In Reihe, in beiden Richtungen, wie Ameisen halt. Durch meine schwarze Sonnenbrille konnte ich das Strandleben bewundern. Menschen gingen ins Wasser rein oder hinaus, weiter draußen kreuzten Motorboote und zogen die Wasserskifahrer hinter sich her.
Menschen lagen am Strand, sonnten sich... Und auf einmal waren alle nackig! Wir passierten offensichtlich den FKK Bereich des Strandes, der nur markiert war und nicht sichtgeschützt, wie dies in Deutschland der Fall wäre. Deshalb blieben mir auch einige unschöne Körper nicht erspart (Ich hatte damals zwar ne Molle, war aber ansonsten noch schlank und hatte sogar Haare auf dem Kopp).
Der ganze Spuk dauerte zum Glück nicht lange. Irgendwann tauchte die Betonwand der besungenen Strandpromenade von Maspalomas auf. Zwei, drei Stufen bis zur Tür - wir waren endlich am Ziel angekommen.
Den ganzen Weg am Strand lang, weit über eine Stunde lang, hatte uns Wastl von dieser Kneipe, der Strandapotheke, vorgeschwärmt. Er nannte sie immer die „Popostecker-Bar", weil der Laden von einem schwulen Pärchen betrieben wurde. Gran Canaria sei ja auch DIE „Schwuleninsel" schlechthin, wobei sich Wastl bei dieser Erklärung einen Seitenblick in Richtung Onkel Hotte nicht verkneifen konnte.
Die sexuelle Ausrichtung des Barmanns war an seiner säuselnden Aussprache und dem femininen Habitus unschwer zu erkennen. Er bot uns neben einem frisch gezapften Pils auch sogleich die Spezialität des Hauses, ein Bulettchen, an. Ich denke bis heute, dass er die Bulette einfach nur in die Hand zu nehmen brauchte, um sie zu erhitzen.
Dank der Klimaanlage war die Kneipe angenehm temperiert. Für viele von Euch mag der Gedanke, an einem sonnigen Ort wie Granni in der dunklen Kneipe zu hocken, abartig erscheinen, aber ich hatte schon immer etwas Bammel vor Sonnenbrand und eine Abneigung gegen Sonnencremes. Außerdem wird da das Pils nicht so schnell kalt. Das Pils lässt die Mannschaft übrigens aus Deutschland einfliegen, wie mir Wastl glaubhaft versicherte. Also wenn Ihr mal auf Granni seid...
Bier und Wodka Lemon waren meine Getränke, die Anzahl kann ich nicht mehr bestimmen. Wir hatten jedenfalls einen Bärenspaß in dem Laden, bis sich unsere Wege trennten. Während Mike und der Krankenkassenangestellte Sehnsucht nach ihren Mädels hatten und mit der Taxe nach St. Augustin zurückführen, zogen Wastl, Onkel Hotte und ich weiter nach Playa des Ingles in die Cita zu Rosi.

Mittwoch, 5. Juli 2017

Hartmudo: Endspurt 5

Eine Woche später gegen Karlsruhe war die Hoffnung auf einen direkten Aufstieg nicht wirklich vorhanden. Hannover musste in Sandhausen verlieren und Eintracht mit 6 Toren Unterschied gewinnen. Falls Stuttgart zuhause gegen den sicheren Absteiger Würzburg verlieren sollte, sollte Eintrachts Sieg schon zweistellig ausfallen.
Die Voraussetzungen für das Saisonfinale am 21. Mai gegen die bereits abgestiegenen Karlsruher waren also denkbar mau; zumindest, was den direkten Aufstiegsplatz angeht. Eigentlich wollten meine Löwin und ich das Spiel ja mit Harald und Maria anschauen, aber da Harald an jenem Sonntag selbst auf dem Fußballplatz stehen musste, fiel dies ins Wasser. So unlieb war mir das nicht, war ich doch nach der 0:6 Klatsche in Bielefeld immer noch ein wenig enttäuscht.
Bei meiner Doppelkopfrunde 3 Tage vorher waren wir deshalb auch schon im Relegationsmodus. 6 Tore Rückstand auf Hannoi aufholen UND eine Niederlage von West-Peine in Sandhausen hielten wir für illusorisch. Ulli hatte zwar schöne Phantasien bezüglich eines entsprechenden Spielergebnisses, aber er hatte sicherlich nicht wirklich dran geglaubt. Geärgert haben wir uns in der Runde aber alle allein über die deprimierende Einsicht, dass letztendlich doch die beiden mit Abstand finanzkräftigsten Teams direkt aufsteigen. Eintracht war ganz nah dran gewesen, aber es sollte nicht sein.
Der wahrscheinliche Gegner in der Relegation wäre der HSV, der in den letzten 3 Jahren bereits zweimal die Relegation mit Dusel überstanden hatte. Die Fischköppe könnten zwar das Abstiegsendspiel gegen die Eintracht durch einen Sieg am Samstag gegen die Radkappen vermeiden, was wiederum die Radkappen in die Relegation versetzten würde, aber wer glaubt schon da dran. Gomez aka der Riestermeister und seine Bande werden dies zu verhindern wissen. Und beim dritten Mal in der Relegation sind die Fischköppe fällig, das war mir so klar wie nur irgendwas. Als ob mir die Jungfrau Maria erschienen wäre, hätte ich sogar 50 € bei Betwin auf einen Sieg von Eintracht gesetzt. Wer sonst außer Eintracht dürfte im Namen aller Fußballgötter die Hamburger endlich aus der ersten Liga kegeln?
Diese Hoffnung, ja Gewissheit, steigerte meine Stimmung nicht nur beim Doppelkopf, sondern auch beim Solo mit Dora und Herbert am nächsten Abend. Dieses Hoch hielt dann immerhin bis zum Samstag, ca. 17.15 Uhr. Da schoss ein Mann namens Waldschmidt das 2:1 für die Fischköppe in der 88. Minute und bescherte den Schraubenlutschern noch zwei weitere Spiele zum Ausklang der Saison. Das war der Super-Gau! Gegen Wolfsburg in die Relegation, das war einfach nicht gerecht. VW gegen Seat – damit ein konzerninternes Duell. Würden die Manager in Wolfsburg Eintracht dann noch den Aufstieg erlauben, wenn die „Zentrale“ deshalb absteigen muss? Ich glaube eher nicht.
Am Sonntag hatte ich mir deshalb vorgenommen, das Spiel Eintracht gegen KSC zu ignorieren. Bei regnerischem Wetter wurden wir dann doch weich und luden uns bei Mary und Charles zum Saisonabschluss ein. Unsere Devotionalien wie Schal und Teddy nahmen wir natürlich mit und verlebten einen fröhlichen Nachmittag in geselliger Runde, die durch die Kinder der Gastgeber nebst Muttern und Schwiegersohn verstärkt wurde.
Domi Kumbelas erster Treffer in der Rückrunde nach 2 Minuten per Kopf eröffnete diese offen geführte Partie. Auf Flanke von Biada, der endlich auch mal wieder von Beginn an ran durfte. Mit Abdullahi, Nyman und Khelifi anstelle von Hernandez ging Lieberknecht volles Risiko und ließ Eintracht in einer extrem offensiven Variante beginnen, weil nur ein Sieg mit 6 Toren Unterschied weitergeholfen hätte. Eine Niederlage wäre ja egal gewesen.
Daher fiel der Ausgleich in der 15. Minute, weil Eintracht nur nach vorne spielte und hinten offen stand. Das Risiko musste Lieberknecht gehen, aber leider reichte es nur noch zum 2:1 in der 34. Minute durch Biada nach Querpass von Khelifi. Dies war auch das Endergebnis, denn danach hatte Eintracht vielleicht noch zwei bis drei gute Chancen, aber die Offensivkraft verpuffte mit zunehmender Spieldauer.
Stattdessen erspielte sich Karlsruhe eine Chance nach der anderen, was Charles und mich in helle Aufregung versetzte. Aber Fejzic hielt seinen Kasten dank einer überragenden Leistung bis zum Abpfiff sauber. Die zwischenzeitliche Führung von Sandhausen gegen Hannover weckte in uns Anfang der zweiten Halbzeit etwas Hoffnung, aber diese Führung hielt nur ein paar Minuten. So waren wir alle nach dem Spiel erleichtert, dass die reguläre Saison endlich vorbei war.
Wie vor Anpfiff des Spiels zu erwarten war, hatte Eintracht es nicht geschafft, Hannover oder Stuttgart auf der Ziellinie noch abzufangen. Das Spiel in Bielefeld war der Knackpunkt gewesen. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte Eintracht bereits in den Spielen zuvor häufig genug Glück gehabt, dass sie die Punkte in den Schlussminuten noch geholt hatten.
Somit heißt es: Nächster Halt Donnerstag, 25. Mai Hinspiel der Relegation in Wolfsburg.

Samstag, 1. Juli 2017

Hartmudo meets Contramann: Person of Interest 2/2

Unser System ist eben nicht zu fassen und mit normalen Mitteln, wie z.B. Wahlen, nicht zu knacken. Das heißt, natürlich wäre es theoretisch nur so zu knacken. Doch alle Menschen sind Teil des Systems und profitieren davon. Zugegebenermaßen bleibt für die Meisten wenig oder nur das nackte Überleben als Gewinn, aber trotzdem finden sich eben nicht die erforderlichen ca. 50% an Wählern, um bei der Bundestagswahl im Herbst die Regierungsherrschaft von CDU und SPD durch die Wahl der Linken oder einer kleineren Partei, die am System wirklich etwas bewegen will (nicht die AfD, die entsprechen eher John Greer), brechen zu können.
Dies wäre die Voraussetzung zur Änderung der Wirtschaftsordnung. Und selbst das wäre nur ein Kieselstein am Strand, denn eine derartige Änderung erfordert eine globale Umsetzung, wäre ergo von vornherein zum Scheitern verurteilt. Es gibt so viele automatische Mechanismen, die das System in sich am Laufen halten, das es schon unheimlich ist.
Ohne das es großartig Befehle auf verschlungenen Pfaden von grauen Männern gibt, funktioniert das System perfekt. Weil die handelnden bzw. ausführenden Menschen wissen, was erwartet wird (frei nach Loriot). Deshalb reagieren wir alle so berechenbar, dass am Ende tatsächlich eine „maschinelle“ Schwarmintelligenz a la Samaritan entsteht, die sich mittels diverser Sicherungselemente wie Polizei und Militär, aber auch Medien (muss ja nicht immer gleich geballert werden) schützt.
Denn auch die Menschen, die in Medien oder der Polizei, Geheimdiensten und was sonst noch arbeiten, laufen im selben Hamsterrad wie wir alle. Das „die da oben“ von den „Abgehängten“ dieser Maschinerie als Täter hingestellt werden, ist im Sinne des Systems. Denn solange die „kleinen“ Leute machtlos bleiben, ist dieses Feindbild für das System nützlich, weil dem sich ohnmächtig fühlenden Bürger immer noch die Hoffnung bleibt, die ihn antreibt und damit das System weiterhin am Laufen hält.
Das Ganze funktioniert selbstverständlich auch in umgekehrter Richtung. Die Ironie dabei ist, dass es eben keine Täter gibt, die andere Menschen bewusst unterdrücken, jedenfalls nicht in der Allgemeingültigkeit, wie wir sie in Diskussionen immer gerne annehmen. Irgendwo sind alle Opfer und Profiteure des Systems. Ob Chef oder Hilfsarbeiter, überall gibt es Arschlöcher, aber auch gute Menschen, die die Gemeinschaft positiv beeinflussen.
Kurz gesagt gibt es keine Verschwörung durch geheime Zirkel wie der Atlantikbrücke oder dem Club of Rome. Solche Leute mögen an geheimen Orten manch eine Schurkerei aushecken, die ich mir nicht mal vorstellen kann – und das bei meiner Phantasie. Aber auch diese Menschen unterliegen Beschränkungen, vielleicht sind sie ja wirklich die John Greer oder Propheten dieses Systems. Doch selbst wenn sie noch soviel Leid und Tod über die Menschheit bringen, eine Veränderung des Systems, bzw. Änderung der Lebensumstände ALLER Menschen, bewirken sie nicht.
Und seien wir mal ehrlich: Menschen, die tatsächlich die Macht, die wir so verachten, hatten und diese auch ausübten, waren Menschen wie Stalin oder Hitler samt ihren Helfern. Wollen wir also wirklich, dass Menschen die Macht zur wirklichen Gestaltung erhalten, und sei es zum Positiven? Sarah Wagenknecht würde ich ich für einen Umschwung in eine gerechte Welt als geeignet ansehen, aber könnte ein einzelner Mensch auch mit dieser Macht umgehen? Trotz zu vieler Krisengebiete in der Welt ist die Welt dank des „Systems“ relativ stabil. Das Risiko, dass Sarah die Macht zu Kopf steigt und dann in die Fußstapfen der Genannten tritt, wäre mir zu hoch, wenn ich es in Ruhe betrachte.
Ich weiß, dass meine Ausführungen eben schwer verdaulich und kaum zu verstehen sind, wenn man die Serie nicht kennt. Deshalb folgt jetzt eine kurze Einführung durch Hartmudo himself, damit Du Lust auf diese Serie bekommst und meinen Standpunkt (hoffentlich) besser verstehen kannst.
Nach jahrelanger Entwicklung hat Harold Finch seine Überwachungssoftware zur Verhinderung terroristischer Anschläge an die Regierung verkauft. In den Jahren erleidet er persönliche Schicksalsschläge, die ihn an der Vertrauenswürdigkeit der Regierung zweifeln lassen. Mit der Hilfe von John Reese, einem ehemaligen Killer der CIA, kümmert er sich um normale Menschen, die Beteiligte eines Mordes sind, entweder als Täter oder Opfer. Finch erhält von der Maschine per Telefon lediglich die Sozialversicherungsnummer, deren Besitzer Finch sich aus den Computersystemen hackt.
Reese regelt dabei die Angelegenheit vor Ort und verhindert die Morde, unterstützt vom (ehemals) korrupten Polizisten Lionel Fusco und dessen unbestechlicher Kollegin Jocelyn Carter. Die eiskalte Killerin Miss Groves verstärkt irgendwann dieses Team. Groves heißt im Original „Root“, weil sie irgendwann direkt mit der Maschine kommunizieren kann.
Carter stirbt in der 3. Staffel und wird durch Sameen Shaw, wie Reese eine ehemalige Geheimagentin, ersetzt. Als roter Faden im Laufe der Serie sind erst CIA und FBI die Gegner dieser „Gerechtigkeitsliga“, danach das Gangstersyndikat von Elia, die Gang korrupter Polizisten namens HR, Decima Technologies als Entwickler von Samaritan mit dem wunderbar schmierigen John Greer oder später auch Brotherhood, eine Ghettogang, die die Unterwelt von New York kontrolliert.
Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen im Laufe der Serie schon mal, selbst Finch muss sich moralischen Grundfragen des öfteren stellen. Auf alle Fälle fesselt Dich Person of Interest an den Fernsehsessel. Trau Dich. Die Idee zu dieser Serie hatte Jonathan Nolan, der auch mit seinem Bruder Christopher für die „Dark Knight“ Film das Drehbuch schrieb. Produziert wurde die Serie von Bad Robots Produktions, deren CEO J.J.Abrams ist, seines Zeichens Regisseur bzw. Produzent der aktuellen Star Trek Filme.
Das macht doch neugierig, oder?