Sonntag, 23. November 2014

Hartmudo Spezial: Walter 12/14

12
Donnerstag, bis 18.00 Uhr muß ich da arbeiten. Ich freute mich richtig auf den Feierabend und kaufte unterwegs noch ne Tüte Chipsfrisch. Käse dazu und das eine oder andere Bierchen. Entspannt saßen meine Löwin und ich auf dem Sofa. Es lief auf Blueray „Salt“ mit Angelina Jolie. Der Film, den wir bisher noch nicht zu Ende gucken konnten.
Der Film lief so 20 bis 30 Minuten, da klingelte das Telefon. „Soll ich rangehn?“ fragte ich meine Löwin rhetorisch. Ohne eine Antwort abzuwarten, schnappte ich mir das Telefon. Dann drückte ich beim Player auf die Pausentaste.
Der Anruf kam aus Florida. Die Schwägerin von Walter meldete sich jetzt telefonisch. Gerade in dem Moment, als alles überstanden war. Es war mir offenbar nicht vergönnt, die Angelegenheit zu den Akten zu legen.
Die Schwägerin hatte meinen Brief nur über Umwege erhalten, da sie selbst vor ein paar Jahren umgezogen ist. Sie wohnt zwar noch in der Nähe, aber in dem alten Haus wohnt nunmehr ihre verwitwete Schwiegertochter.
Der Sohn ist wohl vor 2-3 Jahren verstorben, aber seine Witwe hat den Brief erhalten und nicht lesen können, da in deutscher Sprache abgefaßt. Deshalb dauerte es auch ein paar Tage, bis die Schwägerin endlich meinen Brief bekam.
Zusammen mit einem Schreiben vom Amtsgericht Braunschweig natürlich. Die Schwägerin versicherte mir, das sie die Erbschaft ausschlägt und die entsprechende Erklärung zum Amtsgericht schickt.
Sie wollte mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun haben, weil sie sich nicht mehr fit fühlt und auch nicht nach Deutschland kommen kann.
Sie sagte mir auch, das sie sich anfangs über meinen Brief geärgert hatte, weil sie ihn unverschämt fand. Ich erklärte ihr die näheren Zusammenhänge noch einmal und verschwieg ihr auch nicht, dass Mutter und ich uns mittlerweile zerstritten hatten.
Das fand sie bedauerlich. Wir sprachen fast eine Stunde über Dieses und Jenes. So erfuhr ich zum Beispiel, dass Walters Frau zusammen mit ihren 2 Schwestern als Waisen aufwuchsen. Walter selbst war ja auch Waise gewesen, hatte aber kein Moos an den Füßen und war wohl deshalb froh, seine Frau kennengelernt zu haben.
Diese Vermutung äußerte die Schwägerin nicht direkt, aber es klang doch irgendwie durch. Darüber hinaus bezeichnete sie Walter als pfiffig, was man als schlitzohrig oder böswillig als berechnend verstehen könnte.
Wobei ich immer noch nicht glauben mag, dass Walter irgendjemanden wirklich böswillig schädigen wollte. In meinem Fall dachte er sich bestimmt, dass ja genug Geld da sein müßte und Mutter das Geld mal schnell so eben von der Bank holt, um alles zu bezahlen. Damit hat er sich wahrscheinlich beruhigt.
Ein Familienmensch war Walter aufgrund seiner Vita eh nicht. Auch blieb seine Ehe kinderlos. Eine Verantwortung Mutter oder gar mir gegenüber aufgrund des „geplatzten“ Testaments fühlte er sicher nicht. Die Pfiffigkeit bestand hier wohl darin, das er mir bewußt nichts erzählte.
Walter machte das 2000er Testament wohl nur, damit ich die Seebestattung organisiere. Er wollte sicherlich „bei seiner Frau sein“. Das hatte er ihr wahrscheinlich am Totenbett versprochen.
Ich wurde dazu mit den Krügerrand geködert und Mutter wurde mit der obskuren Vollmacht beruhigt. Schließlich war Walter im Heim als Waise aufgewachsen. Heimkindersyndrom möchte ich meinen.
Die Schwägerin jedenfalls betonte mehrmals, dass sie Mutter nichts Böses wolle. Im Gegenteil, sie war erfreut, das Walter nach dem Tod ihrer Schwester wieder jemanden gefunden hatte und so viele glückliche Jahre verleben durfte.
Aber – und jetzt kommt es – sie äußerte ihre Besorgnis, dass Mutter die Wohnung verlieren könnte, wenn das Amtsgericht aufgrund ihrer Niederschlagung die Vermögensverhältnisse genauer unter die Lupe nimmt.
Denn ihre Schwester war wohl als alleinige Eigentümerin der Wohnung im Grundbuch eingetragen. Walter hatte noch eine Wohnung in der Weststadt. Aber die gemeinsame Wohnung mit seiner Frau, die er nach dem Tod seiner Frau an Mutter verkauft hatte, hätte er laut der Schwägerin gar nicht verkaufen dürfen.
Die Schwägerin konnte sich nicht erklären, wie Walter dies über den Notar (den er schon seit Jahren kannte und der mittlerweile verstorben ist) hinbekommen hat. Da kam ich natürlich auch gleich ins Grübeln. Pfiffig. In der Tat.
Und das wäre auch der Grund ihres Anrufes gewesen, da sie Mutters Telefonnummer nicht hatte. Zum Schluß des Gesprächs verstanden wir uns besser. Die jeweiligen Standpunkte waren nun klar und die Schwägerin schien zufrieden. So auch ich.
Ich versprach ihr, Fotos, die ich noch habe, zu schicken. So endete das Gespräch in angenehmer Atmosphäre.
An den Film war für meine Löwin und mich natürlich nicht mehr zu denken. Wir redeten noch lange über die für uns neue Information über die Wohnung. Jetzt war uns auch klar, warum Mutter so panisch darauf bestand, die Telefonnummer oder die Adresse der Schwägerin zu bekommen.
Es ging nicht um „liebe Worte“, die sie schreiben wollte. Sie wollte partout verhindern, das ich mitbekam, was mit ihrer Wohnung ist.

Mittwoch, 19. November 2014

Contramann: TTIP 2/2

Derselbe eben genannte Effekt hebelt dann auch noch das bisher noch geltende Fracking Verbot aus, da sich Deutschland die Strafzahlungen nicht leisten könnte. Das würde uns zumindest der Dicke aus Goslar so erzählen und sich dann noch unter Tränen über die Sicherstellung einer Jugendförderung dank Rechteverkaufs zu bedanken.
Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten somit ausgehebelt werden. Ebenso nicht nur der Verkauf von Wasserrechten, sondern auch die Privatisierung großer öffentlicher Bereiche wie Schulen oder allgemeine öffentliche Verwaltung könnten eine weitere Folge sein.
Der eigentliche Skandal daran aber ist, das dies alles ohne Überprüfbarkeit durch ordentliche Gerichte machbar sein würde, worin eben auch die Gefahr für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit besteht. Machen selbst Wahlen dann überhaupt noch Sinn, wenn der Wählerwille z.B. zum Komplettausstieg aus der Kernenergie, Fracking Verbot und ja – keine Chlorhühnchen! – komplett durch ein Geheimgericht ausgehebelt werden kann?
Nichts, aber auch gar nichts habe ich bisher von Politikern der Regierungsparteien gehört, was diese Risiken wert wäre. Im Gegenteil. Im Netz fand ich auf den Seiten der ZEIT, einer früher eigentlich mal seriösen Zeitung, einen Kommentar, der in seiner Dämlichkeit schwer zu toppen ist:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-11/fuenf-vor-acht-g20-putin-ttip-eu-amerika
Demnach setzen sich auf dem G20 Gipfel in Brisbane die USA und die führenden (west)europäischen Staaten für eine schnelle Einführung von TTIP ein, „weil damit auch die große Chance verbunden ist, die gemeinsame Überzeugung von offenen und freien Gesellschaften zu festigen und zu verbreiten.“ Hiervor hätte Putin wiederum Angst, weil der hochmoralische Westen mit den ach so edlen Werten für seine „selbstherrliche Art zu regieren und zu wirtschaften“ eine Gefährdung darstellen würde.
Jetzt weiß Contramann zugegebenermaßen nicht, welche Drogen der Kommentator der Zeit namens Martin Klingst zu sich nimmt, das es ihm sein Gehirn so vernebelt, dass er quasi weiße Mäuse sieht. Aber das Fehlen allein der Möglichkeit, geheime Schiedsverfahren der TTIP offen und nachvollziehbar wenigstens verfolgen zu können, ist gerade ein eklatanter Verstoß gegen die Werte der westlichen Demokratien.
Ja, gerade das diktatorische Regieren oder hier Wirtschaften, dass klassischerweise immer Rußland bzw. der Sowjetunion nicht zu Unrecht vorgeworfen wurde, würde gerade dank TTIP eben im Westen installiert.Das sind dann eben nicht mehr die Werte, die den „Westen“ so attraktiv und wertstabil gemacht haben.
Mann, Mann, Mann. Wieviel hat Klingst bloß für dies Geschreibsel bekommen? Oder sollte er wirklich so verbohrt sein? Schön dazu paßt aber auch das von mir vorhin entdeckte Interview der „SPD Politikerin“ Michelle Müntefering. Die Frau des Ex-Parteivorsitzenden hat ja noch nicht einmal nen Posten in der Partei:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/michelle-muentefering-spd-im-interview-ueber-ttip-a-1003529.html
„Zunächst war ja sogar unklar, ob die nationalen Parlamente überhaupt mitbestimmen dürfen.“ Aha, und jetzt dürfen sie es? Quatsch, die Verhandlungen laufen doch schon längst ohne Beteiligung der staatlichen Regierungen, was wollen denn da die Parlamente auf einmal noch reißen, wenn nicht einmal …
Es ist zwecklos. Wenn Frau Müntefering grandioserweise am Schluß des Interviews noch folgendes feststellt: „Wir brauchen starke Partner in der Welt“, dann erreicht sie damit ein Maß an Naivität, das seinesgleichen sucht.
Natürlich brauchen wir „starke Partner“ bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, aber das kann doch niemals bedeuten, das multinationale Konzerne einzelnen Staaten und damit den Menschen vollkommen unkontrolliert vorschreiben dürfen, dass letztendlich jeglicher Schutz der Umwelt oder der des sozialen Miteinanders zugunsten reiner wirtschaftlicher Interessen von Großkonzernen ausgehebelt werden kann.
Sicher hat Contramann die gesamte Thematik hier etwas plakativ und polemisch dargestellt, aber die von mir angesprochenen und zitierten Kommentare strotzen nun auch nicht gerade vor objektiven und vor allem versierten Fakten. Hierzu möchte ich schließlich nochmals zum anfänglich erwähnten Kommentar von Frau Merkel zurückkommen.
„Wir sollten alles daran setzen, als Europäer nicht abgehängt zu werden“
Und: „Die Welt wartet nicht auf uns.“
Werte Frau Merkel, was soll das? Das sind doch Platitüden. Und dann das ewige Gerede – zwar nicht in dem Artikel über den G20 Gipfel, aber ansonsten in den Medien – über das angebliche Weltwirtschasftswachstum von gigantischen 0,05 %. Und dafür das ganze Getöse? Frau Merkel, guckst Du hier:
http://ase.tufts.edu/gdae/Pubs/wp/14-03CapaldoTTIP_ES.pdf
Diese Zusammenfassung der Untersuchung an der Tufts University in Massachusetts kommt zu dem Schluß, dass TTIP zu einem Verlust von ca. 134.000 Arbeitsplätzen in Deutschland führen würde. Hinzu käme ein errechneter Einkommensverlust von 3400,-€ jährlich pro Arbeitnehmer. Natürlich kann man dies ignorieren, wenn man bei Zahlen im Allgemeinen mißtrauisch ist. Hierbei geht es ja auch nicht um die Höhe dieser Verluste, die uns allen drohen.
Zum Abschluß möchte Contramann noch einmal daran erinnern, was hier auf dem Spiel steht, auch wenn ich mich wiederhole. Allein der Umstand, dass die ganzen Verhandlungen zu TTIP unter Ausschluß der Öffentlichkeit laufen und selbst das deutsche Parlament nicht eingeweiht wird, sollte uns allen zu denken geben.
In der Schule habe ich mal gelernt, dass in unserer Demokratie Gesetze ausschließlich im Parlament beschlossen werden und diese über die Gerichte nachprüfbar sind. Dieser Wert der „westlichen Welt“, worauf sich der Kommentator der Zeit ja so gerne beruft, wird durch TTIP gnadenlos pervertiert, wenn ein „Geheimgericht“ Staaten zu Strafzahlungen verdonnern kann, ohne dass sich diese auf dem nach den jeweiligen Verfassungen vorgesehenen Wegen dagegen wehren können.
Das riecht eher nach Diktaturen a la der ehemaligen Sowjetunion und ist unseren demokratischen Werten abträglich. Jetzt könnte man einwenden, dass dies ja nicht das problem sein sollte, weil die Grundrechte ja von unserer Verfassung geschützt sind und deshalb solche Strafzahlungen gar nicht erfolgen dürfen.
Da sagt Contramann nur Argentinien. Ehe Deutschland durch eine Verfassungsklage z.B. der Linken eine Strafzahlung z.B. an Monsanto vermeiden kann, wird die Regierung – und Ihr wißt, über welche Parteien wir da in den letzten 65 Jahren reden – durch den Beschluß eines neuen Gesetzes im Bundestag die Zahlung zum Investorenschutz vermeiden. Somit haben wir keine Grundrechtsverletzung und damit keine Klage.
Stattdessen dürfen wir unser Wasser dann bei Nestle kaufen und dieses dann über das Chlorhühnchen gießen.
Schöne neue Welt, 1984 läßt grüßen.
Fragt Uncle Fester, welche Romane er zu der Machtübernahme der Staatsgewalt durch multinationale Konglomerate empfehlen kann. TTIP ist ein möglicher Schlüssel hierzu.

Dienstag, 18. November 2014

Contramann: TTIP 1/2

Am Montag bin ich über folgenden Artikel im SPON gestolpert:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/freihandelsabkommen-mit-den-usa-merkel-mahnt-bei-ttip-zur-eile-a-1003249.html
Frau Merkel kann es gar nicht schnell genug gehen, bis das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) endlich unterzeichnet ist. Viele andere Länder hätten schon Freihandelsabkommen z.B. mit China. „Wir sollten alles daran setzen, als Europäer nicht abgehängt zu werden", sagte Frau Merkel wohl noch dazu. Das Ganze dann noch „mit einem Höchstmaß an Transparenz und mit großer Rücksicht auf die Sorgen der Bürger.“
Amen.
Wer`s glaubt, wird selig.
Contramann hatte sich in der Vergangenheit ja schon des Öfteren zu TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) geäußert, aber die Ausführlichkeit bisher vermissen lassen. Es steht aber zu befürchten, dass diese ganzen Freihandelsabkommen nicht nur zur Gefahr für Staaten und Wirtschaft der europäischen Union mutieren, sondern auch die Lebensqualität der meisten Menschen nachhaltig schädigt.
Worum geht es beim TTIP also? Angeblich geht es beim TTIP hauptsächlich um erleichterte Marktzugänge. Als Beispiele werden hier gern Abbau von Zollschranken, Chancengleichheit von Firmen bei Vergabe öffentlicher Aufträge sowie Angleichung von Standards genannt. Klingt ja erst mal nicht schlecht, aber:
Zölle sind bereits ohne TTIP im Welthandel von geringerer Bedeutung. Lediglich 4–7 % des Welthandels sind zollpflichtig, d.h. für weit über 90% des Handels spielen Zölle im globalen Wettstreit keine Rolle mehr. Das ganze Brimborium also für den relativ geringen Anteil am Welthandel macht doch eigentlich keinen Sinn, oder?
Also die öffentlichen Aufträge. Da könnte dann endlich auch die rumänische Baufirma in den USA so richtig angreifen. Da werden sich die amerikanischen Baufirmen bedanken, wenn die Rumänen zu Dumpingpreisen im Hoch- und Tiefbau der USA einen Auftrag nach dem Anderen schnappen.
Ach ne, halt. Das ist ja nicht richtig. In Deutschland kennen wir das doch alle. Die amerikanische Baufirma wird natürlich nach wie vor die Aufträge an Land ziehen können. Pech gehabt, mein lieber rumänischer Unternehmer. Nur deine Bauarbeiter können dann in den USA via Subunternehmen endlich „Urlaub“ in den USA machen. Wunderschön in klimagerechten Wellblechhütten in Mehrbettzimmern, damit es nicht so einsam ist in der Diaspora.
Der Lohn richtet sich natürlich nach den rumänischen Tarifen, wovon noch Essen und Unterkunft abzuziehen wären. Pässe bleiben beim Bauleiter – könnten ja sonst verloren gehen. „Wo bleibt denn da der amerikanische Bauarbeiter?“ möchte man da fragen. Ist doch ebenso einfach:
Er wird lediglich beim rumänischen Subunternehmen, welches natürlich ein US amerikanisches mit Sitz in Bukarest sein dürfte, arbeiten müssen. Die zahlen sogar nach Tarif – dem rumänischen zwar, aber wenn die Globalisierung es erfordert …. Da sind doch alle zufrieden, oder etwa nicht?
Gleiche Standards überall schließlich muß ja gut sein. Kann man sich also endlich darauf verlassen, das in Sachen Gesundheits- und Lebensmittelstandards sowie dem Umweltschutz endlich einheitliche Richtlinien weltweit gelten können. Hatten doch gerade wir Deutschen dank der Grünen hohe Umweltstandards und zusammen mit der SPD auch eine hohe Qualität bei Lebensmitteln, in der Gesundheitsversorgung oder auch beim Trinkwasser gesetzt.
Aber Stop: Wenn die Standards uneinheitlich sind und man sich einigen muss, dann muss man sich aber auch einig sein. Und einig sein heißt bekanntlich immer der allseits beliebte „kleinste gemeinsame Nenner“, was denn sonst?
So hat der weltweit größte Saatguthersteller Monsanto ja auch schon erfolgreich Verbote für den hauptsächlich von Monsanto vertriebenen Genmais umschiffen können. Selbst ein Veto Deutschlands im EU Ministerrat im Februar diesen Jahres hätte den Genmais aus Europa verhindern können. Merkwürdigerweise enthielt sich Deutschland der Stimme. Weil man ja „nicht zustimmen könne“, so unsere Kanzlerin.
Also enthalte ich mich der Stimme und sorge dadurch dafür, dass Genmais eben gerade nicht verboten werden kann. Dies kommt quasi einer Zustimmung gleich, aber wir Deutschen haben uns ja schon von jeher gern verarschen lassen.
Dieses Beispiel hat zwar zunächst nichts mit TTIP zu tun, zeigt aber auf, in welche Richtung es gehen könnte. Wenn z.B. Nestle den Ankauf von Rechten an Trinkwasser, wie der Konzern es in Südamerika durchgezogen hat, in Europa forcieren möchte? Wenn dies in Deutschland nicht möglich ist, weil die Trinkwasserrechte in Deutschland per se bei den Kommunen und Landkreisen liegen und ein „generelles“ Vermarktungsrecht für ganz Deutschland trotz Verpflichtung zu einer europaweiten Ausschreibung bei geplanten Privatisierungen nicht garantiert werden kann?
Dann käme eine Klausel des TTIP zum Tragen, deren Auswirkungen und Risiken sich kein Politiker offenbar stellen möchte. Wird übrigens auch nicht gerade selten eher verschwiegen. Gemeint ist hier die Möglichkeit für einen Konzern wie Nestle, ein „unabhängiges“ Schiedsgericht anrufen zu können.
Diese geheimen Schiedsgerichtsverfahren – Investor-State Dispute Settlement (ISDS) genannt - eröffnen den Konzernen die Möglichkeit, Staaten zu verklagen, wenn etwa durch staatliche Eingriffe Gewinnerwartungen geschmälert werden. Solche Schiedsgerichte, die an die Stelle von nationalen Gerichten treten, wären daher ein massiver Angriff auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.
Wie Nestle in so einem Fall die Gewinnerwartungen genauer beziffern würde, ist mir nicht bekannt. Aber das ist ja eigentlich auch egal, weil das Schiedsgerichtsverfahren ja eh geheim ist und die „unabhängigen“ Experten aus der Wirtschaft dies auch objektiv ermitteln werden. Da bin ich völlig unbesorgt.
So wie dann die deutsche Regierung, die als Konsequenz entweder eine saftige Strafe zur Zahlung an Nestle überweist oder aber per Gesetz Nestle die Möglichkeit einräumt, die Wasserrechte für Deutschland en bloc zu erwerben.
Bei einer Strafzahlung ist mal wieder der „Bürger“ der Gearschte. Denn dies kann ja nur aus Steuermitteln finanziert werden. Und diese Gelder fehlen dann letztendlich bei der Infrastruktur oder bei Sozialleistungen. Oder glaubt hier jemand ernsthaft, das zur Zahlung solcher Strafgelder die Vermögenssteuer eingeführt werden würde?
Die zweite Möglichkeit hält Contramann sowieso für wahrscheinlicher, weil so das Risiko eines großen Aufschreis der „Wutbürger“ und in der Folge schlechte Wahlergebnisse der etablierten Parteien vermieden werden könnte. Somit könnte sich dann ein Nestle Manager – oder einer der Konkurrenz – folgende Frage stellen:
„Warum beschweren sich die Leute in Deutschland darüber, dass sie kein Wasser hätten? Sie brauchen es doch einfach nur von uns zu kaufen.“

Sonntag, 9. November 2014

Contramann: Tag des Mauerfalls

Guten Morgen. Heute ist eigentlich ein besonderer Tag. Es ist der 25. Jahrestag des Falls der Mauer, wie es heuer so schön heißt.
Eigentlich ist das so nicht korrekt, weil die Mauer in Berlin seit August 1961 nur einen kleinen Teil der Grenzbefestigungen der DDR zur alten BRD darstellte. Aber solange sie stand, war sie das Sinnbild für den „antiimperialistischen Schutzwall“, mit dem die DDR auf der gesamten Staatsgrenze zur Bundesrepublik versuchte, die „Republikflucht“ ihrer Bürger hin zum Konsum orientierten Schlaraffenland der BRD einzuschränken.
An der innerdeutschen Grenze, insbesondere im verminten Todesstreifen, wurden im Laufe der Jahre 1961 bis 1989 lt. Wikipedia 715 Menschen getötet. Dieses deutsche Trauma ist im Laufe der Jahre eher etwas in den Hintergrund gerückt; Strafprozesse sind gelaufen und die Täter wurden bestraft. Redet heute kein Schwein mehr drüber.
Aber die Stasi (Staatssicherheit), der DDR Geheimdienst, der seine Bürger in orwellscher 1984 Manie überwachte und notfalls einsperrte, dient einschlägigen Kreisen unverändert als Grund zur Verfügung, um missliebige Politiker, insbesondere die der Linken, als unzuverlässig zu diffamieren. Die vermeintliche SED Vergangenheit vieler, auch prominenter Mitglieder der Linken wird immer wieder gern hervorgekramt, um die unbequemen Meinungen der Linken, die heutzutage die einzige ernsthafte Opposition im Parlament darstellen, zu diffamieren.
Als Kind habe ich Felix Comics gelesen. Wastl war mein „Superman“ im gelben Kostüm, der auf der Welt für Gerechtigkeit sorgte. Er bekämpfte die Bösen und die Welt war seinerzeit noch in Ordnung.
Ich erwähne dies, weil dieser Wastl wäre jetzt der Einzige, der uns noch helfen könnte bei dem momentanen Wahnsinn. Ich sage nur Wolf Biermann am Freitag zur Feierstunde des 25jährigen Mauerfalls im deutschen Bundestag, als er dort auf Einladung des Bundestagspräsidenten (ist eines von 5 Verfassungsorganen) Lammert (CDU) die Fraktion der Linken pauschal als "Drachenbrut" unbestraft durchbeleidigen durfte.
Also wenn ich als Zeuge vor nem deutschen Gericht einen Schöffen als Wixer tituliere, bloß weil dieser mir vor 40 Jahren übel mitgespielt hatte, dann kriege ich ein saftiges Ordnungsgeld aufgebrummt. Von wegen Ehre des Gerichts und so.
Aber wenn Biermann (offenkundig geistig umnachtet) die Linke pauschal als SED Nachfolger brandmarkt und der Partei eine demokratische Grundposition abspricht, dann geschieht original gar keine Reaktion des deutschen Bundestages (ebenfalls ein Verfassungsorgan).
Und nach dieser Farce rennen die ehemalige FDJ Sekretärin für Agitation und Propaganda, Frau Angela Merkel, und der schmierige Dicke aus Goslar, Herr Gabriel, zu Biermann und schütteln ihm noch die Hand, dabei jovial lächelnd. Contramann fand diese Szene einfach nur wi-der-lich.
Übrigens: Wer meint, Frau Merkels Tätigkeit bei der FDJ sei eine Propagandalüge der Linken, der schaue auf den folgenden Link. Ein Dementi sieht anders aus:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/merkels-fdj-vergangenheit-seibert-weist-vorwuerfe-zurueck-a-899529.html
Das eben habe ich jetzt nur eingeschoben, weil mir auf Wikipedia die Änderung von Merkels Biographie in diesem Punkt aufgefallen ist. Bis vor kurzem stand Frau Merkel in Wikipedia als FDJ Sekretärin drin, mittlerweile wird dies lediglich als bloße Behauptung eines Merkel Biographen beschrieben. Interessant irgendwie …
SPON hat natürlich sofort reagiert und kommentierte den Auftritt Biermanns als auch der folgenden Rede von Gregor Gysi entsprechend neoliberaler Vorgaben.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mauerfall-biermann-nennt-linke-drachenbrut-a-1001556.html
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/biermann-attacke-im-bundestag-die-linke-mogelt-sich-durch-a-1001569.html#ref=plista
Wenn ich dazu beim SPON Forum in die Kommentare schaue und dort viele Meinungen lesen muß (hoffentlich wirklich nur von PR Agenturen gesteuert), die in das selbe Horn quasi in "Rübe ab" Manier stoßen, dann wird mir wirklich Angst und Bange.
Ob Biermann oder Bahnstreik, wenn ich Meinungen hierzu von Kollegen, Nachbarn oder Anderen höre, dann habe ich spätestens jetzt nach über 50 Jahren auf dieser Welt mitbekommen, wie ein Hitler an die Macht kommen konnte und 6 Millionen Juden umbringen lassen konnte, ohne dass "Jemand" dies mitgekriegt hätte.
Hinterher waren ja sowieso alle im Widerstand oder nach 1989 in der Opposition wie Herr Gauck.
Das Wichtigste am Bahnstreik übrigens ist da der ausfallende Güterverkehr. Dank "Just in Time" Produktionen drohten jetzt einige Bänder still stehen zu müssen, aber dankenswerterweise hat die GDL das Streikende ja auf Samstag um einen Tag vorgezogen.
Aber das nur zwischendurch, weil der Bahnstreik und die Medienreaktion darauf ist ein Kapitel für sich. Der Hass, der aus einigen Kommentaren im Forum gegenüber den Linken schießt, ist nicht nur dämlich, sondern auch ärgerlich. Man kann ja eine andere Meinung vertreten, aber soviel mangelnden Respekt oder besser gesagt abgrundtiefem Hass gegenüber gewählten Volksvertretern habe ich lange nicht mehr gesehen. Und die Beifall klatschenden Abgeordneten der anderen im Bundestag vertretenen Parteien der Union, SPD und Grünen taten mir als altem Demokraten, der eigentlich immer noch fest an die Prinzipien der FDGO (freiheitlich demokratische Grundordnung) glaubt, besonders weh.
Contramann fühlte sich an Filmaufnahmen aus dem Reichstag nach der Machtergreifung Hitlers und vor dem Verbot der anderen demokratischen Parteien wie SPD und Zentrum erinnert. So wie viele Abgeordneten der Linken bei Biermanns Hasstiraden müssen sich damals Otto Wels und Ludwig Kaas, die Vorsitzenden der beiden großen demokratischen Parteien, und ihre Mitstreiter gefühlt haben.
Was für eine bittere Ironie der Geschichte, dass die SPD und die Union als geistige Nachfolger des Zentrums nach 81 Jahren von Opfern zu Tätern mutieren. Wer jetzt meint, dieser Vergleich sei jetzt übertrieben, den möchte Contramann daran erinnern, dass heute ja auch der Jahrestag der Reichsprogromnacht 1938 ist.
Und wer meint, das „wir“ heute ja aufgeklärter sind als die Deutschen es 1933 waren, dem möchte Contramann entgegnen, wo er/sie meint zu leben. Es ist sicher richtig, dass sehr viele Bürger gar nicht wissen, wo sie objektive Informationen herholen können. Diese Leute verlassen sich auf die Tagesschau und Co, Spiegel, Stern und Focus. Das Bildungsbürgertum greift zur Zeit, FAZ oder der Süddeutschen und merkt gar nicht, dass dort genau die „gemieteten“ Journalisten schreiben, die uns ständig die neoliberale Ideologie als objektive Wahrheit verkaufen und Geschehnisse dort einseitig kommentieren, wo eine einfache Schilderung sämtlicher Tatsachen der freien Interpretation Raum lassen würde.
Das mit den fehlenden Informationsquellen seh ich allerdings nur zu 50% genau so. Die anderen 50% sind dagegen Ignoranz und "ja ja was die Linken so alles erzählen. Die Slomka hat doch gesagt, wie es ist und die ist soo ne geile Sau..."
Nein, viele Leute wollen es gar nicht wissen, was das für Schreie aus den Güterwagen gen Buchwald sind. Denn wenn man es gar nicht erst weiß, hat man ja keine Schuld. Und die Ohren wollte man sich eh gerade zuhalten. Hier in Deutschland ist die Welt noch in Ordnung, hier herrscht noch eine "gesunde" "kein Asylbewerberheim in meiner Nachbarschaft, hier leben Kinder" Mentalität.
Abschließend, weil jetzt will ich noch Pils trinken, möchte ich noch folgendes bemerken:
Trotzalledem gibt es Menschen in Deutschland, die nicht wissen, wo sie alternative Meinungen und Argumente herbekommen und die es aber auch wirklich wissen wollen. Auf diese Menschen sollten wir uns konzentrieren. Es sind sogar mehr, als man glaubt. Aber ob dies reicht?
Contramann jedenfalls hofft an diesem Jubiläumstag des Mauerfalls sowie der Reichsprogromnacht nicht alleine mit seiner Meinung zu sein. Helft bitte alle mit, mehr Menschen davon zu überzeugen, endlich mal den Brain einzuschalten und sich aus unabhängigen Quellen zu informieren. Sonst geht es hier immer weiter den Bach runter. Fragt Uncle Fester, wenn ihr mir nicht glaubt. Der kann Euch Romane zur „schönen neuen Welt“ empfehlen, in die wir bitte nicht rutschen mögen.

Samstag, 8. November 2014

H Lecter: Weg nach Salzgitter 5/5

Nach der sehr anstrengenden Tour nach Jugoslawien brauchte ich zuhause erstmal einige Zeit, um wieder in den Alltag zu kommen. Das Citycarfahren ging sofort wieder los, das war kein Problem. Doch das Praktikum im Jugendamt mußte ich noch nacharbeiten.
Üblicherweise machten die Studenten seinerzeit eine Gruppenarbeit daraus. Das heißt, sie teilten sich die Arbeit derart auf, das jeder nur 4-5 Seiten schreiben mußte und dann war es gut. Summasummarum wären das vielleicht 10 Stunden Arbeit gewesen.
Leider kam ich in keine Gruppe mehr rein, weil ich einen entsprechenden Termin bei der FH versäumt hatte. Ich sollte hier vielleicht noch erwähnen, dass ich nach dem Urlaub zusätzlich down war, weil ich nach meiner Rückkehr aus Jugoslawien feststellen mußte, dass Cindy sich in meiner Abwesenheit mit so nem Nick-Cave-mäßigen Typen eingelassen hatte, in den sie schon lange verliebt war.
Aha. Das erzählen sie dann immer. „Aber wir bleiben doch gute Freunde?“
Bier, Schnaps, Raketen. Da hatte ich erstmal etwas zu verdauen und an das Studium dachte ich zuletzt. Ist natürlich ganz klar mein Fehler gewesen, aber die Alternative zur Gruppenarbeit war mir vorher nicht klar. Und die war keinem klar, denn darüber hatte auch keiner was von gepfiffen bei den diversen Vorbesprechungen zu den Praktika.
Die Alternative zur Gruppenarbeit bestand nämlich in einem Praktikumsbericht. Den hätte ich mir gänzlich alleine aus den Fingern saugen müssen. Mindestens 15 Seiten mit Schreibmaschine – das war die Ansage des betreuenden Profs. Ich schätze mal, das er sich auch mit der Ausbildungsstelle der Stadt Braunschweig unterhalten hatte und das dies eine Art Retourkutsche für mein ungebührliches Verhalten war. Damit wären wir wieder bei der inoffiziellen Personalakte.
Erneuter Zeitsprung. Sommer 1985. Ich war noch beim Bund und wollte bei der Stadt Braunschweig einfach mal nachhaken, ob ich mich dort auf eine Stelle bewerben könnte. Schließlich hatte ich bis Sommer 1984 die Ausbildung zum Verwaltungswirt FH (Urkunde habe ich Mitte der 90er erhalten) bei der Stadt Braunschweig erfolgreich absolviert. Man kann auch kommunaler Verwaltungsbeamter sagen, Sachbearbeiter als Tätigkeit.
Hoffnungsvoll machte ich also einen Termin mit der Ausbildungsstelle bei der Stadtverwaltung aus und saß dann bei einem „ordentlichen“ Sachbearbeiter, dieser gebügelt und gestriegelt.
„Nein, das brauchen Sie gar nicht erst zu versuchen. Auswärtige stellen wir sowieso nicht ein,“ erklärte er mir zuckersüß.
So ein Wixer. Ich hatte gerade mal 12 Monate vorher bei der Stadt die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Das noch in einem Rutsch, also ohne durch eine der Prüfungen zu fallen, was eine Verlängerung der Ausbildung zur Folge gehabt hätte. Ich habe aber trotz meines Ärgers nichts weiter dazu gesagt und bin gegangen.
Hier war bestimmt schon die inoffizielle Personalakte zu Rate gezogen worden, war ich doch gerade zum Ende meiner Ausbildung hin nicht gerade ein Musterbeamter. Mein schlechter Notenschnitt (4,3) kam natürlich auch nicht unbedingt positiv an. Mich aber deshalb als Auswärtigen zu bezeichnen, halte ich selbst heute noch für eine Frechheit.
Überhaupt würde ich mir heutzutage so etwas nicht mehr bieten lassen, dafür habe ich beruflich schon zuviele Nackenschläge erlebt. Damals habe ich ja noch viel mit mir machen lassen.
So auch nach dem Tiefschlag mit dem Praktikumsbericht für die Fachhochschule. Ich bin nach dem Gespräch mit dem Prof ohne weiteren Kommentar nach Hause gegangen und habe das Gelände der Fachhochschule für Sozialpädagogik danach nur noch für die jeweils notwendigen Inmatrikulationen betreten.
Die brauchte ich wegen meines Vaters, da er nur so die 400,- DM von der Steuer absetzen konnte, mit denen er mich monatlich unterstützte. Einen weiteren Schein brauchte ich ebenfalls noch. Und das war denn auch der Grund für meine Exmatrikulation irgendwann 1988.
Ich galt nämlich mit der Inmatrikulation automatisch als angemeldet für die noch abzuleistende Prüfung. War mir seinerzeit eh alles Wurst. Nach dem 3. Mal Nichterscheinen war ich ergo endgültig durchgefallen und sie konnten mich rauskegeln.
Mein Vater war sehr betrübt und stellte folgerichtig auch seine Unterstützung ein, was ich auch damals schon in Ordnung fand. So dicke hatten es meine Eltern nun wirklich nicht. Ich reagierte darauf mit einer zusätzlichen Schicht auf`m Bock in der Woche und hangelte mich dann mehr oder weniger durch.
Da gab es dann auch häufig den Klassiker zu essen: Toastbrot mit Frischkäse von Aldi. Am Bier oder gar Raketentreibstoff hätte ich nun wirklich nicht sparen können. Das Ganze lief noch durch bis Ende 1990, weil dann Uli und Jenny – unabhängig voneinander – mich beiseite nahmen und Aktion einforderten.
„Entweder voll bei City Car als Unternehmer einsteigen oder einen anderen Job suchen. Aber so geht das mit Dir nicht weiter.“ So unisono der Tenor. Und nur dank dieser Tritte in den Arsch habe ich mich dann berappelt und mich erneut für eine Stelle im öffentlichen Dienst beworben.
Beim Landkreis Helmstedt zuckte ich noch zurück, weil ich schon auf der Fahrt dorthin merkte, das die weite Strecke mir nicht gefallen würde.
Eine Stunde Fahrtzeit; das erinnerte mich an Hildesheim und ging schonmal garnicht. Obwohl es mir egal sein konnte, da ich ja keine Arbeitslosenhilfe bekam: Zu sagen, ich will den Job nicht machen, weil mich die Fahrtdauer zu sehr an Hildesheim erinnerte, wollte ich dann doch nicht.
Hinzu kam, dass die Kommission, die mir gegenüber saß, mich total an die Mannschaft vom Straßenbauamt erinnerte. Sie saßen mir gegenüber etwas erhöht; Es war wohl wirklich eine Richterbank! Dazu diese wirklich grauen Menschen, denen die sprichwörtliche Beamtenmentalität förmlich anzusehen war. Ganz schrecklich, da bekam ich richtig Angst.
Ich erzählte der Mannschaft, dass ich nach jahrelangem Haschkonsum meine Sucht überwunden hätte und jetzt eine neue Herausforderung suche. Nach einem insgesamt sehr freundlich geführtem Gespräch wollte sich der Personalchef wieder bei mir melden. Auf seinen Rückruf warte ich heute noch.
Aber bei der Stadt Salzgitter hatte ich dafür mit meinem Faible fürs Soziale und einer Tätigkeit im Sozialamt Glück. Keiner wollte wirklich diesen Job und ich hatte trotz meines schlechten Leumunds die passende Qualifikation.
Am 19.8.1991 habe ich schließlich bei der Stadt Salzgitter als Sozialhilfesachbearbeiter angefangen. Zuerst als Angestellter mit nem Zeitvertrag für nen Jahr, weil es sonst für die Stadtverwaltung zu risikovoll gewesen wäre.
Verständlicherweise.
Wider Erwarten schlug ich gut ein und erhielt nach dem Jahr den Beamtenstatus, den mein Vater für mich schon immer erträumt hatte. Schade, dass er dies nur noch ein Jahr erlebt hatte.
Aber ich bin heute noch hier und werde es noch die nächsten 12-15 Jahre sein.
Sozialamt halt.

Donnerstag, 6. November 2014

Uncle Fester: Flashback

Dan Simmons ist ein angesehener Science Fiction Autor. Seine preisgekrönten "Hyperion Gesänge" habe ich fasziniert gelesen und hier auch schon besprochen.
Zur Story. 2036 haben die USA endgültig abgerockt. Einige Bundesstaaten sind schon abgefallen bzw. von den Reconquistas, die aus den mexikanischen und sonstigen Hispano Drogenkartellen hervorgegangen sind, erobert worden.
Im Norden klopft das Weltkalifat aus Richtung Kanada an. Nachdem die Amis unter der Obama Administration in Vorderasien zu zaghaft agiert hatten, überrannte das neugegründete Weltkalifat erst Europa (außer Rußland, wo sich der steinalte Putin immer noch an der Macht hält, weltpolitisch aber bedeutungslos ist) und anschließend Kanada.
Die ansässige Bevölkerung wurde massakriert, soweit sie nicht konvertieren wollte. Speziell an dieser Stelle haben mich die aktuellen Bezüge zum "Islamischen Staat" an den Roman gefesselt.
Während die reale IS im Moment, wo ich dies tippe, die kurdische Stadt Kobane plattmacht, hat das imaginäre Weltkalifat des Dan Simmons Israel erstmal mit Atombomben ausgelöscht.
 
In den noch bestehenden "Rest USA" haben die wiedererstarkten Japaner das Zepter übernommen, im Hintergrund versteht sich. Die dem Roman titelgebende Droge "Flashback", an der quasi die gesamte Bevölkerung hängt, lähmt die amerikanische Lebenskultur. Kurz gesagt, die Amis taugen nur noch als Söldner in Diensten der Japaner, um für diese im ebenfalls wirtschaftlich darniederliegenden China die Interessen durchzusetzen.
Ein spannendes Szenario möchte man meinen. Gut erzählt sowieso, hat der Roman das Zeug zum absoluten Klassiker. Dachte ich zumindest bis Seite 158. Jetzt war ich allerdings voll von den Socken.
Simmons erklärt den Niedergang mit der hohen Schuldenlast der USA, die erheblich stärker wächst als die Wirtschaftsleistung, so dass dem Staat das Geld für die Infrastruktur und den Erhalt der Kampfstärke der Armee (aha!) fehlt, was wiederum die Wirtschaft immer weiter schwächt.
Da wäre ich ja noch halbwegs bei Simmons, aber als er den Hauptgrund des Niedergangs bei der "übermäßigen" Sozialpolitik der Obama Administration verortet hatte, da war ich dann doch entsetzt.
Die niedrigen Steuern, die ewig "notwendige" Gewinnerwartung der Konzerne, "Rationalisierungsdruck"... Neeein, daran liegt es natürlich nicht, dass die Amis mehr und mehr am Abkacken sind. Und "übermäßige" Sozialausgaben der USamerikanischen Administration... Das ich nicht lache!
Viele tumbe Amis haben in den letzten Jahren sogar demonstriert, als Obama Ihnen endlich per Gesetz eine Krankenversicherung garantieren wollte. Dank der "Tea Party" Bewegung haben sie sich einseifen lassen und glaubten tatsächlich, das die Wirtschaft dann zusammenbrechen würde.
Dan Simmons wohnt mit seiner Familie in Colorado und weist mit diesem Roman - leider - eine üble Cowboymentalität nach, die diesen handwerklich sehr guten Roman entwertet. Schade.
Dabei sind die Protagonisten des Romans schön gezeichnet. Nick Bottom ist ein flashbacksüchtiger Ex-Cop aus Denver, der nach dem Unfalltod seiner Frau aus der Spur geriet und mittlerweile nur noch für die nächste Dosis lebt, um immer wieder die schönsten Momente mit seiner Frau im Traum zu wiederholen.
Denn das ist der Effekt dieser Droge: Die Süchtigen flüchten sich mehr und mehr in ihre Traumwelten, in denen sie immer wieder die Highlights ihres Lebens erneut empfinden können. Gerüchteweise soll es sogar eine Version "F2" geben, dank der man auf die Träume aktiv einwirken und diese ändern kann. Damit könnten die Junkies sogar ihr ganzes Leben ausfüllen.
Seinen Sohn Val hatte Nick zu seinem Vater Leonard nach LA abgeschoben. Val ist Mitglied einer Gang, welche ein Attentat auf den japanischen "Westküstenchef" Omura verübt. Dieser dilettantisch geplante Anschlag scheitert natürlich und Val muß zusehen, das er aus LA abhaut.
Der ehemalige Literaturprofessor Leonard kann allein dank alter Kontakte eine Mitfahrgelegenheit in einer LKW Kolonne für beide organisieren, um nach Denver zu Nick Bottom zu gelangen.
Der dortige japanische "Berater" will nach Jahren endlich den Mord an seinen Sohn aufklären lassen; Von Nick Bottom selbstverständlich, der einst die vergeblichen Ermittlungen durchgeführt hatte. Seinen 1. Bodyguard Sato stellt er Bottom als Unterstützung zur Seite.
Und während Nick der Lösung des alten Falles dank mysteriöser Andeutungen über die Verbindung seiner verstorbenen Frau zum Mordopfer immer näher kommt, versteigt sich Val in die Vorstellung, das Nick sie ermordet hätte.
Eins ist aber offensichtlich: Seine Frau ist keines natürlichen Todes gestorben. Am Schluß steckten selbstverständlich die Japsen dahinter und die Familie Bottom, die sich dann doch noch getroffen hatte, kann gerade noch in die freie Republik Texas fliehen.
Dort plant man - mit Unterstützung fortschrittlicher Japaner - die Rückeroberung und Befreiung der USA. Merde! Diese Amis, da wundert es mich, dass die Neger hier nicht noch eine üble Rolle spielen.
Auch kurz vor Schluß (ca. ab Seite 594) bekräftigt der Autor nochmals sein rassistisches Weltbild mit den Muslimen als absolute Bösewichter. Ich hatte ja gehofft, das Simmons das gesamte faschistoide Gequatsche als Stilmittel einsetzt und zum Schluß durch eine Läuterung der Hauptfiguren den Roman zu einem Klassiker neuerer Literatur macht. Weit gefehlt, da kam nichts.
Uncle Fester hat hier Contramann an seiner Seite. Solche Autoren sollte man boykottieren.

Sonntag, 2. November 2014

Contramann: kurz gesehen im November

http://www.huffingtonpost.de/2014/06/22/spd-linkspartei-oppermann_n_5518814.html?utm_hp_ref=germany
Los gehts heute mal mit der Huffington Post. Agitprop vom Feinsten. SPD Fraktionschef Oppermann (der Name leitet sich vom Begriff des „Opportunismus“ ab) hält die Linkspartei nicht für koalitionsfähig, weil sie ein Totalausfall sei.
Insbesondere die Äußerungen und wohl auch die Einstellungen in der Ukraine Krise seitens der Linken seien „hanebüchen“. Aha. Da erinnere ich mich an den ehemaligen SPD Verteidigungsminister Struck, der da meinte, dass „Deutschland am Hindukusch verteidigt“ wird.
Schon damals bewies ein SPD Mann, das Notwendigkeiten über eigenen Parteiprogrammen stehen. Könnte aber doch sein, das der eine oder andere Wähler die SPD gewählt hatte, weil er an die pazifistische Grundrichtung der Partei glaubte.
Aufwachen, Leute, es hat sich nichts verändert. Schon vor genau 100 Jahren stimmte die SPD den Kriegskrediten zur Finanzierung des 1. Weltkrieges zu. Wenn heutzutage also die Linke pazifistische Positionen vertritt, die eigentlich im SPD Programm stehen, dann sollte sich ein Wähler genau überlegen, wer heuer dier „wahren“ Sozialdemokraten sind.
 

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-linke-fleischhauer-ueber-das-no-go-papier-a-977141.html
Aah, der Fleischhauer! Der bekennende Wertkonservative kritisiert ein internes Papier der Linken, auf der zu fördernde als auch nicht zu fördernde Fraktionsmitglieder gelistet sind. Dort wurde wohl auch das Ziel formuliert, das die Fraktion nicht zur „Reste Rampe“ verkommen solle.
Über diesen Begriff ist der Gutmensch Fleischhauer natürlich entsetzt. Fleischi braucht nur wenige Zeilen, um die Linke mit der SED gleichzusetzen. Da haben wir natürlich alle gleich die richtigen Bilder im Kopf: Kipping und Riexinger, wie sie DDR Flüchtlinge im Todesstreifen abknallen.
Fleischi, das ist billigste Agitprop. Und wenn Du so weiter machst, wirst Du Sarah Wagenknecht niemals nackig sehen!

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/streit-mit-hedgefonds-new-yorker-richter-ist-argentiniens-letzte-chance-1.2013628
Es ist schon verrückt: Nach dem Staatsbankrott 2002 einigte sich der Staat Argentinien mit der Mehrzahl der Gläubiger auf einen Schuldenschnitt, damit sie wenigstens etwas Geld wiedersehen. Nicht so einige Hedgefonds, die einen Teil der Papiere zu Ramschpreisen aufgekauft hatten und nun die volle Rückzahlung der Schulden vor einem US amerikanischen Gericht (!?) erstritten hatten.
Bei Beachtung dieses Urteils müßte Argentinien wohl auch die anderen Schuldner nachträglich voll entschädigen, was wiederum zu einem Staatsbankrott führen würde.
Die argentinische Präsidentin Kirchner geht lieber den Weg der Zahlungsunfähigkeit und nimmt in Kauf, dass Argentinien von den „segensreichen“ Kapitalmärkten abgeschnitten wird:
http://www.welt.de/print/die_welt/wirtschaft/article130805393/Argentiniens-Praesidentin-lehnt-Kompromiss-ab.html
aktuell dies:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/argentinien-bezahlt-glaeubiger-trotz-warnungen-der-us-justiz-a-994697.html
Richtig so, Frau Kirchner. Es kann ja nun wirklich nicht angehen, das ein New Yorker Bezirksrichter einen ganzen Staat – und Argentinien ist immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft Südamerikas – in die Pleite segeln läßt.
Und wer jetzt noch nicht weiß, was dieser Zirkus mit TTIP zu tun hat bzw. warum dies ein gutes Beispiel ist, um sich gegen TTIP zu wehren, der wird Frau Kirchner niemals nackig sehen.

http://www.welt.de/wirtschaft/article129631355/EU-empfiehlt-Hartz-Reformen-als-Vorbild.html
Wenigstens blickt die EU Kommission noch durch, oder etwa doch nicht?
Beim Titel dieses Welt Artikels habe ich zugegebenermaßen sofort Schnappatmung bekommen, weil Hartz Reformen mit positiven Effekten in Verbindung bringen zu wollen, halte ich für gewagt. Und selbst wenn es im ersten Moment toll klingt, auch griechischen oder portugiesischen Jugendlichen eine Ausbildung zu garantieren, so wird hierbei nämlich etwas wesentlich Wichtigeres vergessen:
Wem nützt eine Ausbildung, wenn er hinterher arbeitslos ist oder lediglich einen Hilfsarbeiterjob zum Mindestlohn bekommt? Zumal in den meisten Ländern eine Ausbildung eher unwichtig ist. „Learning by Doing“ ist zumeist der Standard.
Was also fehlt, sind Jobs – auskömmliche Jobs, wohlgemerkt. Aber diese Überlegung wird in der Weltredaktion – und nicht nur da – nicht mehr angestellt. Bei so einem Journalismus wundert es mich nicht, dass die Zeitungsverlage am Stock gehen.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mindestlohn-rente-bundesbankchef-jens-weidmann-uebt-kritik-a-979116.html#ref=rss
„Das Beispiel Deutschland habe den Euro-Partnern vor Augen geführt, dass sich Strukturreformen auszahlen“ wird Bundesbankchef Jens Weidmann von SPON zitiert. Aber ein Mindestlohn oder auch die Rente mit 63 würden die Beschäftigungsdynamik oder auch die Rentenkassen unnötig belasten.
Eins wird in diesem Beitrag mal wieder deutlich: Deutschland, das ist die Wirtschaft. Sch...egal, dass hier ca. 80 Mio Menschen leben, die alle fair behandelt werden möchten. Dazu gehört für Contramann auch ein Lohn, der dem Beschäftigten und, bei Bedarf, seiner Familie ein Leben ohne staatliche Unterstützung wie „Hartz IV“ ermöglicht. Eine Arbeitsmotivation würde nur so Sinn machen.
Wenn jemand 45 Jahre gearbeitet und in eine Versicherung eingezahlt hat, sollte er doch seine Versicherungsleistung erhalten können, oder ist das etwa nicht fair? Rente mit 63 nach 45 Jahren Plackerei ist doch nen korrekter Deal.
Aber für Leute wie Weidmann zählt so etwas nicht. Der alte Grundsatz „gehts der Wirtschaft gut, geht’s den Menschen gut“ stimmt heutzutage nicht mehr, da es zur Zeit der Wirtschaft lediglich auf Kosten der Menschen gut geht.
Nein, Herr Weidmann, das kann es einfach nicht sein.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nsa-ausschuss-erwaegt-einsatz-von-schreibmaschinen-a-980923.html
Aufgrund der NSA Abhöraffäre entschließt sich der hierzu geschaffene Untersuchungsausschuss, geheime Dokumente lediglich auf Schreibmaschine zu fixieren.
Warum nicht handschriftlich mit unsichtbarer Tinte; transportiert mit Hilfe von Brieftauben. Und damit die bösen Geister sich nicht doch noch einmischen, könnte die Schamanin Ursula von der Leyen ein Beschwörungstanz aufführen. Nackig selbstverständlich.

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-08/piraten-mitgliederbefragung-post
Ausgerechnet die „Internetpartei“ der Piraten führt ihre Mitgliederbefragung zur Ausrichtung der zukünftigen Parteilinie per Post, also auf Papier, durch. Die Software LiquidFeedback, eigens für solche Zwecke geschaffen, sei anfällig für Manipulationen.
So ein Schmarrn, als ob es sich lohnen würde, bei dieser Partei noch irgendetwas zu manipulieren. Mittlerweile ist wohl jede Wählerstimme für die Piraten eine verlorene Stimme.

http://www.spiegel.de/sport/fussball/frueherer-nationaltorwart-tim-wiese-erwaegt-karriere-im-wrestling-a-991854.html
Der Knaller zum Abschluß. Tim Wiese als Wrestler. Schön fieses Foto am Anfang des Berichts. Vom ehemaligen Weltklassetorhüter zur Lachnummer des Monats. So langsam wird mir Tim Wiese fast sympathisch.
Contramann an seiner Stelle hätte wohl lieber die Kohle auf der Tribüne in Hoffenheim abgesessen, also Hut ab. Da gäbe es wohl nur noch eine Steigerung:
Tim Wiese nackig im Ring!