Freitag, 30. März 2018

Hartmudo Spezial: Mutter

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Ich bin heute der Meinung, das dieses erste fiese Telefonat mit Sunny in der Woche nach dem ersten Treffen in Mutters Wohnung nach ihrem Tod stattfand. Irgendwann inmitten der Woche halt. Aber reden wir erst einmal über das Treffen in Mutters Wohnung am 16. Oktober, also dem Beginn des Jahresurlaubs von meiner Löwin und mir.
Dieser begann - da gehe ich kurz noch einen Tag zusätzlich zurück - mit dem Gartenarbeitstermin unserer Hauseigentümergemeinschaft. Hierbei konnte meine Löwin wegen Rücken oder Knie nicht teilnehmen, so das ich den ganzen „Spaß" für mich alleine hatte. Abgekämpft war ich endlich gegen 16.00 Uhr fertig, nachdem ich stundenlang die Hecke bearbeitet hatte.
Meine Löwin hatte derweil alles für den Abend vorbereitet. Dora und Herbert kamen wohl zum Spielen vorbei, schließlich spielen wir auf Kasse. Und auch wenn unsere Tour aus eben dieser Kasse in der nächsten Woche stattfinden würde - 2 Nächte Riga waren angesagt, konnten wir etwas Moos im Port-Juch-he immer gebrauchen.
Am nächsten Morgen, also am Sonntag, hatten meine Löwin und ich auch nicht viel Zeit , um ausgiebig zu frühstücken. Ich denke so gegen 10.00 Uhr trafen wir uns mit meinen Schwestern samt Männern in Mutters Wohnung. Zum ersten Mal seit Mutters Tod betrat ich diese Wohnung.
Sunny war da schon ein- bis zweimal dort gewesen, als Mutter noch in der Reuterstraße war, weil sie die Handwerker wegen des Balkonumbaus reinlassen musste. Auch Berta hatte irgendwann von Mutter einen Schlüssel bekommen und, wie bereits geschildert, den Schmuck und andere wertvolle Sachen aus Sicherheitsgründen entfernt.
Ich dagegen hatte als einziger von uns Geschwistern keinen Schlüssel für die Wohnung. Wie auch bei allen weiteren Treffen bis Anfang Dezember warteten wir 3 brav in unseren Autos, bis auch wirklich alle da waren. Zusammen gingen wir dann die 3 Stockwerke hinauf in die Wohnung, anfangs noch erzählend, später schweigend bzw. sich gegenseitig anfeindend.
An diesem Termin wollten wir zunächst nur gucken, was an Unterlagen in der Wohnung zu finden sein würde. Berta benötigte vor allem die Unterlagen für die Steuererklärung, die noch für 2016 zu machen war, obwohl Mutter ja gerade gestorben war. Der Fiskus kennt da kein Pardon.
Außerdem suchten wir noch Versicherungsunternehmen, Kontoauszüge etc., das benötigte ich zum kündigen evtl. noch weiterer Versicherungen. Die Hausverwaltung wie auch BS Energy musste ich von Mutters Tod ebenfalls noch informieren. Hierzu sichteten Sunny und ich die Leitz Ordner mit den ganzen Unterlagen.
Unter anderem fand ich ein kleines Notizbuch, das noch unser Vater angefangen hatte. Dort standen all die Beträge drin, die meine Eltern uns Kindern noch zu deren Lebzeiten gegeben hatten, als wir jeweils Geld brauchten. Bei mir waren das über 2 bis 3 Jahre eine monatliche Unterstützung von 400,- DM, da ich wegen des Sozialpädagogikstudiums von der Arbeitslosenhilfe ausgeschlossen worden war. Das war der Betrag gewesen, den Vater von der Steuer absetzen konnte.
Viel mehr, außer nem Hunnie mal zwischendurch, hatte ich nie erhalten. Reiner z.B. hatte einmal 2000,- DM für ein neues Auto bekommen, ansonsten gab es wohl noch Geld wegen der Pferde etc. Was Berta gekriegt hätte, weiß ich nicht mehr. Auf jeden Fall hatte meine Mutter das Notizbuch nach Vaters Tod weiter geführt.
Generös hielt ich einen kleinen Vortrag und erwähnte die Zahlungen, soweit ich davon wusste. Ins Buch selbst schaute ich hierbei nicht, trotzdem erwähnte ich imaginäre Zahlungen für Berta und Bud in Form eines Zuschusses zum Auto, ohne zu wissen, ob das so war. Ich erwähnte dies lediglich als Beispiel, um Sunny nicht als große Nutznießerin hinstellen zu müssen. Sie regte sich ja ohnehin schon immer so leicht auf.
Mir ging es bei meinem Vortrag lediglich um die Feststellung, das es nach Mutters Tod keinen Sinn macht, jede einzelne Mark gegeneinander aufrechnen zu wollen. Etwaigen Bestrebungen in dieser Richtung wollte ich schnell einen Riegel vorschieben. Wenn wir uns über so eine Kinderkacke jetzt noch unterhalten müssten, kämen wir gar nicht voran. Eine rechtliche Relevanz in Form einer Anrechnung auf die Erbschaft hatte das Notizbuch eh nicht.
Insgesamt waren natürlich sämtliche Papiere zu dieser Wohnung wichtig. Als da wären der Kaufvertrag mit Walter, von dem sie die Wohnung Mitte der 90er abgekauft hatte. Protokolle von Eigentümerversammlungen wie auch Hausgeldabrechnungen hätte ich auch gern gesichtet gehabt, doch leider fanden wir hierzu keine geordneten Unterlagen.
Allein das machte mich natürlich wieder misstrauisch. Ich erinnerte mich an den Hustle nach dem Tod von Walter vor 3 Jahren. Denn aufgrund eines Berliner Testaments mit seiner Anfang der 90er Jahre verstorbenen ersten Frau hätte er seinerzeit die Wohnung gar nicht an Mutter verkaufen dürfen, weil in jenem Testament noch die Schwester seiner Frau aus Florida mit drin stand.
Und groß war meine Überraschung, als wir jetzt in Mutters Wohnung keinen Kaufvertrag über den damaligen Verkauf finden konnten. Lediglich einen schlecht zu lesenden Wisch von einem Notar konnten wir entdecken. Dort stand, das Mutter den Kaufpreis an Walter in bar gezahlt hatte. 120.000,- € in bar, hallo? Das Ganze dann noch handschriftlich dort hingeschmiert, mittendrin auf dem Blatt, dort, wo noch eine freie Stelle war.
Ansonsten war auf dem Blatt ein Text getippt; ich weiß schon gar nicht mehr, was da stand. Es hatte auch irgendetwas mit dem Kauf dieser Wohnung zu tun, aber, wie gesagt: Man konnte es wirklich nicht lesen. Das war das einzige Schriftstück, was wir finden konnten, wo überhaupt irgendetwas über den Kauf ausgesagt wurde.
Unfassbar, lediglich eine kleine Randnotiz. Kein notarieller Kaufvertrag mit der üblichen Auflassungsvormerkung. So etwas ist eigentlich Standard. Mir fielen sofort die alten Geschichten mit Walter ein. So eine gewisse Befürchtung machte sich bei mir breit.
Walter war ja „pfiffig", wie mir die Schwägerin aus Florida vor drei Jahren berichtete. Unwillkürlich drängte sich mir der Verdacht auf, das die Wohnung nicht wirklich von Mutter käuflich erworben wurde und immer noch Walter und seiner ersten Frau gehörte, bzw. nur seiner ersten Frau, denn es war wohl ihr alleiniges Eigentum gewesen, Walter selbst hatte noch eine Wohnung in der Weststadt gehabt.
In diesem Fall wäre das Grundbuch nicht auf Mutter umgeschrieben worden, was ja auch aufgrund des Berliner Testaments irgendwie verständlich wäre. Der Notar, wohl ein alter Kumpel von Walter, hätte das eben damals beim Verkauf an Mutter checken müssen und somit den Kauf gar nicht beurkunden dürfen.
Sollte es wirklich in unserem deutschen Rechtssystem möglich sein, das der Notar seinerzeit den Schmu durchzieht, indem er das Grundbuch widerrechtlich umschreibt und dafür seine Lizenz aufs Spiel setzt? Zuzutrauen wäre es ja den Schnarchnasen vom Amtsgericht, hier Nachlass sowie Grundbuch, das sie einem Notar einfach so blind vertrauen und keine Kontrollmechanismen installieren. Für mich ergab sich die Notwendigkeit, mich wegen der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse mit der Hausverwaltung in Verbindung zu setzen.
Darum würde ich mich kümmern müssen, zusammen mit Versicherungen, GEZ, Telekom.... Berta kümmerte sich ums Konto und die Steuererklärung.... Und Sunny bot sich großzügigerweise an, schon mal vorsichtig bei Immoscout und Co. nach den Immobilienpreisen zu erkundigen.
Die treue Seele! Meine Löwin und ich waren jedenfalls froh, das sich die ganze Aktion nicht ewig hinzog. Unser Jahresurlaub begann ja gerade, und da hatten wir noch eine Menge vor.

Mittwoch, 28. März 2018

Hartmudo: Ku’damm 56

Am Sonntag Anfang März schleppte ich mich zu meiner Löwin ins Zimmer, um mich auf den Crosstrainer zu stellen. Meine Löwin hing derweil neben mir am Rechner, um für den Verein noch die Kasse zu machen. Wie üblich zu dieser Gelegenheit lief nebenbei der Fernseher. Warum meine Löwin ausgerechnet bei diesem Fernsehspiel auf ZDF NEO hängengeblieben war, fragte ich nicht nach.
Ku’damm 56 hieß der Film und spielte auch 1956 in West-Berlin. Ich sah als erstes ein Pärchen, dass in einer verrauchten Kneipe wild zu Little Richard tanzte. Das weckte zunächst meine Aufmerksamkeit, welche aber schnell nachliess, weil es sich bei diesem Film offenbar um die Geschichte der Besitzerin einer Tanzschule in Berlin mit ihren 3 quasi heiratsfähigen Töchtern handelte. Ich schwitzte also meine halbe Stunde auf dem Crosser ab und trank danach nen Wasser. Das Ende dieses Filmes, bei dem die 3 Schwestern unliebsame Überraschungen erleben durften, kriegte ich hinterher nur noch so am Rande mit. So ein langweiliger Fernsehfilm mit Ochsenknecht halt.
Meine Löwin fand heraus, dass es sich dabei um einen Dreiteiler handelte und wir lediglich den dritten Teil gesehen hatten. Besser gesagt... einen Teil davon gesehen hatten. Sie fand die Darstellung der Szenerie aus den 50er Jahren so toll und bat mich, nach den ersten beiden Teilen Ausschau zu halten, damit wir sie uns anschauen konnten.
Lange Rede, kurzer Sinn: Nach langer und vergeblicher Suche im Netz fand ich endlich heraus, dass wir uns sämtliche Folgen dieser Mini-Serie über Amazon Prime bequem an unserem Fernseher ansehen könnten. Meiner Löwin erzählte ich dies zunächst nicht, da ich sie überraschen wollte. Am Samstag, den 17. März, setzten wir uns um 20.15 Uhr vor die Flimmerkiste und dann hieß es nur noch: Film ab.
Die ersten beiden Teile haben wir gleich hintereinander weg gesehen. Meine Löwin zeigte sich im Gegensatz zu sonst hellwach und auch ich war hin und weg. Wir sahen die eindrucksvolle Milieustudie einer Zeit, von der viele Leute sagen, dass sie die schönste war und die kurz vor unserer Geburt passierte. Die Ära des Nierentisches, das Zeitalter des Wirtschaftswunders... und des Rock ‘n’ Roll.
Caterina Schöllack ist die Besitzerin einer rennomierten Tanzschule auf dem Kudamm, deren Mann seit der Kriegsgefangenschaft als verschollen gilt. In Wahrheit ist er zum Zeitpunkt der Handlung seit 2 Jahren entlassen und lebt als Lehrer in Ost-Berlin, weil er die Schuld, die er und seine Frau auf sich geladen hatten, sühnen will.
1936 hatte das Eheaar Schöllack die Tanzschule nach einem gewonnenen Tanzwettbewerb den jüdischen Besitzern abgenommen, die daraufhin in Dachau umgekommen waren. Diese unbequeme Wahrheit findet Tochter Monika im 2. Teil heraus, als sich ein Mann als Sproß der jüdischen Familie ausgibt. Dieser Mann ist ein Bekannter des Vaters, der sich aber seiner Tochter Eva bei einer Begegnung verleugnet.
Während Caterina heimlich eine Beziehung mit dem angestellten Tanzlehrer Assmann (Uwe Ochsenknecht gewohnt souverän) führt, ihre Töchter nach Strich und Faden belügt und ihnen die Grand Dame vorspielt, laufen die Geschäfte ständig schlechter, weil sie sich weigert, moderne Tänze in ihrem Programm anzubieten.
Die älteste Tochter Helga heiratet den angehenden Staatsanwalt von Boost, der äußerst herrisch agiert, um von seiner Homosexualität abzulenken. Ihre Schwester Eva ist Krankenschwester beim Psychiater Fassbender, der bereits im 3. Reich seine Patienten mit Elektroschocks gequält hatte. Eva schwankt zwischen der Sicherheit beim Doc (Mutter wäre begeistert) und dem Ostberliner Arbeiter Hauer, dessen Frau von Fassbender vergeblich mit Elektroschocks malträtiert wird.
Und da wäre noch Monika, die eigentliche Hauptperson der Story. Aus dem Internat einer Hauswirtschaftsschule rausgeschmissen, wird sie von der Mutter nur geringschätzig behandelt. Die Versuche der Mutter, Monika mit dem Fabrikantensohn Joachim Franck zu verkuppeln, enden in einem Fiasko. Franck vergewaltigt Monika und streitet die Tat ab. Nicht mal die eigene Mutter glaubt ihr, ja sie versucht sogar weiterhin, Monika mit dem lebensmüden Nichtsnutz von Fabrikantensohn zu verkuppeln.
Gerade noch vor dem Selbstmord im Tegeler See gerettet, wird Monikas Interesse für eine neue Musik durch den Bandleader der Tanzschulkapelle, Freddy Donath, geweckt. Mit ihm zusammen nimmt sie an Rock ‘n’ Roll Tanzwettbewerben teil, ja sie landen natürlich auch im Bett. Aber nebenbei bleibt die Verbindung mit Joachim Franck erhalten.
Ich bin gespannt, wie das Ganze weitergeht. Den dritte Teil werden wir auch noch einmal gucken. Und dann ist dann ja noch die Fortsetzung “Ku’damm 59”, dessen 3 Teile gerade auf dem ZDF in Erstausstrahlung zu sehen waren. Besonders faszinierend fand ich, dass hier die Bedeutung des Rock ‘n’ Roll für die Jugendkultur und Emanzipation vom Elternhaus, aber auch für die Vergangenheitsbewältigung der Deutschen gut dargestellt wird.
Meine Löwin und ich waren da einer Meinung. So wie diese TV Reihe die Geschehnisse anhand einer Familie erzählt, ist das gelebte Geschichte. Hierfür zahle ich gerne Gebühren an die GEZ. Die hervorragenden Schauspieler lassen einen mitfiebern, ohne dass hier bedeutungsschwangere Kamerafahrten und fehlende Beleuchtung zur Unterstreichung der negativen Stimmung a la Tatort notwendig sind.
Wir sind schon gespannt, wie die Geschichte um die Familie Schöllack weitergeht.

Freitag, 23. März 2018

Hartmudo Spezial: Mutter


23
Trotz der geschilderten Widrigkeiten innerhalb unserer „Clans" war der Imbiss nach dem Trauergottesdienst für Mutter am 30. September doch noch gut gelaufen. Das Essen war gut und der Preis topp. In das La Vita im Einkaufszentrum von Melverode würde ich gern noch einmal essen gehen. Schaun mer mal, wann und ob das klappt.
Meine Schwestern und ich hatten uns am Ende beim Wirt des La Vita noch einmal ausdrücklich für die Bewirtung bedankt. Kritikpunkte wie die stellenweise kalte Tomatensuppe oder die lange Wartezeit bis zum Servieren eben dieser Suppe vergessen wir mal, da hatte der Wirt wohl Stromprobleme in der Küche.
Wir nahmen noch etwas vom Kuchen mit, wohl auch vom köstlichen Tiramisu. Das heißt, meine Löwin und ich wohl eher nicht. Wir hätten es eh nicht mehr essen wollen, sind kuchen- und zuckermäßig nicht mehr am Start. Da Berta und Bud in der Folgewoche nach Usedom fahren wollten, kamen wir darin überein, uns wegen der weiteren Schritte am 9.Oktober bei uns in Lehndorf zu treffen. Wir konnten alle etwas Abstand gebrauchen. Nur ein Termin stand vorher noch an, den wir alle drei wahrnehmen wollten.
Wahrscheinlich am 2. oder 3. Oktober war der Erntedankgottesdienst, bei der der Name unserer Mutter noch einmal genannt werden würde. Da hinzugehen ist eine Selbstverständlichkeit, warum, kann ich gar nicht sagen, außer: Is' so! Daher trafen wir uns an dem Tag in der Dietrich Bonhoeffer Kirche beim Einkaufszentrum zum Gottesdienst. Meine Löwin und Bud kamen hier nicht mit und Reiner war auch nur dabei, weil er Sunny hinfahren musste.
Während des Konfirmationsunterrichts hatten sich die Konfirmanden zum Thema Erntedank eine kurze Szene ausgedacht, die sie vor der Kirchengemeinde vortrugen. Das war nett gemacht und versöhnte mich etwas mit der Institution Kirche, der ich ja bekanntlich skeptisch gegenüber stehe.
Der Name von Mutter wurde im Laufe des Gottesdienstes genannt und zum Schluss dachte ich endlich daran, etwas in den Klingelbeutel zu schmeißen. Dem Pastor noch schnell die Hand geschüttelt, dann waren wir durch mit der Kirche. Wenn ich genau überlege, stimmt es mich nachdenklich, das wir alle bei Beerdigungen so tun, als ob wir mit dem Tod eines Verwandten zum Glauben zurückfinden würden.
Das macht natürlich kaum einer, aber alle täuschen dies, wenn vielleicht auch unbewusst, vor. Der Pastor kannte dies sicher schon und blieb deshalb beim Abschied auch routiniert distanziert. Ein übermächtiges Sendungsbewusstsein kann man ihm sicherlich nicht vorwerfen.
Außerhalb des Kirchengeländes verabschiedeten wir uns dann voneinander. Die letzten Wochen, ja Monate, waren anstrengend gewesen. Jetzt hatten wir Mutter mit diesem Gottesdienst endgültig verabschiedet, obwohl die eigentliche Beisetzung auf See noch ausstand.
Erst am 9. Oktober wollten wir uns in Lehndorf, also bei meiner Löwin und mir, wieder treffen. Dann würde es um die Danksagungen gehen, die beim Bestatter als auch bei uns eingegangen waren. Danksagungskarten waren ja auch noch zu fertigen. Bis dahin aber wollten wir uns alle noch eine Ruhewoche gönnen, wir wollten da nichts überstürzen, zumal Berta und Bud ja die Woche über nach Usedom fahren würden.
Die beiden kamen am 7. Oktober wieder zurück und waren von Usedom begeistert. Sie hatten sich dort noch mit Dora und Herbert getroffen, die gerade auch dort verweilten. Für meine Löwin und mich ist es nach wie vor erstaunlich, aber sehr erfreulich, das unsere beiden jeweils ältesten Geschwister sich so gut miteinander verstehen. Außer dieser Verbindung gibt es leider keine weiteren Überschneidungen, sieht man mal von Frida und Harald ab, wenn wir alle zusammen zum Spargeltheater oder einer vergleichbaren Veranstaltung gehen.
Irgendwann im Sommer hatten wir verabredet, mit Berta und Bud nach Laboe zum Marinedenkmal zu fahren. Der Termin hierfür war am Samstag, 8. Oktober, also einen Tag vor dem „Familientreffen". Meine Freude hielt sich trotz der Woche Abstand von Mutters Tod und den ewigen Telefonaten mit Berta und Sunny in engen Grenzen, weil ich diese stundenlangen Autofahrten nicht mehr so gut überstehe.
Bud dagegen quälte sich tapfer über die Autobahnen gen Kiel, während meine Löwin und ich auf dem Rücksitz des Daimlers vor uns hin dämmerten. Das sanfte Schaukeln des Daimlers ließ unsere Augenlider schwer werden. Das Bud den Tag derart fit hinterm Steuer war, meine Hochachtung. Schließlich waren Berta und er erst am Vorabend aus Usedom zurückgekehrt.
Um es kurz zu machen: Wir brauchten für die Hinfahrt nach Laboe 5 Stunden und auf der Rückfahrt noch eine halbe Stunde mehr. Irgendwo bei Walsrode sowie bei Hamburg war Stau angesagt. Das Ganze dann für knapp 2 Stunden Aufenthalt in Laboe, davon eine knappe halbe Stunde im Marinedenkmal. Die Fahrt war wegen der Staus sehr anstrengend, muss ich nicht nochmal haben.
Wir waren gerade auf dem Rückweg, da schrieb mir Sunny eine WhatsApp und wollte eine Bestätigung des Termins wegen der Trauerkarten haben. Ich wollte mich wohl melden, hatte es aber nicht gemacht, da mir die Uhrzeit 10.00 Uhr am nächsten Morgen klar war. Ich denke mal, das ich wegen des Nervs im Stau einfach nicht mehr dran gedacht hatte. Aber 10.00 Uhr konnte ich Sunny schnell bestätigen, also alles gut.
Am nächsten Morgen um 10.00 Uhr saßen wir zu sechst in unserer Essecke. Drei Geschwister und ihre Ehepartner. Wir packten die Trauerkarten bzw. Beileidsbekundungen zum Tod unserer Mutter, die wir oder auch der Bestatter bekommen hatten, zusammen. Viele hatten Geldscheine beigelegt, eine alte Sitte bei Beerdigungen.
Diese packten wir beiseite, d.h. Berta nahm das Geld an sich, da sie quasi die Buchführung übernommen hatte. Schließlich hatte sie die Kontovollmacht von Mutters Konto über den Tod hinaus. Sie hatte auch schon angefangen, die Kosten wie Heimrechnung oder auch die des Bestatters aufzulisten. Hinzu kam jetzt also das Geld aus den Trauerkarten. Die Danksagungskarten würden wir noch machen müssen, bemerkte ich noch.
Letzteres ging dann aber unter, weil sich meine Schwestern, aber auch meine Löwin, über den gestohlenen Schmuck, der Mutter am Totenbett entwendet wurde, aufregten. Wir waren uns einig, das man dies zur Anzeige bringen sollte, obwohl die Erfolgsaussichten eher gegen Null tendieren,weil sich dieser Vorwurf nun mal nicht beweisen lässt. Sunny oder Berta konnten sogar mit einem Foto des einen Ringes dienen, das Mutter wohl irgendwann mal gemacht hatte, warum auch immer.
Das Ganze endete mit der Aussage von Sunny, das ich „da was daraus machen" sollte. So sprach sie und verließ gleichzeitig mit Reiner die Wohnung. Berta und Bud waren auch gleich verschwunden, wenigstens hatten wir Geschwister uns vorher auf einen Termin in der Wohnung für den nächsten Sonntag zum Sichten der Unterlagen verabredet.
Kaum waren meine Geschwister verschwunden, hatte ich die mögliche Strafanzeige (gegen Unbekannt sicherlich) auch schon abgehakt. Meine Schwestern redeten sich in Rage, hatten dazu nur einmal kurz bei der Pflegedienstleitung des Heimes in der Reuterstraße nachgefragt und ich sollte jetzt alles reißen. Ich sage es mal so: Da bin ich nicht der Typ für.
Ich würde sicherlich den Schriftverkehr mit den Ämtern erledigen. Hierzu hatte Berta schon die Sterbeurkunden mitgebracht, die ich in Kopie zum Kündigen von Telefon, GEZ und ähnlichem brauchte. Auch dies war eindeutig mein Part, eine aussichtslose Strafanzeige wegen des gestohlenen Schmucks an Mutters Totenbett war dies nicht.

Samstag, 17. März 2018

Contramann: Die Tafel hat zu

https://www.welt.de/politik/deutschland/article174267089/Tafel-Streit-Wir-brauchen-nicht-hoehere-Saetze-sondern-bestmoegliche-Chancen.html
Nachdem die Verantwortlichen der Essener Tafeln für die Aussperrung von Flüchtlingen scharf gerügt worden waren, haben sich die Wogen ein wenig entspannt und wir können jetzt über wesentliche Dinge sprechen. In diesem Artikel der Welt werden hierzu zwei unterschiedliche Positionen präsentiert, die beide zielführend wären.
Da hätten wir zum einen die Erhöhung der Regelsätze in der Grundsicherung, d.h. für „Hartz-IV“ Empfänger wie auch für die nicht (mehr) Erwerbsfähigen, die ihr Geld vom „Sozi“ bekommen. Ulrich Schneider vom DPWV, häufiger Gast in den einschlägigen Talkshows, schwebt da eine pauschale Erhöhung der Regelsätze um 30% vor.
Johannes Vogel von der FDP dagegen hält nichts davon, selbst arbeitgebernahe Institute befürchten nicht zu Unrecht, dass dadurch lediglich die Anzahl der zu unterstützenden Menschen in die Höhe schnellt. Sie bevorzugen höhere Anstrengungen der Arbeitsverwaltung, um Menschen in Jobs zu bringen, von denen sie ohne Unterstützung leben können.
Wenn ich das dämliche Gesülze mal ordnen darf: Eine pauschale Erhöhung der Regelsätze für Erwerbsfähige ist tatsächlich ein falsches Signal, weil der Staat hier lediglich die Arbeitgeber von der Beteiligung ihrer Arbeiter an den immer fetter werdenden Gewinnen befreit. Nutznießer hiervon wären lediglich das Finanzkapital; der Staat müsste zur Finanzierung höherer Regelsätze Steuern erhöhen, die bislang überwiegend von Arbeitnehmern der abschmelzenden Mittelschicht getragen werden.
Der FDP-Vogel hat wiederum nur an die Erwerbsfähigen gedacht; da riecht man die Wirtschaftslobby schon sehr streng. Rentner sollten nicht nur Freibeträge auf Betriebs- oder Riesterrenten (seit 1.1.2018) erhalten, sondern auch auf ihre gesetzliche Rente. Es ist nicht hinnehmbar, dass z.B. ein Mensch, der über 30 Jahre gearbeitet hat, seine vielleicht 700,- € Rente zu 100% gegen seinen Bedarf an Grundsicherung aufrechnen lassen muss. Der „faule“ Arbeitslose ohne Anspruch auf Rente hat hinterher genau so viel Geld zur Verfügung wie die Aldiverkäuferin. Das halte ich nach wie vor für einen Skandal.
Und dass die staatliche Arbeitsvermittlung durch stärkere Bemühungen mehr Menschen in vernünftig bezahlte Jobs bringt, halte ich für ein Ammenmärchen. Ja wo sind sie denn, die vernünftig bezahlten Jobs, von denen man leben kann und vielleicht auch noch ne schwangere Frau sowie Kinder mit ernähren kann? Nein, die Löhne müssen zuerst steigen. Es ist nicht hinnehmbar, dass sich Aktienbesitzer wie Firmeninhaber dank Steuergeschenken en Masse vollstopfen und ihre Gewinne in wahnwitzige Immobilienprojekte investieren, weil sie schon nicht mehr wissen, wo sie die viele Kohle noch parken sollen.
Und während sich Rentner sowie Flüchtlinge und Arbeitslose samt Kindern bei den Tafeln gegenseitig beharken, fährt draußen der Audi SUV mit der Frau des Investmentbankers vorbei, die von diesem asozialen Pack schon genervt ist. Die Tafeln sollte es eigentlich gar nicht geben müssen, so schaut es doch aus. Leute, diese Leistung ist gar keine Leistung, es handelt sich lediglich um soziales Engagement von courargierten Bürgern, die die „Drecksarbeit“ machen, weil die Politik ihre Hausaufgaben nicht hinbekommt.
Dass sich dank dieser Gemengelage aus Versagern in den etablierten Parteien, Wirtschaftslobbyisten und sicherlich auch den Medien mehr und mehr Leute von diesem politischen System abwenden, sollte niemanden verwundern. Aber auch von der (geplanten) neuen GroKo kommen zu dieser Frage keine brauchbaren Vorschläge. Eine alljährliche Erhöhung des Kindergeldes um 2,-€ pro Monat z.B. ist da nur noch als Verhohnepipelung der Bürger zu betrachten.
Schlimm genug ist es, dass die Enttäuschten des Systems sich zur AfD hin orientieren, weil die – liest man das Parteiprogramm auch nur oberflächlich – eine Mischung aus FDP und CSU darstellt. Die Habenichtse dieses Systems sind die letzten, für die sich die AfD ins Zeug legen wird. Die brauchen lediglich ihre Wählerstimmen.
Und eines möchte ich zum Thema Tafeln noch einmal ganz deutlich bemerken: Wir reden hier über freiwilliges soziales Engagement. Das Aussperren einzelner Gruppen, wie die Flüchtlinge in Essen, ist von politischer Seite wie von den Sozialverbänden nicht zu beanstanden. Punkt. Bezahlt die Musik, dann könnt Ihr die Playlist vorgeben!
Erst stiehlt sich die Politik aus der Verantwortung und bietet dann nur halbgare Vorschläge. Wer wählt diese Idioten eigentlich?

Montag, 12. März 2018

Contramann: kurz gesehen im März

https://www.heise.de/tp/features/Der-eigentliche-Skandal-120-Millionen-Tote-durchs-Auto-3956020.html
Franz Alt, die alte Säule. 120 Millionen Verkehrstote seit 1945 allein durch Verkehrstote sind schon mal ne Hausnummer. Auch 4000 Tote jährlich allein in Deutschland durch nicht eingehaltene Dioxin-Grenzwerte sprechen eine deutliche Sprache. Wo bleibt der empörte Aufschrei der Politiker, Medien oder wenigstens des Teils der Bevölkerung, die sich sonst auch immer über Umweltverschmutzung, Fremdenfeindlichkeit oder Benachteiligung von Frauen aufregen?
Es ist wohl leider so: In Deutschland hat die Automobilindustrie alles im Griff. Selbst der letzte Hippie fährt nen Daimler mit Atomkraft nein Danke Aufkleber am Heck. Und der deutsche Michel kauft auch immer schön die fetten Karren.

https://www.heise.de/tp/features/Das-Scheitern-der-Neuen-Linken-3964243.html?seite=all
Dazu passt diese Meldung ganz gut. Diese Abrechnung mit den neuen Linken ist absolut lesenswert. Nach einem schönen historischen Abriss über die Linken nach den 60er und 70er Jahren sind wir heute beim Gendern, Hipstern und einer veganen Lebensweise angekommen. Alles weichgespült, von Klassenkampf kann da keine Rede mehr sein.
Die Unterschicht, für die einzutreten man doch mal angetreten war, stört da nur. So begnügen sich moderne Linke mit dem Kampf für Feminismus oder gesellschaftliche Minderheiten wie Homosexuelle oder Vegetarier. Von ihrer eigentlichen Basis, den ungebildeten Hilfsarbeitern, Arbeitslosen oder wenigstens Arbeitern, halten sie sich fern.
So bleibt die Antifa die einzige Gruppierung, die sich aktiv um eine andere Gesellschaftsform bemüht. Leuten wie Frau Kipping ist dieses Engagement verlorengegangen. Da macht man es sich lieber mit erhobenen Zeigefinger bequem. Hauptsache, man muss nicht wirklich linke Ideale umsetzen.
Was Antifa wie Neo-Linke allerdings wieder verbindet, ist der strikte Hass auf die „Anderen“, die nicht so denken. Die sind dann pauschal Arschlöcher oder Nazis, egal ob ihre Kritik an linken Idealen fundiert ist oder nicht, egal ob gerechtfertigt oder nicht.
Ich sehe da schwarz für eine andere, bessere und vor allem gerechtere Gesellschaft.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/andrea-nahles-die-letzte-hoffnung-der-spd-kommentar-a-1193370.html
Au Weia, Kuzmany. Frau Nahles als letzte Hoffnung der SPD… Ausgerechnet die alte Bratze (um mal im „Bätschi“ Jargon zu bleiben). Ich zitiere Kuzmany nur mal kurz: „Die ehemalige Juso-Vorsitzende hat sich aus jungen Jahren eine große Klappe und ihr linkes Herz bewahrt.“ Große Klappe unterschreibe ich sofort, aber linkes Herz… Was reitet diesen Spiegel Redakteur, eine derart falsche Wahrheit in die Welt zu setzen. Wenn Rudolf Augstein noch leben würde, hätte er Kuzmany aus der Redaktion entfernt.
Sehr dämlich dann noch die Charakterisierung des Martin Schulz als alter (der 100% Martin mit anschließend krachender Wahlniederlage und Verzicht auf Regierungsverantwortung, der nicht Minister werden wollte) und neuer Schulz (der Wendehals zur neuen GroKo mit Ambitionen zum Außenminister). Schulz war eben von Anfang an nicht die treue Seele und ehrliche Haut, es ging da immer nur um Posten um jeden Preis. Alles Kalkül, selbst die vorschnelle Absage an eine GroKo unmittelbar nach der Bundestagswahl.
Schulz schaffte die Nachfolge von Juncker im Europaparlament nicht und brauchte eine neue Aufgabe, so schaut das aus. Und jetzt schreibt Kuzmany mit Frau Nahles eine weitere Krachlatte aus dem Stamm der Apparatschiks zur großen, gar letzten Hoffnung der SPD hoch. Meine Fresse, 20 Semester Germanistik und Politikwissenschaften! Warum verschont uns niemand vor solchen verkrachten Existenzen? Nichts gegen Germanisten oder Politologen (oder doch?), aber sollen diese Leute doch auf kleiner Flamme den realen „High Performern“ zuarbeiten oder in die Medienwelt abtauchen. Anne Will oder Maybrit Illner können Konkurrenz notfalls ertragen.
Aber Frau Nahles, Herr Kuzmany, kann keiner ertragen. Auf keinen Fall die SPD, wenn sie sich wirklich erneuern will. Da braucht es frisches und vor allem unschuldiges Personal. Und Andrea Nahles ist keins von beiden, im Gegenteil. Bei der Agenda 2010 war sie mit im Boot und hat sich bis heute nicht davon distanziert. Wie es im Kölner Karneval schon auf einem Wagen stand: Das Ende ist Nahles.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/kostenloser-nahverkehr-holen-wir-uns-die-welt-zurueck-a-1193916.html
„My Car is my Castle“. Nur noch geil, dieser Kommentar, obwohl ich Stöcker sonst nicht so mag. Stöcker schafft es, den richtigen Ansatz zu treffen. Denn darum geht es doch letztendlich. Die Innenstädte müssen von den Autos (nahezu) vollständig befreit werden, damit sie wieder menschenwürdig werden.
Auf dem Land würde es sicherlich mit einer Ausweitung des ÖPNV nicht getan sein, dazu wäre das zu erwartende Fahrgastaufkommen zu gering und die benötigten Verbindungen zu umfangreich, als das es sich lohnen würde, diese zu betreiben. Mir schwebt da als Lösung so etwas wie ein Dolmus vor. Die könnte man auch mit Rentnern oder Uber-mäßig mit irgendwelchen Fahrern bestücken.

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/essen-die-tafeln-koennen-nicht-die-arbeit-der-politik-uebernehmen-kommentar-a-1195161.html
Hier macht es sich der Kommentator mit dem Rassismus Vorwurf etwas zu einfach. Natürlich kommt eine Zurückweisung von Flüchtlingen bei den Essener Tafeln zugunsten der „deutschen“ Bedürftigen bei den Medien und den von ihnen abhängigen Politikern schlecht an. Toll ist das nun wirklich nicht und auch ich fände es besser, wenn solche Verbote unterbleiben würden.
Aber den üblichen Antirassismus um jeden Preis lehne ich auch ab. Ich habe jeden Tag mit alten Menschen zu tun, die verarmt und auf öffentliche Unterstützung angewiesen sind. Die Bescheidenheit der meisten dieser Menschen, die die staatlichen Hilfen eher beschämt annehmen, berührt mich nach all den Jahren weiterhin. Auch die in den letzten 2-3 Jahren angekommenen Flüchtlinge habe ich überwiegend als höflich und freundlich empfunden. Nicht als fordernd, wie sie von der AfD gerne hingestellt werden, aber eben häufig auch nicht bescheiden.
Und hier liegt die wahre Trennlinie zum Rassismus: Flüchtlinge treten eben nicht pauschal fordernd auf und drängen die Deutschen in die Ecke, nehmen ihre Arbeit und ihre Frauen. Dieser falsche Eindruck lässt sich leider gut propagieren, weil niemand, der nicht in einer solchen Notlage ist, begreifen will („betrifft mich nicht“), dass gerade ältere Leute Scham haben, diese Leistungen anzunehmen. Bei den im Vergleich jüngeren Flüchtlingen besteht diese Scham nicht mehr, da sie in den Flüchtlingslagern schon lange auf diese Art von Speisungen angewiesen waren.
Vielleicht erklärt sich dadurch auch eine etwaige, vereinzelt auftretende Aggressivität zuungunsten der verhuschten Rentner. Mag sein, das das jetzt verharmlosend oder verniedlichend ist. Aber die Rassismuskeule ist hier nicht zielführend. Es kann eben nicht sein, dass Flüchtlinge einerseits willkommen geheißen werden und andererseits sich selbst überlassen bleiben. Hier hat sich der „Staat“ fein herausgehalten und schaut lediglich noch, dass keine Negativschlagzeilen in der Presse auftauchen. Geld wurde hier teilweise hanebüchend rausgehauen und damit verbrannt. Wo bleiben denn die konkreten Ansätze zur Integration?
Dass dies jetzt die Rentner und Obdachlosen in Essen ausbaden müssen, dass die ehrenamtlichen Helfer der Tafeln in Essen dafür am Pranger stehen und die Presse wie Politik dazu Entsetzen heucheln, finde ich ehrlich gesagt zum Kotzen.

http://www.spiegel.de/sport/fussball/bundesliga-der-streit-zwischen-bremen-und-dfl-um-polizeieinsaetze-ist-populistisch-a-1194639.html
Meine vollste Zustimmung zu diesem Kommentar. Denn die Vereine können eben nicht die Gewalt außerhalb des Stadions eindämmen. Die Städte wie Bremen oder Hamburg nehmen genug Geld über Steuern und höhere Umsätze des Einzelhandels ein.
Das Problem liegt doch einfach nur darin, dass die öffentliche Hand zu wenig Polizisten beschäftigt. Da wurde – wie in der öffentlichen Verwaltung allgemein üblich – alles kaputt gespart. Jetzt wird wie üblich ein Schuldiger gesucht.
Mir ist aber auch klar, dass ein Fußballhasser dies anders sieht. Sei es drum, warten wir mal ab, wie es weitergeht.

Donnerstag, 8. März 2018

H Lecter: Onkel Hotte 13/x

13
Morgens, ach was sag ich - am frühen Nachmittag! - wachte ich endlich auf und fühlte mich so richtig durchgemüllert. Ich realisierte, dass es ja bereits taghell war, als ich aus dieser schönen Bar mit dem Flair einer Rockerkneipe wie dem alten Kottan hinausstürmte, um in das Appartement zu fahren. Wobei der Begriff „Flucht" hier wohl eher passt.
Mühsam öffnete ich die Augen und schaute auf meine Uhr. Drei Uhr am Nachmittag, oh Mann. Mir war richtig kodderig, ich zitterte am ganzen Körper wie Espenlaub. Immerhin war ich wenigstens soweit klar, dass ich nur noch zwei Stunden zur Verfügung hatte, um meine Klamotten zusammenzuräumen. Außerdem musste ich unbedingt noch zwei Stangen Kippen, vorzugsweise Camel ohne, kaufen. Die Kippen waren in den Läden auf der Insel noch einmal billiger als am Flughafen. Das wusste ich genau, war ja nicht das erste Mal auf Granni. Kippen aus dem Urlaub mitzunehmen, war selbstverständlich Pflicht gewesen in den 90ern.
Wo sich Onkel Hotte aufhielt, war nicht schwer herauszufinden. Aus dem Schlafzimmer hörte ich die Holzfäller bei der Arbeit. Hotte hatte offenbar mit Wastl auch ohne mich den einen oder anderen sichergestellt. Doch zumindest hatte ich einen schönen Ausklang dieses denkwürdigen Urlaubs auf Granni gehabt, das war es, was zählte.
Wenn ich nun bald 20 Jahre später an diesen Urlaub zurückdenke, hatte es mit Onkel Hotte sehr viel Spass gemacht, obwohl ich mit ihm in den Jahren noch am wenigsten zu tun gehabt hatte. Hey, der Krankenkassenangestellte zählt nicht! Wastl war so souverän wie immer, die anderen blieben dagegen blass in diesem Urlaub. Eigentlich verband mich mit Mike eine enge Freundschaft, wie ich seinerzeit zumindest dachte. Doch in diesem Urlaub war er eigentlich nur mit seiner Freundin unterwegs gewesen; auch die Anderen waren diesbezüglich nicht besser drauf gewesen.
Für unsere Mitreisenden war dieser Granni Urlaub halt mehr eine Reise für Pärchen. Hotte und ich harmonierten da allerdings besser als die Paare, bei denn die üblichen Sticheleien am Start waren. Wahre Liebe gibt es eben halt doch nur unter Männern. Allerdings wohl nur unter denen, die sich nicht streicheln und zusammen Plasticant spielen. Oh, das schreibt man ja mit „c"! Wusste ich auch noch nicht...
Mit letzter Kraft erhob ich mich von der Matratze und schlüpfte schnell in meine Turnschuhe, die heutzutage Sneaker heißen. Meine Hände zitterten dermaßen stark, dass ich das Feuerzeug mit beiden Händen umfassen musste, um die Flamme halbwegs ruhig zu halten. Nur so ging es - Kippe im Mund und die Sonnenbrille vor den Augen. Draußen gab es die gleißende Sonne, vor der ich mich glücklicherweise mit meinem Käppi schützen konnte.
Zu meiner nicht geringen Verblüffung hatte ich nicht einmal mit Kopfschmerzen zu kämpfen. Allerdings... Ich sage es mal so: Gran Canaria war schon damals ein Rentnerparadies. Und genau wie ein Rentner ohne Rollator schlurfte ich zum nächsten Supermarkt, um mir zwei Stangen Camel ohne zu kaufen. Gebückt und schlurfend wie ein Zombie schaffte ich es zurück.
Diese Reise hätte aber auch keinen Tag länger dauern dürfen. An diesem Nachmittag rächten sich die Exzesse der letzten Tage, ich würde in Braunschweig eine Pause einlegen müssen. Am letzten Abend hatte ich noch einmal alles gegeben, war jedoch geistesgegenwärtig genug, um nicht vollkommen zusammenzuklappen wie am ersten Abend auf dem Balkon, bewusstlos in der Abstellkammer.
Onkel Hotte wirkte auch irgendwie gerädert, schaffte es aber wie meinereiner, die Klamotten rechtzeitig zu packen, bevor wir mit einem Taxi zum Flughafen kutschiert wurden. Wastl war natürlich auch etwas grau im Gesicht, dafür aber längst nicht so in Trümmern wie Onkel Hotte und ich.
Den Krankenkassenangestellte sollte ich nicht mehr wiedersehen, war zumindest auch kein Verlust. Mike... Nun ja, das hatte ich bereits angedeutet. Dass er jetzt auch schon ein paar Jahre tot ist, ist bedauerlich, da er leider viel zu früh von uns gegangen ist. Es ist aber bezeichnend, dass ich zum Tod von Onkel Hotte so viel mehr zu berichten habe als im Zusammenhang mit dem Ableben von Mike. Frauen waren ebenfalls auf Granni mit dabei gewesen, aber allesamt im Gegensatz zur blonden Rockerbraut etwas fad.
Die Woche Granni mit Onkel Hotte wird mir immer unvergeßlich bleiben und für mich als Mitglied der deutschen Trinkerjugend war es eine Ehre, mit einem derart professionellen Trinker unterwegs gewesen zu sein. Nochmals Prost, Onkel Hotte, wo immer Dich der große Fährmann hingefahren haben mag.

Dienstag, 6. März 2018

Uncle Fester: grad gelesen März 2018

Greg Bear: Die War Dogs Trilogie

Band 1: Die Flammen des Mars Da hat der Altmeister der Science Fiction eine kleine Minserie aus dem Bereich der Military SF rausgehauen. Respekt. Das hätte ich von Greg Bear am wenigsten erwartet. Dank seiner schriftstellerischen Qualitäten und des wissenschaftlichen Hintergrunds stechen diese Romane zunächst aus dem Einerlei der „Aliens erobern der Erde“ Romane heraus.
Sergeant Michael Venn, genannt Vinnie, wurde mit seiner Crew und ordentlicher Waffenpower auf dem Mars abgesetzt, um den Antags, einer Alien Spezies, den Garaus zu machen. Diese waren Feinde der Gurus, einer freundlichen Alien Spezies, die zu den Menschen auf die Erde vor den Antags geflohen sind. Freundlich gesonnen, weil sie die Menschen technisch aufrüsten, damit diese gegen die Antags anstatt der nur wenigen Gurus kämpfen können.
Die Landung geht schief, auch andere ausgesetzte Teams haben schwere Verluste zu verzeichnen, obwohl die Antags nicht angreifen, sondern lediglich Kometen auf die Oberfläche regnen lassen. Nur dank Teal, einer menschlichen Siedlerin der 2. Generation, können die „Skyrine“ genannten Marines zum Drifter fliehen, einem uralten Splitter eines geborstenen Mondes, in dessen Innern eine Atmosphäre vorhanden ist und der die Saat des Lebens in sich trägt.
Es wird angedeutet, dass der grüne Staub einst auch das Leben zur Erde gebracht hatte. Uralte Roboter sind nach Millionen von Jahren mit Grabungen beschäftigt. Ihr zentraler Sammelpunkt wird von einer Kristallsäule umgeben, die Opfer eines Bombenanschlags durch das Platoon von Captain Daniella Coyle werden soll. Dieses Platoon hatte den Auftrag von den Erdstreitkräften, den Drifter mit den Resten der uralten Zivilisation um jeden Preis zu zerstören, auch auf Kosten der anderen Skyrine. Doch kurz bevor die Bombe explodieren kann, wird das Platoon durch den grünen Staub ausgeschaltet.
Der Rest der Skyrine kann aus dem von einer großen Streitmacht der Antags umstellten Drifter fliehen. Teal verbleibt bei den Voors, einheimischen Treckburen, die sie eigentlich verfolgt hatten und von Vinnie aufgehalten werden konnten, da sie Teal ermorden wollten. Unter der Führung vom spät ins Geschehen kommenden Lieutenant Colonel Joseph Sanchez können die meisten der Skyrine ins All und zur Erde zurück fliehen. Vinnie wird von Sanchez gebrieft, bei der Rettung
eine falsche Identität anzunehmen.
Sanchez entpuppte sich aber schon vorher als der „Joe“ der Parallelstory, die eigentlich danach auf der Erde spielt. Vinnie hat sich vor den Erdstreitkräften in die Wohnung seines alten Freundes Joe retten können und wird dort von Alice Harper aufgesucht, der er seine Geschichte (siehe oben) erzählt und die ihn zu Joe bringen soll. Kurz vor der kanadischen Grenze werden beide aber geschnappt – das war es mit dem ersten Teil der Trilogie.
Kurzweilig. Auch die Sprache der handelnden Figuren entspricht dem „Speech“, den wir aus diversen Vietnam Filmen kennen. Charaktere wie DJ, Tak, Kazak oder Wee-Def würzen das Ganze zu einer richtigen Kriegsgeschichte. Ich musste stark an Heinleins „Starship Troopers“ denken. 


                                  


Band 2: Im Schatten des Saturn 
War der erste Band schon mit kurzen Kapiteln gesegnet, steigert Bear dieses Stilelement zu Beginn des zweiten Teil ins Extreme. Stellenweise haben die ersten Kapitel nur ein bis zwei Seiten. Der Band beginnt in der Isolierstation des Madigon Hospitals. Der grüne Staub – auch Eismondtobak genannt – bringt den gefangenen Vinnie zum Träumen; von einer Existenz als Käfer.
Es waren vor Jahrmillionen diese Käfer, die in den Eismonden des Saturns lebten und von den Gurus seinerzeit zum Krieg untereinander aufgestachelt wurden. Die Käfer erhielten hierzu von den Gurus die notwendige Technologie und zerstörten dabei ihre Monde, aus denen das Ringsystem des Saturns entstehen konnte. Splitter der Monde wurden weiter ins Innere des Sonnensystems geschleudert. Auf den Mars und gar bis zur Erde, was zur Entstehung des Lebens auf der Erde führte.
Vinnie träumt als Käfer die Erinnerungen an die Geschichte der untergegangenen ersten Zivilisation des Sonnensystems, aber auch Captain Daniela Coyle spricht noch zu ihm. Sie ist noch nicht tot, nur kurz davor, endgültig ins „Archiv“ einzurücken, welches die Käferzivilisation auf Titan angelegt hatte, um die Erinnerungen ihres Volkes zu bewahren.
Kurz bevor man Vinnie beseitigt, da er den Gurus keine Informationen bieten kann, wird er von Commander Frances Borden und dem Wissenschaftler Kumar, beide von der 4. Abteilung (?) und damit mal keine Soldaten, gerettet und zurück zum Mars gebracht. Dort schlagen sie sich zu einem anderen Überbleibsel der Käferzivilisation durch. Zusammen mit versprengten russischen Soldaten unter Colonel Litwinow und einer Schar weiblicher Skyrines, darunter mit Ischida eine Frau mit halben Metallskelett, können sie DJ, Tak und den unsäglichen Joe aufnehmen. Zusammen fliehen sie vor den Antags und den Gurus ergebenen menschlichen Verbänden mit einem neu entwickelten Schiff nach Titan. Nebenbei tauchen noch Teal und eine Handvoll überlebender Voors auf, die zusammen mit Alice Harper kurzerhand zur Erde evakuiert werden. An dieser Stelle hat Bear diese Figuren noch mal schnell erwähnt. Da hätte ich mir mehr gewünscht, das fand ich dann doch enttäuschend. Im ersten Teil waren diese Figuren prägend, im zweiten störten sie eher.
Auf Titan schließlich bohren sich Vinnie und seine Mitstreiter durch das Kilometer dicke Eis, dicht gefolgt von den menschlichen Verbänden unter Anleitung der Gurus. Vinnie soll sterben, denn dank den Käfern und Doyle hat Vinnie herausgefunden, warum die Gurus die Menschen und die Antags aufeinander gehetzt haben: Der Krieg dient anderen Aliens in der Galaxis als Unterhaltung! Die Gurus sind lediglich die Vermarkter dieser Show.
In der fantasievoll erzählten Unterwasserwelt erreichen unsere Helden das Archiv der Käfer. Doyle kann endlich in die ewigen Jagdgründe verschwinden. Die Antags sind auch schon vor dem Archiv. Ein Weibchen dieser Vogelwesen wurde wie Vinnie von einem Käfer kontaktiert und nimmt daher mit Vinnie Kontakt auf.
Die menschlichen Verbände kommen immer näher; kurz bevor es zum Kampf kommt, ergibt sich Vinnie mit seinen Leuten den Antags, gegen die sie im Kampf keine Chance gehabt hätten. Sie retten sich auf ein kleineres Schiff der Antags und verlassen mit ihnen Titan zu einem unbekannten Ziel.
Ende Band 2. Über die Landschaft im Ozean von Titan hätte ich gerne mehr gelesen, hier hatte Bear sehr schöne Ideen gehabt, aber leider viel zu schnell weggeworfen. Auch ist der militärische Jargon auf Dauer etwas lahm. Aber auf Seite 352 wurde Vinnie in einer Traumsequenz von einem Guru angesprochen. Er solle Joe fragen, welchen Ort er mit Corporal Grover Sudbury aufsuchte und was sie dort gemacht haben.
Das will ich jetzt wissen.

Band 3: Die Rache des Titan
Die Antags haben Angst vor den gekidnappten Menschen um Vinnie und Co. Nach einem schnellen Umstieg im Orbit des Titan nehmen die Antags und Vinnies Leute auf einem mehrere Kilometer großen alten Raumschiff Fahrt auf. Immer weiter raus aus dem Sonnensystem. Von wem dieses Raumschiff wohl stammt?
Auch die „Hüter“, wie die Gurus von den Antags genannt werden, kennen wohl den Ursprung dieses Raumers nicht. Das Vogelmädchen hält weiterhin mentalen Kontakt zu Vinnie und DJ. Wichtiger wird aber eine weitere Soldatin: Uljanova hatte ich bisher nicht erwähnt, da sie keine herausragende Rolle spielte. Bislang. Denn im 3. Band stellt sie sich als Guru heraus. Auch sie kann mental mit DJ, Vinnie oder auch dem Vogelmädchen kommunizieren.
Sie ist von den Gurus ausersehen, auf diesem Schiff, mit dem die Gurus seit über 4 Milliarden Jahren durch das Sonnensystem und die nähere Umgebung unterwegs sind, das Steuer zu übernehmen. Dass intelligente Schiff ist darauf programmiert, sich ständig umzuformen. Zum Beispiel, um Waffen für die verschiedenen Völker zu produzieren.
In all den Äonen hatten die Gurus die Völker im Sonnensystem und im Kuiper Gürtel gegeneinander aufgehetzt, um die entstehenden Kriege in der Galaxis medientechnisch vermarkten zu können. Eine nette Idee von Bear, hätte ich gar nicht von ihm erwartet. Leider wird darauf im Laufe der 3 Bände nicht näher drauf eingegangen; hier hat der Autor die Chance zu einer ätzenden Mediensatire a la „Eine Handvoll Venus und ehrbare Kaufleute“ nutzlos verstreichen lassen.
In einer immer verworrener werdenden Umgebung und leider auch Story werden die Menschen schließlich von den Antags getrennt. Auf dem Weg zum Heimatplaneten der Antags im Kuiper Gürtel kommt eine Schar von Kämpfern aus der Gefangenschaft im Schiff frei, die fortan quasi wie Zombies durch das Schiff wandeln und von Zeit zu Zeit unerwartet angreifen. Grover Sudbury ist auch einer von ihnen und stirbt kurz vor Ende, von Litwinow aufgespießt.
Etwas lahm, wie dieses Rätsel um Sudbury verpufft. Er war einfach nur ein Vergewaltiger, der von Joe, Vinnie und den anderen Skyrines zusammengeschlagen und offensichtlich nicht getötet wurde. Überhaupt Joe: Ich dachte, der wäre insgeheim der Guru Agent. Pustekuchen! Der ist doch tatsächlich nur der alte Kumpel von Vinnie aus Kindheitstagen. Da war ich richtig enttäuscht. Erst anblasen und dann verpuffen lassen. Mann!
Am Schluss werden die letzten überlebenden Antags auf ihren sterbenden Planeten geflogen, der eine eigentlich interessante Geologie zu bieten hatte. Zerstört von einer feindlichen Streitmacht, die nur noch auf diese letzten Antags wartet, die sich in einer sinnlosen Heldenhaftigkeit in ihre Auslöschung stürzen.
Ein letztes Ei mit Nachkommen der Antags wird von Borden letztlich auf der Erde beschützt, während Vinnie rastlos auf einer von Gurus befreiten Erde nach Seattle trampt, um dort wieder auf Alice zu treffen. Mit Ischida hatte er anfangs dieses Buches ein kurzes Techtelmechtel. Klar, sie bleibt bei ihm.
Joe, DJ und Tak bleiben auf dem Mars, während Uljanova alle Gurus von der Erde einsammelt, bloß um sich mit ihnen nach viereinhalb Milliarden Jahren der Infiltration und Aufhetzung der verschiedensten Völker in die Sonne zu stürzen. Dass die letzten Reste an Menschlichkeit von Uljanova dieses Ende einleiten, muss man sich als Leser schon einreden, damit es halbwegs plausibel wird.
Was bleibt, ist eine Trilogie der verpassten Gelegenheiten. Die schönen philosophischen wie antimilitaristischen Ansätze können über logische Schwächen im Handlungsablauf nicht hinwegtäuschen. Schade.

Donnerstag, 1. März 2018

Hartmudo: train kept a rollin`

Als ich heute Morgen aufwachte, fühlte ich mich schon unwohl. Danny hatte heute Geburtstag und ich würde meine Löwin zu seinem Geburtstag allein hinfahren lassen, weil ich abends meine Doppelkopfrunde im Come In nicht sitzen lassen wollte. Zwar hatte Danny vor Wochen schon verlauten lassen, dass er aufgrund hohen Arbeitsanfalls seinen Geburtstag nicht feiern würde (nur deshalb hatte ich zum Doko-Termin überhaupt zusagen können), aber das tröstete mich jetzt auch nicht. Denn – wie ich eigentlich hätte vermuten müssen – vorgestern rief Danny an und lud uns spontan zu seinem Geburtstag heute ein. Ach ja: Eine Schokoladentorte wünschte er sich noch.
Missmutig schlich ich bei der heute beißenden Kälte um 5.15 Uhr zum Bus. Zweifelsohne steckte ich in einem Dilemma: Dannys Geburtstag auszulassen gehört sich für den Stiefvater nicht, aber die Jungs konnte ich doch auch nicht hängen lassen. So grübelte ich auf dem Weg zum Bus noch vor mich hin, immer wieder zog ich mich darauf zurück, dass Danny ja selbst im Vorfeld abgesagt hatte. Meine Gedanken kreisten und gebaren ein großes Loch.
Das Lesen im Bus entspannte mich ein wenig. Am Bahnhof zog ich mir wie gewohnt einen Kaffee bei Steinecke und wartete wie üblich fast 10 Minuten auf dem zugigen Bahnsteig, bis der Zug aus Lebenstedt endlich eintraf. Dort konnte ich in Ruhe weiterlesen, da Sybille sich ein Auto gekauft hatte und nicht mehr pendeln muss sowie Kati heute ihren ersten Urlaubstag hatte. Nach Dublin wollte sie, dort ist es sicher wärmer als hier.
Ich saß bereits einige Zeit mit meinem Buch, als der Fahrer mittels Lautsprecher die folgende Info verbreitete: „Meine Damen und Herren, wegen eines technischen Defekts an einem liegengebliebenen Zug ist die Strecke vorerst gesperrt. Sowie ich näheres weiß...“
Na Super! Das jetzt auch noch! In der Arbeit haben wir im Team eine Menge an Rückständen aufgrund zwei langzeit erkrankten Kollegas, dazu sind zwei Kollegas noch neu und brauchen Unterstützung. Nebenbei ist heute noch Streik, an dem der Sozialarbeiter, der uns heute Nachmittag das Publikum abnehmen sollte, sicherlich teilnimmt. Aber andererseits…
im Zug angekommen

Falls Ihr Euch erinnert: Ich hatte bereits früher schon mal einen Tag frei nehmen müssen, weil der Zug nicht gefahren war bzw. in Drütte einfach kommentarlos zurückfuhr. Würde ich Danny vielleicht doch noch persönlich zum Geburtstag gratulieren können? Der zuvor düster beginnende Tag schien mit der aufgehenden Sonne zunehmend freundlicher zu werden. In aller Ruhe las ich mein Buch zu Ende, ich war jetzt tiefenentspannt.
Ein schon gut angesoffener Fahrgast masselte gerade den Strahlenschützer voll, während eine Dreiviertelstunde ereignislos verstrich. Ich schaute noch in meiner „DB Navigator“ App hinein und musste feststellen, dass die beiden uns nachfolgenden Züge bereits gecancelt waren. Erst nach etwas Nachdenken schaltete sich bei mir die Logik ein. War ja schon so spät und wir standen immer noch am Bahnhof. Da sind wir der aktuelle Zug; der Rest muss ja ausfallen, Zeit war schon vorbei.
Als der Besoffski endlich ausgestiegen war, um den Bus zu nehmen, fuhr der Zug doch tatsächlich keine Minute später los. Schade eigentlich, denn ich hatte schon auf einen freien Tag gehofft, so dass ich zu Danny gekonnt hätte. So würde ich wenigstens meine Kollegen nicht im Stich lassen müssen.
Kurze Zeit später waren wir in Drütte angekommen, der Zug blieb urplötzlich stehen. „Meine Damen und Herren, der liegen gebliebene Zug versperrt immer noch das Gleis und wir können in Drütte nicht anhalten und die Fahrgäste aussteigen lassen. Daher fahren wir nach Braunschweig zurück.“ Die Ansage kannte ich doch! Unter den Strahlenschützern kam eine unruhige Stimmung auf. Sie fragten sich, wie sie jetzt zur Arbeit kommen sollten. Hierbei konnte ich ihnen behilflich sein, da ich die Fahrpläne gut kenne.
Zugegebenermaßen gutgelaunt telefonierte ich mit meinen Kollegas bzw. versuchte es, erreichte aber niemanden. Dafür konnte ich meiner Löwin Bescheid sagen, dass ich nun doch noch mit zu Danny fahren kann. Eine Rückfahrverbindung nach Braunschweig mit dem Zug hatte ich da bereits herausgesucht. Ich konnte doch tatsächlich beide Termine wahrnehmen. Meine Löwin zeigte sich erfreut. Ich musste nur noch am frühen Nachmittag mit dem Bus zu ihr auf die Arbeit kommen, weil sie direkt von dort aus zu Danny wollte.
In Braunschweig angekommen, ging ich als erstes zu McDonalds, um einen Kaffee zu trinken und auf der Arbeit anzurufen. Ich erreichte immer noch keinen und sprach dann mit einer Freundin von Roberta, die am Infoschalter der Verkehrs AG arbeitet. Ich erzählte ihr von meinem Unverständnis, dass der Zug nicht wenigstens so weit fuhr wie es ging, um dort die Leute aussteigen lassen zu können. Wahrscheinlich war der Vorgängerzug eh im Bahnhof Lebenstedt liegen geblieben. Die Fahrer dürften aber nur am Bahnhof halten, um Fahrgäste aussteigen zu lassen. Das hätte versicherungstechnische Gründe! - so Robertas Freundin. Das Argument leuchtete mir dann ein. Ich war beruhigt.
Im Bus nach Hause überlegte ich fieberhaft, was ich denn zum Frühstück essen wollte. Derweil erreichte ich wenigstens Detzer auf der Arbeit, nicht aber meine Kollegas. Erst als ich schon bei Rewe gewesen und von der Bushaltestelle zu Fuß nach Hause unterwegs war, rief mich eine Kollegin zurück, der ich kurz erklärte, warum ich heute nicht kommen konnte. Noch eine kurze Info über eine Kundin, die am Nachmittag noch erscheinen wollte, weil sie kein Geld erhalten hatte, dann verabschiedete ich mich in einen freien Tag.
Mit fast abgefrorenen Fingern. Meine Güte, das war ja wirklich kalt an dem Tag. Aber… Mein schlechtes Gewissen wegen Danny war verflogen. Und das wegen der Arbeit hielt sich in Grenzen, da uns jüngst dank einer Besprechung bewusst wurde, dass es nicht darum geht, den bei uns seit eineinhalb Jahren vorherrschenden Personalmangel zu beheben, sondern bei Bedarf einen Schuldigen für die Misere benennen zu können. Bedauern habe ich lediglich für meine Kollegen übrig.
Doch jetzt… was essen, später zu Danny und hinterher zum Doppelkopf. Arbeit ist Morgen.