Freitag, 30. November 2018

Contramann: kurz gesehen im November


https://www.neulandrebellen.de/2018/09/migrationspolitik-das-hat-nicht-das-thema-der-afd-zu-sein/
Roberto Lapuente. Dieser Artikel sollte Pflichtlektüre für all diejenigen sein, die als politisch „links“ denkende Menschen in der Migrationsdiskussion der letzten Jahre gebetsmühlenartig einen Bann gegenüber jeglicher Kritik an einer zumeist ungeregelten Einwanderung von Menschen nicht nur aus Krisengebieten ausgesprochen hatten. Da wurde dann jeder mit dem Makel der Fremdenfeindlichkeit versehen und in die AfD-Ecke gestellt, der auch nur den leisesten negativen Hauch einer Kritik am mangelndem Integrationswillen von Flüchtlingen und anderen Migranten zu äußern wagte.
Was die meisten Altlinken nämlich in ihrer bequemen Alle-Menschen-sind-gleich-Denke schlichtweg übersehen haben, ist die Tatsache, dass wohl die meisten der AfD und Pegida Anhänger eben nicht grundsätzlich Rassisten sind, sondern einfach nur hautnah miterleben müssen, wie dem immer weiter abgespeckten Staat die Kontrolle entgleitet und so unter anderem einer Bandenkriminalität Vorschub leistet.
Diese Denke der meisten Linken ist für mich zwar nachvollziehbar, aber nicht akzeptabel. Natürlich wird der Staat in Form der Nachrichtendienste oder auch nur der Ordnungsverwaltung als Arm eines menschenfeindlichen Systems verstanden. Doch diese Leute vergessen zumeist, dass ohne den starken Arm des Staates eben auch die von vorherigen Generationen erkämpfte Freizügigkeit ganz schnell verloren geht.
Was wir brauchen, sind eindeutige Regelungen für eine erfolgreiche Einwanderungspolitik. Und wer sich einer solchen Diskussion aus falsch verstandener Humanität heraus verweigert, fördert exakt die Rassisten, die man angeblich bekämpfen will.
 
http://m.spiegel.de/politik/ausland/japan-schrumpfende-nation-buchauszug-aus-abstieg-in-wuerde-a-1227447.html
Da hat der Spiegel mal wieder einen rausgehauen. Die japanische Gesellschaft droht zu vergreisen. Immer mehr Japaner - 2040 sollen es 40% sein - leben als Single. Ebenfalls 40% arbeiten bereits heute als „Hiseiki“. Klingt schön, meint aber Arbeiter ohne Festanstellung. Der Autor beschließt seinen Bericht mit der Erkenntnis, dass die Japaner in Würde altern würden. Gestolpert bin ich über folgende Sätze:
„Verglichen mit Deutschland ist Japan weniger eine Gesellschaft von Bürgern, die politisch mitreden oder mitentscheiden; eher kann man die Bevölkerung als Gesellschaft von Verbrauchern bezeichnen. Der Konsum ist das Vehikel, über das die Japaner am öffentlichen Leben teilnehmen.“
Was labert der denn da? Genau so ist das doch auch schon heute in Deutschland. Bloß so vergreist sind wir noch nicht. Und wenn es dann kommt, dann machen wir das auch mit Würde. Mit ein bisserl guten Willen lässt sich das organisieren.
Renten finanziert durch Steuern, auch auf Maschinen. Dann klappt das.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/spacex-flug-zum-mond-obszoene-lustreise-kommentar-a-1228754.html
Und wieder ein Japaner, diesmal in einem ärgerlichen Kommentar. Ein japanischer Milliardär will mit 6-8 Gästen zu einer Party ins All zu einer Mondfahrt aufbrechen und ist offenbar bereit, Elon Musk entsprechend hoch zu bezahlen.
Weltraum ist keine Spaßveranstaltung, kritisiert der Spiegel. Das sehe ich anders. Nur so kommt das fehlende Engagement der Menschheit in Sachen bemannter Raumfahrt in Schwung. Denn nur im Weltraum werden wir die Lösungen für die aktuellen Probleme wie Umweltverschmutzung oder Überbevölkerung finden.
Viele von Euch werden mich für diese Ansicht belächeln. Verständlich, denn wir alle werden abkratzen, bevor ein wirksames Weltraumprogramm konkret werden wird. Aber da ich mich seit kurzem Opa nennen lassen darf, hoffe ich auf eine Zukunft für meine Enkelin.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/deutschland-vier-millionen-erwerbstaetige-gehoeren-dauerhaft-zum-prekariat-a-1229460.html
Die ganze Zeit geht es immer nur um Langzeitarbeitslose, arme Rentner und Schulmädchen in Not auf der einen sowie Manager und Milliardäre auf der anderen Seite. Über die Mittelschicht, welche nach eigener Ansicht dies alles finanzieren muss, wird sich gerne auch mal gestritten. Und nun - endlich, möchte ich sagen - geht es ums Prekariat.
Leih- und Werksarbeiter... Zeitarbeiter sowieso. Gut 4 Millionen Menschen schuften Tag für Tag knapp über dem Existenzminimum. Diese Menschen können nicht riestern und werden in die Altersarmut fallen. Eigentlich muss man diesen Personenkreis zu den Hartz IV Empfängern, den offiziellen wie inoffiziellen, hinzuzählen.
Alles Menschen, die sich keinen Neuwagen kaufen (können). Aber „uns“ geht es doch gut, oder Frau Merkel?

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/sonderbericht-des-weltklimarats-ipcc-danke-fuer-nichts-a-1230338.html
Hier verschafft sich eine knapp 20jährige Journalistikstudentin Luft. Sie ist enttäuscht über die bisher mageren Ergebnisse der vielen Klimagipfel. Nicht zu Unrecht klagt sie die diversen Lobbygruppen an, die bislang erfolgreich den Klimawandel geleugnet haben. An zukünftige Generationen haben diese Idioten nicht gedacht.
Schön und passend finde ich ihr Beispiel mit der Flugverbindung von Frankfurt nach Stuttgart. Die reine Fahrzeit der Bahn dauert nur 25 Minuten länger. Ein-/Auschecken beim Flieger - und schon ist der Flug länger. Verrückte Sache das.
Also, all ihr Kids: Legt die Smartphones beiseite und kriegt Euren Arsch hoch. Es geht um Eure Zukunft, macht den Politikern Beine!

Freitag, 23. November 2018

Hartmudo: Mutter

34
Meine Löwin und ich waren gerade in unsere Wohnung nach dem famosen Essen im „Helena" zurückgefahren, als ich dann doch noch mal schnell auf mein Smartphone schaute. Vielleicht hatte ich dies sogar schon im Helena gemacht, oder im Auto auf der Rückfahrt. Aber erst jetzt war ich bereit, um auf Sunny's WhatsApp zu antworten, weil ich bis dahin total angefressen war und mich erst so nach und nach beruhigte. Mein Puls lief noch lange nach unserem Streit auf einem extrem hohen Level.
Und siehe da: Bereits kurz nach meinem reflexartigen Abgang aus Mutters Wohnung, also wenige Stunden zuvor, hatte Sunny den Juwelier wegen des Ankaufs von Mutters Schmuck kontaktiert und sogar noch den möglichen Käufer für die Pelze gecheckt. Oder hatte sich Reiner da eingebracht? War Turr-bo! wieder da?
Nach Sunny's WhatsApp wollte ein Typ angeblich lediglich 100,- € für die Pelze zahlen, weil er die nur weiterverkaufen oder umarbeiten würde. Damit hatte sich ein Verkauf für Sunny erledigt; ich sah das genauso und schlug vor, die Pelze zum Flohmarkt, also dem in Mutters Wohnung, zu nehmen. Ebay fiel Sunny dann zusätzlich ein, da signalisierte ich ihr auch meine Zustimmung. Ich habe hier „angeblich" geschrieben, weil ich seitdem, das heißt bis jetzt, wo ich dies hier niederschreibe, von den Pelzen weder etwas gehört oder gar gesehen habe.
Wie Sunny etwas später am Abend noch schrieb, war sogar schon der Text für die Anzeige des Flohmarktes in der Wohnung formuliert. Mehr als „Anzeige sieht gut aus" schrieb ich dazu nicht, denn ehrlich gesagt interessierte mich der Text nicht die Bohne. Ich bin es so gewohnt, das wenn jemand etwas in die Hand nimmt, das ich das dann nicht auch noch hinterfragen oder gar kontrollieren muss.
Ebenfalls noch an diesem Dienstagabend teilte sie die Öffnungszeiten des Juweliers am Altstadtmarkt mit, interessanterweise noch vor allen anderen Wasserstandsmeldungen. Donnerwetter, das ging aber schnell! Da war ich richtig baff. Hier äußerte ich mich nicht dazu, will sagen, machte keinen Terminvorschlag. Denn ohne Rücksprache mit Berta konnte ich schlecht einen Termin zustimmen und außerdem hatte ich an jenem Abend zuhause keinen Bock mehr, mich hetzen zu lassen. Ich wollte meine Ruhe haben und ließ den Abend mit Bier und lauter Mukke über den Kopfhörer ausklingen. Meine Löwin schlief da schon, während ich dem Gesang von Peter Hein lauschte und das Ende des Familienfriedens betrauerte.
Mittwoch am Morgen, ich hatte noch nicht einmal Kopfweh, überraschte mich Sunny mit einem Verbesserungsvorschlag wegen der Anzeige. Per WhatsApp schlug sie vor, nicht den Namen in die Anzeige zu schreiben, sondern nur die Hausnummer und dazu ein Schild an die Eingangstür zu hängen. Das fand ich gut, zumal da auch „Laufkundschaft" angesprochen werden könnte.
Ironischerweise verarbeitete Sunny hier das von Berta und mir angesprochene Risiko eines Wohnungseigentumsrecht durch entsprechend spezialisierte Banden. Merkwürdig, am Abend zuvor hatte Sunny vor allem Berta rüde angebölkt, weil das Risiko eines Einbruchs während der Trauerfeier für Mutter nicht gegeben sei. Nicht einmal eine zickige Bemerkung wie „da ihr ja so nen Schiss habt, das Einbrecher hiervon Wind kriegen und in die leere Wohnung einsteigen, schreiben wir die Adresse nicht in die Zeitung" ließ sie verlauten.
Am Dienstag der nächsten Woche würde die Anzeige in der Zeitung stehen, teilte sie kurze Zeit später mit. Unmittelbar davor schlug sie noch den Samstag in 3 Tagen als Termin beim Juwelier vor. Das Mädel war jetzt so richtig aktiv, warum hatte sie dieses Engagement nicht bei den unangenehmen Arbeiten wie Benachrichtigungen von Mutters Tod an alle betroffenen Institutionen wie Banken, Versicherungen etc., die Beauftragung und Bezahlung des Bestattungsinstitutes und und und... gezeigt?
Um Halb Acht am frühen Abend schrieb Sunny dann noch, das die Freundin von Dörte sich den Verkauf von Mutters Wohnung nicht zutraut, da ihr Arbeitgeber nur große Gebäude und nicht einzelne Wohnungen verkauft. Damit wäre also die Verbindung über den Steuerberater von Berta und Mutter gefragt.
Noch in derselben Nachricht machte Sunny wegen des Termins beim Juwelier Druck. Es „sollte mal gut sein" meinte sie. „Es muss doch jetzt endlich mal ein Ende haben". Sie bot sich sogar an, mit Reiner alleine zum Juwelier zu fahren. Die treue Seele! Sie wollte Berta und mir die Mühe ersparen, sich dort einen Vormittag um die Ohren zu schlagen.
Das kam logischerweise gar nicht in die Tüte. Fast hatte es den Anschein, als würde Sunny nur die schnelle Kohle machen wollen. Beim Bezahlen von Mutters Rechnungen dagegen war sie nicht so interessiert bei der Sache gewesen, da baute sie keinen Druck auf.
Ich ließ mich hier von Sunny leider wirklich treiben und rief gleich Berta an, die wohl gerade vom Yoga zurück war. Berta erzählte mir, das sie zukünftig die zur Abwicklung von Mutters Nachlaß notwendigen Treffen nur noch mit unseren Partnern bestreiten würde. Jedenfalls war Bud fest entschlossen, seine Berta nicht noch einmal allein in so ein Desaster laufen zu lassen.
Reiner und Sunny hatten Berta mit ihren böswilligen Unterstellungen förmlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Berta war auch einen Tag später noch wie vor den Kopf geschlagen. Dieses Mißtrauen und die Aggressivität, die ihr am Vorabend entgegen kam, ließ Berta ins Grübeln kommen und vor allem die Nacht nicht schlafen.
Nachdem Berta und ich in einem längeren Gespräch unsere Wunden geleckt hatten, sagte ich Sunny den Termin beim Juwelier für den Samstag zu. Sunny drängelte energisch, ich schlug als Uhrzeit und Treffpunkt 10.00 Uhr auf dem Parkdeck von Karstadt vor. Dies hatte ich mit Berta so besprochen, weil man da wenigstens einen Parkplatz kriegt.
„Welche Etage? Oder gleich vor dem Laden? Umständlicher geht's wohl nicht. Macht doch endlich mal klare Ansagen." Diese letzte WhatsApp von Sunny an diesem Abend beantwortete ich erst am nächsten Morgen. Sei es, weil ich jetzt extrem angepisst war oder weil ich mein Smartphone ausgeschaltet hatte.
Sunny war bei mir ebenfalls unten durch. Die Nummer, die sie sich am Dienstag in Mutters Wohnung geleistet hatte, war schon schlimm genug. Aber diese Drängeln per WhatsApp, diese bösartige Anmache! Sunny machte einen auf die Unschuld vom Lande, der ein Leid angetan wurde. Sie wäre immer benachteiligt worden, das Reh! Sunny war es doch, die den Zahltag offensichtlich nicht abwarten konnte.
Donnerstag in der Früh schlug ich endlich einen Treffpunkt direkt vor dem Laden vor. War auch besser so, nicht das ich die Hackfressen von Sunny und Reiner auch noch während des Weges vom Parkhaus zum Juwelier ertragen musste. Sunny hatte den Termin gefixt, somit war dann erst mal der Samstag Vormittag vergeben.
Ab jetzt war Sunny wieder ruhig, der Termin beim Juwelier war ihr anscheinend sehr wichtig. Am Freitag gratulierte ich ihr noch zu ihrem Geburtstag. Meine Löwin meinte auch, das ein Glückwunsch trotz all der Unstimmigkeiten angebracht ist, schließlich wollte ich mir nicht vorwerfen lassen, das ich den Familienfriedens zerstören würde. Ein Satz per WhatsApp reichte da hin. Sunny ließ ein Dankeschön mit einem Smiley (hochrote Augen!) folgen. Abends spielten meine Löwin und ich noch Solo mit Dora und Herbert.

Freitag, 16. November 2018

Hartmudo: Erde drüber weiterspieln


3
Jedenfalls bis zur 34. Minute. Schon in der Entstehung deutete sich die Führung der Uerdinger an. Nach einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung – direkt vor unseren Augen – lief der Uerdinger auf unserer halbrechten Abwehrseite unbedrängt auf den 16er zu und zog einfach mal so ab. Der gezielte Schuss war zwar nicht stramm abgefeuert, landete aber präzise im linken Toreck aus vielleicht 20 Metern Entfernung.
Ich hatte unwillkürlich schon den Eindruck, dass sich Kruse etwas zu spät als möglich in die Ecke gehechtet hatte. Da war er wieder da, der große Frust. Wie gelähmt durften wir nun alle verfolgen, wie Eintracht zusehends verkrampfte und nach vorne gar nichts mehr bewegte. Vor dem Tor sah das komplett anders aus. Da fand Uerdingen offensiv einfach nicht statt und Eintracht konnte sich einige halbgare Gelegenheiten herausspielen. Normalerweise bekommt man da gern mal ein Törchen hin.
Doch die diesjährige Eintracht hat nicht die Qualität und das Standing, um es auch einmal zu zwingen. Und es kam sogar noch schlimmer. Der an diesem Tag als Kapitän eingesetzte Burmeister zeigte seine ganze „Qualität“, als er einen katastrophalen Fehlpass spielte und damit das 2:0 der Uerdinger nach 41 Minuten ermöglichte. Waidmanns Heil, Zapfhahn frei!
Das Pfeiffkonzert zur Halbzeit hielt sich dafür sogar in Grenzen, so geschockt war das Publikum. Aber wahrscheinlich hatten sich spätestens jetzt die meisten der Eintracht Fans mit dem Abstieg in die Regionalliga abgefunden. Was für eine Blamage, dabei soll Eintracht angeblich den teuersten Kader der Liga sein Eigen nennen dürfen.
Für mich persönlich war der Zwischenruf eines langhaarigen Mannes, der die Reihe vor uns saß und lautstark seinen Unmut äußerte, das Highlight des Tages. Als ein Uerdinger nach dem 2:0 auf der rechten Seite durchging und von einem Braunschweiger nur durch ein hartes Tackling gestoppt werden konnte, fiel der Uerdinger wie vom Blitz getroffen hin und wälzte sich herzzerreißend hin und her, als ob er gleich sterben müsste.
Erbost über die schauspielerische Leistung des Uerdingers sprang der Langhaarige auf, zeterte laut und deutlich: „Was ist das denn! Erde drüber, weiterspieln!“
Noch Minuten später mussten wir über diesen Ausspruch gnicheln, da war der Uerdinger längst schon wieder von den Toten auferstanden. In der Pause – neue Runde Bier – diskutierten wir mit dem Langhaarigen angeregt über das Spiel, die Mannschaft und die Situation im Allgemeinen. Wir waren uns einig, dass es für Eintracht nur noch wenig Hoffnung auf den Klassenerhalt gibt. Zwar stirbt die Hoffnung bekanntlich zuletzt, aber an eine Wende in der Saison oder in diesem Spiel glaubte auf den Rängen sowieso niemand mehr. Erst recht nicht nach dem bisherigen Saisonverlauf.
da jubeln die Uerdinger

Und so plätscherte die zweite Hälfte dann auch so vor sich hin. Den Elfmeter habe ich ebenfalls nur halb mitbekommen, ich hatte jetzt aber wohl wirklich schon Abschied genommen. Den Kullerball von Hoffmann hätte meine Oma auch noch hinbekommen. Schließlich waren wir froh, dass es nach 90 Minuten vorbei war. Die Uerdinger hatten in der zweiten Halbzeit noch nicht einmal eine Torchance erzwungen; vor der Halbzeit waren es gerade mal zwei – die saßen dafür drin.
Schön wurde es lediglich hinterher, denn hinter der Gegengerade trafen wir überraschend den Bassmann auf der Pisse. Der Bassist von Voodoo Lounge ist ein alter Schulkamerad von Urmel und mittlerweile Lehrer an meinem alten Gymnasium. Bald 30 Jahre hatten wir uns nicht mehr gesehen, da war eine Rutsche Bier Pflicht. Meine Löwin fuhr derweil alleine nach Hause, da sie wegen ihres Vereins noch Sachen regeln musste.
Zeit für ein zusätzliches Scheidebier, danach verabschiedeten wir uns vom Bassmann und fuhren mit der Straßenbahn nach Stöckheim. Meine Löwin war nach kurzer Zeit rechtzeitig zum Harzer mit Musik (Hervorragend gelungen, Patti!) zurück in der Runde. Es gab sogar grüne Soße (auch geil) zu den Original Thüringern. Hier erarbeiteten wir uns eine solide Grundlage für all den Äppler, den wir dann Flasche für Flasche angingen.
Irgendwann später war ich dann glücklicherweise zuhause und fiel in s Bett. Der Frust wegen Eintracht war da schon vergessen. Mir fällt es zugegebenermaßen schwer, mich emotionell von Eintracht zu lösen. Doch irgendwann werde ich das sicherlich hinkriegen.
Damit haben die Ultras, die sich provoziert gefühlt hatten, leider so ihre Probleme. Meine Güte! Wenn mir im Büro einer den Stinkefinger zeigt oder mich als Arschloch tituliert (beides schon passiert), dann stehe ich doch auch nicht auf und drohe demjenigen Schläger an. Mich kotzt diese Selbstverständlichkeit an, mit der manche Idioten meinen, ihren Emotionen ungezügelt freien Lauf zu lassen.
Ob Eintracht noch der Turnaroud gelingt?

Mittwoch, 14. November 2018

Hartmudo: Erde drüber weiterspieln


2
Denn auch vorne ist auf den Nummernschildern ein Siegel der Stadt drauf - das war an den anderen Autos deutlich zu erkennen. Also nahmen wir nochmals eine kleine Planänderung vor. Wir würden gare nicht mehr einkaufen, sondern den Wagen beim Straßenverkehrsamt vorführen.
Während meine Löwin die Halterung nebst Schraubendrehern suchte, raste ich schnell in die Wohnung, um ein kurzärmeliges Shirt anzuziehen. Der Stress ließ mich im dicken Pullover reichlich transpirieren; nach dem Spiel wollte ich beim Äppler in Pockes Zuhause nicht im dicken Pulli schwitzen.
Wir waren kaum vom Garagenhof gefahren, da mussten wir den Plan erneut ändern. Das Amt hat zwar immer noch Samstags auf, aber leider nur jeden Zweiten. Schon waren wir an der Autobahnauffahrt auf dem Weg zu Aldi, um wenigstens noch schnell einzukaufen, bevor wir mit dem Bus zum Fäßchen aufbrachen.
Da hatte meine Löwin den richtigen Gedanken. Wir würden nochmal zur Autowaschanlage fahren und es einfach versuchen. Vielleicht hatten wir ja Glück und man hatte unser Nummernschild dort im Büro abgegeben, weil es in der Waschstraße von einer Walze abgeräumt wurde und irgendein Mitarbeiter es dort drinnen gefunden hätte.
Und genau so war das dann auch.
Gespannt saß ich im Auto, als meine Löwin aus dem Büro der Waschanlage wieder hervortrat und glücklich lächelnd mit dem verloren gegangenen Nummernschild wedelte. Was für ein Wechselbad der Gefühle an diesem Morgen! Schnell schraubten wir das Nummernschild unter die Fronthaube. Den Besuch beim Straßenverkehrsamt konnten wir uns ersparen.
Blieb eigentlich nur noch das Problem mit der nicht abschließbaren Heckklappe. Den Wagen nach Hause fahren und dann mit dem Bus zum Stadion… wollten wir nicht mehr. Meine Löwin schlug vor, den Wagen bei Real mit dem Heck an der Wand zu parken, damit niemand den Kofferraum öffnen kann. Leider nimmt Real mittlerweile Geld, wenn die Stadionbesucher dort ihren Wagen parken wollen. Will sagen: Zwei Stunden mit Parkscheibe, sonst kostet es 10 oder gar 20 Euronen.
Da selbst der Penny Ecke Mittelweg ein derartiges Gebaren an den Tag legt, parkten wir unseren Golf schließlich auf der Straße neben Penny, mit dem Heck möglichst dicht an einem Baum. So hatten wir sogar die Zeit, um bei Penny noch etwas einzukaufen. Den Einkauf verstauten wir im Kofferraum und bewegten uns zum Nibelungenplatz. Noch Mettbrötchen und Wiener beim Schlachter Neubauer, dann konnten wir gut gestärkt und voller Vorfreude auf das Spiel im Fäßchen einlaufen.
Patti, Urmel und Pocke waren noch nicht eingekehrt. Meine Löwin und ich setzten uns gleich an den einzig freien Tisch. Zu meiner großen Freude konnte ich Max am Nebentisch begrüßen, der sich mit Freunden von der Küste traf. Was Eintrachts Chancen auf den Klassenerhalt angeht, war der Gute leider auch schon desillusioniert. Wenigstens konnten wir bei diesem kurzen Warm Up im Fäßchen noch ein paar Gedanken austauschen.
Die fehlenden Drei waren zwischenzeitlich auch endlich eingetroffen und wunderten sich, dass ich ein Wasser und meine Löwin ein Pils vor sich stehen hatte. Die Erklärung ist einfach: Coke Zero war wirklich Zero – gibt’s im Fäßchen nicht. Und ein Mineralwasser wollte meine Löwin zu meiner Überraschung nicht. Nach den Mettbrötchen stand ihr der Sinn nach Bier. Und so…
Mein erstes Bier bestellte ich mit den Dreien gleich mit. Angeregt gingen wir hinterher ins Stadion, drückten uns noch ne Wurst rein und enterten dann unsere Plätze auf der Gegengerade. Nun endlich hatte meine Löwin ihre Coke Zero in der Hand, wir anderen hatten das klassische gelbfarbene Getränk mit der weißen Schaumkrone dabei. Block 13 links – noch nie habe ich im Stadion besser gesessen als diesen Samstag.
Anpfiff
Fast schon unter dem Dach auf Höhe der Mittellinie, wie geil war das denn. Selbst meine Löwin konnte aus der Ferne Andre Schubert dank seiner Haarpracht erkennen. Ich wusste, dass es jetzt nach all den Misslichkeiten wegen des Autos zum Happy End kommen wird. Endlich wieder ein Sieg für die Eintracht, um wenigstens den Anschluss an den vorletzten Tabellenplatz wieder herzustellen. Schlimm, dass man sich darüber bereits freuen muss.
Und die Eintracht begann das Spiel auch durchaus engagiert, hatte so nach 10 Minuten eine sehr gute Chance, die ich wegen der vielen aufspringenden Zuschauer vor mir nicht richtig mitbekam. Entweder hatte ich mich mit Urmel verplappert oder aber war von Holzer, dem netten Kollegen von Max, der uns auch schon einmal Karten besorgt hatte, abgelenkt. Diesen entdeckte ich zwei Reihen vor mir sitzend.
Das Bier war schon wieder alle, dafür meine Blase voll. Zusammen mit Pocke ging ich nach draußen, um dieses Missverhältnis umzukehren. Wir deckten uns wieder mit Getränken ein, wobei ich noch zusätzlich eine Tüte Haribo Goldbären kaufte. Mit dieser schlug ich im Innenraum dem Holzer mehrmals kräftig auf den Rücken, um ihn auf mich aufmerksam zu machen. Endlich erkannte er mich und nahm auch die Haribos entgegen. Zum Reden kamen wir jedoch nicht, dafür war das Spiel zu fesselnd.

Montag, 12. November 2018

Hartmudo: Erde drüber weiterspieln


1
Ich dachte immer, es wäre gegen den VFL Oldenburg gewesen. Man gut, dass ich es heute morgen noch einmal recherchiert habe. Es war vor 45 Jahren, am 2.12.1973. An dem Tag nahm mich mein Vater zum ersten (und einzigen) Mal mit ins Stadion. Eintracht besiegte den FC St. Pauli leicht und locker mit 7:1 in der allerletzten Saison der Regionalliga Nord.
Der FC St. Pauli stand heute früh auf Platz 3 der zweiten Liga. Jenem Platz, mit dem Eintrachts Niedergang vor eineinhalb Jahren begonnen hatte. Heute steht Eintracht auf dem 20. Platz der dritten Liga und hat bereits 7 Punkte Rückstand auf das „rettende Ufer“, den 16. Platz. Vorgestern gegen Uerdingen sind meine letzten Hoffnungen zerstört worden.
Irgendwann Mitte Oktober stellte Pocke ein Bild mit einer Nachricht in die WhatsApp Gruppe der BiRe. Anlässlich des Besuches eines Weinfestes mit ihren Mädels im Hessischen sind Kroll und er über mehrere Sorten Äppler gestolpert. 14 verschiedene Flaschen Äppler hatten Patti und Pocke gesichert und uns zum Vergleichstrinken eingeladen.
Urmel als Spezialist für den Äppler an sich war natürlich sofort begeistert und wollte mit dabei sein, wenn die Bembel geleert werden. Gleichzeitig wollte er unbedingt noch einmal die Eintracht im Stadion sehen. Daher besorgte ich die Karten für uns Drei. Zu meiner Freude waren Patti und meine Löwin auch mit von der Partie.
Nun muss man dazu wissen, dass Urmel stolzer Besitzer einer Dauerkarte bei der Berliner Hertha ist und dort mit Hasi das eine oder andere Schultheiss wegmümmelt. Er hatte es zwar nicht gesagt und ich glaube auch nicht, dass Urmel das überhaupt so gedacht hatte, aber mir kam unwillkürlich in den Sinn: Eintracht ein letztes Mal sehen, solange sie wenigstens noch in der dritten Liga sind.
Ich für mein Teil kokettierte mit dieser Meinung bereits im Vorfeld der Partie gegen Uerdingen, indem ich mit der Aussage hausieren ging, dass ich wie bei einem Sterbenden Abschied nehmen möchte. Natürlich glaubte ich das nicht wirklich - vor dem Spiel.
Am Spieltag wollten wir uns um 12.00 Uhr im Fäßchen am Nibelungenplatz treffen, um schon etwas vorzuglühen. Vorher stand für meine Löwin und mich noch eine Autowäsche an;Einkaufen wollten wir auch noch, dazu waren noch Vitamine in der Rüninger Apotheke abzuholen.
Deshalb brachen wir kurz nach halb Zehn auf - zuerst das Auto. In der Waschanlage in der Frankfurter saugten wir gleich den Innenraum aus und gönnten dann der Karre die volle Dröhnung in der Waschanlage. Wir lagen gut in der Zeit, als ich den Golf vor der Rüninger Apotheke parkte. Anschließend wollte ich noch zu Kaufland in Stöckheim rumziehen, obwohl wir bereits beim Staubsaugen festgestellt hatten, dass wir die Heckklappe nicht mehr abschließen konnten, weil die Feder am Verschlußhaken gebrochen war.
Zum Glück fasste das Schloss noch insoweit, dass wir uns damit auf die Straße trauen konnten. Aber zum Stadion wollten wir damit nun nicht fahren, ist doch heutzutage alles mögliche Gesindel unterwegs. Und dennoch: Wir lagen noch gut in der Zeit und Kaufland war gleich um die Ecke. Wir packen das.
Nein, wir packten es nicht. Meine Löwin stieg vor der Apotheke aus, um die Vitamine zu holen. Als sie vor dem Auto die Apotheke ansteuerte, hielt sie abrupt an und rief: „Was ist denn das? Das Nummernschild ist weg!“
Das hatte uns gerade noch gefehlt. Meine Löwin holte sich die Vitamine, setzte sich wieder ins Auto und wir berieten uns erst einmal. Über eins waren wir uns einig: Das Nummernschild ist weg, das bekommen wir nicht mehr wieder.Das Shoppen im Kaufland konnten wir uns abschminken, ebenso eine Fahrt zum Stadion mit dieser Karre. Fieberhaft überlegten wir hin und her.
Zuerst mussten wir nach Hause, denn meine Löwin hatte dort noch eine neue Halterung fürs Nummernschild gebunkert. Gleich danach wollten wir ein neues Schild machen lassen. Die Schilderdienste sind ja bekanntlich beim Straßenverkehrsamt, da wären wir dann auch schon in der Nähe des Stadions und wären somit doch noch mit dem Auto zum Fußball gefahren.
Auf der Abfahrt von der Tangente schnallten wir dann kurz vor unserer Wohnung, dass es nicht reichen würde, einfach mal schnell ein neues Schild anzubringen.

Donnerstag, 8. November 2018

H Lecter: Viktor


4
Und es gab auf dieser breiten Einfallstraße nach Göttingen fast nur Wohnhäuser und die üblichen Betriebe des Handwerks. So zum Beispiel einen Steinmetz, der auf seiner großen Standfläche an der Straße einen ganzen Wald von Rohlingen an Grabsteinen stehen hatte. Rohling meint hier, dass lediglich der Name noch eingraviert werden musste. Ansonsten waren die Dinger schon entsprechend geschliffen und in Form gebracht.
Es kam, wie es kommen musste. Pocke war in seinem bräsigen Schädel neugierig geworden und fühlte sich genötigt, das Gelände zu betreten. Voller Freude rüttelte er an einem Grabstein und musste zu seinem Leidwesen feststellen, dass dieser erheblich schwerer wog als erwartet und dank der örtlichen Schwerkraft unaufhaltsam auf seinen Fuß fiel. Ich glaube, es war der linke Mauken, auf dem der Stein zum Liegen kam.
Kein Schrei entwich Pockes Lippen, aber schnell wurde ihm und auch uns anderen klar, dass der Stein sich nicht von allein wieder hinstellen würde. Pocke versuchte zwar, den Stein mit aller Kraft wieder aufzurichten, konnte diesen aber nicht einmal ein paar Zentimeter anheben, um seinen Fuß hervorziehen zu können.
Erst als wir anderen mit vereinten Kräften mithalfen, bekamen wir den Grabstein etwas angehoben, so dass Pocke seinen Fuß unter dem Stein hervorziehen konnte. Bis heute ist mir unbegreiflich, dass uns seinerzeit niemand bei dieser Aktion beobachtet hatte. Leise waren wir garantiert nicht gewesen - da hätte doch in irgend einem Haus das Licht angehen müssen. Mann, was hatten wir für ein Schwein, dass nicht ausgerechnet in jenem Zeitpunkt ein Auto vorbeigefahren kam.
Darüber machten wir uns selbstverständlich keine Gedanken und gingen einfach weiter. War ja nichts passiert; wir hatten etwas zu lachen gehabt und ich kann diese Geschichte jetzt nach über 30 Jahren wieder erzählen. Auf den Schreck hin nahmen wir noch einen tiefen Schluck aus den Bierpullen, die wir dabei hatten.
Mittlerweile wird es wohl schon nach Mitternacht gewesen sein. Wir waren immer noch munter und kamen auf die glorreiche Idee, dass wir noch schwimmen gehen wollten. Denn es war Sommer... Dubi Dubi Dubidu... und Viktor und Co wussten, wo die Badeanstalt lag. Tatsächlich schien die Mannschaft um Viktor des Öfteren die Badeanstalt zu besuchen, jedoch nie zu den Öffnungszeiten, sondern eher stinkbesoffen in der Nacht.
Endlich an der Badeanstalt angekommen, mussten wir “überrascht” feststellen, dass die Tore geschlossen waren. Dies stellte uns aber vor keine größeren Probleme, da der Zaun kein einfacher Drahtzaun war, der sich garantiert durchgebogen hätte. Wahrscheinlich sind wir jedoch über ein stählernes Netz, das sich eben nicht durchbiegen konnte, in das Schwimmbad eingestiegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir über einen hin und her schwingenden Zaun hinüber gekommen wären.
In diesem wunderschönen Freibad herrschte eine wohltuende Stille, die selbst wir nicht mit Gegröhle zu stören wagten. Fast flüsternd schlichen wir an dem Schwimmbecken vorbei auf eine große Wiese und machten es uns auf dem Rasen bequem. Auf dem Weg fielen mir in der Ferne die großen Hochhäuser auf, in denen hier und da noch Licht brannte. Ob Tante Erna oder irgend jemand anders; trotz meines bedüdelten Schädels machte ich mir Sorgen, wir könnten bei unserem Besuch des Schwimmbades gesehen werden. Würden wir etwa Schwierigkeiten bekommen?
Am Rand der Wiese, hinter uns durch Büsche geschützt, lagen wir alsbald herum und arbeiteten uns am Bier ab. Das Schwimmbad war übrigens dank hoher Masten mit flutlichtartigem Licht gut ausgeleuchtet. Bereits nach kurzer Zeit waren wir froh, dass wir uns zum Abhängen einen schönen Platz außerhalb des Lichtkegels ausgesucht hatten. Denn auf der gegenüberliegenden Seite des Beckens, quasi am Kopf, wo der Sprungturm stand, bewegte sich was.
Menschen! Und gleich mehrere, die tuschelten und offenbar ausschwärmten. Hatte etwa jemand aus den Hochhäusern uns schließlich entdeckt und die Polizei angerufen? Die Meute wirkte suchend, man konnte es aber auch dahingehend interpretieren, dass sie beabsichtigten, uns einzukreisen. Ruhig und vor allem geräuschlos zogen wir uns ein Stückchen weiter in den Schatten zurück.

Montag, 5. November 2018

Contramann: Kosten der Flüchtlinge


https://www.heise.de/tp/features/Die-Fluechtlinge-sind-zu-teuer-4197816.html
Eigentlich hatte ich gedacht, das Thema sei jetzt endlich mal durch. Doch auf Telepolis gibt es einen Mann namens Gerrit Wustmann, der es mühelos schafft, dank falscher Fakten und zu Fakten erklärten Mutmaßungen das hohe Lied offener Grenzen zu singen. Da hat einer aus dem Wolkenkuckucksheim nochmals einen fahren lassen. Fehlerhafte Argumente werden eben auch nicht wahrhaftiger, wenn man sie gebetsmühlenartig wiederholt.
Da beginnt Wustmann gleich mit irreführenden Zahlen. 2007 wurden vom Bund 14 Milliarden für „Flüchtlinge und Asyl“ ausgegeben, davon sind lediglich 3,69 Milliarden die Sozialleistungen nach den entsprechenden Gesetzen. 6,75 Milliarden werden für die „Fluchtursachenbekämpfung“ aufgewandt, u.a. gehören hierzu die Zahlungen an die Türkei, damit diese Flüchtlinge an einer Weiterreise nach Europa hindern.
Entweder weiß Wustmann es nicht (dann hätte er schlecht recherchiert oder wäre einfach nur ein Trottel) oder aber er unterschlägt bewusst eine wesentliche Größe: 14 Milliarden sind nur der kleine Teil der direkten Aufwendungen des Bundes; hinzu kommen noch weitere Transferleistungen. Guckst Du auch hier:
https://www.nzz.ch/meinung/kommentare/die-fluechtlingskosten-sind-ein-deutsches-tabuthema-ld.1316333
Da wären die Länderhaushalte und Kommunen zu nennen. Allein die Länder klagen, dass sie vom Bund lediglich die Hälfte der Kosten erstattet bekommen würden. Ebenfalls hinzu kommen Kosten für die Sozialversicherungen, insbesondere Krankenversicherung. Selbst wenn der Bund hier einen Ausgleich zahlt, kommt der aus wieder einem ganz anderen Bundestopf.
Vergessen sollte man hierbei nicht die indirekten Kosten für Infrastruktur, Verwaltung, Gerichte, Polizei, Bildung - halt alles, für was man eigentlich Steuern zahlt.
Summa Summarum kalkuliert das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung mit bis zu 55 Milliarden Euro pro Jahr. All dies kommt aus den eben genannten sehr unterschiedlichen Töpfen. Einzeln sind diese Summen sicher nicht so dramatisch. Bloß wenn man schon die große Keule herausholt, Herr Wustmann, sollte man alle Zahlen auf den Tisch des Hauses legen. Zugegebenermaßen verursacht die Berufung in dem NZZ-Artikel auf Herrn Raffelhüschen bei mir ein Unwohlsein in der Magengegend, aber sonst passt das.
Lt. Wusthausen sind es also „nur“ 14 Milliarden Euro jährlich, die für die Flüchtlinge aufgewendet werden. Als nächstes vergleicht er diese Zahl mit dem Schaden, der durch die jährliche Steuerhinterziehung in Deutschland entsteht. Das wären 13 Milliarden Euro – laut EU für Deutschland sogar anteilig 160 Milliarden Euro. Das ist zwar richtig, bloß ist es wenig zielführend, eine Ausgabe (die wie zuvor beschrieben zu niedrig angesetzt ist) mit einem sehr ärgerlichen Einnahmeverzicht zu vergleichen. Als ob die angeblich nur 14 Milliarden Euro deshalb zu Peanuts mutieren würden. Wustmann vergleicht hier Äpfel mit Birnen. Der skandalöse Verzicht auf Verfolgung von Steuersündern rechtfertigt doch nicht die Ausgaben für Flüchtlinge.
Und dann noch das: „Jeder Euro, der aus der Staatskasse an wirtschaftlich schwache Menschen gezahlt wird, wird umgehend reinvestiert. Davon profitieren am Ende alle“ – so Wustermann.
So mag es ja sein, dass ein Großteil der Ausgaben wieder durch Steuern rein kommt und die Wirtschaft ankurbelt. Haargenau den gleichen Effekt würden allerdings Investitionen in Straßen, Schulen etc. auch bringen, nur dass sie zusätzlich halt Infrastruktur und Bildung verbessern würden. Und dass Deutschland diese Investitionen seit nunmehr Jahrzehnten vernachlässigt, dürfte hinlänglich bekannt sein.
Wustmann kommt gegen Ende noch mit einem vermeintlichen Killerargument: „Es ist zwar richtig, dass Zuwanderer und vor allem Flüchtlinge in den ersten Jahren nach ihrer Ankunft den Staat erstmal Geld kosten. Langfristig aber kommt die überwiegende Mehrheit im Arbeitsmarkt an - und zahlt dann teils über Jahrzehnte Steuern und Sozialabgaben. Und zwar unterm Strich deutlich mehr, als sie anfangs an Transferleistungen erhalten haben.“
Er bezieht sich hierbei auf eine Studie aus dem Jahr 2012, also vor 2015. Das wischt Wustmann mit dem beliebten demographischen Faktor beiseite. Na ja. Links auf der Straße fliegende Händler mit allem möglichen, rechts Döner- und Falafelbuden. Das ist sicherlich eine fiese Übertreibung von mir, aber besucht mal Salzgitter Lebenstedt.
Und selbst wenn es so kommen würde, dass die Flüchtlinge irgendwann alle Arbeit finden, halte ich es für extrem rassistisch, Arbeitskräfte aus dem Ausland ins Land zu holen, anstatt die eigenen Arbeitslosen zu fördern und in Arbeit zu bringen. Denn das passiert hier eben seit Jahren nicht. Mag sein, dass viele Deutsche „zu faul“ sind - wie viele meiner Kollegen aus der Arbeitsverwaltung meinen. Dasselbe Argument würde dann aber auch in ein paar Jahren für die Flüchtlinge gelten.
Ansonsten glaube ich eher, man kann mehr Menschen helfen, wenn man sie in Ländern in der Umgebung hält. Deutschland ist teuer, in anderen Ländern kann man teilweise sehr gut mit dem Geld leben und wenn die Wirtschaft da angekurbelt wird, hilft das der ganzen Region.
Denn mehr weltweite Kaufkraft bedeutet weniger Kriminalität, weniger Druck und mehr Lust weiterhin in der Sonne zu bleiben, anstatt ins kalte Deutschland auszuwandern.
Dann bluten die Herkunftsländer auch nicht aus - was schwerwiegende und langfristige Folgen hätte. Dieses ist nahezu die Argumentationslinie der Wagenknecht-Fraktion, die meiner Ansicht nach die einzig erfolgversprechende Möglichkeit darstellt, das Leben auf diesem Planeten langfristig und vor allem friedlich zu organisieren.
Wustmann begeht den Fehler, den viele Linke von SPD über Grüne bis Linkspartei auch machen: Sie gehen pauschal von einem Positiveffekt aus, weil das Gegenteil ja noch nicht bewiesen ist. Treten negative Ereignisse, welche die Ängste von AfD Wählern bedienen, wie z.B. der Zirkus zu Silvester auf der Kölner Domplatte ein, wird es grundsätzlich zum Einzelfall erklärt. Überhaupt ist dann jeder, der daraus Allgemeines zur Flüchtlingspolitik ableitet, ein AfD Anhänger.
Ich sage dazu nur: Eigentlich lernt man das schon als Kind, dass eben nicht jeder nur Gutes will und dein Freund ist. In der Realität reiten am Ende eben nicht alle auf dem Einhorn durch den Regenbogen.

Freitag, 2. November 2018

Uncle Fester: grad gelesen November 2018

Andreas Brandhorst - Die Tiefe der Zeit
Der neue Brandhorst - „Endlich!“ oder „Och ne, schon wieder?“ ist hier die Frage. Und die Antwort ist: „Sowohl als auch.“ Um es vorwegzunehmen: Ich habe ihn gern durchgelesen, aber der Autor hat einige Fäden offen herumliegenlassen. Das kenne ich von Brandhorst nicht, vielleicht hatte er beim Schreiben nicht die nötige Ruhe gehabt. Ging mir beim Lesen aber auch so, weil.... das ist erine andere Geschichte. Soll Hartmudo erzählen.
Der Roman spielt mehrere hunderttausend Jahre in der Zukunft. Die Menschheit führt Krieg gegen die Crul. Keiner hat jemals einen Crul gesehen. Doch dieser Feind taucht seit tausenden von Jahren lediglich sporadisch in verschiedenen Ecken des Universums auf, um menschliche Planeten anzugreifen. Die Hauptstreitmacht ist irgendwo im Universum und will die 7 menschlichen Kernwelten vernichten. Irgendwann. Die Erde? Ein mystischer Ort, dessen Standort wohl in Vergessenheit geraten ist.
Jarl und Prizilla sind die beiden Protagonisten dieses Romans. Bereits als sechsjähriges Kind in der Ausbildung zum Soldaten träumt Jarl von der legendären Erde, die er finden soll. Er ist etwas schwächlich und wird deshalb von seinem älteren Kameraden Ruk schikaniert. Nur das Mädchen Sotia hält zu ihm.
Im Laufe der Jahre erfährt Jarl und damit der Leser, dass die Menschen Alienvölker brutal unterdrücken und notfalls vor Genoziden nicht zurückschrecken. Nur der Stärkere überlebt - das ist das Credo. Ruk wird irgendwann Jarls Truppführer. Bei einer verdeckten Operation vermasselt Jarl den Einsatz, so dass sein Trupp massive Verluste zu verzeichnen hat und ein ganzes Volk deshalb ausgelöscht wird.
Aber Jarl wird nicht hingerichtet, da die Armee jeden Mann im Kampf gegen die Crul braucht. Und deshalb ist er im Alter von 37 bei einem Himmelfahrtskommando auf Onnizza dabei, um eine Navigationsbarke der Crul zu vernichten, mit der die Hauptstreitmacht der Crul die menschlichen Kernwelten erreichen kann. Der Trupp wird gnadenlos aufgerieben, aber Jarl und Ruk können einen Crul lebend fangen - den ersten in all den Jahren.
Ruk beansprucht den Ruhm für sich und schickt den Sträfling Jarl auf ein Himmelfahrtskommando. Er ganz allein soll Sotia befreien, die in den Tiefen des Staubmeeres vor den Crul geflohen ist. Jarl erreicht auch den Bunker, kann sich aber selbst nur noch neben Sotia in einen Tiefschlaftank legen und hoffen, dass sie beide irgendwann gerettet werden.
Parallel dazu wird die Geschichte um Prizilla erzählt. Sie ist die Chefstrategin der großen Ewora, die als Suprema die Herrscherin der Menschheit ist. Eifersüchtig wird sie von der Taktikerin Nadala bekämpft. Coridian, der General und Held unzähliger Schlachten gegen die Crul, ist Prizilla in bedingungsloser Treue ergeben.
Zur Überraschung aller führenden Köpfe der Menschheit wird Prizilla von Ewora kurz vor ihrem Tod als neue Suprema bestimmt. Als Prizilla ein havarierendes Schiff innerhalb einer offenen Zeitstraße betritt, kollabiert die Zeitstraße und Prizilla ist 31 Jahre lang dort gefangen, ehe sie wieder ihr Universum betritt. Auf dem Schiff trifft sie auf ein Hologramm ihrer selbst aus der Zukunft. Prizilla soll die Erde finden, vorher aber den Soldaten Jarl suchen. Nur dieser sei in der Lage, die Waffe, welche den Krieg entscheiden soll, zu bedienen. Diese Waffe ist natürlich auf der über die Jahrtausende verschollenen Erde.
Prizilla erscheint aber leider zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die Crul sind gerade dabei, das Sonnensystem von Memoria zu zerstören. Und Nadala, die während der langen Abwesenheit von Prizilla Suprema geworden war, macht Prizilla für den Angriff der Crul verantwortlich, weil sie diese zu diesem System geführt hatte.
Während Nadala das System zügig verlässt, soll Prizilla zusammen mit dem zum General beförderten Coridian den aussichtslosen Kampf gegen die Crul aufnehmen. Über ein alternatives Fulkrum (künstlich geschaffene Wurmlöcher, durch die man innerhalb kürzester Zeit die Galaxis durchqueren kann) können jedoch Prizilla und Coridian ebenfalls aus dem zerstörten Memoria-System fliehen, um nach Onnizza zu gelangen und Jarl zu finden. Coridian wird bei den vielen Raumsprüngen schwer geschädigt und kann fortan lediglich mit Hilfe eines mechanischen Roboters an der weiteren Handlung teilnehmen.
Vor Onnizza trifft Prizilla auf Ruk und durchschaut dessen Versuch, Jarl vor Ort sterben zu lassen. Da die Crul für alle überraschend urplötzlich das System verlassen, kann Prizilla auf Onnizza in Ruhe nach Jarl suchen. Sie zwingt Ruk mitzukommen. Tatsächlich können sie zusammen nicht nur Jarl, sondern auch Sotia retten.
Danach kann auch Nadala Prizilla und die anderen nicht an der Reise zur Erde hindern, da ein Admiral Prizilla ein Schiff zur Verfügung stellt. Zunächst jedoch müssen unsere Helden die Geisterwelt Ira besuchen, denn dort hatte Atalea, die allererste Suprema, die Koordinaten der Erde versteckt, damit diese äonenlang in Vergessenheit geraten konnte.
Und nicht nur das: Prizilla und Jarl erfahren ein Geheimnis, welches ihr gesamtes Weltbild auf den Kopf stellt. Denn Atalea erweist sich nicht als die Retterin der Menschheit, die das feindliche Volk der Gromka bezwang, sondern als Anführerin rebellierender künstlicher Menschen. Denn es warten die Menschen, die das Volk der Gromka mit Hilfe einer Androidenarmee vernichten wollten. Anschließend sollten die Androiden dank eines eingebauten Gendefekts sterben, aber Atalea durchschaute die Pläne der letzten „echten“ Menschen.
Die vom Gendefekt verschonte Atalea fand den Zufluchtsort der letzten 50000 Menschen und vernichtete sie mithilfe der Gromka. Danach mussten die Gromka dran glauben und der Mythos „Immer stark, niemals schwach sein“ wurde geboren. Die Menschheit, welche eigentlich Androiden waren, begegnete fortan fremden Kulturen mit Argwohn und löschte sie notfalls aus, bevor sie gefährlich werden konnten.
Nach diesem Schock reisen Prizilla, Jarl und Sotia zur Erde weiter, während Coridian die angreifenden Crul ablenkt und dabei sein Leben verliert. Auf der kahlen und eigentlich toten Erde angekommen, entdecken sie das havarierende Schiff aus der offenen Zeitstraße, welches als einziges Gebäude weit und breit zu sehen ist.
Im Inneren des Schiffes angekommen, erwecken sie unabsichtlich Konstantin, den Lenker dieses Schiffes, das dazu bestimmt ist, durch den Ozean der Zeit und auch alternative Universen zu reisen. Und dieses Schiff ist die Waffe, die nur Jarl bedienen bzw. fliegen kann. Konstantin dagegen ist der Sohn eines Paares, welches bei der Vernichtung der 50000 übersehen wurde.
Konstantin tötet Sotia und zwingt damit Jarl, das Schiff in den Zeitozean zu fliegen, um in die Vergangenheit zu reisen. Dort soll er verhindern, dass Atalea die letzte Zuflucht der 50000 findet, um dadurch die Geschichte zu ändern. Das hätte auch die Zerstörung der Erde verhindert. Jedoch springt „der Feind“ (die Crul?) beim Übergang in die Zeitanomalie aus dieser hervor und greift das Schiff an.
Prizilla nutzt die Gelegenheit und entreisst Konstantin die Waffe. Sie zerschießt seinen Kopf, so dass sich Konstantin nicht mehr mithilfe des Schiffes reparieren kann. Prizilla und Jarl fliegen der Ewigkeit entgegen; statt Atalea an der Vernichtung der letzten Menschen zu hindern sorgt Jarl dafür, dass die Suprema Prizilla das Zeitschiff gar nicht erst betritt, so dass sie die menschliche Gesellschaft von innen heraus positiv beeinflussen und von weiteren Grausamkeiten abhalten kann.
Sotia wie auch Coridian leben dadurch noch. Wir haben im Epilog zwei Liebespaare: Jarl und Sotia, dazu endlich Prizilla und Coridian. Ein Happy End also, was an und für sich in Ordnung ist. Leider versanden andere Handlungsstränge bzw. Personen gegen Ende des Romans vollkommen. Die Herkunft der Crul wird nicht erklärt; zuvor wird bei der ersten Ergreifung eines lebenden Cruls durch Jarl und Ruk kurz der Eindruck erweckt, es würde sich um eine andere Fraktion der Menschheit handeln. Dass Ruk sang- und klanglos aus der Geschichte verschwindet, ist ja noch nachzuvollziehen. Aber Nadala?
Ich denke, Brandhorst wollte oder musste diesen Roman schnell zu Ende bringen. Hat ja auch einen Output, der Mann. Das ist jedochr schade, weil der Plot an sich wie immer stark ist. Nur tritt Brandhorst alle Entwicklungsmöglichkeiten einfach so in die Tonne. Es sei denn... es gibt eine Fortsetzung. Dann nehme ich meine Kritik zurück. Versprochen.