Montag, 27. Februar 2012

Hartmudo: Die Tüftentenne

Kaum bin ich vom Kurztrip nach Neustrelitz zurück, da habe ich schon wieder einen Restauranttip:
Die Tüftentenne, ebenda in Neustrelitz.
Meine Löwin und ich hatten einen Wochenendtrip mit Dora und Herbert gebucht. 2 Nächte mit Frühstück für 56,- € pro Paar. Das Parkhotel Fasanerie liegt am Rand von Neustrelitz, östlich des Naturschutzparks Müritzer Seenplatte. Finanziert haben wir die Rutsche aus unserer Kartenspielkasse.
Abends wollten wir Karten spielen – Getränke und Chips mußten her. Das Abendessen im Hotel wollten wir doch nicht antesten, so das wir durch Zufall auf die Tüftentenne stießen.
Gegenüber von Aldi und neben dem Kino gelegen, bestach dieses Lokal auf einen Blick durch Preis und Speisenauswahl.
So serviert man Schnitzel!
Die Tüftentenne bietet Schnitzel von normal bis groß. Schnitzel Florida oder auch Venedig, Schnitzel im Versteck, Schnitzel ….. Hähnchenschnitzel, Fisch, Kartoffelaufläufe gab es auch. Wir sahen sofort: Hier isst man Deutsch! Und die Preise sind dem Spätkapitalismus angepaßt.
Auf dem Foto seht Ihr das Kurländer Schnitzel XL (400 Gramm) für 9,50 €. Das Arrangement ist ja wohl top, oder? Pommes und Salat dabei, die mitgelieferte Knoblauch-Kräuterrrahmsoße war sehr lecker. Das Fleisch war gut, die Panade Tippitoppi. Flach gekloppt und sehnenfrei, ein scharfes Messer noch dabei. Freiberger im Ausschank und die Bedienung hat ein Nasenpiercing.
Egal ob Zander oder die gigantische Ofenkartoffel mit Quark: Alles war reichlich und optisch wie geschmacklich ansprechend. Die Hütte war rustikal, aber nicht bayrisch eingerichtet. Samstag mußten Leute schon unverrichteter Dinge wieder gehen, Sonntag war es gut gefüllt. Ein Knollenschnaps rundete das Ganze noch ab.
Zusammenfassend kann ich sagen, daß wir sehr gut gespeist hatten für wenig Geld. Wenn ich woanders das Doppelte und mehr für irgendetwas Edles ausgebe, kann ich auch kaum mehr zufrieden raus gehen. Und Nährwertgehalt.... Na ja.
Am 2. Tag aß ich das Schnitzel im Versteck (160 Gramm) für 6,50 €. Eine sehr schöne Idee mit paniertem Schnitzel auf Salatbett, versteckt unter Mashed Potatoes. Hmmmm.
Aber eins sag ich Euch: 2 Tage Schnitzel reicht. Sollte Euch das Schicksal also nach Neustrelitz verschlagen, erspart Euch den 3. Abend dort. So schön wie es ist, macht es nicht.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Contramann: Präsident der kalten Herzen

Im Moment überschlagen sich die Ereignisse förmlich. Schon den ganzen Monat lang wollte ich etwas zum Verfassungsschutz und den Linken sagen, da taucht der Gauck wieder auf ! Und zur Krönung fand ich gestern dann noch diesen Artikel beim Spiegel:
Sascha Lobo mal wieder. Der Internetpunk mit dem roten Iro ist einer der unsäglichen S.P.O.N. - Kolumnisten. Er beklagt, das Joachim Gauck von seinen Gegnern im Internet durch verzerrte Zitate verunglimpft wird. Dadurch würden Aussagen von Gauck ins Gegenteil verkehrt, so das dieser im schlechten Licht dasteht.
Er fantasiert übers Twittern und hat doch nur ein einziges Beispiel parat. Während einer Rede vor der Robert-Bosch-Stiftung würde Gauck laut TAZ „mißbilligen, wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird“. Das ist – für sich genommen – natürlich eine Verharmlosung des Völkermordes. Lobo stellt den Redebeitrag zwar ausführlicher dar, kommt aber zum gegenteiligen Schluss. Danach warnt er vor einer Trivialisierung.
Ist das so? Weil Gauck dieses Wort erwähnt oder weil Lobo dies meint?
Nein, Sascha Lobo: So nicht ! Den Artikel „Gauck und die stille Post im Netz“ zu nennen impliziert Deine Absicht, Gauck als unschuldiges Opfer einer Verleumdungskampagne hinzustellen. Und dann nur dieses eine Beispiel. Damit machst Du genau das, was Du den Gauck-Gegnern vorwirfst. Du verzerrst das Ganze, weil Du die weiteren Kritikpunkte an Gauck eben nicht benennst.
Gaucks Äußerungen zu Sarrazin, der Occupy-Bewegung, Hartz IV, Vorratsdatenspeicherung etc zeichnen das Bild eines erzkonservativen Menschen. Evangelischer Pastor, der er ist, trat er erst im Oktober 1989 dem Neuen Forum in Rostock bei, einer der tragenden Kräfte der Bürgerrechtsbewegung in der DDR. Denn auch Gauck hatte zu DDR Zeiten eine Westreisegenehmigung. Allein deswegen gilt Gysi für viele als Stasi-Agent. Letztendlich ist Gauck nicht der strahlende DDR Bürgerrechtler, wie die Springer Presse uns weis machen will.
Das SPD und Grüne Gauck im Jahr 2010 überhaupt ins Rennen gegen Wulff geschickt hatten, ist schon erstaunlich. Steht Gauck mit seinem Freiheitsbild doch eher der FDP und CDU nahe. Das all diese Parteien Gauck jetzt unisono zum Bundespräsidenten küren wollen, ist einerseits erstaunlich und andererseits erschreckend. Erschreckend, weil die politischen Grundsätze gerade der Grünen hier zu Grabe getragen werden. Bezeichnend ist, das Christian Ströbele als einer der wenigen Grünen Gauck ablehnt.
Nein, Ströbele ist nicht senil. Er hat bloß Rückgrat und hängt seinen Mantel für ein paar Wählerstimmen nicht in den Wind.
Gegen Gauck wollen die Linken nach letzten Meldungen Beate Klarsfeld schicken. Die Nazijägerin wurde 1968 schlagartig berühmt, als sie den damaligen Bundeskanzler Kiesinger ohrfeigte, um auf seine NS-Vergangenheit aufmerksam zu machen. Wenn ich an die zur Zeit agierende rechte Terrorszene denke, ist Beate Klarsfeld genau die richtige Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten.
Contramann bleibt gespannt und natürlich am Ball. Es könnte noch spannend werden, wenn die Nerds doch noch Beweise für die Behauptung finden sollten, das die Stasi Gauck seinerzeit einen VW Kleintransporter zur Verfügung gestellt haben soll.
Alles ist möglich; Ein Foto von Maschmeyer und Gauck habe ich auch schon gesehen...

Montag, 20. Februar 2012

Udorallala: Cruisin

Kroll ist der Dritte aus der Mitte der Bildungsreisenden, der seit Beginn dieses Blogs Geburtstag hat. Herzlichen Glühstrumpf, Alter! Das Geschichtchen, in aller Kürze:
Wir schreiben das Jahr 1992. Kroll und ich waren mit Tesla und Pocke auf einer dreiwöchigen Tour durch Kalifornien, Nevada und Arizona. Unser Ford Taurus glitt über den Interstate wie über die Highways. Immer dabei war natürlich auch der tragbare CD-Player, dr über den Zigarettenanzünder Strom bekam und mit einer MC verbunden war. Die MC kam natürlich ins Autoradio.Wer MC nicht kennt, bitte googeln. Geraucht haben wir damals übrigens alle!
Irgendwo in LA saß ich dann mit Kroll allein im Auto; die andern beiden waren wohl schlafen. Ende März war das und ja, es war heiß, Baby. Die Sonne schien hell. Wir hatten die schwarzen Sonnenbrillen auf, die Seitenfenster waren unten und wir cruisten durch LA.
Ich habe seit über 30 Jahren einen Führerschein und bin schon immer gern mit lauter Musik und offenen Fenstern im Sommer gefahren. Aber „Gimme all your Lovin`“ ist DER ultimative Song zum Cruisen.
Die Fahrt durch LA ist jetzt 20 Jahre her und Kroll kenne ich natürlich noch viel länger. Aber, Kroll, bevor wir abtreten, müssen wir nochmal durch LA cruisen. Mit ZZ Top natürlich.
PS: Gauck wird Nachfolger von Wulff. Warum das schlecht ist, siehst Du in der Mail, die ich Dir geschickt habe. Also erfreu Dich noch an der Freiheit, so lange wir sie noch haben.

Sonntag, 19. Februar 2012

Contramann: und Tschüss !

Als 2 meiner Kollegen sich Freitagmorgen – 17.02.2012 – aufgeregt über Politik unterhielten, schaltete Contramann sich ein. Um 11.00 Uhr wollte Christian Wulff, der Bewohner von Schloss Bellevue, eine persönliche Erklärung abgeben. Gegen 11.30 Uhr wollte Kohls Mädchen eine Erklärung hinterherschicken.
Sollte Wulff tatsächlich zurücktreten, weil die Staatsanwaltschaft Hannover eine Aufhebung seiner Immunität beantragte und die Opposition dies befürwortete ? SPD, Grüne und Linke schaffen locker die benötigten 25% dafür. Oder sollte da wieder eine weitere wachsweiche Erklärung kommen, das er vor der Verantwortung nicht zurückschreckt?
Dann war es endlich klar – Christian Wulff tritt freiwillig zurück ! Er habe rechtmäßig gehandelt, gstand Fehler ein, ohne sie genau zu benennen... Das Übliche halt.
Der Teddy ist geil !
 Tschüss Christian ! 200.000 Euro jährlich und Beraterjobs in der Wirtschaft sollten den frühen Ruhestand nicht zu depressiv verlaufen lassen. Ob Bettina es allerdings lange außerhalb des Rampenlichts mit ihm aushält, wird die Zukunft zeigen. Falls ja, dann ist sie ne Toffe und wirklich die Frau, zu der sie die Springer Presse gemacht hat.
Als Nachfolger wird Johannes Gauck hochgehandelt. Nur diie CDU sträubt sich – noch. Frau Merkel will zusammen mit der Opposition eine gemeinsame Lösung finden. Sprich mit SPD und Grüne absprechen. Von den Linken ist da natürlich nicht die Rede. Spiel nicht mit den Schmuddelkindern scheint da das Motto zu sein. Gysi ist zu Recht darüber sauer.
Christian Wulff ist nicht zuletzt an seinen Vernetzungen mit lokalen Wirtschaftsgrößen gescheitert. Da macht es natürlich Sinn, das die einzige Partei, die des Gemauschels mit der „Wirtschaft“ unverdächtig ist, von den Überlegungen über den Nachfolger im Schloss Bellevue ausgeschlossen wird.
Mein persönlicher Favorit wäre Thomas Gottschalk, der im Vorabendprogramm der ARD auch nicht glücklich wird. Der Hoffnungsträger Otto Rehhagel hat ja leider schon bei Hertha unterschrieben.
Der Bundespräsident, den Deutschland aber wirklich braucht, wird es aber wohl nicht: Georg Schramm.

Donnerstag, 16. Februar 2012

Udorallala: MC 5

Während in New York Velvet Underground, die Factory und Max`s angesagt waren, gab es in Detroit ein paar Hippies, die auf Autos standen und auch sonst alles, was Spaß macht. Frauen, Alk und natürlich auch Drogen. Harte Drogen wie Koks und Heroin, so dass ein Dasein als „Blumenkind“ nicht mehr in Frage kam. Ein harter Sound mußte her.
Wayne Kramer gründete mit Gleichgesinnten 1964 die „Motorcity 5“. Als sie später in Ann Arbor abhingen, kamen sie im Bundle mit den Stooges (auf Empfehlung von Kramer) zu ihrem Plattenvertrag. „Kick out the Jams“ wurde ein Hit 1968 und dann ….
… ging es nur noch bergab. Wegen des heutzutage beliebten „Motherfuckers“ Zitat wurde Kick out the Jams von vielen Radiostationen boykottiert. 3 Platten gab es insgesamt. Wayne Kramer und Fred Smith als späterer Ehemann von Patti Smith blieben in Erinnerung und wohl auch an der Nadel.
Ich selbst hatte mich bisher nicht für MC 5 interessiert, werde jetzt aber nochmal reinschnüffeln. Die Lektüre von „Please kill me“ und die Beschreibung in Wikipedia haben mich jetzt doch neugierig gemacht auf diese Hardrocktruppe.

Samstag, 11. Februar 2012

Uncle Fester: Please kill Me !

Vor über 2 Jahren habe ich mir aus einer Bierlaune heraus „Please Kill Me !“ von Legs McNeil und Gillian McCain gekauft. Seitdem lag diese gebundene Ausgabe, ein unhandlicher, klobiger Wälzer, ungestört in meinem Bücherregal. Noch originalzugeschweißt.
Erst vorletzte Woche habe ich mir den Ruck gegeben und die Plastikummantelung entfernt. Im Bus und Zug ist es zwar etwas unhandlich, aber um es einfach so liegen zu lassen…. Dazu war es zu teuer.Mit Interesse las ich die Einleitung, die ersten Seiten. Es beginnt mit Andy Warhol und seiner Factory, dem Künstlertreffpunkt Mitte der 60er Jahre in New York. Mittendrin: Velvet Underground.
Von Seite zu Seite entwickelte sich ein sehr bildliches Panorama, das mich sofort veranlasste, zuhause die alten Scheiben wieder abzuspielen.
Wenn etwa Lou Reed einen aufstrebenden Jungliteraten bittet, ihm (Reed) aufs Gesicht zu scheißen oder Iggy Pop seinen ersten Tripper von Nico holt, dann werden Zusammenhänge deutlich und Entwicklungen sichtbar. Wenn ein Herr Bowie sich in der Scene einschleimt oder Dee Dee Ramone auf der Stricherscene unterwegs ist, dann wird hier großes Kino gemacht.
Man leidet förmlich mit den Musikern, Groupies und Fans. Die Scene war sehr speziell, hart sowieso. Da sind Rapper wie Bushido oder Frauenarzt Kindergarten dagegen. Wenn ich auch vor Lektüre dieses Buches schon gerne die Ramones in ihrer Anfangszeit im CBGB`s gesehen hätte, dann bedaure ich es im Moment sogar, damals nicht direkt dabeigewesen zu sein.
Das ganze Buch besteht lediglich aus Interviewschnipseln, die die Autoren geschickt zusammengestellt haben. So ergibt sich eine durchgängige Handlung, jeweils aus der Perspektive der Interviewpartner erzählt. Diese Anekdoten schildern die Scene und die Musik ungeschminkt; Besser als Alan Bangs es höchstselbst niederschreiben könnte.
Da werden Begleitmusiker oder auch Groupies zu Helden und Stars zu Arschlöchern. Und trotzdem bewahren alle Figuren irgendwie ihre Würde, weil die Scene (zumindest nach den Schilderungen) für die heutige Zeit vollkommen liberal und tabulos eingestellt war.
Erst nach Lektüre dieses Buches werden die Songs von Velvet Underground bis zu den Dead Boys greifbar. Und irgendwo bei Seite 250 erfährst Du auch, wie und warum der Begriff Punk erfunden wurde. Aus einer Laune heraus halt, genau wie die Jungs und Mädels dieser Scene auch jahrelang agiert haben.         
         
Das Buch ist schon 1994 erschienen. Der Dreh, dass man einfach Interviews aneinanderreiht, so daß sich eine Story ergibt, wurde gern kopiert. Erwähnt seien hier Jürgen Teipels „Verschwende Deine Jugend“ und John Robbs „Punk Rock“.
Den Teipel habe ich schon vor Jahren gelesen. Das Buch ist Pflicht für jeden, der etwas von „NDW“ faselt und damit eben nicht Nena, Markus oder Fräulein Menke meint. Wir reden auch hier über die Wurzeln, die kommerziell scheitern mußten, weil sie für die Masse zu hart waren.
„Punk Rock“ habe ich mir gerade gekauft und nur kurz reingeblickt. Sieht auch gut aus. Interviewstil. Nach den Amis und den Deutschen habe ich also auch die Engländer abgedeckt. Punk Rules OK. Alle Mann an Deck !

Sonntag, 5. Februar 2012

Udorallala: Velvet Underground

Gerade lese ich „Please kill me“ - da liefen sie mir alle wieder übern Weg. Das ganze Buch startet mit Andy Warhol und deshalb mit Velvet Underground.
Lou Reed und John Cale. Wie konnte ich die beiden in den letzten Jahren bloß vergessen? Die Solo-Scheiben der beiden hatte ich bei Aki und Jürgen kennengelernt. Das ist natürlich ne Geschichte für sich.
Aber Velvet Underground toppt das noch. Die erste Platte, von Andy Warhol promotet und mit Nico (Päffgen) aus Köln, einer frühen Heidi Klum, als Sängerin vorangestellt, ist ein tiefer Einschnitt ist der Rockmusik gewesen. Das Geschrammel von Lou Reed und Sterling Morrison, die Bratsche von John Cale. Der unterkühlte Gesang von Nico oder auch das nasale Geschraule von Onkel Lou waren einzigartig. Es gab und gibt viele Gruppen, von denen man sagt, die klingen wie Velvet Underground. Stimmt aber nicht.
Leider konnte ich keine bewegten Bilder einbetten, deshalb hier nur der "Sound".
Der laszive Sadomaso-Charme der ersten beiden Platten ist nicht kopierbar. Wenn man die Story in „Please kill me“ nachliest, versteht man auch warum. Andy Warhol hatte in New York in der Factory einen Haufen von abgedrehten Künstlern um sich versammelt. Alle waren sehr elitär und vom Leben gelangweilt. Drogenexzesse und Sex, Sex, Sex sollten die Kicks bringen. Im Hinterzimmer vom Max`s vögelte Jeder mit Jedem – egal ob Mann oder Frau.
In dieser Atmosphäre trafen abgedrehte Künstler auf Stricher, Junkies und Kids von der Straße. Aus dieser Ursuppe entstanden Velvet Underground. Der kommerzielle Erfolg blieb ihnen fern. Erst in den späten 70ern – Lou Reed hatte es inzwischen trotz seiner Vergangenheit zu einer Größe des Business gebracht – erinnerte man sich an Velvet im Zuge der aufkommenden Punk-Bewegung.

Donnerstag, 2. Februar 2012

Hartmudo: Shopping

Da hab ich doch noch beim Spiegel diese Glosse gefunden:
Die Forumsbeiträge dazu sind auch sehr erfrischend. Der Bericht wie die meisten der Forumsgeschichten sprechen mich an. Ich will es mal so erzählen:
Noch Ende der 90er und Anfang dieses Jahrtausends bin ich einmal im Monat zu Fuß in die Stadt gelatscht. Ich wohnte in der Gartenstraße und hatte es nur ca. 10 Minuten bis zu Mediamarkt oder den beiden Buchläden – Graff und Pfannkuch. Zu Mediamarkt mußte ich weniger, da ich kaum noch Musil hörte zu der Zeit. Aber Lesen!
Dauernd kamen ja Neuheiten raus. Und da SF-Romane meist nach 1-2 Jahren aus den Regalen verschwinden und dann nie, nie mehr wieder aufgelegt werden, mußte ich die interessanten und wichtigen Bücher kaufen, wenn sie rauskamen. Heyne wie auch Bastei-Lübbe waren die 2 Verlage, die regelmäßig SF-Romane veröffentlichten. Es gab da natürlich auch immer ein kleines Hochglanzprospekt mit den Neuheiten des Jahres. Das nahm ich als Grundlage, um dann einmal monatlich einzukaufen.
Also: Von der Arbeit kommend, ging ich zu Fuß in die Stadt. Zuerst mal in die Buchläden. Manchmal bis zu 5 Bücher nahm ich mit; Häufig ging ich aber auch leer aus. Mediamarkt, Karstadt oder auch C&A waren dann weitere Anlaufstationen, denn Klamotten braucht man ja auch ab und an.
Die ganze Aktion dauerte dann 2 – 3 Stunden, bis ich wieder zu Hause war. Müde und kaputt, aufs Sofa usw. war angesagt. Manchmal schlief ich dann auch wirklich, da ich eh den Nachmittagsschlaf brauchte.
Dann kam Amazon, BonPrix Online und z.B. Booklooker. Letzteres ist erwähnenswert, weil ich über die Jahre eine Liste mit ca. 20 Büchern aufgestellt hatte, die mir noch fehlten und die natürlich nicht mehr aufgelegt wurden. Jahrelang suchte ich in Antquariaten wie dem Comic Book Shop. Gar bis nach Hannover bin ich gefahren. Ohne Erfolg. Bei Booklooker.de brauchte ich für die Liste nur ein paar Stunden, bis ich alle gebraucht kaufen konnte.
So geht es mir heute auch noch: Im Buchladen kriegst Du nicht alles oder müsstest es bestellen. Nach 1-2 Tagen ist es da, dann musst Du aber wieder in die Stadt latschen. Das geht bei Amazon schneller. Das ganze auch noch mit Bewertungen anderer User.
Sieht doch gleich viel besser aus. Sicherlich muß man bei den Beurteilungen Abstriche machen, aber nicht zuletzt vom Preis her ist Amazon konkurrenzlos. Nach 2 Tagen kann ich dann ein Paket von der Packstation abholen und gut is. Ähnliches gilt auch für andere Versender wie Bonprix, Bol oder auch Pearl.
Was spricht dann noch für den Einzelhandel? Beratung und Service vielleicht? Wenn Dir einmal bei Mediamarkt ein schleimiger Verkäufer etwas erzählt hat, was Du eh selber weißt oder nach kurzer Zeit selbst aus dem Netz ziehen kannst, stellt sich Dir diese Frage nicht mehr. Sorry, aber qualifiziertes Fachpersonal ist eher selten. Für die Waren, die ich so kaufe, gibt es schon lange kein Fachpersonal mehr. Wenn dort im Einzelhandel Jobs wegfallen, dann sind dies keine qualifizierten Jobs und somit verschmerzbar. Vom letzten Verkäufer, der mir bei Saturn übern Weg lief, kann ich mir nicht vorstellen, dass er den Job bei Mc durchhalten würde.
Wenn es also die örtlichen Arbeitsplätze nicht sind, was dann? Reklamationen und Reparaturen natürlich. Bei Amazon hatte ich einmal nach nem 3/4tel Jahr eine Digitalkamera, die ich für meine Schwägerin bestellt hatte, zur Reparatur eingeschickt. Nach noch nicht einmal einer Woche kam eine brandneue Kamera an Land – das Nachfolgemodell sogar. Dazu gab es noch ne Erstattung von ca. 10,- €, da die Kamera mittlerweile preiswerter geworden ist. Auf einen Rasierer, den ich beim Kundendienst von Mediamarkt zur Reparatur vorbeigebracht hatte, mußte ich Wochen warten und dann wieder hin, um das reparierte Gerät wieder abholen zu dürfen.
Ich bin keine Frau und brauche deshalb keine kleinen Boutiquen, um alle möglichen Blusen, Röcke und Hosen anzuprobieren. Bonprix ist mein Herrenausstatter! C§A Online hat mehr Auswahl als die örtliche Filiale und bei Amazon gibt es Schuhe, Zalando ist mir zu teuer.
Bis auf Lebensmittel und Drogerieartikel fällt mir spontan nichts ein, wofür ich in den Einzelhandel rennen müßte. Das schließt natürlich nicht aus, das, wenn ich mit meiner Löwin shoppen gehen (muß), hier und da nicht doch das Eine oder Andere entdecke und kaufe. Für solche Spontankäufe ist der Einzelhandel natürlich unschlagbar. Doch für diese Zwecke kann man eigentlich hur nen Ein Euro Laden betreiben.
Ich bin gespannt, wie die Innenstadt in 5 – 10 Jahren aussieht. Wahrscheinlich ist aber lediglich Karstadt weg, denn die ganzen Läden wie Laura, Tommy Hügelschänder, Mexx oder wie sie alle heißen – New Yorker, H&M …. bleiben für die Damen. Wahrscheinlich gibt es dann für uns Jungs mehr Biergärten. Das wär doch mal was. Dann haben endlich wieder ALLE Spaß beim Shoppen. Für Kinder gibt es dann bestimmt auch Angebote.
Witzigerweise ist der Versandhandel umweltfreundlicher als der Einzelhandel, da das Postauto für bspw. 100 Kunden eine Tour planen kann, denn wenn 100 Leute in ihren Autos in die Parkhäuser fahren. Wird erheblich mehr C= Zwo ausgestoßen.
Ich habe, das möchte ich dann doch erwähnen, auch schlechte Erlebnisse mit Amazon und Co erlebt. Das hielt sich aber in Grenzen.
So bleiben also mehr Vor- als Nachteile zugunsten des Versandhandels. Im Übrigen ist Amazon nichts anderes als Quelle oder Otto, lediglich preiswerter. Und am Preis ist meiner Meinung nach auch Quelle gescheitert.