Freitag, 29. März 2024

Hartmudo: Superwumms

18
Ich erzählte Phineas Freak von meinem unerquicklichen Besuch beim Psycho Doc und konnte so schön einmal etwas Frust loswerden. Und verfiel eben nicht in Verzweiflung, wie bereits erwähnt. Anschließend liefen wir zu Fuß nach Hause, will sagen nach Lehndorf. Also ich nach Hause und er zu seinen Eltern.
Nasskaltes Wetter, grauer Himmel - doch mit ca. 10° Celsius zu warm für einen Februar. Auf dem Weg gerieten wir in ein richtig schönes Quatschen hinein; ähnlich dem Walk mit seinem Vater Charles eineinhalb Wochen zuvor.
Wie so häufig in meinem Leben sind es zumeist diese schönen Momente mit anderen Menschen, die mich aus schlechten Stimmungen oder vermeintlichen Schicksalsschlägen herausgeboxt hatten. Das ich hinterher, nachdem wir uns vor der Wohnung seiner Eltern verabschiedet hatten, zu Hause nicht vor Hoffnungslosigkeit zusammenbrach, hatte allerdings noch einen weiteren Grund.
Denn nach dem Verlassen der Praxis hatte ich noch im Gebäude des Schloss Carrees meinen Hausarzt angerufen und um einen kurzfristigen Termin gebeten. So niedergeschlagen ich in jenem Augenblick auch gewesen war, aber ich brauchte da sofort eine Lösung oder zumindest eine Aussicht auf diese.
Ich mag ein schlaffer alter Sack sein und äußerst faul obendrein, aber die Gene meiner Mutter brechen bei Druck oder Fehlschlägen automatisch durch, da kann ich nicht anders. Da werde ich zum unerbittlichen Kämpfer, insbesondere, wenn ich mich ungerecht behandelt fühle oder verarscht vorkomme.
In diesem Fall hatte ich mir mit dem Termin beim Hausarzt am Donnerstag einen klitzekleinen Hoffnungsschimmer verschafft. Dies und der angenehme Vormittag mit Phineas Freak hielten mich auch bis zur Nacht aufrecht.
Dienstag 14. Februar. Nach dem Schock vom Vortag hatte ich dann wohl doch noch halbwegs schlafen können, andernfalls hätte ich mir das gemerkt und aufgeschrieben. Zum Glück blieb mir auch heute keine Zeit zum Grübeln und Suhlen in meiner Angst. An diesem Valentinstag waren wir mit Dora und Herbert zum Frühstück verabredet.
Hierfür hatten wir vier Plätze im Panorama Café zum Valentinsfrühstück reserviert und Dora und Herbert im Vorfeld den Mund reichlich wässrig gemacht. Und auch ich durfte mich angedenk unseres Besuches in Gifhorn in der Vorwoche auf einen schönen Tag freuen.
Beim Einstieg in Herberts Auto strahlte ich über beide Backen und bekam fast schon einen Laberflash. Der verging glücklicherweise während der Fahrt; nicht, weil ich wieder panisch wurde, sondern weil es mir selbst schon etwas peinlich war und mich demzufolge zurücknahm. Ja, diese Stimmungsschwankungen. Typisch bei Depressionen - das wusste ich zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht.
Im Panorama Café angekommen, wurden wir von den Betreibern sehr herzlich begrüßt. Insbesondere die Chefin zeigte sich gutgelaunt. Ihre Freude war ansteckend, zumal unser Tisch auch sehr liebevoll eingedeckt worden war.
Für jeden am Tisch befand sich eine Lindor-Kugel in einem Schälchen in der Mitte des mit einem weißen Tischtuch eingedeckten Tisches. Als Starter gab es ein Gläschen Fruchtsekt; pro Paar war eine Flasche im Arrangement vorgesehen.
Nahezu gierig plünderte ich kurz darauf eine der Schalen mit dem Rührei. Wenigstens schaffte ich es noch, mir ein Brötchen mit Butter zur Begleitung des Rühreis zu schmieren. Die schönen Valentinskarten hatten wir nur überflogen und gleich eingesteckt.
Auch Dora und Herbert zeigten sich von der Qualität des Frühstücks begeistert, so dass wir alle das Frühstück genüsslich angehen konnten. Das wohl größte Lob erhielten die selbstgemachten Marmeladen. Spätestens seit dem Valentinstag im Panorama Café hatte ich meine alte Liebe für Marmeladenbrötchen neu entdeckt und greife da auch heute noch gern zu. Jahrelang hatte ich mir diesen kulinarischen Hochgenuss zur Zuckervermeidung verkniffen. Warum eigentlich?
Als Leckerei und krönenden Abschluss des Frühstücks gab es noch ein kleines, selbstgebackenes Törtchen in Herzform. Keksboden, Frischkäsecreme mit einer roten Fruchtglasur - genau das Richtige für uns vier Leckermäulchen. Nach dem Bezahlen des zugegebenermaßen nicht preiswerten Frühstücks gaben uns die Betreiber die zweite, nicht angefangene Flasche Fruchtsekt mit auf den Weg.
Das war schon mal ein guter Start in den Morgen gewesen, natürlich noch nicht das Ende des Tages. Da wir uns schon einmal in Gifhorn befanden und das Wetter klar und sonnig war, bot sich ein Verweilen in der Fußgängerzone an. Ich selber war schon längere Zeit nicht dort gewesen und unwillkürlich überrascht, dass dort noch einige vom Inhaber geführte Fachgeschäfte existieren. Aber wie das so ist: Ein knappes Jahr später kann ich mich lediglich an den örtlichen Woolworth erinnern.
Während Herbert und ich uns im Eingangsbereich angeregt unterhielten, befanden sich unsere Frauen auf Beutefahrt in der Billigkonsumhölle. Anschließend gingen wir die Fußgängerzone einmal rauf und runter. Irgendwann war mir aufgefallen, dass ich mich die ganze Zeit weder matt noch abgeschlagen gefühlt hatte, mein Puls lief ruhig, Herzrasen war absent.
Zum Abschluss unseres gemeinsamen Tages gönnten wir uns noch Kuchen vom Bäcker, den wir bei uns zu Hause verspachtelten. Es war noch hell gewesen, als Dora und Herbert nach Hause gefahren waren. Auch über die Dämmerung blieb ich vom Herzrasen verschont. Sollten sich meine Probleme wie schon 11 Jahre zuvor von alleine gelöst haben?
Weit gefehlt; als ich abends vor dem ZuBettgehen vor dem Fernseher gesessen hatte, erwischte es mich vollkommen unvorbereitet. Aus blitzheiterem Himmel ereilten mich Schnappatmung und Herzrasen.
Zunächst steigerte ich mich noch verstärkt hinein, weil ich von dem Ende meiner überaus guten Laune so richtig frustriert war. Ich zermarterte mir das Hirn, weil ich nicht begreifen konnte, woher dieser Stimmungsumschwung kam.

Mittwoch, 27. März 2024

Uncle Fester: grad gelesen März 2024

Adrian Tchaikovsky - Die Feinde der Zeit
Vor zwei Jahren hatte ich die ersten beiden Bände dieser Triologie gelesen, jetzt endlich konnte ich diesen Zyklus zum Abschluss bringen. Zur Erinnerung: Der erste Band war noch gut, der zweite dagegen eher zäh und ledrig. Dagegen ist der Abschluss dieser Triologie äußerst gut gelungen. Selbst aktuelle Bezüge, hier: Fremdenfeindlichkeit eines Mobs aufgrund von berechtigten Existenzängsten, hat der Autor hier einarbeiten können.
Schauplatz des Geschehens ist der Planet Imir. Das vor Tausenden von Jahren begonnene Terraforming Projekt auf Imir erwies sich nicht als umfänglich erfolgreich. Der Kommandant Heroest Holt konnte nur wenige Crewmitglieder seiner Arche Enkidu auf den „halbfertigen“ Planeten bringen, denn der Arche ging die Energie aus, darüber hinaus wurde sie dank einer Kollision beschädigt.
Mit wenigen verbliebenen Ressourcen schaffte es die sechsköpfige Crew, eine Zivilisation zu begründen. Nach und nach konnten wenige der im Tiefschlaf befindlichen Menschen aufgeweckt und auf dem Planeten gebracht werden.
Flora und Fauna auf dem Planeten waren mit den Menschen nicht kompatibel gewesen; die aus dem geschädigten Genpool notdürftig eingebrachte irdische Flora und Fauna breitete sich zunächst gut aus, so dass die Zivilisation eine Blütezeit erlebte. Doch als die Mutationen unter der einzig ausgebrachten Käfersorte - die gesamte Artenvielfalt war immanent - sich dank fehlender Fressfeinde immer weiter ausbreitete und die Ernten der Farmen vernichtete, brach die Zivilisation nach und nach zusammen.
Und mitten im Niedergang kommen dann die bekannten Protagonisten aus den ersten beiden Bänden ins Spiel. Nicht in ihrer Gestalt als Insekten oder Tintenfische, sondern als Menschen. Denn nach den ersten beiden Bänden sind alle lediglich in digitaler Form existent. Deshalb konnten sie leicht in Androidenkörper geladen werden und sich unbemerkt unter die Bewohner von Imir mischen.
Angeführt von Miranda, welche als Lehrerin in der einzigen Stadt arbeitet, versuchen unsere Freunde des Portiiden-Schiffes Skipper die scheinbar letzten ursprünglichen Menschen vor dem Untergang zu bewahren. Hier baut der Autor einen beängstigend aktuellen Bezug in den Roman ein.
Denn die Bewohner von Emir haben sich mit dem zunehmend abnehmenden Lebensstandard immer weiter zurück entwickelt und sind abergläubisch geworden. Schließlich nehmen Sie die Crew der Skipper gefangen und lynchen sie auf dem Dorfplatz.
Auch in der Realität lässt sich aktuell leider beobachten, das die Masse der Menschen - aufgehetzt von Politik und Medien - dazu tendiert, andere Meinungen zu diskreditieren. Zum Glück sind wir hier noch nicht beim Lynchen.
Nur das Mädchen Liff hat Mitleid mit diesen Außenseitern; Miranda war nicht nur ihre Lehrerin, sondern auch eine gute Freundin. Die ganze Zeit träumt sie von ihrem Großvater Heroest Holt, der einst aufgebrochen war, um die Hexe zu jagen, welche für die Missernten verantwortlich sein soll. Doch diese ist lediglich die Inkarnation der Terraformerin Avrana Kern.
Der gesamte Plot ist verwirrend und erscheint diffus, doch am Ende erlöst uns Tchaikovsky und liefert uns die traurige Erklärung der Geschehnisse. Denn die gesamte Siedlung wurde von einer Maschine simuliert, welche sich auf dem Planeten befindet oder der Planet selber ist.
Die digitalisierte Crew das Skipper konnte hier gut eingebaut werden; auch die beiden Raben, welche eine neue Art der Intelligenz in die Geschichte einbringen. Und diese können zusammen mit Avrana Kern die Crew aus der Simulation befreien.
Das Mädchen Liff stellt sich als letzter lebender Mensch auf dem Planeten heraus und muss am Ende elend verhungern. Aber dies ist immer noch nicht das richtige Ende. Wenn du diesen Roman liest, wirst du den Rest noch erfahren.
Aufgrund des überraschenden Endes musste ich an Philip K. Dick's „Irrgarten des Todes" denken, welcher ebenfalls im Verlauf seiner Geschichte immer wieder unlogische Handlungsverläufe zu bieten hat. Und auch bei Tchaikovsky werden diese am Ende abrupt logisch verständlich. Ein würdiger Abschluss der Triologie, ohne allerdings die beklemmende Atmosphäre von Philipp K. Dick erreichen zu können.

Thomas Brussig - Mats Hummels auf Parship
Dieses dünne Büchlein mit knapp 140 Seiten hatte ich zusammen mit einem interessanten Roman dieses Autors auf Verdacht gekauft und musste es nicht bereuen. Das Buch beinhaltet drei Monologe des Autors, welche über die Jahre entstanden sind.
Ohne Absätze - quasi ohne Punkt und Komma - erklärt uns Brussig die Welt aus der Sicht eines ostdeutschen Fußballtrainers. Und dieser Amateurtrainer ist ein Wutbürger, wie er im Buche steht. Egal ob Corona, die Finanzkrise oder das allgemeine Zusammenleben in der Gesellschaft: Mit einer nonchalanten Leichtigkeit erklärt uns der Trainer anhand des Fußballspiels und seiner Protagonisten die Welt.
Und es passt, verblüffenderweise. Diese Sichtweise des Lebens ist ja genau meine, deshalb brauchte ich für die ersten beiden Monologe auch nur zwei Abende. Im dritten Monolog wird dies alles aus der Sicht eines Schiedsrichters geschildert. Dieser ist kein Wutbürger und schon ist der Zauber dahin.
Nach wenigen Seiten musste ich die Lektüre abbrechen, denn die schon klinisch zu nennende Objektivität langweilt ungemein. Mal sehen, wie der Roman so ist.

Samstag, 23. März 2024

Warum spielt denn der Poldi nicht?

28
Nach dem Wechsel brachte Wilmots mit Fellaini einen neuen Spieler. Der sah zwar aus wie eine laufende Klobürste, war aber dank seiner 1,93 Meter Körpergröße im gegnerischen Strafraum erster Abnehmer für die hoch hinein geschlagenen Flanken der Belgier.
Wieder starteten die Belgier besser ins Geschehen, Lukatu vergab aber völlig frei per Kopf aus 6 Metern. Bald darauf drehte ein Konter der Waliser das Spiel. Bale schlug einen langen Ball zu Ramsey auf den rechten Flügel, niemand hinderte diesen an der flachen Hereingabe zu Robson-Kanu. Das der überhaupt den Ball am Elfmeterpunkt bekam, war schon nachlässig. Als er dann noch mit einer simplen Körpertäuschung gleich drei Belgier ins Leere laufen ließ und den Ball trocken ins Tor schoss, stand es auf einmal 2:1 für den Außenseiter.
Ausgerechnet Robson-Kanu, der bei Reading in der 2. englischen Liga gespielt und für die neue Saison keinen Vertrag mehr erhalten hatte. Er hatte sich den Treffer durch seine ständigen Attacken über die rechte Seite verdient. Er versuchte es unermüdlich und war ein ständiger Unruheherd für die belgische Abwehr.
Spätestens jetzt waren die Belgier überfordert, sozusagen mit ihrem Latein am Ende. Ihnen fiel nichts mehr ein, außer den hohen Flanken auf Lockenköpfchen Fellaini passierte da gar nichts. Die Waliser standen im Gegensatz zu den Belgiern hinten sicher und zeigten ihnen 5 Minuten vor dem Abpfiff, wo der Frosch die Locken hat.
Gunter kam auf der rechten Seite ungehindert zur hohen Hereingabe für den kurz zuvor eingewechselten Vokes. Der Stürmer vom FC Burnley lief sich geschickt frei und brachte seinen Kopfball schulmäßig im gegnerischen Gehäuse unter. Der Jubel der walisische Fans, die auf dieser Seite des Stadions standen, kannte jetzt keine Grenzen mehr. Bis zum Schlusspfiff skandierten sie ihren Song. Mit dem 3:1 war klar, das sie noch nicht zur Arbeit müssen und weiter das französische Bier trinken dürfen.
Die trinken ja bekanntlich alles, diese Briten. Die Szenen nach dem Ende dieser sehr guten Partie waren herzzerreißend und zauberten nicht nur einigen Waliser, sondern auch uns die Tränen vor Rührung ins Gesicht. Wir haben es den Waliser von ganzem Herzen gegönnt. Trotz ihrer überschaubaren technischen Fähigkeiten arbeiteten sie als Team, jeder kämpfte für den anderen mit. Vor dem Tor agierten sie eiskalt und nutzten ihre Chancen.
Wales ist sensationellerweise das torhungrigste Team dieser Europameisterschaft. Alle Fachleute sagten vorher, das sie außer Bale nach vorne nichts bringen würden. Auch hier sieht man erneut, das gut dotierte Einzelkönner den Sieg nicht garantieren. Die Belgier mit ihren Stars spielten eher gegen- als miteinander, so kann das nicht funktionieren.
Mit einem Team aus Namenlosen hatte schließlich auch Leicester kürzlich den Titel in England geholt. Vor allem heute war von Superstar Bale nicht so viel zu sehen. Während des bisherigen Turniers hatte er sich immer dem Team untergeordnet, anders als Ronaldo. Und damit machte er seine Mitspieler stark.
Am Mittwoch kommt es im ersten Halbfinale beim Duell Portugal gegen Wales zum so nicht erwarteten Aufeinandertreffen beider Stars von Real Madrid. Ronaldo versus Bale, wer wird hinterher jubeln? Die Diva CR7 oder der Mannschaftsspieler Bale? Wir sind gespannt und freuen uns heute erst mal mit den Walisern.
Schade ist es um die Belgier, denen ich mehr zugetraut hätte. Aber heute hatten sie den Fehler gemacht, sich nach dem 1:0 hintenreinzustellen. Sie sind lediglich im Angriff stark, nicht in der Defensive. Das Ausscheiden haben sie sich selbst zuzuschreiben. Zum 2:1 noch ein Kommentar von Olli Kahn nach dem Spiel: "Das hätte der Holger Stanislawski mit seinen 46 Jahren noch besser verteidigt."
Genau so ist das. Morgen kommt dann mit Deutschland gegen Italien der Kracher schlechthin.

Sonntag, 10. März 2024

Hartmudo: Superwumms

17
Montag, 13. Februar. Endlich. 08.30 Uhr, mein lang ersehnter Termin beim Neurologen im Schlosscarree. All meine Hoffnungen der letzten Wochen hatte ich in die Behandlung durch den Neurologen gesteckt. Er würde mir helfen, meine Ängste würden verschwinden und ich könnte endlich wieder in mein Leben einsteigen.
Nachdem ich an diesem Morgen aufgestanden war, ließ ich die vergangenen Wochen schnell Revue passieren. Sieht man einmal von dem sehr nervigen Nasenbluten ab, welches mich seit dem Unfall häufig ereilte und mich zur Enthaltsamkeit beim Ausschnauben der verstopften Nase zwang, ging es mir rein körperlich wieder gut.
Und zwar immer dann, wenn ich nach dem Aufstehen und unruhigen Staksen über den Flur unserer Wohnung so halbwegs wieder in die Spur kam. Das dauerte mit schöner Regelmäßigkeit bis zur Mittagszeit. Erst dann fiel die bleierne Schwere mit gedrückter Stimmung von mir ab - wenn ich denn Termine hatte und die Wohnung verlassen musste.
Lag das vielleicht doch an der frischen Luft, welche meine Nasenschleimhäute schnell abschwellen ließ? Frohgemut und tief durchatmend saß ich im Bus zum Schloss Carree, gönnte mir sogar noch einen Kaffee beim Bäcker.
Im Wartezimmer der neurologischen Praxis herrschte reges Treiben, einen Sitzplatz erwischte ich zum Glück trotzdem. Nach einer angemessenen Wartezeit holte mich der Arzt persönlich ab und führte mich in sein Zimmer dieser Gemeinschaftspraxis.
Er bat mich um Schilderung meiner Beschwerden - dem kam ich gern nach. In der gebotenen Kürze, aber auch mit der mir eigenen Ausführlichkeit, spulte ich die Geschehnisse seit dem Unfall ab. Die Reaktion des Arztes überraschte mich vollkommen: Warum ich bei ihm vorstellig geworden sei? Schließlich sei er Neurologe und kein Psychotherapeut.
Da war ich richtig konsterniert; der Arzt hatte mir soeben den Boden unter den Füßen komplett weggezogen. Ich erklärte ihm, dass ich schon alle möglichen körperlichen Beeinträchtigungen durch den Unfall abchecken wollte, bei ihm die neurologischen Aspekte.
Außerdem erhoffte ich von ihm Ratschläge, besser noch eine Behandlung meiner psychischen Einschränkungen, sprich meinen Ängsten und den Panikmomenten des Nachts, wenn ich nicht mehr schlafen konnte und mich deshalb tagsüber immer so matt und dumpf fühlte.
Der Arzt fragte mich noch nach Taubheitsgefühlen im Handgelenk, prüfte dann meine Reaktionen mit dem Hämmerchen und meinte dazu nur, dass er neurologisch keine Beeinträchtigungen feststellen könne und erklärte sogleich seine Unzuständigkeit.
„Oder leiden Sie unter Depressionen? Dann könnte ich Ihnen Antidepressiva verschreiben." Ich kam mir vor wie im falschen Film. Ängste und Panikattacken hatte ich mir bereits selbst attestiert. Aber Depressionen?
Wahrheitsgemäß sagte ich ihm, dass ich dies nicht wüsste und mir eigentlich von ihm eine Diagnose und darauf basierende Ratschläge erhofft hatte. Wenn ich gewusst hätte, das er lediglich Beeinträchtigungen des Nervensystems, die sich in Kribbeln oder Taubheitsgefühlen äußern, behandelt, hätte ich mir diesen Termin ersparen können.
Der Arzt war an meinen Einwänden nicht interessiert und beharrte auf seiner ursprünglichen Einlassung, dass er Neurologe sei. Ich sollte es doch Mal bei einem Psychotherapeuten versuchen, dann beendete er diese Farce und bat mich hinaus.
Draußen musste ich mich erst einmal sammeln. Was war da nur gerade passiert? Das Licht am Ende des Tunnels, welches mir in den letzten Wochen Zuversicht verliehen hatte, stellte sich nun als der Zug heraus, der auf mich zurast.
Doch ehe mich augenblicklich Angst und Panik ergreifen und lähmen konnten, hatte ich das Glück, dass ich noch einen Termin vor der Backe hatte. Der Sohn von Charles, Phineas Freak, hatte mich ein paar Tage zuvor angerufen und um Ratschläge gebeten, weil er Bürgergeld beantragen wollte. Das ist zwar nicht ganz meine Baustelle, aber ich erklärte mich selbstverständlich sofort zu einem Gespräch bereit.
Nach dem Termin beim Psycho Doc wollte ich ihn anrufen, so dass wir uns auf einen Kaffee treffen könnten. Da wär ich dann auch sicher gut drauf, so mein ursprüngliches Kalkül. Geschenkt. Und natürlich rief ich Phineas Freak gleich nach dem unrühmlichen Verlassen der Arztpraxis an und verabredete mich mit ihm auf einen Kaffee im Bäckereicafe um die Ecke für 10.00 Uhr.
Bei Kaffee und Kuchen plauderten wir eine geraume Zeit lang über seine finanziellen Nöte, aber auch über dies und das. Nun gut, er brauchte für die Beantragung beim Jobcenter nicht wirklich meinen Rat, da er auch ohne amtliche Unterstützung sein Leben und vor allem die dazu nötige Kohle organisieren kann.
Um es vorwegzunehmen: Mein Rat, Bürgergeld vorsichtshalber zur finanziellen Absicherung der Wohnungsmiete (Phineas Freak hatte da gerade keinen Job, nur noch Ersparnisse) zu beantragen, setzte er dank eines neuen Kneipenjobs tatsächlich nicht um. Deshalb mag ich diesen langen Lulatsch so gerne.
Phineas Freak kommt auch ohne Netz und doppelten Boden über die Runden. Da denke ich sofort an meine Zeit als Nachtfahrer bei Taxe und City Car zurück, in der ich neben der Miete noch die Beiträge für die freiwillige Krankenversicherung einfahren musste. Doch ich schweife ab - wir waren beim Kaffee.

Mittwoch, 6. März 2024

Contramann: kurz gesehen im März

Das ganze Drama auf dem Maidan in Kiew ist bereits 10 Jahre her. Hier kann man u.a. einem aktuellem Gerichtsurteil aus Kiew entnehmen, dass rechtsextremistische Maidankämpfer aus einem Hotel sowohl Polizisten als auch Demonstranten auf dem Maidan erschossen hatten. In der aufgeheizten Atmosphäre genügte dieser Zündfunke.
Der Rest ist Geschichte. Die man in unseren Leitmedien allerdings nicht erwähnt, weil dies ein vollkommen neues Licht auf den Machtwechsel in der Ukraine und in der Folge auch auf das aktuelle Kriegsgeschehen wirft.

https://www.focus.de/finanzen/karriere/kommentar-warum-ich-nicht-bereit-bin-auch-nur-eine-stunde-laenger-zu-arbeiten_id_202432229.html
Auch ich habe immer gerne über die „Generation Z“ geschimpft. Darüber, dass sie sich nicht mehr quälen können oder wollen. Über die „Work/Life Balance“, auf die stattdessen unbedingt geachtet werden muss. Hier sind die Gegenargumente - und ja, jetzt kann ich meine „Nachfolger“ erheblich besser verstehen.
Sicher sind es rein egoistische Motive, die Leute überlegen lassen, weniger zu arbeiten, um mehr Freizeit genießen zu können. Alles zu Lasten des Konsums - das geht bei unseren „westlichen Werten“ natürlich nicht.
Ich arbeite seit 25 Jahren auch auf 90% und hatte immer gerne damit argumentiert, dass dadurch Arbeitszeiten für jemand anderen frei sind, der ansonsten gar nicht arbeiten könnte. Und da ich seinerzeit einer von vielen mit einer Arbeitszeitverkürzung gewesen war....
Ich Träumerle! Natürlich werden nicht neue Leute eingestellt, stattdessen wird die Arbeit weiter verdichtet und der Arbeitgeber spart Lohnkosten. So schaut es aus. Und Arbeitszeitverkürzung muss man sich auch leisten können. Für einen Mindestlohnempfänger lohnen sich 20% weniger Arbeitszeit eher nicht. Wenn sich das Leben da wieder lohnen soll, ist eher eine 100%ige Verringerung der Arbeitszeit angesagt.

https://www.manova.news/artikel/die-normalisierung-des-wahnsinns-2
Dieser Artikel ist Pflichtlektüre, weil er den Irrsinn der „Coronazeit“ gut, weil sarkastisch, zusammenfasst. Für diejenigen aber, die den Maßnahmen nicht kritisch gegenüber gestanden und alles brav mitgemacht hatten, wird dieser Artikel in die Schublade Schwurbelei gesteckt, ohne auch nur kurz das Gehirn einzuschalten.
Ich hatte es öfters ja schon mal gesagt, wiederhole es hier erneut: Dank Corona verstehe ich jetzt meine Eltern, wieso sie seinerzeit nicht gegen die klar erkennbaren Anzeichen der Verfolgung von Juden und Andersdenkender protestiert hatten.
Günstigstenfalls aus Angst, einige (hoffentlich wenige) aber aus eiskaltem Kalkül, weil sie ihren Vorteil daraus ziehen konnten. Da die Entnazifizierung nach dem Krieg aufgrund strategischer Überlegungen von Wirtschaftsbossen und Militärs der Siegermächte ausfallen musste, gingen viele Gewinnler des Naziterrors straffrei aus.
Meinen Vergleich der Coronamaßnahmen mit dem Naziterror mag man für überzogen halten, aber dass die Bevölkerung von Politik und Medien in der Coronazeit massiv entmündigt, meiner persönlichen Meinung nach sogar total verarscht wurde, kann man mit einer kurzen Rückbesinnung durchaus erkennen.
Man muss lediglich das Gehirn einschalten.

https://www.neulandrebellen.de/2024/02/bidens-neue-kleider/
„Einer, der in Verantwortung ist, aber nicht verantwortlich gemacht werden kann.“
Dieser eine Satz beschreibt das Dilemma mit diesem offensichtlich nicht mehr vollkommen zurechnungsfähigen Senior, der den Posten des mächtigsten Mannes der Welt innehat. Und sich im Herbst zur Wiederwahl stellen will.
Da erscheint mir Donald Trump - so schlimm dieser Mann auch ist - sogar noch als das geringere Übel als „Good ole Joe“.

https://overton-magazin.de/hintergrund/kultur/eine-million-sensibilitaetsstoerungen/
Der Vater jettete für den Klimaschutz durch die Welt und geht dann ins Home Office, in dem sich die Mutter schon befindet. Zwei Kinder, eins entwicklungsverzögert. Und ab geht es nach Thailand und Island, wo die Eltern ständig im Home Office sein können. Gerade in Thailand bei Sonne und Strand kommt die Work-Life-Balance zum Tragen. Ein ärgerlicher Mist also aus der Blase der woken Spießbürgerlichkeit.
Die Lebenslügen treten hier unbeabsichtigt ans Licht. Am Strand in Thailand – die Sonne knallt auf den Bildschirm und der Sand kriecht durch die Tastatur in Richtung Mainboard. Aber selbst wenn man dies Problem in den Griff bekäme, ist es doch immer wieder erstaunlich, wie sich leitende Angestellte als unverzichtbar wahrnehmen. Denn der PC und insbesondere das Office-Programm ist in erster Linie ein Hilfsmittel für den Sachbearbeiter, der den ganzen Arbeitstag mit Zahlen jongliert oder Korrespondenz mit dem Kunden pflegt. Die „Stärke“ des Leitungspersonal ist das Organisieren von Arbeitsprozessen – vor Ort. Im Home Office geht das nicht.
In „das Leben, das Universum und der ganze Rest“, den 3. Band von „Per Anhalter durch die Galaxis“, werden „verzichtbare“ Berufsgruppen wie Friseure oder Telefondesinfizierer von ihrem überbevölkerten Heimatplaneten als Kundschafter auf die prähistorische Erde vorgeschickt und dann prompt vergessen, so dass diese mit den Dinosauriern aussterben.
Dort kann ich mir das Pärchen aus dem Film auch gut vorstellen.

Alsdann: Bleiben Sie links, bleiben Sie kritisch. Und:
„I`m so bored with the USA. But what can I do?“