Adrian Tchaikovsky - Die Feinde der Zeit
Vor zwei Jahren hatte ich die ersten beiden Bände dieser Triologie gelesen, jetzt endlich konnte ich diesen Zyklus zum Abschluss bringen. Zur Erinnerung: Der erste Band war noch gut, der zweite dagegen eher zäh und ledrig. Dagegen ist der Abschluss dieser Triologie äußerst gut gelungen. Selbst aktuelle Bezüge, hier: Fremdenfeindlichkeit eines Mobs aufgrund von berechtigten Existenzängsten, hat der Autor hier einarbeiten können.
Schauplatz des Geschehens ist der Planet Imir. Das vor Tausenden von Jahren begonnene Terraforming Projekt auf Imir erwies sich nicht als umfänglich erfolgreich. Der Kommandant Heroest Holt konnte nur wenige Crewmitglieder seiner Arche Enkidu auf den „halbfertigen“ Planeten bringen, denn der Arche ging die Energie aus, darüber hinaus wurde sie dank einer Kollision beschädigt.
Mit wenigen verbliebenen Ressourcen schaffte es die sechsköpfige Crew, eine Zivilisation zu begründen. Nach und nach konnten wenige der im Tiefschlaf befindlichen Menschen aufgeweckt und auf dem Planeten gebracht werden.
Flora und Fauna auf dem Planeten waren mit den Menschen nicht kompatibel gewesen; die aus dem geschädigten Genpool notdürftig eingebrachte irdische Flora und Fauna breitete sich zunächst gut aus, so dass die Zivilisation eine Blütezeit erlebte. Doch als die Mutationen unter der einzig ausgebrachten Käfersorte - die gesamte Artenvielfalt war immanent - sich dank fehlender Fressfeinde immer weiter ausbreitete und die Ernten der Farmen vernichtete, brach die Zivilisation nach und nach zusammen.
Und mitten im Niedergang kommen dann die bekannten Protagonisten aus den ersten beiden Bänden ins Spiel. Nicht in ihrer Gestalt als Insekten oder Tintenfische, sondern als Menschen. Denn nach den ersten beiden Bänden sind alle lediglich in digitaler Form existent. Deshalb konnten sie leicht in Androidenkörper geladen werden und sich unbemerkt unter die Bewohner von Imir mischen.
Angeführt von Miranda, welche als Lehrerin in der einzigen Stadt arbeitet, versuchen unsere Freunde des Portiiden-Schiffes Skipper die scheinbar letzten ursprünglichen Menschen vor dem Untergang zu bewahren. Hier baut der Autor einen beängstigend aktuellen Bezug in den Roman ein.
Denn die Bewohner von Emir haben sich mit dem zunehmend abnehmenden Lebensstandard immer weiter zurück entwickelt und sind abergläubisch geworden. Schließlich nehmen Sie die Crew der Skipper gefangen und lynchen sie auf dem Dorfplatz.
Auch in der Realität lässt sich aktuell leider beobachten, das die Masse der Menschen - aufgehetzt von Politik und Medien - dazu tendiert, andere Meinungen zu diskreditieren. Zum Glück sind wir hier noch nicht beim Lynchen.
Nur das Mädchen Liff hat Mitleid mit diesen Außenseitern; Miranda war nicht nur ihre Lehrerin, sondern auch eine gute Freundin. Die ganze Zeit träumt sie von ihrem Großvater Heroest Holt, der einst aufgebrochen war, um die Hexe zu jagen, welche für die Missernten verantwortlich sein soll. Doch diese ist lediglich die Inkarnation der Terraformerin Avrana Kern.
Der gesamte Plot ist verwirrend und erscheint diffus, doch am Ende erlöst uns Tchaikovsky und liefert uns die traurige Erklärung der Geschehnisse. Denn die gesamte Siedlung wurde von einer Maschine simuliert, welche sich auf dem Planeten befindet oder der Planet selber ist.
Die digitalisierte Crew das Skipper konnte hier gut eingebaut werden; auch die beiden Raben, welche eine neue Art der Intelligenz in die Geschichte einbringen. Und diese können zusammen mit Avrana Kern die Crew aus der Simulation befreien.
Das Mädchen Liff stellt sich als letzter lebender Mensch auf dem Planeten heraus und muss am Ende elend verhungern. Aber dies ist immer noch nicht das richtige Ende. Wenn du diesen Roman liest, wirst du den Rest noch erfahren.
Aufgrund des überraschenden Endes musste ich an Philip K. Dick's „Irrgarten des Todes" denken, welcher ebenfalls im Verlauf seiner Geschichte immer wieder unlogische Handlungsverläufe zu bieten hat. Und auch bei Tchaikovsky werden diese am Ende abrupt logisch verständlich. Ein würdiger Abschluss der Triologie, ohne allerdings die beklemmende Atmosphäre von Philipp K. Dick erreichen zu können.
Thomas Brussig - Mats Hummels auf Parship
Dieses dünne Büchlein mit knapp 140 Seiten hatte ich zusammen mit einem interessanten Roman dieses Autors auf Verdacht gekauft und musste es nicht bereuen. Das Buch beinhaltet drei Monologe des Autors, welche über die Jahre entstanden sind.
Ohne Absätze - quasi ohne Punkt und Komma - erklärt uns Brussig die Welt aus der Sicht eines ostdeutschen Fußballtrainers. Und dieser Amateurtrainer ist ein Wutbürger, wie er im Buche steht. Egal ob Corona, die Finanzkrise oder das allgemeine Zusammenleben in der Gesellschaft: Mit einer nonchalanten Leichtigkeit erklärt uns der Trainer anhand des Fußballspiels und seiner Protagonisten die Welt.
Und es passt, verblüffenderweise. Diese Sichtweise des Lebens ist ja genau meine, deshalb brauchte ich für die ersten beiden Monologe auch nur zwei Abende. Im dritten Monolog wird dies alles aus der Sicht eines Schiedsrichters geschildert. Dieser ist kein Wutbürger und schon ist der Zauber dahin.
Nach wenigen Seiten musste ich die Lektüre abbrechen, denn die schon klinisch zu nennende Objektivität langweilt ungemein. Mal sehen, wie der Roman so ist.
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