Samstag, 28. Oktober 2023

Uncle Fester: grad gelesen Oktober 2023

Andreas Brandhorst - Ruf der Unendlichkeit
Endlich ein neuer Brandhorst, da war ich gleich freudig erregt. Die Handlung basiert auf dem Omni-Universum, obwohl seitdem bereits Millionen Jahre vergangen sind.
Die Omni und die anderen großen Zivilisationen waren untergegangen und hatten ein großes Chaos hinterlassen. Das Volk der Moy hat die Rolle der Ordnungsmacht übernommen und bekämpft das Volk der Blender, welche Chaos im Universum stiften wollen. Die Herkunft dieser beiden Superzivilisationen der achten Ordnung ist nicht bekannt.
Aaron ist der letzte noch existierende Mensch und bekämpft als Agent der Moy die Blender, wo immer sich diese auch bei Zivilisationen niederer Ordnung einmischen. Unterstützt wird er hierbei von der KI seines Schiffes namens Sal.
Bei der Untersuchung auf einem Planeten, auf dem mehrere Agenten der Moy ums Leben gekommen waren, trifft Aron den Blender Curax. Der kann Aron überwältigen und zu seinem Amalgam machen. Jetzt können beide das Bewusstsein mit dem jeweiligen Partner teilen. Curax möchte Aron davon überzeugen, das nicht die Blender, sondern die Moy die wahren Bösewichte sind.
Als Beweis führt er Aron zu einer uralten Zuflucht der Menschen. Tatsächlich kann Muriel, eine Kämpferin der 14. und letzten Zivilisation der Menschen nach Äonen im Tiefschlaf wiedererweckt werden. Und es gibt sogar noch die Chance auf weitere überlebende Menschen im Andromeda Nebel. Dorthin waren die letzten Überlebenden der Menschen einst geflohen.
Der allerletzte Unterschlupf war Ultima, ein Sternensystem außerhalb des Andromeda Nebels. Das Volk der Ptoha, die Wächter der Zeit, sollte die Menschen zur Milchstraße zurückführen. Doch aus Angst, die Zeitlinien durcheinander zu bringen, ließen die Ptoha die Menschen von Ultima in der großen Leere zwischen Milchstraße und Andromeda versauern.
Curax, der ein falsches Spiel spielt, reist in die Vergangenheit und übernimmt die Kontrolle auf Ultima, um durch die Rückreise zur Milchstraße die Geschichte in seinem Sinne zu verändern. Als Aaron ebenfalls auf Ultima eintrifft, ist Muriel leider verstorben.
Es stellt sich heraus, das Jahid, Arons Chef bei den Moy, und Curax ein und dieselbe Person sind. Dank alter Omni Artefakte kann Aaron die sogenannten Chimären vernichten und die Zeitlinie dahingehend korrigieren, dass die Menschheit in der Milchstraße überlebt. Er selbst bricht am Ende mit Sal in die Weiten des Universums auf.
Dieser Roman von Brandhorst nimmt erst nach einiger Zeit Fahrt auf. Sicherlich nicht sein bester, denn dank der räumlich und zeitlich ausufernden Geschichte bleibt die Charakterisierung der einzelnen Figuren auf der Strecke. Als Fortführung des Omni-Universums hätte es ruhig eine Nummer kleiner sein dürfen.

Mike Brooks - Dark Run(1) und Dark Sky(2)
Zwei Bände des Briten, der wohl Gitarre in einer Punkband spielt und Fußballfan ist. Wahrscheinlich war dies der Grund, weswegen ich mir beide Bücher gekauft habe. Mike Brooks aus Nottingham soll wohl den dritten Roman vorbereiten.
Die irdischen Machtblöcke sind weit in die Galaxie vorgestoßen. Dies führte zwangsläufig zu einem interstellaren Krieg, in dem (wie vor 500 Jahren) Freibeuter eingesetzt wurden. So kämpfte der Freibeuter Gabriel Drake für die Europaner gegen die Afrikaner (FAS) und ließ seine gesamte Crew sterben, als sein Schiff von der FAS gestellt worden war, um sich selbst zu retten.
Nunmehr unter seinem neuen Namen Ichabod Drift untergetaucht und als Schmuggler tätig, werden er und seine neue Crew auf dem Raumfrachter Keiko in Dark Sky von seinem ehemaligen Verbindungsoffizier Kelsier beauftragt, eine Kiste zu einer Konferenz in Amsterdam auf der Erde zu schmuggeln.
Dass es sich dabei um eine Atombombe handelt, wusste Ichabod nicht. Seine Crew und er konnten die Bombe aber noch in allerletzter Minute über dem Atlantik zur Detonation abwerfen, bevor Amsterdam zerstört worden wäre.
Zu seiner Crew gehören Tamara Rourke, Mitinhaberin der Keiko und damit seine Geschäftspartnerin. Der Maori Apirana - Kraftprotz und Kampfmaschine - geistig etwas weniger stark. Micah, ein ehemaliger Söldner, der leider schon im ersten Buch verstirbt. Jenna, eine junge Frau, die sämtliche Computersysteme hacken kann. Vervollständigt wird das Team durch die Geschwister Jia (die Pilotin) und Kuai (der Mechaniker).
Ichabod kann Kelsier in dessen Unterschlupf - einem Asteroiden - stellen und töten. Jenna und Apirana sind hierbei die entscheidenden Charaktere, welche diese Story zum Abschluss bringen. Der Grinsemann - seines Zeichens der beste Auftragskiller in der Galaxis - tötet bei dieser Gelegenheit Micah.
Im zweiten Band sollen Ichabod und seine Crew einen Entschlüsselungscode von einem Minenplaneten herausschmuggeln. Dumm nur, das die Minenarbeiter ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt einen Aufstand durchziehen. Die Crew wird getrennt und findet sich auf beiden Seiten der Bürgerkriegsparteien wieder.
Ohne es zu ahnen, bekämpfen sich Ichabod und Tamara gegenseitig bei der Unterstützung der jeweiligen Partei. Als die Crew endlich vereint ist - auch mit einer gegnerischen Freibeuter Gang - kommt es im Palast des Gouverneurs zum Showdown. Dieser will lieber den Planeten sprengen als ihn den Aufständischen zu überlassen. Schließlich wird er vom idealistischen Polizeichef, den Ichabod unterstützt hatte, gerichtet. Jetzt können alle ins Happy End fliehen.
Der dritte Band ist noch nicht auf Deutsch erschienen und wird es wohl auch nicht. Der zweite Band kam 2016 raus. Die Story ist eher dünn, aber unterhaltsam. Ich könnte mir das Ganze als Fernsehserie vorstellen. Doch du hast nichts verpasst, wenn Du an diesem Zyklus vorbei gehst.

Montag, 23. Oktober 2023

Warum spielt denn der Poldi nicht?

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Mo. Immer noch 27. Juni

Das Spiel fing an und gleich in der vierten Minute ging der isländische Torhüter Halldorsson derart dämlich und unnötig zum Ball und auf den englischen Wirbelwind Sterling drauf, das dieser sich sofort auf Höhe des Fünfmeterraumes schlafen legte. Den fälligen Strafstoß netzte Rooney sicher zum 1:0 in die Maschen.
Meine Löwin bekam dies gar nicht mit, weil Harald gerade angerufen hatte und sich nach ihrem Befinden erkundigte. Die Empfehlung zu diesem Arzt kam von ihm. Die folgende Szene, nur 2 Minuten später, verpasste sie deshalb auch. Ein weiter Einwurf der Isländer von rechts, wie eine Flanke kam der Ball, Arnason verlängerte mit dem Kopf mitten vor das Tor, wo Sigurdsson völlig unbedrängt reingrätschte und die Murmel über die Torlinie hievte.
1:1! I wurd narrisch! Nach dem Führungstreffer der Engländer hatte ich die Partie eigentlich schon abgehakt. Aber das die Isländer so schnell wieder zurückkommen würden, damit hätte ich nicht gerechnet. Meine Löwin bekam das Geschehen aus den Augenwinkeln mit und beendete schnell ihr Gespräch mit Harald. Jetzt zitterten wir zusammen mit den Isländern und hofften, das das Spiel möglichst lange spannend bleiben würde. Die Isländer hatten sich einen glorreichen Abgang aus dem Turnier verdient.
Es zitterten aber nur die Engländer, die nach dem Ausgleich vorne nichts mehr zustande brachten, während Island mit schönen Ballstaffetten brillieren konnte. Nach einer Abfolge von mehr als 10 Stationen war Sigthorsson auf Höhe der Strafraumgrenze frei und schloss das isländische Tiki Taka mit einem Flachschuss ins rechte untere Eck ab. Ein eigentlich schwacher Schuss, aber Gary Hart, Torhüter von Manchester City, fiel noch langsamer als eine Bahnschranke. Der Ball rutschte einfach mal so eben unter ihm durch zum viel umjubelten Führungstreffer für Island.
Was ging denn hier ab? Wir trauten unseren Augen nicht. Die Engländer waren vollkommen von der Rolle und brachten bis zur Pause nichts mehr zustande. Die Pfiffe der enttäuschten englischen Fans waren gegen Ende der Halbzeit lauter als die Jubelgesänge der Isländer. Zur Pause waren die Bierstände im Stadion garantiert gut besucht.
Hodgson brachte Jamie Vardy, den Shootingstar aus Leicester, nach der Pause. Ich sah da schon schwarz für die Isländer, zumal jetzt die Ausflüge in die englische Hälfte immer seltener wurden und die wenigen Chancen dann auch unkonzentriert vergeben wurden. Mit abnehmender Kondition traten ihre technischen Schwächen deutlich zu Tage.
Doch die Engländer konnten dies nicht nutzen. Total verstört spielten sie um den isländischen Strafraum herum und warteten auf eine Lücke, um die sich ergebenden Möglichkeiten dann um so kläglicher zu vergeben. Der völlig weggetretene Rooney wurde erst in der 87. Minute gegen das 18jährige Talent Rashford ausgewechselt. Erst da wurden sie gefährlich.
Rashford ging auch einfach mal rein in das Eins gegen Eins Spiel und riss dadurch Lücken in die ansonsten kompakte Abwehr der Isländer. Doch es war zu spät. Der Schiedsrichter pfiff ab und die Engländer blamierten sich bis auf die Knochen. Die Isländer dagegen jubelten ohne Ende und liefen sofort über den ganzen Platz zur Kurve mit den 3000 isländischen Fans, die das Glück hatten, für dieses historische Match eine Karte zu bekommen.
Sigurdsson, der Schütze des Ausgleichstreffers, hielt seine kleine Tochter im Arm, die gar nicht wusste, was dort eigentlich geschah. Den wohl schönsten Moment der gesamten Europameisterschaft, da lege ich mich jetzt schon fest und ändere nur bei Bedarf meine Meinung, hat meine Löwin leider nicht mehr mitbekommen, denn da war das Spiel schon ein paar Minuten vorbei.
Zusammen mit den Spielern führten die Zuschauer ihr "Haka"auf, mit dem sie nun schon im vierten Spiel ihre Mannschaft angefeuert hatten. Ich beschreibe es mal so: Hände und die Höhe und dann langsam rhythmisch klatschen, auf den Klatsch ein donnernd grollendes "Huh"dazu. Dabei wird das Ganze immer schneller, bis es sich in lauten Jubel auflöst. Wenn dies ca. 3000 besoffene Isländer machen und das dann noch so gut klappt, dann ist Gänsehaut garantiert.
Mal sehen, wie sich die Franzosen gegen die Isländer am Sonntag behaupten können. Ich glaube es zwar nicht, das die Isländer noch einmal so eine Energieleistung fertig bringen. Aber wer weiß...
Das ist das Faszinierende an diesem Spiel. Da schlägt ein eigentlich chancenloser Außenseiter voller Zweitligakicker und Spielern aus den skandinavischen Ligen die Millionentruppe aus England, die alle in der Premier League spielen und pro Woche mehr Geld verdienen als ein isländischer Profi in einem Jahr.
Und noch eins: Hier sieht man wieder mal, das die hohen Gehälter und Unsummen, die da nicht nur in der Premier League, sondern auch in der Bundesliga, Primera Division oder der Seria A verdient bzw. umgesetzt werden, mittlerweile in keinem Verhältnis mehr zur Leistung stehen. Geht ja auch nicht, weil die Unterschiede naturgemäß eher minimal sind.
Ein Allerletztes dann doch noch zu diesem Spiel: Der von mir an diesem Abend häufig gehörte hämische Vergleich mit dem Brexit, dem Votum der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union, ist vollkommen unangebracht. Denn außer im Fußball geht es der britischen Wirtschaft, die Finanzdödel in London mal außen vor, nicht so gut. Erst mit dem Austritt haben sie die Chance, wieder auf die Beine zu kommen.
Danke für den Schlußkommentar, Contramann. Wir geben nun ab zu den Nachrichten und verabschieden uns aus Paris. Wir freuen uns auf die Viertelfinals ab Donnerstag.

Sonntag, 15. Oktober 2023

Contramann: kurz gesehen im Oktober

https://www.neulandrebellen.de/2023/09/kuesse-und-andere-menschheitsverbrechen/
Während knapp über zwei Millionen Kinder im reichen Deutschland in Armut leben müssen, schießt unsere Regierung einen dreistelligen Milliardenbetrag in Rüstung und Waffen für die Ukraine, ohne mit der Wimper zu zucken.
Aber das ist eben nicht so wichtig, denn der Präsident des spanischen Fußballverbandes hatte einer spanischen Spielerin bei der Gratulation zur unverhofften Weltmeisterschaft ungefragt auf den Mund geküsst. Das hat Roberto LaPuente wunderschön bissig beschrieben.
Damit wir uns nicht missverstehen: Der (mittlerweile ehemalige) Präsident des spanischen Fußballverbandes ist sicherlich ein übler Macho, aber f***en oder sonstwie erniedrigen wollte er die Spielerin sicherlich nicht. Auf alle Fälle aber scheint dies in unserer „woken“ Republik wichtiger zu sein als Folgendes:
In der Ukraine krepieren Menschen vollkommen sinnlos für die Interessen der USA und die satten Profite der westlichen Rüstungsindustrie. Dank russischer und jetzt auch westlicher Streumunition verzeichnet die deutsche Prothesenfirma Ottobock traumhafte Umsätze und bereitet den Börsengang vor. Allein von deren Gewinnen könnte man den ärmeren Bevölkerungsschichten (Kindern!) ein besseres Leben ermöglichen.

https://www.nachdenkseiten.de/?p=103518
Lies Dir das durch und denk dann an die werte- und regelbasierte Weltordnung, mit der vor allem unsere Außenministerin argumentiert, wenn es gilt, China oder Russland in ein schlechtes Licht zu rücken.
Was eine werte- und regelbasierte Weltordnung genau sein soll, wird uns übrigens nicht erklärt. Nach dem tatsächlichen Handeln unserer Regierenden kann das ja nur die „Wokeness" sein; und natürlich die Beachtung der Menschenrechte. Den letzteren Punkt unterstütze ich gern.
Und was machen diese Chinesen? Definieren die Armutsbekämpfung einfach als Menschenrecht um und schreiben sich dies gar noch auf ihre Fahnen! Noch 1980 lebten 800 Millionen Chinesen in absoluter Armut. 40 Jahre später genießt selbst die Landbevölkerung in entlegenen Gegenden dank vom Staat neu gebauter und anfangs mietfreier Wohnungen einen wenigstens abgesicherten Lebensstandard.
Aber ich bin mir sicher, dass der gewöhnliche Mindestlöhner in Deutschland nicht auf diesen billigen Trick der Chinesen reinfällt und lieber für die Freiheit der Geschlechterwahl oder die Abschaffung von Folter und Unterdrückung von Minderheiten überall auf der Welt kämpft als zu fordern, dass der Staat bedingungslos den sozialen Wohnungsbau nicht nur fördert, sondern auch wirklich durchsetzt.
Und dann exportieren die Chinesen ihr Erfolgsmodell noch mittels der Belt and Road Initiative in die ganze Welt. Ach Leute, wo ist hier in Deutschland die politische Kraft, die erkennt, dass nur eine soziale Grundabsicherung - ich meine hier nicht das Bürgergeld auszahlen und dann sieh zu, wo Du bleibst - nicht nur die Menschenrechte, sondern auch den Klimawandel ermöglicht.

https://overton-magazin.de/kolumnen/der-baer-tobt/vom-tilburger-modell-bis-zur-enteignung-des-sozialen-eigentums/
Schön zusammengefasst. Die Privatisierungsorgien der öffentlichen Verwaltungen ab den 90er Jahren hatten zwar kurzfristig Geld in die leeren Kassen der öffentlichen Hand gespült, aber dafür wandern seitdem Gewinne aus sozialem Wohnungsbau, Bahn und Post oder auch Wasser- und Energieversorgern in die Privatwirtschaft.
Und in der Privatwirtschaft füllen diese Gewinne die Konten der Eigentümer und Aktionäre, während diese vorher unter öffentlicher Verwaltung zumindest zum großen Teil in die Aufrechterhaltung der Infrastruktur oder Verbesserung der Versorgung der Allgemeinheit geflossen waren.
Sicherlich ist das stark vereinfacht wie populistisch dargestellt, aber mit einer ausführlicheren Erklärung wenden sich die meisten Leser eher ab, weil sie das Thema langweilt. Vom „neuen Steuermodell“ samt Budgetierung, Controlling und der doppelten (kaufmännischen) Buchführung will selbstverständlich niemand etwas wissen.
Denn das kennt man aus der Privatwirtschaft.

https://overton-magazin.de/kommentar/politik-kommentar/vier-frauen-auf-einem-boot/
Frau Faeser steht ja schon wegen der Entlassung von Arne Schönbohm, ehemals Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik, in der Kritik. Ihren Konkurrenten Boris Rhein von der CDU anlässlich der Landtagswahl in Hessen hatte sie per Wahlvideo in AfD-Nähe gerückt, zugegebenermaßen dieses aber schnell zurückgezogen.
Und bei der Bootspartie mit 3 SPD-Landesmüttern zur Unterstützung ihrer Ambitionen in Hessen nur weibliche Journalisten haben zu wollen (das nachgeschobene, gönnerhafte Dulden männlicher Journalisten klang eher fad), ist schon sehr abgehoben.
Meine Güte, solche Flachzangen wie Faeser bestimmen die Geschicke unseres Landes. Und zurücktreten ist auch nicht angesagt.

Alsdann: Bleiben Sie links, bleiben Sie kritisch. Und:
„I`m so bored with the USA. But what can I do?“

Samstag, 7. Oktober 2023

guterPlatzzumBiertrinken: Es ist heiß, Baby

Samstag 15. Juli. Endlich mal ein Wochenende ohne Termine, außer Doras Geburtstag am Sonntag. Der Wetterbericht sagte einen regenfreien Tag voraus. Kein Wunder, denn es wurden Temperaturen von um die 30 Grad Celsius im Schatten angekündigt.
Ich musste es also langsam angehen lassen, denn dank der momentan einzunehmenden Psychopharmaka fühlte ich mich sowieso schon schlapp. Hinzu kommt meine aktuell mangelnde Kondition, da ich mit der sportliche Betätigung in diesem Jahr bislang leider etwas nachlässig umgegangen war.
Nachdem ich mich reisefertig angezogen hatte, fehlte mir immer noch die Route der heutigen Tour. Mehr aus Zufall blickte ich auf das Festnetztelefon und stellte erstaunt fest, dass Dora Minuten vorher angerufen und eine Nachricht hinterlassen hatte. Herbert musste per Notarzt ins Krankenhaus verbracht werden, weil ihm am Bein eine Ader geplatzt war.
Sofort rief ich sie zurück; zum Glück wirkte sie am Telefon relativ gefasst und konnte auch schon wieder lachen. Eigentlich wollte sie nur erfragen, ob wir am Sonntag etwas eher kommen könnten. Von meiner Seite bestanden da keine Bedenken und ich kontaktierte umgehend meine Löwin. Nun war auch sie informiert und ich konnte endlich losradeln.
Als ich mein Fahrrad auf den Garagenhof geschoben hatte, schlug mir die Hitze wie ein Knüppel auf dem Kopf entgegen. Der Sound eines alten Prinz Buster Songs ging mir durch den Kopf. „Too hot, too hot. This town is too hot!" Wahrlich, es ist richtig heiß, Baby!
Heute würde ich keine große Runde drehen können, zumal die Temperatur über Mittag weiter steigen würde und es ab ca 16.00 Uhr stark regnen sollte. Eine Route, die ich eh nicht hatte, erübrigte sich demzufolge. Ich benötigte lediglich ein Bäckerei Café für ein schnelles Frühstück, wollte beimk örtlichen Buchladen Graff noch ein Buch für Herbert besorgen und abschließend Getränke für zu Hause einkaufen.
„Achtsam morden" von Karsten Dusse sollte es sein; dieser Roman wäre für Herbert jetzt genau der Richtige. Bei unangenehm hoher Luftfeuchtigkeit, kräftiger Sonneneinstrahlung und leider nur selten wehenden wie kühlenden Wind bewegte ich mich Richtung Ringgleis. Ich hoffte, vielleicht in der Nähe des Europaplatzes beim B&B Hotel ein Frühstücks-Restaurant entdecken zu können.
Doch da hatte ich mich getäuscht, in der Beziehung ist die Gegend diesbezüglich tot. Zum Glück stellte dies für mich keinen Beinbruch dar und ich steuerte zielsicher die Innenstadt an. Das Café der Bäckerei Ziebart gegenüber von Graff würde mir genügen müssen, zumal ich dadurch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen konnte.
Jetzt erst einmal Frühstück

Frühstücken und das Buch kaufen, quasi an einem Ort. Zuerst das Frühstück. Zunächst sicherte ich mir einen zurückgezogenen Platz in der Nähe der Toilette, denn draußen bei der Außenbestuhlung knallte die Sonne auf die Tische und auch ansonsten liefen mir da zu viele Menschen vorbei.
Zum Frühstück mit Rührei und zwei Butterbrötchen wollte ich eigentlich diesen Text einsprechen, aber das schwüle Wetter mit der extrem hohen Luftfeuchtigkeit machte mir da einen Strich durch die Rechnung. Da ich bei dem Biss ins zweite Brötchen bereits ordentlich abgeölt hatte, beeilte ich mich mit dem Frühstück und schloss dieses früher als gedacht ab.
Nur noch schnell zu Graff das Buch kaufen, danach über Rewe ab nach Hause. Ab Radeklint führte die Celler Straße ein ganzes Stück lang nur bergauf. Diese Steigung meisterte ich mit Ach und Krach im dritten Gang, was einen neuen Negativrekord für mich darstellen dürfte. Als ob mir einer den Stöpsel herausgezogen hatte. Nun ja: Es ist heiß, Baby.
Zu meiner „großen Freude" war der Rewe im weißen Ross wegen Umbauarbeiten geschlossen, so dass ich zum Rewe am Rudolfplatz eiern musste. Dieser Laden ist innen gut klimatisiert. Augenblicklich ging es mir erheblich besser. Ich konnte mir sogar vorstellen, den ganzen Tag dort drin zu bleiben.
nette Kopfbedeckung
Ich blieb natürlich nicht dort. Nachdem ich dort wie Falschgeld durch die Regale geschlendert war, bezahlte ich die von mir eroberten Getränke und sattelte mein Fahrrad für die Heimfahrt. Auf diesem letzten Teilstück quälte ich mich noch einmal besonders ab. Der Großvater war wieder unterwegs.
Zu Hause angekommen, musste ich mich erst einmal hinsetzen und danach eine kalte Limonade zu mir nehmen. Nebenbei füllte ich den Kühlschrank mit Getränken auf und holte sogar noch einen Korb mit Wäsche aus der Waschküche hinauf, was mir wohl meine letzten Kräfte geraubt haben dürfte.
In meinem abgedunkelten Zimmer aktivierte ich den Standventilator und machte es mir auf dem Schreibtischstuhl bequem. Die kühle Puste des Ventilators brachte mir einige Lebensgeister zurück, doch längst nicht alle. In kürzester Zeit zog ich einen Liter Limo weg und handelte mir einen Blubberbauch ein.
So langsam glaube ich, dass ich von meiner letztjährigen Covid Erkrankung einen bleibenden Schaden zurückbehalten habe. An dem heutigen Vormittag fühlte ich mich noch einmal schwerfälliger als in meinem vorangegangenen Urlaub, als ich bei vergleichbarem Wetter mit meiner Löwin 5 Tage bei Phil in München gewesen war und am Wochenende drauf in Lüneburg mit den Jungs von der BiRe abhing.
OK, es hat halt heute nicht sein sollen. Die nächste Tour wird länger. Es ist heiß, Baby!

Montag, 2. Oktober 2023

Die Clans des Alphamondes 2/2

2
Es gilt nun, den perfiden Plan der Menschen zur Annektierung des Alphamondes auf Kosten der Psychopathen zu durchkreuzen. Und die Lösung ist ebenso einfach wie genial: Die Gemeinschaft der Clans erklärt sich als unabhängiger Staat und bitte die Alphaner um Schutz. Jetzt endlich - ohne die Bevormundung durch den Wertewesten, äh Verzeihung Menschen - können die Psychopathen in Frieden leben.
Chuck und Mary Rittersdorf werden ebenfalls auf dem Alpha Mond verbleiben. Mary stellte im Lauf der Handlung fest, dass sie nicht manisch, sondern depressiv veranlagt ist und schließt sich der entsprechenden Gemeinschaft an. Chuck wiederum gründet seine eigenen Gemeinschaft der Normalos namens Jeffersontown. Lord-Flieh-den-Geiz und er sind die einzigen Bewohner. Ein Happy End also, für Philip K. Dick total untypisch.
Mein Lieblingsautor Philip K. Dick war beileibe kein Kommunist, auch wenn die CIA dies wohl spätestens in den 70er Jahren aufgrund seines Romans „Flow my Tears, the Policeman said" vermutet hatte.
Aber wie kein Zweiter war Dick schon zu Beginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit ein strenger Kritiker des hässlichen wie unmenschlichen „American Way of Life" gewesen. Auch in diesem Roman spießt er eine Eigenart der damaligen dekadenten amerikanischen Mittelklasse gnadenlos auf:
Dort gehörte es schon damals in den 60er Jahren zum guten Ton, zum Psychiater zu gehen. Und zu diesem Thema ist die Moral aus dieser Geschichte unzweideutig. Nicht die Verrückten sind das Problem, sondern die angeblich normalen Menschen. Und diese Ansicht unterschreibe ich auch sofort für die heutige Gesellschaft in Deutschland.
Die Psychopathen des Alphamondes sind schräg, aber dennoch liebenswert. So sieht der Paranoiker Gabriel Baines überall Gefahr und Verrat lauern, doch wenn er die dralle Poly Annette Golding erblickt, welche in ihrem krankhaft kindlichen Gemüt an einer Essstörung leidet, kann er seine Paranoia zurückstellen, weil er sie bedingungslos liebt.
Oder der zynische und äußerst aggressive Mani Howard Straw, der anscheinend jeden hasst, was ihn allerdings nicht davon abhält, für die gesamte Gemeinschaft in den Kampf zu ziehen.
Der scheinbar depressive Chuck Rittersdorf entpuppt sich am Ende als Normalo, seine starken Selbstmordgedanken und Mordgelüste konnte er mithilfe von Lord-Flieh-den-Geiz überwinden. Der ganymedische Schimmelschleim stellt sich hier als stabilisierender Faktor für Chucks temporäre psychische Dysfunktion heraus.
In diesem Roman nimmt Dick auch schon einen wesentlichen Aspekt von „Träumen Roboter von elektrischen Schafen?" vorweg. Das Simulacrum Daniel Mageboom erscheint menschlicher als seine Mitstreiter von der CIA. Überhaupt bleiben die Leute von der CIA, auch Mary Rittersdorf, äußerst blass in ihrer fehlenden Emotionalität.
Und nachdem ich „Die Clans des Alphamondes" nach bald 50 Jahren zum nunmehr zweiten Mal gelesen habe, sind mir auch die großen Parallelen zum politischen Geschehen in jüngster Vergangenheit aufgefallen. Ob in Syrien oder aktuell in der Donbas-Region - die jeweiligen Machthaber wandten sich an Russland als Hilfsmacht, weil sie sich vom Wertewesten in ihrer Existenz bedroht sahen.
Selbstverständlich standen schon 1964 Dicks Alphaner für die Sowjetunion; die perfiden Methoden der CIA dagegen, z.B. zur Einsetzung genehmer Despoten zur Wahrung US-amerikanischer Interessen, waren 1964 schon zur Genüge bekannt. Die McCarthy Ära war zu Ende gegangen und Kritik konnte nun in den USA wieder offen geäußert werden.
Rückblickend betrachtet halte ich die Sechziger und Siebziger Jahre für die wohl freieste und demokratischste Zeitspanne nach dem Zweiten Weltkrieg. Dies führte zur Entspannungspolitik und damit zur Verbreitung des westlichen Freiheitsverständnisses auch in den Staaten des Warschauer Paktes.
Dieses Freiheitsverständnis, welches mir in meiner Schulzeit vermittelt wurde, stellt sich für mich zunehmend als hohle Phrase heraus. Denn je stärker die wirtschaftliche Vormachtstellung der USA bedroht wird, desto aggressiver agieren die US-Amerikaner. Philip K. Dick war dies schon damals klar gewesen, nicht zuletzt bei „die Clans des Alphamondes" wird dies mehr als deutlich.
Bei dieser Rezension habe ich mich auf einige wenige Aspekte des Romans beschränkt. Die leicht angedeuteten PSI-Kräfte der Depris z.B. habe ich gleich außer Acht gelassen, da Dick dieses klassische Element der Science Fiction wohl nur schnell noch mal hinein geschrieben hatte, um beim damaligen Zielpublikum der Science Fiction Interessierten punkten zu können.
Wie also bei vielen Werken von Philip K. Dick üblich, geht der Autor mit der Vielzahl seiner Ideen äußerst verschwenderisch um. Moderne Autoren hätten aus diesem Material mehrere voneinander unabhängige Romane entwickeln können, zumindestens einen umfassenden Zyklus. Nicht so Philip K. Dick, der hatte dies nicht nötig.
Dem stand in seiner Wahnhaftigkeit eine überschäumende Fantasie zur Verfügung. Hierzu gehört auch immer wieder ein gewisses Deja Vu Erlebnis, wie wir alle es aus unserem Leben kennen. Als Bunny Hentman Chuck die Story des Mordes an seiner Ex vorschlägt, droht Chuck in ein tiefes Loch zu versinken, weil er genau dieses heimlich plant.
Ich werde „die Clans des Alphamondes" noch einmal lesen müssen, um die Komplexität der Story noch besser erfassen zu können. Ich hoffe, dies in weniger als 50 Jahren zu schaffen.