Sonntag, 23. September 2018

Hartmudo: Mutter

32
Einen möglichen Termin für den Wohnungsflohmarkt fanden wir zügig nach Durchsicht in unseren Terminkalendern. Es würde der 26. November, also übernächsten Samstag, sein. Ich war in diesem Moment richtig gut drauf. Wir hatten für jeden der nàchsten Schritte Lösungen erarbeitet, mit denen wir alle leben konnten. Meine ursprüngliche Befürchtung, dass wir uns an Ort und Stelle gegenseitig zerfleischen würden, hatte sich zum Glück nicht bewahrheitet. Ruhig und sachlich hatten wir uns geeinigt und persönliche Befindlichkeiten hinten angestellt. Das schafft nicht jede Familie. Da war ich richtiggehend erleichtert.
Gerade wollte ich aufstehen und mich von den anwesenden Sunny, Reiner und Berta verabschieden, um meine Löwin anzurufen und sie zum Essen mit dem Butler Bonusheft einzuladen, da schaltete sich Reiner noch einmal ein. Er wandte sich an seine Frau Sunny. Ob sie denn nicht noch etwas fragen wollte? Mit zusammengekniffenen Lippen blickte Sunny starr geradeaus, blieb aber stumm.
„DU wolltest doch unbedingt noch was los werden," polterte Reiner lautstark herum. „Und jetzt kriegst Du den Mund nicht auf! Nun sag es doch endlich mal, meine Güte!"
Meine leicht beschwingte Stimmung erhielt einen empfindlichen Dämpfer und drohte zu kippen; Sunny, von Reiner derart aufgestachelt, traute sich jetzt. Sie begann mit schon heller Stimme, die sie kurz darauf noch ins Schrille zu steigern wußte. „Was hast Du denn da alles mit nach Hause genommen, Berta?"
„Na, den Schmuck, der hier war," antwortete die sichtlich irritierte Berta mit gerunzelter Stirn. „Der steht bei mir zu Hause in Kisten. Ich habe da nicht hineingeschaut, habe das einfach ungesehen in mein Arbeitszimmer gestellt." Hier rechtfertigte sich Berta unnötigerweise, weil sie gleich dazu betonte, das sie den Schmuck nicht angefaßt hätte. Dies war für Sunny eine willkommene Steilvorlage, jetzt brachen bei ihr alle Dämme.
„Ach nee, und wo sind die silbernen Teller, die hier standen?" Sunny war aufgesprungen und zeigte auf eine Stelle in Mutters Wohnzimmerschrank, wo die ominösen Silberteller vorher wohl gestanden hatten. In ihrer Gestik, Mimik - ja auch in ihrer schrillen Stimme wirkte Sunny auf mich wie Rumpelstilzchen. Ich war vollkommen überrascht ob dieser unerwarteten Wendung des Geschehens und blieb stumm.
„Ja, stimmt. Die habe ich da auch zuhause mit dem Schmuck stehen. Ich habe die Sachen nicht weiter angefaßt." Berta war wie vor den Kopf geschlagen und kratzte sich nachdenklich an der Stirn. Diese defensive, ja unterwürfig wirkende Geste befeuerte Sunny nur noch mehr. Berta war anzusehen, das sie sich wie ein unschuldiges Kind fühlte, das vom Lehrer gemaßregelt wurde.
Sunny war inzwischen die paar Meter bis zur Zimmertür geeilt. Sie sah jetzt nicht nur aus wie eine Hexe, sie keifte auch so. Lediglich der Besen fehlte. „Und was ist mit der Tasche? Hier stand eine schwarze Abendhandtasche, mit Strass besetzt. Und was ist mit den Sparbüchern passiert, die da drin waren?" Wie wild gestikulierte die mittlerweile schreiende Sunny auf den Boden vor Vaters altem Schränkchen.
„Was für eine Abendhandtasche?" fragte Berta, sichtlich irritiert. „Da war keine Tasche, ich habe keine Tasche. Alle Sachen stehen bei mir im Arbeitszimmer, vielleicht ist die Tasche dabei, ich weiß es nicht. Ich habe die Sachen dort nur hingestellt und nicht angefaßt. Da war keine Tasche dabei..." Berta sprach jetzt mit gebrochener Stimme, auf diesen Angriff von Sunny war sie nun wirklich nicht vorbereitet.
Zeit für Reiner, den wir in glücklicheren Zeiten „Turr-bo" nannten, um seinen theaterreifen Auftritt hinzulegen. Wie in einer billigen Schmierenkomödie stand er auf und stieß mit zitterndem und vorgestrecktem Zeigefinger in Richtung Berta. „Und Dir traue ich sowieso nicht mehr!"
Berta sprang auf und lief an Reiner vorbei Richtung Zimmertür, ich sage nur: Last Exit Melverode. „Das lasse ich mir von Dir nicht sagen," entgegnete Berta mit auf einmal fester Stimme. „Von Dir nicht!" Da war ich mächtig stolz auf meine Schwester Berta, das war eine richtig souveräne Aktion. Und noch immer blieb ich selber stumm, weil ich die Situation nicht noch weiter eskalieren lassen wollte oder weil ich zu konsterniert, oder gar zu feige war? Heute glaube ich, das ich mich da schon längst hätte einklinken müssen.
Und Reiner trat das Gaspedal komplett durch, wie in einer Shakespeare Aufführung des Schultheaters drehte er sich um und rief der davoneilenden Berta hinterher, die Hand locker in die imaginäre Ferne schwingend. „Ja, hau Du nur ab. Das ist wieder mal typisch, jetzt kneifst Du. Wer abhaut, setzt sich ins Unrecht!"
So ein Schmarrn. Das war ja mein Startsignal, zumal sich Reiner und Sunny quasi gegenseitig die Bälle zuspielten. Es blieb die schon gewohnt gleiche Leier. Sunny beklagte, wie mittlerweile üblich, dass sie von uns nicht informiert wurde, als Berta auf meinen Rat hin die Wertsachen aus Mutters Wohnung holte, weil der Termin der Trauerfeier in der Zeitung dank einer von uns geschalteten Anzeige angekündigt war. Aufmerksame Zuschauer von „Nepper, Schlepper, Bauernfänger" wissen Bescheid, für die Anderen: Da gibt es richtige Banden aus dem Südosten Europas, die sich auf Wohnungseinbrüche während Beerdigungen spezialisiert haben.
Sicher wäre es angezeigt gewesen, Sunny davon gleich zu informieren. Doch ich hatte dies mit Berta erst am Tag vorher, einem Donnerstag, besprochen. Von meinem Büro aus rief ich Berta überhastet an, die einen Tag vor der Trauerfeier auch andere Sachen im Kopf hatte, als noch schnell zu Mutters Wohnung zu fahren, um die Wertsachen zu sichern. Da ich allerdings auf der Arbeit auch viel zu tun, vor allem aber kein Auto hatte, musste Berta wohl oder übel los. An Sunny dachte ich da von vornherein nicht, da sie bekanntlich auch arbeitet (2 Stunden Vormittags beim Bauern) und in der Vergangenheit bislang immer sauer reagiert hatte, wenn sie da einen Termin wegen ihrer Mutter absagen musste.
Berta war auf die Ansage von Reiner hin doch nicht aus dem Zimmer gestürmt, wie schon seit geraumer Zeit schaute sie mich mit ungläubigen Blick an. Die Attacke von Sunny und Reiner traf sie vollkommen unvorbereitet. Und wo ich vorher nur mit offener Kinnlade fassungslos auf meinem Hintern saß (was ist hier los?, dachte ich nur), stand ich endlich auf und griff in das turbulente Treiben ein.
Als Erstes erklärte ich der zeternden Sunny sogar noch, dass es mir leid tut, dass ich es versäumt hatte, sie zu informieren. Denn das hatte ich nun wirklich vergessen, ich kann schließlich nicht an alles denken. Viel zu tun oder nicht, Sunny hätte ich schon mal anrufen können.
Jedoch war ich schon durch die letzten Monate wegen Mutter und dem ganzen Hustle angespannt gewesen, außerdem passieren noch andere Sachen in meinem wie auch meiner Löwin's Leben, die erhebliche Aufmerksamkeit erfordern. Aber so was zählt für Sunny in keinster Weise, da sie sich wie immer schon benachteiligt fühlte.
Jedenfalls ist es bei intakten Familienverhältnissen üblich, dass Familienmitglieder untereinander Verständnis aufbringen. Das man da in der Hast des Lebens auch mal Fehler macht, sollte meine Sestra eigentlich verstehen. Und ich Idiot entschuldigte mich noch - was brauchte Sunny denn noch, um ihren Bruder zu verstehen?
Reiner, dessen Gesichtsfarbe ich nur als purpurn beschreiben kann, faselte dann noch irgendetwas, dass man die Wertsachen einer Verstorbenen nicht einfach so beiseite schafft. Das würde sich nicht gehören, das haben auch „Andere" gesagt. Sunny souflierte hierzu zwischendurch immer wieder dieselbe Leier. Wer von beiden da was genau gesagt hatte, weiß ich nicht mehr. Als ob Berta (und ich!) Sunny bestohlen hätten! Meine Güte, war das Ganze abartig. Die beiden waren ja vollkommen durchgeknallt.
Zumal ich dank des lauten Gebrülls der beiden selber sehr schnell auf Betriebstemperatur kam. „Was irgendwelche Arschlöcher sagen, interessiert mich nicht!" Diese asoziale Ausdrucksweise kam mir unwillkürlich über die Lippen, weil ich jetzt so richtig genervt war, da heißt es, Kante zu zeigen. Wehe, wenn er losgelassen.
Nur unwesentlich leiser erinnerte ich Reiner und Sunny daran, das Mutter bereits auf dem Totenbett im Heim beklaut wurde. Und das es Diebesbanden gibt, die sich auf das Ausräumen leerer Wohnung anlässlich von Familienfeiern spezialisiert haben, sollten selbst Sunny und Reiner in ihrer Dorfidylle mitbekommen haben.
Aber nein, es war zwecklos. Wir brüllten uns gegenseitig an, ohne das irgendjemand von uns bereit war, dem anderen zuzuhören, geschweige denn einzulenken. Sunny ritt die ganze Zeit auf dieser Strasstasche herum, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Auch Berta verstand da nur Bahnhof. Da sollten sogar noch Sparbücher drin gewesen sein! Woher sie das wohl wusste...

Dienstag, 18. September 2018

Hartmudo: Sprechblasen 2

Ich sehe hier starke Parallelen zwischen der Nationalmannschaft und Eintracht Braunschweig. Beide haben im Sommer eine riesige Enttäuschung hinter sich und versuchen, dass Geschehen aufzuarbeiten. Gedrängt von den Medien (hauptsächlich bei der Nationalelf) und vor allem den Fans (fett zu beobachten bei der Eintracht in den Foren) sehen sich die Verantwortlichen in der Pflicht, Schadensbegrenzung zu betreiben.
Grindel bei seinen diffusen Äußerungen zu Özil wie auch der Aufsichtsrat bei der letzten Pressekonferenz der Eintracht vom 28. August gaben hierbei keine souveräne Vorstellung ab. Hieran merkt man, was für Apparatschiks über eigentlich mittelständische Unternehmen so bestimmen. Aber das ist ja in der großen wie Lokalpolitik auch nicht anders. Die von den Fans verschmähten Gestalten wie Roman Abramovich (Chelsea) oder Dietrich Mateschitz (Red Bull Salzburg / Leipzig) kriegen das glaubwürdiger hin.
Bei Grindel wie dem Aufsichtsrat von Eintracht wirkt das Ganze eher wie ne Pimmelbude an einer Ausfallstraße Richtung Autobahn. Da sollten sich zumindest die "wahren" Fans der Braunschweiger Eintracht mal fragen, was sie eigentlich wollen. Einen bodenständigen Verein, bei dem Geld und Business nicht im Vordergrund stehen - dann toleriert wenigstens einige amateurhaft wirkende Auftritte der Verantwortlichen, denn das gehört dann einfach mit dazu. Oder aber einen gut laufenden Verein, wo ein Rad perfekt in das andere greift - vergleichbar mit Ikea oder auch Amazon. Das geht nur mit Leuten, die das können. Mateschitz kann das; Red Bull Leipzig hat, nebenbei bemerkt, viel in junge Spieler investiert.
Überhaupt sind es die sogenannten Fans der Eintracht, die dieses Jahr den Verein durch ihr Verhalten wesentlich beeinflusst haben. Erst wurde Lieberknecht wegen seiner Treue zu Eintracht bedingungslos unterstützt - jegliche Kritik wurde in den Foren teils fäkal niedergebrüllt. Erinnert mich fatal an die unglückliche deutsche Geschichte, das nur mal so am Rande.
Die Choreo im letzten Heimspiel pro Lieberknecht bis hin zum Abwenden von der Mannschaft im Spiel gegen Köln (was können die denn dafür?) waren auch typische Aktionen. "Arnold raus" und "Lieberknecht" schrien sie dazu. Und die Verantwortlichen im Präsidium reagierten dann auch prompt.
Pokalspiel gegen Hertha

Was wollen diese Leute eigentlich? Es gab doch jetzt die gewünschte Reaktion. Doch genau wie bei der französischen Revolution immer mehr Köpfe rollen mussten, um den Blutdurst des Pöbels zu stillen, werden bei Eintracht noch weitere Entlassungen gefordert. Der Geschäftsführer Voigt soll ebenfalls weg, dazu der komplette Aufsichtsrat nebst Präsidenten. Und dann? Soll Torsten Lieberknecht als Lichtgestalt zum Herrscher aller Reusen gekürt werden? Ich denke, da haben viele Leute in den Blöcken 8 und 9 außer Eintracht nicht viel im Leben, was sie wirklich ausfüllt.
Es gibt aber noch weitere Gemeinsamkeiten zwischen dem DFB und der Eintracht. Da hätten wir die smarten Sportdirektoren Bierhoff wie Arnold, die sich vor der Kamera eloquent wie nichtssagend äußern und deshalb von den Fans gern gedisst werden. Zumindest Arnold ist nunmehr Geschichte, wobei der Zeitpunkt der Trennung verwundert, sollte ein Ende doch schon nach dem Abstieg im Mai angedacht gewesen sein. Hierzu kursieren massig Spekulationen, die Wahrheit kommt wie in der Politik eh nie ans Licht.
Überhaupt die Pressekonferenzen. Schaut Euch das Statement von Löw (Link steht am Anfang) mal an. Gleichwertig dazu wären auch die Interviews mit Lieberknecht als auch aktuell Petersen zu nennen. Alles leeres Gerede, nichtssagend und überflüssig. Der nächste Gegner ist immer der Stärkste und eminent gefährlich. Die eigene Mannschaft hat gut gespielt (trotz Niederlage) oder kam eben nicht ins Spiel. Sprechblasen, wohin man schaut.
Wie wohltuend ist da ein Mann wie Pele Wollitz, der sich nicht verbiegen läßt. Highlights an Kommentaren wie einst Trappatoni und auch mal Lieberknecht ("Pissverein") sucht man hier vergebens. Insbesondere Petersen macht mir im Moment Angst. Was macht die Presseabteilung der Eintracht eigentlich die ganze Zeit. Empfehlen diese dem Trainer, derart geistigen Dünnpfiff abzusondern? So wird das nichts mit der Authenzität, die dieser Verein nach außen hin gerne ausstrahlen möchte.
Zum Schluß komme ich auf eine Gemeinsamkeit bezüglich der Trainer. Sowohl Löw wie auch Torsten Lieberknecht (Spitzname: der Boss) sind bzw. waren unantastbar. Sämtliche Erfolge der Vergangenheit wurden immer ihnen zugeschrieben. Und wenn es mal hakte, waren andere (Präsidium oder Management) daran schuld. Nach den Pleiten im Mai und Juni bekamen die Statuen der beiden Risse.
Eintracht Braunschweig hat Konsequenzen und einen Schlussstrich unter die vergangenen 10 Jahre gezogen. Ob das die richtige Wahl war, muss die Zukunft zeigen. Im Moment schien dies ein Fehler gewesen zu sein und die ersten Verblendeten wollen Lieberknecht zurück. Doch das kann nicht gut gehen, da gibt es Beispiele zu Hauf. Denn nur bei Heynckes in München war das anders. Der hatte nämlich immer rechtzeitig von sich aus aufgehört. Und das stets auch noch erfolgreich.
Torsten Lieberknecht war dies leider nicht vergönnt. Ich will hoffen, dass er jetzt wieder Lust auf Fußball tanken kann und eine neue Aufgabe wahrnimmt. Ob irgendwo als Trainer oder gern auch bei der Eintracht in wichtiger Position - dann bitte nicht als Trainer, da ist er hier verbrannt. Gleiches würde ich auch über Arnold sagen. Der Sparfuchs hat jahrelang auch vieles richtig gemacht, sonst hätte es die Eintracht nicht bis in die erste Liga geschafft.
Wenigstens das haben viele der sogenannten Fans inzwischen begriffen. Und der DFB? Da ist alles beim alten geblieben. Ob das die richtige Wahl war, wird sich zeigen. Auf alle Fälle werde ich den schweren Gang der Eintracht diese Saison weiter beobachten. Und wer weiß, wie oft ich noch meine Meinung zu einzelnen Personen ändern werde. Selbiges möchte ich den von mir kritisierten Fans auch zugestehen.
Kommt der Erfolg, sind alle wieder happy.

Sonntag, 16. September 2018

Hartmudo: Sprechblasen 1

Mittwoch, 29. August 2018. Drei interessante Ereignisse beschäftigten mich an diesem Tag. Und das so sehr, dass ich einiges aufschreiben muss. Da wären zum ersten die 768 Km. So lang war die Strecke von Rheinau in der Schweiz bis nach Hause. Die längste Strecke, die ich jemals an einem Tag Auto gefahren bin.
Während der Rückfahrt hörte ich Radio und damit zwangsläufig die Nachrichten. Joachim Löw und Oliver Bierhoff gaben eine Pressekonferenz, in der sie erklärten, warum unsere Nationalmanschaft bei der vergangenen WM bereits in der Vorrunde ausgeschieden war. Soviel zunächst zu Punkt Zwei.
Punkt Drei beschäftigte mich ab unserem Besuch beim Burger King in Kirchheim. Der Amtsdiener (ein alter Freund, den ich leider nur sehr selten sehe) hatte mir eine Whats App geschickt - Marc Arnold wurde gerade von seinen Aufgaben als Sportdirektor unserer Braunschweiger Eintracht entbunden. Das Präsidium hatte auf die „Arnold raus!“ Rufe der Fans nach dem blamablen 0:2 im Heimspiel 3 Tage zuvor die Konsequenzen gezogen.
Die längste Holzbrücke Europas

Aber der Reihe nach. Meine Löwin und ich starteten am 21. August unseren diesjährigen Jahresurlaub. Außer einem Tagesausflug nach Münster mit Dora und Herbert mussten wir in der ersten Woche noch 2 Trauerfeiern beiwohnen. Aber am 25. - nachts um 3.00 Uhr - fuhren wir los. Zwei Tage bei Jenny und Kroll im Schwarzwald und zwei Tage bei Bernhard und Bianca in der Schweiz; der Besuch bei Jessicas Eltern stand noch aus.
Schön begann es mit Jenny und Kroll in Hagenau, genauer gesagt im dortigen Supermarkt namens Cora. "Ist alles so schön bunt hier..." - Hilfe! Am 2. Tag waren wir vor der Glotze versammelt, um Eintrachts blamable Vorstellung gegen Fortuna Köln erleben zu müssen. Kroll und ich opferten einige Negerküsse, aber vergeblich. Hinterher fuhren wir noch durch das wunderschöne Murgtal, damit wir nicht mehr über Eintrachts Schlappe nachdenken mussten. Doppelkopf an beiden Abenden, Montag früh weiter in die Schweiz.
Das Schweizer Feldschlößchen

Bernhard und Bianca haben eine schöne Wohnung in der Nähe von Luzern, Feldschlösschen war zwei Tage lang mein bevorzugtes Getränk. Bernhard zeigte uns seinen Garten, in dem sich der Rentner wöchentlich mit seinen Freunden trifft. Abends im Restaurant genossen wir noch eine typische Schweizer Spezialität namens Schnitzel Cordon Bleu; kommt laut Bianca und Bernhard tatsächlich aus der Schweiz.
Am zweiten Tag besuchten wir Luzern mit der wunderschönen Kapellbrücke, welche mit 202,90 Metern die längste Holzbrücke Europas ist. Sie überspannt einen Arm des Flusses Reuss, der in Luzern in den Vierwaldstädter See mündet. Reuss... da muss ich an die Nationalmannschaft denken. An beiden Abenden unterhielten wir uns angeregt, wobei Bernhard und ich am ersten Abend noch durch Zio Grappa unterstützt wurden.
Insgesamt vier schöne Tage lagen am Mittwochmorgen hinter uns, leider litt meine Löwin unter einem fiesen Husten, so dass ich die Rückfahrt alleine bestreiten musste. Ich bin immer noch überrascht, dass ich dies über insgesamt 9 Stunden (mit Pausen) so locker geschafft habe. Mir ging es körperlich eben auch mal schlechter; das Abspecken hat sich ergo ausgezahlt.
Wie gesagt, das zweite Ereignis des Tages war die Pressekonferenz von Jogi Löw und Oliver Bierhoff. Hier zunächst mal 2 Links:
http://www.spiegel.de/sport/fussball/joachim-loew-ueber-wm-debakel-das-war-fast-schon-arrogant-a-1225474.html
http://www.spiegel.de/sport/fussball/dfb-setzt-in-der-nationalmannschaft-auf-weiter-so-a-1225559.html
Jogi gestand sogar Fehler ein - unglaublich. "Das war fast schon arrogant" meinte er. Da bin ich voll bei Dir, Jogi. "Ich hätte die Mannschaft auf eine sichere Spielweise ausrichten müssen" - nein Jogi, das war es nicht. Wenn man nur einen Stürmer einsetzt, überhaupt nur 2 mitnimmt, und dann noch meint, über vermehrten Ballbesitz ein Spiel kontrollieren oder gar gewinnen zu wollen, dann muss dass schief gehen. Die 3 Gegner Mexiko, Schweden und Südkorea haben ihre Qualitäten. Die stehen hinten drin und warten ab. Ein bisschen mehr Druck - wie vor 4 Jahren - und das Achtelfinale wäre sicher gewesen.
Es waren die Gegner, die hinten sicherer standen. Das ist immer gut, wenn man gegen einen Gegner wie Deutschland spielt, der zwar das Spiel kontrolliert, aber vorne harmlos agiert und die Buden nicht macht. Frankreich und Kroatien standen zu Recht im Endspiel, weil sie eben nicht nur sicherer standen, sondern das Spiel bei Bedarf auch selbst machen konnten.
Die Belgier wie auch die Urus konnten dies nicht sehr gut, als es im Halbfinale darauf ankam. Und Jogis Jungs sowieso nicht. Dazu spielten sie viel zu pomadig. Dass Jogi Löw außer der Versetzung seines Co Trainers und den Verzicht auf Khedira nichts wirklich ändern will, sehe ich da keinen Neuaufbau in der deutschen Nationalmannschaft.
Dies ist ein schöner Übergang zum dritten Ereignis; der Demission des Marc Arnold. Laut Pressekonferenz des Aufsichtsrates vom Vorabend hat dies nichts mit dem schlechten Start als Vorletzter in diese Saison zu tun. Auch die "Arnold raus" Rufe des Publikums im Spiel gegen die Kölner haben damit angeblich nichts zu tun. Nein, es hat mit der Aufarbeitung der verkorksten Vorsaison und dem Abstieg zu tun.
Ach was. Erst bietet man Lieberknecht keinen Vertrag an (Mittlerweile glaube ich allerdings, dass dieser selbst nicht mehr weitermachen wollte) und läßt Arnold einen neuen Trainer verpflichten, ja noch das komplett neue Team zusammenstellen (wohl mit Hendrik Petersen), bloß um ihn drei Tage vor Ende der Transferperiode freizustellen. Viel besser kann man große Unruhe in einen Verein nicht bringen.

Dienstag, 11. September 2018

Contramann: kurz gesehen im September

https://www.heise.de/tp/news/Zu-jung-zum-FB-4118327.html
Eine wunderschöne Glosse über Whatsapp, Instagram und Co. Facebook habe ich nicht erwähnt, weil das mittlerweile etwas für „alte“ Leute ist. Eine Altersgrenze für Social Media einzuführen, halte ich aber für eine gute Idee. Bezüglich Autofahren, Alkohol oder allgemeine Volljährigkeit regt sich da auch niemand mehr auf.
Wenn man die Leserbriefe dieses Artikels durchliest, fällt auf, dass der wesentliche Grund für die Einführung eines Mindestalters für Social Media niemanden, auch Befürwortern eines Mindestalters, einfällt. Wir reden hier immerhin über Suchtverhalten. Kinder sind da im besonderen Maß gefährdet und werden deshalb vor Alkohol, Drogen und Zigaretten entsprechend geschützt. Es schockiert mich immer wieder, das selbst Eltern in meinem Umfeld die Suchtgefahr durch Social Media zumeist nicht sehen.
Da kommt dann immer das Argument, dass die Kinder andernfalls sozial ausgegrenzt würden. Oder aber das falsche Argument mit der verbesserten Medienkompetenz. So ein Quatsch. Kinder daddeln mit dem Handy eh nur und laufen schlimmstenfalls vors Auto; die Umwelt nehmen diese Kids doch gar nicht mehr wahr.
Dies mag Dir als Leser zu polemisch sein, doch mir fehlt es an der Zeit, um die ganze Argumentationskette nochmals aufzurollen. Viel wichtiger für Kinder ist es übrigens, dass es noch Regeln gibt, gegen die sie aufbegehren können. Hier wäre so eine Regel. Daran wachsen Kinder: Regeln bewusst zu brechen und darüber im Laufe des Lebens zu lernen, warum es diese Regeln gibt. Wenn eh schon alles erlaubt ist, was für Ziele bleiben dann noch im Leben?

https://www.welt.de/politik/deutschland/article179973428/Weisshelme-Rettung-Linke-empoert-ueber-Heike-Haensel.html
Israel hat 6422 Weißhelme aus den Rebellengebieten vor den heranrückenden syrischen Truppen mit Bussen herausgeholt und nach Jordanien gebracht. Deutschland will einen Teil dieser ausschließlich in den von El Nusra und Co. beherrschten Gebieten operierenden humaner Hilfsorganisation aufnehmen.
Gegründet von einem ehemaligen „Special Operations Officer“ der britischen Armee dokumentierten die Weißhelme eher Gräueltaten der syrischen und russischen Soldaten gegen die Islamisten. Die Kamera war immer griffbereit, die so festgehaltenen Kriegsverbrechen sollen größtenteils getürkt gewesen sein, was aus der Ferne natürlich schwer nachprüfbar ist. Unseren Medien passten aber die Berichte ins politische Konzept (gegen Putin), so dass von dieser Seite da nichts hinterfragt wurde.
Dieser Artikel reiht sich hierzu natürlich nahtlos ein. Zumindest der angebliche Giftgasangriff in Duma am 7. April, den die Weißhelme dokumentiert haben wollten und den die westlichen Medien begierig aufgebauscht hatten, konnte im Nachhinein nicht verifiziert werden. Die OPCW (Organisation für das Verbot der Chemischen Waffen) hatte dies nicht bestätigen können. Wenn jetzt wieder einer sagt, dass der Faktenfinder der Tagesschau… guckst Du hier:
https://www.heise.de/tp/features/OPCW-Bericht-bestaetigt-Zweifel-an-Giftgasangriff-in-Ostghouta-4106221.html
Wichtig ist hierbei, dass eben nichts von nachgewiesenen Chlorgas in dem Bericht steht, sondern eher, dass eben weder Chlorgas noch ein Nichteinsatz desselben nachgewiesen werden konnte.
Ich finde es nur merkwürdig, dass die Israelis hier aktiv geworden sind und die letzten Weißhelme evakuiert hatten. Die holen doch sonst nur ihre eigenen Agenten zurück. Und Achtung: Dieser Satz ist NICHT antisemitisch. Der Staat Israel nahm hier lediglich den NATO-Staaten die Arbeit ab.
Natürlich kann ich das nicht beweisen, aber die pauschale Verurteilung der außenpolitischen Spezialistin der Linken durch den gemäßigten Flügel der eigenen Partei halte ich aus vorgenannten Gründen für voreilig. Es bleibt dabei: Die Linke zerfleischt sich selbst. Meine letzte Hoffnung ist jetzt die von Wagenknecht angekündigte linke Sammelbewegung.

https://www.zeit.de/kultur/2018-08/linke-sammlungsbewegung-aufstehen-sarah-wagenknecht/seite-2
Die von Wagenknecht und Lafontaine angekündigte linke Sammlungsbewegung startet offiziell wohl zum 4.9.2018. Bereits 1 Monat vorher wurde die Webseite geschaltet, was natürlich sofort die Kritiker auf den Plan rief. Mely Kiyak ist eine davon und zeigt in ihrer Kolumne auf Zeit Online auf vorbildliche Weise, wieso eine linke Bewegung außerhalb der festgefahrenen Parteipfade notwendig ist, weil gerade die „Linken“ es sich in ihren selbstgerechten Welten gemütlich gemacht haben. Dies war übrigens auch am Ende der Weimarer Republik der Fall gewesen, was mich mehr und mehr erschreckt.
Ich rede hier von einer linken Bourgeoisie, die irgendeine Geisteswissenschaft studiert hat und im pädagogischen oder künstlerischem Raum beheimatet ist. Fernab jeglicher finanzieller Sorgen lebt es sich in der großstädtischen Eigentumswohnung nebst SUV - Volvo bevorzugt – angenehm. Da weiß man/-in genau, was richtig und falsch ist. Toleranz wird sich da gern auf die Fahnen geschrieben. Und wer da anderer Meinung ist und sich z. B. die Bezeichnung „Negerkuss“ nicht verbieten lässt… Rübe ab!
Das sind natürlich Klischees, aber ich kenne genügend dieser Leute, für die jeder Mensch aus anderen Kulturkreisen ein Opfer des westlichen Kapitalismus ist und unterstützt werden muss, während der einheimische Arbeitslose, der einfach auch nur mal ein wenig vom Glanz des schönen Scheins abhaben möchte und nicht zu Unrecht Angst hat, selbst von den Flüchtlingen finanziell abgehängt zu werden, aufgrund der falschen Gesinnung gerade mal als asozial durchgeht.
Zumal er eben AfD wählt und nicht schnallt, dass dieser Verein reaktionärer und unsozialer in seinen politischen Forderungen agiert als die FDP eines Christian Lindner. Und genau um diese Leute geht es eben bei „Aufstehen!“. Die muss man mitnehmen und auch fördern. Und eben keine Flüchtlinge, die eh schon besser gestellt sein müssten, um überhaupt die Schlepper bezahlen zu können. Das wären dann die Fachkräfte, die in letzter Konsequenz die Löhne hier drücken und somit den falschen Leuten die Tasche füllen.
Man muss sich das einfach nur mal vor Augen halten: Hier in Deutschland fehlen angeblich die Fachkräfte, aber unsere Kanzlerin macht in all ihrer Menschlichkeit die Grenzen bedingungslos auf. Alte, Gebrechliche und Kranke sind aus ihren Heimatländern gar nicht erst aufgebrochen. Und die Flucht nach Deutschland ist teuer, da muss man schon Geld haben und kann daher in der Regel einen höheren Bildungsstand nachweisen, was hier eine Integration in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtert. Für einen schmalen Euro, versteht sich. Im Heimatland fehlen diese Leute dann später beim Wiederaufbau des dank westlicher Militärtechnik zerstörten Landes. Also ich halte diese Vorgehensweise unserer Regierung für rassistisch. Und wer dies gut heißt, wie so viele Salonlinke, der ist für mich der wahre Faschist.
Es sind eben diese Leute wie Mely Kiyak, die es sich in ihrem linkspolitischen Wolkenkuckucksheim gemütlich gemacht haben. Denn wenn Kiyak die „altbekannte Die-da-oben-tun-nichts-Diskurs ist und die olle Nichts-darf-man-sagen-Arie“ beklagt, die Wagenknecht angeblich bedient, zeigt sie lediglich, dass sie den Menschen „von der Straße“ nicht begreift und auch nicht begreifen will. Es sind eben genau diese Gestalten wie Frau Kiyak, die die Menschen zu den falschen Leuten treiben.
Das war auch schon Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts so. Wehe Wehe, wenn ich auf das Ende sehe. 

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/karstadt-und-kaufhof-was-hinter-den-fusionsplaenen-steckt-a-1220279.html
Sieh an. Karstadt und Kaufhof wollen fusionieren, weil sie erkannt haben, dass sie nicht mehr in Konkurrenz stehen, sondern von Amazon bedroht werden. Der ehemalige Karstadt Manager Hessert hat ja lange gebraucht, um diese simple Wahrheit für sich zu entdecken. Und das der Spiegel reflexartig Amazon als Gegner benennt, ist mal wieder typisch. Auch Otto, Zalando und Co sind im Onlinehandel tätig. BOL oder auch Thalia wären da ebenfalls zu nennen.
Hessert redet von Einsparpotentialen und meint in erster Linie Personalabbau. Doch das alleine wird niemals reichen. Die Manager der beiden Kaufhausketten müssen begreifen, dass einige Marktsegmente in Kaufhäusern einfach überflüssig geworden sind. Da wäre zuallererst der Bereich Elektronik zu nennen, auch Bücher wie CD/DVD sind im Ladengeschäft ein hoffnungsloses Zuschussgeschäft. Bei letzterem bleibt noch die Nische des Grabbeltisches für die Laufkundschaft. Hier war Galeria Kaufhof in den vergangenen Jahren Vorreiter.
Insofern möchte ich Herrn Hessert empfehlen, nicht Amazon als Konkurrenten zu begreifen, sondern Woolworth und Tedi.

Samstag, 8. September 2018

H Lecter: Viktor

3
Unser damaliger Pfingstausflug war also ereignisreich gewesen. Er begründete bei uns eine Tradition von Pfingstaktionen, weil da ja unbedingt etwas passieren musste. In den Folgejahren waren das zumeist Festivals gewesen. In den ausgehenden 80er Jahren, viellecht auch erst in den 90ern, versandete dann diese kurze Tradition, bei denen in der Regel außer Pocke und mir Tesla und der Lange beteiligt waren. Viktor war nur bei der ersten Aktion mit dabei, sein Leben sollte sich von uns mehr und mehr entfernen.
Vielleicht lag das auch daran, dass Viktor in Göttingen studierte. Und da sind wir auch schon bei der nächsten schönen Story, wo Pocke und ich in dem maigrünen Renault 5 seiner Mutter nach Göttingen gefahren waren, um unsere dortigen Studenten zu besuchen, die in einer WG zusammen hausten.
Wie das klappen konnte und für wie lange Tesla, Aki-Bua und Viktor dort zusammen wohnten, weiß ich nicht mehr. Ich selbst hatte die Drei dort auch lediglich bei dieser einen Aktion besucht; Pocke mag öfter dort hingefahren sein. Mit Pocke wohnte ich seinerzeit in einer WG in der Nussbergstrasse. Das Ganze passierte ergo im Sommer 1984, also nach meiner Ausbildung (Studium) und vor meinem Dienst fürs Vaterland.
Der Dienst fürs Vaterland... Viktor, Aki-Bua wie natürlich auch Pocke waren untauglich geschrieben worden. Kann auch sein, dass Viktor während seiner (kurzen) Studienzeit in Berlin ausgemustert werden konnte. Lediglich Tesla war den harten Weg der Kriegsdienstverweigerung gegangen und lief noch bei der Bundeswehr in Uniform und Stöckchen rum, bis sein Antrag endlich durchkam und er zum Zivildienst wechseln konnte. Neben Jürgen war ich einer der wenigen aus der damaligen Blase, die 15 Monate in diesen hässlichen Klamotten lernten, wie man eine Krawatte bindet.
Natürlich gab es am Abend in Göttingen ein großes Hallo, als Pocke und ich in der WG eingetroffen waren. Bier gehörte seinerzeit bereits zu den Grundnahrungsmitteln und wurde selbstverständlich zur Begrüßung gereicht. Ich könnte mir vorstellen, das wir auch bereits einige Mischungen zu uns nahmen. Schließlich warteten wir seinerzeit damit nicht bis kurz vor Feierabend. Nachdem unser größter Durst gestillt war, fühlten wir uns sicherlich unternehmungslustig genug, um noch einen Gang in die Gemeinde zu starten. Ich kann mich zugegebenermaßen nicht wirklich daran erinnern, aber wahrscheinlich werden wir zuallererst einen Imbiss angesteuert haben. Wir mögen zwar stark angesäuselt gewesen sein, aber immer noch schlau genug, dass wir eine feste Grundlage zu all den Getränken packen mussten. Heiß und fettig war schon immer die Devise gewesen, wenn wir unterwegs waren. Dies war 1984 so und hat sich bis heute nicht geändert, auch wenn die Aktionen nicht mehr so zahlreich sind und in ihrer Heftigkeit nachlassen.
Übrigens: Meine Spezialität damals war Makrele in Öl. Das heißt: Vor einem schweren Besäufnis öffnete ich eine Dose Makrele in eigenem Saft bzw. Öl. Diese kleine Dosen kosteten noch nicht mal ne Mark und waren randvoll mit herrlich leckerem Makrelenfilet gefüllt. Brot brauchte ich nicht, nur einen Teelöffel und dann juchhu. Was war Dein Start in den Abendsuff? Bitte schreibt mir: hartmudo@sofortsurf.de.
In Göttingen hatte ich keine Dose dabei. Also wird es wohl Pizza oder vielleicht auch schon nen Döner gewesen sein. Vielleicht hatten wir auch noch die eine oder andere Kneipe besucht. Wenn, dann kann es aber nicht so doll gewesen sein, sonst hätte ich das in Erinnerung behalten. Diesbezüglich ist Göttingen als Studentenstadt eh nicht interessant genug. Da war seinerzeit in Braunschweig, selbst in Hannover, mehr los gewesen. Heute mag sich das anders darstellen.
Sei es drum. Es handelte sich an jenem Abend um eine laue Sommernacht. Die Hitze des Tages war wohl schon verflogen, so dass wir nicht mit verschwitzten T-Shirts zu Fuß auf dieser großen Straße gen Innenstadt unterwegs waren.
Ja, da kann ich mich noch gut dran erinnern. Diese doppelspurige Einfallstraße in die Göttinger Innenstadt, die um diese Tageszeit nicht mehr befahren war. Also müsste es bereits sehr spät am Abend gewesen sein, etwa kurz vor Mitternacht in der Woche. Weil andernfalls wäre selbst in Göttingen mehr Verkehr auf der Straße gewesen, auch Anfang der 80er Jahre.

Mittwoch, 5. September 2018

Thariot Genesis 3 - Post Mortem

Auch der 3. Band startet rasant – mit der Alpha Phase, in der es um Anna geht. Sie fliegt mit Dan’ren zur weitgehend entvölkerten Erde, wir schreiben das Jahr 12387. Mittlerweile leben lediglich noch 7 Millionen Menschen auf der Erde, zumeist in unterirdischen Anlagen unter den ehemaligen Metropolen, welche restauriert eine Touristenattraktion darstellen.
Auf der Erde lernt sie den Prime – quasi den Anführer der Saoirse Organisation – namens Nader kennen. Dieser ist eigentlich eher ein Forscher und plant eine Expedition in die Andromeda Galaxis. Dieses ambitionierte Projekt wurde notwendig, weil eine Kraft in der Mitte unserer Milchstraße die komplette Galaxis zu verschlingen droht. Im schlimmsten Fall bleiben der Menschheit noch ein paar Monate – und Anna soll mit nach Andromeda.
Die ist allerdings zuerst wegen des Prozesses gegen Gregor auf die Erde gekommen. Auf Zeta 7, einer großen Raumstation in der Erdumlaufbahn, auf der auch die mächtigsten KI`s, allesamt hochgeladen auf die dortigen Server, körperlos leben, findet dieser Prozess statt. Und er verläuft nicht nach Anna`s Vorstellungen.
Denn Gregor wird wegen des Mordes an Sequoyah nicht wie erhofft zum Tode verurteilt, weil er mit Nader einen Deal aushandeln konnte. Er läuft zwar mit einem Strafband herum, wird aber ins Andromeda Projekt eingebunden, weil er als Einziger einen sicheren Zugang in die Andromeda Galaxis kennt. Die Aitair Rebellen hatten bereits einen Warpmarker erfolgreich dorthin geschossen und nur Gregor kennt dessen Koordinaten.
Ungeachtetdessen arbeitet Anna beim Projekt mit. Sie fliegt zum Bergbauplaneten Tellar, um den dort lebenden Menschen die für den Bau der neuen Horizon dringend benötigten Metalle abzukaufen. Doch die Tellarer wollen kein Geld, welches beim Untergang der Milchstraße eh wertlos wäre. Nein, sie wollen mit - auf der Horizon in Richtung Andromeda.
Aber wie Anna schließlich vom Master Carrier erfahren muss, haben die mächtigen KI`s gar nicht die Absicht, "Fleischbeutel" mit an Bord zu lassen. Und der Leser erfährt, dass der Master Carrier Kristof heißt und früher mit Nader (war seinerzeit eine Frau) verheiratet war. Anna beschließt, mit Kristof insgeheim gegen Nader zu arbeiten, um auch die letzten 800 Überlebenden der alten Horizon retten zu können.
Doch die Zeit ist extrem knapp. Die "gravitative Anomalie" wird die Milchstraße binnen 10 Tagen zerstört haben. Umso größer ist der Jubel, dass dank Gregors Informationen ein Warpmaker in der Andromeda Galaxis anfliegbar ist. Zuvor werden sämtliche 158 Zeros losgeschickt, um der Gefahr einer Zerstörung oder auch versuchten Besetzung der Horizon zu begegnen. Anfliegende Schiffe wie auch Planeten werden erbarmungslos vernichtet.
Von dem Vorsitzenden der Förderation erpresst Anna die Herausgabe der Master Zertifikate, mit denen sie allein die Horizon kontrolliert. Die KI`s bleiben in ihrem Speicher auf Zeta 7 gefangen, der gerade noch rechtzeitig vor der Zerstörung durch verzweifelte Menschen gerettet werden konnte. Jetzt erfährt der Leser auch, dass die Zeros nicht nur Schiffe wie Planeten zerstört hatten, sondern auch mehr als 300.000 Menschen gerettet hatten, unter anderem die Tellarer und die 800 Leute der alten Horizon.
Mit dem Sprung der Horizon in die Andromeda Galaxis endet Alpha; weiter geht es mit Elias in der Beta Phase. Elias hat Vater noch in seinem Kopf, während Marina sich um die Tochter von Elias kümmert. Passenderweise heißt die Kleine ebenfalls Kezia - nach ihrer Mutter. Langsam führt uns Thariot in diese grüne Welt ein, auf der Elias nach dem Sturz ins schwarze Loch gefallen war. Und es stellt sich heraus, dass es Elias auf eine prähistorische Erde verschlagen hat. Genauer gesagt in die Gegend um Hamburg, bloß wenige Hundert Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung.
Da hat Thariot nochmal einen schönen Schauplatz gefunden, der den Leser auch weiterhin an den Roman fesselt. Nach kurzer Zeit stossen unsere Helden auf einen Germanenstamm, der noch mit Speeren und Bogen jagt.
Elias kann sich schnell mit dem Häuptling Birger und seinem Stamm anfreunden. Er dient sich als Arzt an, was den örtlichen Medizinmann Wiborg naturgemäß nicht schmeckt. Der Stamm hatte kürzlich in einem Gefecht mit dem Stamm von Thoralf, dem mächtigen Bruder von Birger, das Nachsehen gehabt und ist deshalb erheblich geschwächt. Als Elias dann noch den Medizinmann blamiert und Birger Wiborg aus dem Dorf wirft, flieht dieser zu Thoralf.
Dies bessert die Situation von Elias und Co nicht gerade. Gerade Vater ist auf den Zugang zu höherwertiger Technologie angewiesen. Elias ist fast am Verzweifeln, ist doch sein Ziel, dieses Paralleluniversum zu verlassen und zu Anna zurückzukehren, auf dieser vorchristlichen Erde in weite Ferne gerückt.
Nach und nach beeinflusst Kezia die Germanen spürbar. Einerseits wird dadurch die Intelligenz des Stammes enorm gesteigert, aber die blaue Augenfarbe, die die Germanen dank des Eingriffs seitens Kezia erhalten, gilt bei den Germanen als dämonisch und wird dank Wiborg auch Thoralf bekannt. Dieser sieht seine Chance gekommen, Birger und seinen Stamm endgültig vernichten zu können.
Die Zeit wird knapp für Elias; er bricht allein mit Marina und Kezia in die Wildnis auf, um nach kurzem Graben bei ihrer Ankunftstelle auf der Parallelerde eine mit Runen übersähte Steinkugel zu bergen, von der auch Vater glaubt, dass sie das Reisen durch Raum und Zeit ermöglicht. 30 Zentimeter im Durchmesser, dabei 50 Kg schwer und leuchtet noch dabei. Da hat Thariot wirklich eine schöne Idee gehabt.
Kurz darauf steht Thoralf mit 800 Kriegern vor dem notdürftig gesicherten Dorf mit seinen gerade mal 30 Kriegern. Hierbei kann die Steinkugel nicht helfen. Elias ahnt, dass es eng werden wird und schickt Marina mit Kezia von der Kampflinie weg. Dieser Abschnitt endet mit einem weiteren Cliffhanger. Kezia war bereits vor ihrer Geburt eine Persönlichkeit gewesen. Und ihr Name lautet Merith.
Zeit für Gamma und neue Herausforderungen in der Andromeda Galaxis. Anna hat noch während des Transfers durch die Warpverbindung einen Traum von Elias, der sie vor einem Angriff bei der Ankunft warnt. Gegen den Widerstand aller anderen führenden Personen der Horizon setzt sie die Aktivierung des Schutzschirms durch, was ihnen allen den Hals rettet.
Ein gerade mal 200 Meter langes Raumschiff hatte um die Horizon ein Energiefeld bei der Ankunft in Andromeda gespannt, welches die Zeros durch konzentriertes Feuer beschädige konnten. Dadurch brauchte die 7 Km lange Horizon das Schiff bloss zu rammen, schon war die Gefahr vorbei. Ein wenig simpel, nun ja.
Das feindliche Schiff hatte einen Planeten mit der Bezeichnung LV-426 angefunkt; mit der zuvor angewandten Taktik (bloß Eisenprojektile statt der Horizon) kann Anna auch hier die Verteidigung ausschalten. Zusammen mit Thica, der Vertreterin der großen KI's, Dan'ren und Nader erkundet sie die sandige Wüste von LV-426 und bohrt ein Loch in den Boden. Dort bergen sie eine Steinkugel, ähnlich der von Elias, und bringen diese auf die Horizon.
Beim Entziffern der Schriftzeichen auf der Kugel stossen Gregor und Jaden auf einen Namen: Merith. Anna spürt einen Schmerz in der Brust, der von dem Licht der Steinkugel herrührt. Es ist Merith, die Anna dahingehend beeinflusst, dass sie die Zeros koordinieren kann, um die feindliche Flotte komplett auszulöschen. Dadurch wird eine große Raumstation freigelegt.
Diese ist die Heimat von Merith, die sich nur Anna gegenüber als Wesen zeigt. Merith bezeichnet die Station als Herz des Universums. Anna und Merith fliegen dort hin. Merith ist bereits seit 450000 Jahre in diesem Universum. Sie erklärt Anna die Zusammenhänge - es gibt unendlich viele Universen, die parallel im selben Raum existieren. Die Gravitation ist hier der Schlüssel; und dieses Universum stirbt bald. Anna offenbar noch früher, denn die Raumstation driftet dank Merith ab und stürzt in die Sonne.
Rätsel über Rätsel; Thariot gibt richtig Gas. Aber jetzt ist es an der Zeit, die Geschichte von Merith in der Deltaphase zu erzählen. Gut behütet von ihrem Vater Jonas, lebt Merith mit der jüngeren Schwester Casseia auf einem Landsitz, von der Außenwelt abgeschirmt. Eines Tages reist Jonas mit Merith in die Stadt, um sich mit Caspar, dem Leiter ihres Ordens, zu treffen.
Merith erfährt, dass sie eine Kriegerin sei, weil sie in die Gedanken anderer Menschen und Lebewesen eindringen kann. Doch wer der ominöse Gegner ist, erfährt sie nicht. In der Nacht darauf wird Merith von Casseia derart gepiesackt, so dass sie ihre Schwester erschlägt. Merith flieht durch eine Lücke in der Hecke und findet sich in einer trostloosen Wüste wieder; lediglich das Landgrundstück wurde künstlich grün gehalten. zwei „Korrektoren“ (Polizisten) greifen sie auf und bringen das junge 81jährige Mädchen zurück ins Landhaus.
Am nächsten Morgen lebt Casseia noch - alles ist unverändert. Merith rebelliert; sie flieht durch ein Portal in die Stadt, um Trembian zu suchen; einen Jungen, den sie in der Nacht kurz zuvor kennengelernt hatte. Dieser sollte von den Korrektoren getötet werden. In der Stadt lernt sie die alte Nana kennen und erfährt endlich die schreckliche Wahrheit.
Die ganze Welt existiert lediglich virtuell, all die Menschen sind bereits lange tot. Nur die Bewußtseine existieren auf Rechnern einer großen Raumstation am Ende aller Zeiten. Und Nana hat das Ganze mit programmiert. Die „Menschen“ sterben daher nicht wirklich, sondern werden korrigiert. Einige - wie Nana - wollen endgültig gelöscht werden.
Nana ist der Feind, den Merith töten soll. Das tut sie schließlich auch, aber vorher stattet Nana Merith mit blauen Augen und vor allem einer Logikbombe aus, mit der Merith das gesamte Netzwerk zerstören kann. Doch beim Showdown mit Jonas und Casper stellt sich heraus, dass Nana Merith doch nicht alles erzählt hatte.
Denn die letzten Menschen des Universums waren vor der gravitativen Anomalie, welches jedes Universum zwangsläufig ereilt, durch ein schwarzes Loch in ein anderes Universum geflohen. Nun befinden sie sich in der Andromeda Galaxis auf einer Raumstation bzw. dessen Rechnern, während auf der Erde noch 10.000 Jahre bis zur Geburt von Jesus vergehen werden. Merith zündet die Bombe nicht. Sie will der in diesem Universum gerade entstehenden Menschheit helfen, die gravitative Anomalie zu überleben.
Mit Epsilon endet diese dreiteilige Saga von Thariot. Elias steht mit dem Rest von Birgers Stamm gegen die heranrückende Streitmacht von Thoralf auf verlorenem Posten. Auch Merith/Kezia kann daran nichts ändern.
Anna ist nicht gestorben. Sie befindet sich wieder auf der Horizon; besser gesagt in einer Isolierzelle an der Außenwand des Schiffes. Nader vertraut ihr nicht mehr. Als dann die gravitative Anomalie herannaht und bereits die ersten Zeros vernichtet, sammelt Anna dank Merith Energie auf, um diese in einer plötzlichen Entladung abzugeben.
Die Raumstation, und mit ihr die Welt von Caspar und Jonas, wird zerstört. Jetzt endlich hat Merith Nana ihren Wunsch erfüllt. Dadurch erreicht die Horizon ein schwarzes Loch, durch das die Horizon in ein Paralleluniversum fällt. Zur dortigen Erde, wo Elias das Gegenstück der Kugel von Merith hat, welche somit als Marker funktioniert hat.
Und während sich auf der Horizon die einstmals mächtigen KIs dank Gregor den Aufstand gegen Kristof und Dan’ren proben, schlägt sich Anna durch die Reste der Horizon und eilt in einem Kampfanzug im freien Fall zu Elias. Sie schlägt beim Kampfgetümmel auf, wo Thoralf gerade den Tod von Elias, Marina und Meredith/Kezia befiehlt.
Da geht die Kleine auf Thoralf zu und dringt in dessen Gedanken ein. Sichtbar an den blauen Augen, erkennt der Leser nun die ganzen Zusamenhänge. Die Kriegerin Meredith hat jetzt den „Feind“ übernommen. Die Germanen legen die Waffen nieder. Im allerletzten Duell stehen sich Anna und Gregor gegenüber, der Anna auf die Erde gefolgt war und sie jetzt vernichten will.
Doch da greift Vater nochmal ins Geschehen ein. Er übernimmt die gesamten Rechner der Horizon; als Aitair Signatur kein Problem für ihn.
Die Saoirse Organisation hat ihre endgültige Niederlage erlitten und Gregor stirbt an mehreren Messerstichen durch Annas Hand. Rache für Sequoyah also. Thariot hat diesen Handlungsstrang nicht vergessen.
Die überlebenden Menschen, auch die Reste der alten Horizon, verteilten sich über Europa und vernichteten ihre Technologie. Die Zivilisation, so wie wir sie kennen, konnte so aufgebaut werden. Was für ein Ende! Ein absolut lesenswertes Epos, bei dem Thariot mühelos internationales Format erlangt. So wie ein Andreas Brandhorst auch zeigt Thariot, dass sich die Science Fiction Literatur auch im Bereich der Space Operas gemausert hat. Komplexe Handlungsstrukturen und der „Sense of Wonder“ halte ich für fesselnder als jeden noch so gut geschriebenen Krimi.


Samstag, 1. September 2018

Udorallala: 12 Bars

Samstag, am 18. August war es soweit, dass ich endlich mal wieder dazu kam, einen bunten Strauß an Melodien livehaftig zu erleben. Eigentlich wollte ich an diesem Abend zum Lammer Open Air, um Twang zu sehen. Bislang hatte ich die immer verpasst. Jedoch kam es nicht dazu, weil meine Löwin und ich Phil besuchen wollten. Dann sagte Phil zwar ab und ich Pocke für Lamme zu, aber schon wieder war alles ganz anders.
Pocke konnte Twang nicht sehen, weil er zu dem Zeitpunkt noch mit Luigi auf der Bühne stehen wollte. Das meine Löwin daraufhin ansprang und meinte, dass wir dorthin fahren sollten, überraschte mich zugegebenermaßen vollends. In Wolsdorf sollte 12 Bars als eine von vier Bands spielen; ich verortete dass in der Nähe von Peine, es war dann aber doch eher neben Warberg bei Schöningen.
Meine Löwin hat halt für gewöhnlich einen guten Riecher und so fuhren wir los in Richtung wilder Osten. 18.00 Uhr solle es losgehen; tatsächlich waren wir pünktlich da und die Band saß bei unserer Ankunft an einer Bierzeltgarnitur vor dem Dorfkrug, in dessem Saal insgesamt fünf Gruppen auftreten sollten, die allesamt im Auftrag des Herrn unterwegs sind.
Nach einer kurzen Begrüßung fühlte ich micht bemüßigt, einen kurzen Rundgang über das Gelände zu machen und Getränke zu organisieren. Direkt vor dem Eingang wurde gerade noch ein Grill aufgebaut. Schnitzel mit Kartoffelsalat für Dreifuffzich ist doch schon mal ne Ansage. Innendrin sah der Dorfkrug interessant aus. Linkerhand befand sich eine überraschend gut ausgeleuchtete Bühne, die so manchem kleinen Club (ich denke da an Barnaby`s Bluesbar) gut zu Gesicht stehen würde. Rechts der Mischer, also am weitesten weg und genau am richtigen Platz.
Da - ein kleiner Durchgang! Und genau dort befand sich die Theke. Die schwarz gekleidete Bedienung, deren tiefes Dekolletee die Blicke der wenigen Dorfbewohner (auch meiner) magisch anzog, zapfte mein Bier in einem Rutsch. Es gab auch nur Null-Drei, jedoch war es Mönchshof und damit war für mich die Welt wieder in Ordnung. Lisa 1, Luigis Frau, war inzwischen auch eingetrudelt. Die hatte ich ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, und ja, Luigi hatte ich auch lange vermisst.
Viel Zeit zum Quasseln blieb uns aber nicht, da die Jungs mit ihrem Soundcheck dran waren und es noch vor halb Sieben wirklich losging. Wir reden hier von einem reinen Sitzkonzert, das galt sowohl für das Publikum als auch die Musiker. 12 Bars waren immerhin auch zu fünft unterwegs. Ohne Schlagzeug, dafür aber mit einem Cajon - einem Schlagwerk. Absolut passend zum Blues, ich verstehe bis heute nicht, warum fast alle Blueser meinen mit einem Schlagzeug auftreten zu müssen.
Bereits nach wenigen Songs war ich von der Band angetan. Bis auf ein oder zwei Hänger war der Vortrag flüssig und vor allem gut abgemischt. Oh Wunder der Technik - früher war dies selbst bei Top Bands ein Problem gewesen. Auch Luigis Gesang war gut zu hören, während Pockes Basspiel im Hintergrund die Sauce abrundete.
Meine Löwin bemerkte noch sehr treffend, dass die Sechzigjährigen "früher" nicht mehr die Energie für derartige Bühnenaktivitäten aufgebracht hatten. Das Publikum, so spärlich es auch erschienen war, passte hier absolut dazu. Vom Jungvolk war weit und breit nichts zu sehen. Und während Lisa 1 sich um die Kamera kümmerte, war ich ständig auf Achse, um noch ein weiteres Mönchshof zu ordern. Nulldrei ist leider etwas klein.
Das Cover von "Let`s stick together" passte nicht so ganz ins Programm, da hier das alles bestimmende Sax fehlte. Aber beim Tom Petty Cover (wie hieß der doch gleich...) und vor allem bei "turn the Page" war ich dann allerdings sehr beeindruckt, mit welcher Intensität die Band die Songs spielte.
Summasummarum bleibt die Feststellung, dass dieser Auftritt dieser eher selten auftretenden Herren ein größeres Publikum verdient gehabt hätte. Ruhig auch ein sachkundiges, obwohl da Luigis leicht unsauberer Gesang Anlass zur Kritik gegeben hätte. Mit einer Zugabe und insgesamt sanften Applaus endete der Auftritt der 12 Bars nach etwas über einer halben Stunde.
Zu kurz? Howard Carpendale hatte eine Woche vorher in Salzgitter auch nur 35 Minuten gespielt, aber 50 Tacken pro Nase abgesaugt. Meine Löwin und ich waren zufrieden, die Band auch und draußen gab es Bouletten, Schnitzel und Bratwurst. Da hatten wir noch Zeit für ein paar lockere Gespräche und ich für einige Mönchshof.
Beim Gang zur Toilette schnappte ich Soundfetzen der zweiten Band auf. Diese fiel bereits im Vorfeld durch den Sänger auf, weil dieser einen "Popeye Doyle" Hut auf hatte. Kurz verweilte ich im Saal, weil die Band zu meiner großen Freude "Strawman" spielte. Mein Lieblingssong von Lou Reed. Schöner Text, hat aber mit Blues weniger zu tun. Egal, klang frisch.
Draußen sprachen wir noch bei schönem Wetter mit einigen Dorfbewohnern. Wir alle waren uns einig, dass wir der Betreiberin des Dorfkrugs viel Erfolg mit diesem Laden wünschen. Leider besteht da zur Hoffnung wenig Anlass, da die Veranstaltung offensichtlich schlecht organisiert, insbesondere beworben, wurde.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mannschaft dort genug Speck auf den Rippen hat, um den Laden langfristig nach vorne zu bringen. Aber sei es drum, ein schöner Abend war es trotzdem.