Mittwoch, 28. Juni 2017

Contramann meets Hartmudo: Person of Interest 1/2

„Du wirst beobachtet. Die Regierung hat dafür ein geheimes System. Eine Maschine, die Dich ausspioniert. Rund um die Uhr, jeden Tag. Ich weiß das, weil ich Sie entwickelt habe. Sie war dafür gedacht, Terroranschläge aufzudecken, aber sie sieht alles. Gewaltverbrechen, in die normale Menschen verwickelt sind. Menschen wie Du. Verbrechen, die für die Regierung irrelevant sind. Sie würde nicht eingreifen, also beschloss ich, das selbst zu tun.
Aber ich brauchte einen Partner. Einen, der die Fähigkeiten besitzt, einzugreifen. Von den Behörden verfolgt, arbeiten wir im Verborgenen. Du wirst uns niemals finden. Aber ob Täter oder Opfer: Wenn Deine Zeit gekommen ist, finden wir Dich!“


Mit diesem oder einem leicht abgewandelten Text fängt jede Folge von Person of Interest an. Als RTL die erste Staffel vor fast 5 Jahren Dienstags abends auf dem Platz von „the Blacklist“ ausstrahlte, hatte ich zwar mal kurz reingeschaut, fand die Serie aber lahm. Ich bekam keinen Zugriff drauf.
Im Frühjahr dieses Jahres stolperte die Beste von Allen, meine Löwin, per Zufall beim Durchforsten von Netflix auf die Serie. Bei „Orphan Black“ hatten wir gerade die ersten 4 Staffeln mit Genuss geschaut, nun brauchten wir einen Nachfolger zur Gestaltung des Fernsehabends.
Person of Interest ist ein würdiger Nachfolger und verdient den Titel „unsere Serie“. Warum habe ich das nur vor 5 Jahren übersehen? Egal, dank meiner Löwin fand ich jetzt endlich auch den Zugang zu dieser überragenden Serie. Und während ich noch mit Kroll, Pocke und Urmel auf der diesjährigen BiRe in Rejkjavik über den Neoliberalismus und die Atlantikbrücke schwadronierte, fiel mir gar nicht auf, dass dies alles irrelevant ist.
Denn alle Überlegungen, wer und warum die Macht auf dieser Welt oder wenigstens in Deutschland in den Händen hält und wie man diese am Besten im Zaum hält, auf das wieder Gerechtigkeit herrschen möge, sind nach dem Betrachten von Person of Interest nun wirklich nebensächlich.
Zur Zeit stecken meine Löwin mitten in der vierten von fünf Staffeln der bereits eingestellten Serie. Dank Person of Interest ist mir klar geworden, dass die 1% an Superreichen, die auf Kosten der Allgemeinheit in Saus und Braus lebt, nicht wirklich die Macht über das System in Händen hält. Wie meine Freunde auch (der Eine mehr, der Andere weniger) hatte ich das bislang auch geglaubt, weil ich fälschlicherweise Geld mit Macht gleichgesetzt hatte.
Diese Fehleinschätzung wird durch unsere Prägung auf dieses Gesellschaftssystem, in dem (fast) aller Erfolg in Geld bemessen wird, verständlich. Was mir bislang nicht klar war, ist die relativ leicht zu verstehende Tatsache, dass es ab einem bestimmten Punkt an Reichtum oder auch Einkommen egal ist, wie viele Millionen oder Milliarden man hat. Dann ist alles nur noch Monopoly-Geld; auch Bill Gates isst morgens nur 3 Brötchen. Möglicherweise sind selbst meine Freunde und ich gar nicht so weit von dem besagten Punkt, an dem das Geld keine Rolle mehr spielt, entfernt.
In Person of Interest hält irgendwann nicht die von Harold Finch ursprünglich entwickelte Maschine zur Verhinderung von Terroranschlägen die Macht in den Händen, sondern der böse Gegenentwurf Samaritan, der unter der Leitung des gefühllosen ehemaligen MI6 Agenten John Greer für eine chinesische Firma entwickelt wird. Ähnlich wie in Matrix sieht Greer in Samaritan eine Gottheit und schaltet das System online.
Von diesem Zeitpunkt an gibt Samaritan die Befehle und Greer wird zum ausführenden Befehlsempfänger, meinetwegen auch Prophet oder auch erster Vertreter der Gottheit auf Erden. Während Finch in seine Maschine noch Sicherungen eingebaut hatte (Die Maschine löscht sich alle 24 Stunden und startet dann automatisch neu bei Null), ist Samaritan davon befreit und damit auch von sämtlichen moralischen Grundsätzen, die uns Menschen immer so quälen. Da wird der Mensch an sich unwichtig und kann sterben, wenn es Samaritan nützt.
Nun glaube ich natürlich nicht wirklich, dass eine Maschinenintelligenz die Weltherrschaft übernommen hat und über Erdogan und Trump die Menschheit unterjocht. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem tatsächlich ein System ist, dass unabhängig von irgendwelchen Einzelpersonen, ob Donald Trump oder Marc Zuckerberg, funktioniert. Dank gegenseitiger Abhängigkeiten ist ein unüberschaubares Netz von gegenseitigen Abhängigkeiten entstanden, aus dem eben niemand entkommen kann, um die alleinige Herrschaft zu erringen.
Die gegenseitige Beeinflussung und Kontrolle von Staat und Wirtschaft hält das System am Laufen. Wie Samaritan in Person of Interest agiert dieses System quasi autonom, der Unterschied zu Samaritan ist lediglich, dass in dem System unserer Realität, welches ich meine, keine zentrale Intelligenz gibt, die sich zumindest gegenüber einer Person wie Greer äußern kann.

Freitag, 23. Juni 2017

Hartmudo Spezial: Mutter

11
Zum nächsten Wochenende hin hatten wir unsere kleine Flusskreuzfahrt von Berlin nach Braunschweig, die ja am 9. September überraschend vorzeitig zu Ende ging, weil ein Generator des Schiffes den Geist aufgegeben hatte. Die Nacht von Freitag auf Samstag konnte ich so in meinem eigenen Bett verbringen. Abends war dann Pockes Geburtstag angesagt. Ein Termin, nach dem ich noch nie nüchtern nach Haus gekommen war.
Gerade wollte ich mit dem Rad zu Pocke durchstarten; auf diese halbstündige Fahradfahrt und die Rücktour in der Nacht freute ich mich jedes Jahr. Meine Löwin würde etwas später mit dem Auto nachkommen und selbstverständlich früher als ich nach Hause fahren, weil sie am nächsten Tag auf dem Herbstmarkt beschäftigt sein würde.
Unerwartet klingelte das Telefon, als ich die Türklinke schon in der Hand hatte. Berta war am anderen Ende der Leitung. Mutter war noch in der vorherigen Nacht mit Verdacht auf einen Schlaganfall in die Salzdahlumer Klinik gebracht worden. Sie lag wohl in der Neurologie. Die arme Berta hatte in der Nacht vorher diesen Stress aushalten müssen und wollte mich nicht stören. Dabei hatte sie selbst ja auch gerade die abgebrochene Flusskreuzfahrt hinter sich.
Zum Glück war Mutter nur vorsorglich in die Salzdahlumer gebracht worden. Berta konnte mich da sofort beruhigen, eine Gefahr für Mutters Leben bestand zu keiner Zeit. Es handelte sich wohl höchstens um einen leichten Schlaganfall, wenn überhaupt. Doch ein wenig mulmig war mir trotzdem zumute.
So radelte ich dann mit gemischten Gefühlen los Richtung Stöckheim. Die ganze Fahrt über grübelte ich über Mutters Gesundheitszustand herum. Die Sache mit ihrer Vergesslichkeit bezüglich Rummicub bei meinem letzten Besuch ging mir nicht aus dem Kopf. Machte da ein Umzug nach Stöckheim überhaupt noch Sinn, wenn sie sowieso vieles nicht mehr mitkriegt oder sich einfach nur in ihrem Zimmer verkriecht?
Das Mutter sterben würde, kam mir gar nicht mal großartig in den Sinn. Ich denke, das wir Menschen solche Gedanken eher verdrängen. Mir kam es nicht in den Sinn, anstatt zu Pockes Geburtstag ins Krankenhaus zu fahren. Ich hatte in den vergangenen Wochen schon so viele Nachmittage im Heim oder auch Krankenhaus bei Mutter verbracht, da wollte ich den Geburtstag meines wohl besten Freundes nicht auch noch ausfallen lassen.
Zudem wollte Berta am Sonntag hinfahren, Sunny war wohl am Samstag da gewesen. Ich würde am Sonntag wieder mal Wahlhelfer bei der Briefwahl in der Alten Waage spielen müssen, da sollte es ausreichen, wenn ich Mutter am Montag in der Salzdahlumer besuche. So würde jeden Tag einer von uns 3 Geschwistern da sein. Das musste reichen.
Die abendliche Party bei Pocke war wieder mal Klasse und auch meine Löwin hatte ihren Spaß. Das war genau die Ablenkung, die wir bei dem ganzen Gewusel mit Mutter brauchten. Erst die gekürzte, aber schöne Flusskreuzfahrt - dann dieser Abend. Meine Löwin brach erwartungsgemäß etwas früher auf als ich. Und ich hatte dem Schnaps nicht übermäßig zugesprochen; das war wichtig, weil ich spät nachts noch das Fahrrad nach Hause bewegen musste.
Zu der Briefwahl am nächsten Tag fällt mir nur noch ein, das die ganze Chose bis 22.30 Uhr dauerte, weil wir überraschend viele Stimmzettel zum Auszählen bekommen hatten (die Wahlbeteiligung bei dieser Kommunalwahl war höher als sonst). Hinterher war ich ausgelaugt und müde, da ich am nächsten Tag wieder arbeiten musste. Ein schnelles Essen bei McDonalds beschloss mein ausgefülltes, längeres Wochenende.
Frohgemut und abgekämpft machte ich mich am nächsten Tag nach der Arbeit auf den Weg in die Salzdahlumer Klinik. An diesem Tag, wie auch schon vorher öfters und danach ständig, fuhr ich mit Phils' Auto zur Arbeit und anschließend in die Klinik. Ja, immer seltener fuhr ich morgens mit dem Rad zum Bahnhof. Mehr und mehr stieg ich komplett aufs Auto um, selbst den Besuch in der Mukkibude streckte ich von zweimal pro Woche auf „alle zwei Wochen". Mein altes Leben geriet daher etwas aus den Fugen.
Ich war schon wieder ziemlich geplättet, als ich in der Klinik ankam. Nicht nur, weil es Anfang September immer noch sehr heiß war, sondern weil ich am Vorabend nach der elend langen Auszählung der Stimmen zu Hause noch in meiner Musikbox geblättert hatte. Das war wie immer mit dem einen oder anderen Bierchen verbunden.
Müde schlich ich mich nicht durch die Gänge des Krankenhauses, sondern außen am kompletten Gebäudekomplex vorbei. Die Neurologie 1b liegt ganz weit hinten, gefühlt einen ganzen Kilometer weit weg. Greller Sonnenschein und Schatten wechselten sich ab, ein Stützbier hätte ich gut vertragen können. Nein, das ging natürlich nicht. Einfach nur Ruhe und kalte Limo aus dem Kühlschrank; das brauchte ich eigentlich.
Die richtige Station und damit Mutters Zimmer fand ich relativ schnell. Allein... Wo war Mutter? Weder auf dem Flur noch im Aufenthaltsraum, schon gar nicht auf der Terrasse war sie zu entdecken. Eine Schwester wusste Bescheid. Mutter war im Moment noch nicht mal in der Klinik, weil sie zum CT in die Celler Str. gefahren worden war.
Mutter war wohl in der Nacht aufgestanden und ist dann irgendwie hingefallen. Weder ihre Bettnachbarin noch irgendeine Schwester hatte dies mitbekommen. Irgendwann wurde sie dann blutend auf dem Boden gefunden und von der Nachtschwester verbunden. Das CT sollte klären, ob in ihrem Kopf noch alles rund läuft. Ich dachte nur: Rummicub...
Sie war schon seit 2 Stunden in der Celler Str.; niemand konnte mir sagen, wann sie wieder in der Salzdahlumer Klinik eintreffen würde. Aber die Schwester meinte, das die behandelnde Ärztin jetzt da wäre und ich sie nach Mutters Gesundheitszustand fragen könnte. Eine gute Idee, dadurch war ich nicht vergebens in die Salzdahlumer geeilt.
Denn eines dürfte klar sein: Auf Mutters Rückkehr würde ich nicht warten wollen, lieber wäre mir stattdessen ein erneuter Besuch am Dienstag gewesen. Die Ärztin zeigte sich erfreulicherweise von ihrer kooperativen Seite und bat mich in ihr Zimmer. Ich war baff erstaunt, das sie soviel Zeit für mich erübrigen konnte.
Sorgfältig berichtete ich der Ärztin wesentliche Eckpunkte zu meiner Mutter. Das sie sich in der Reuterstraße unwohl fühlte, ihre frühere Reiseleidenschaft und die Selbstständigkeit, die ihr immer wichtig war und die sie bis vor einem Vierteljahr genießen konnte. Und das es ihr nach dem Frühjahrsbesuch in Andalusien nach und nach schlechter ging, nicht wegen der Reise natürlich, aber der Krebs machte ihr zu schaffen.
An diesem Punkt schaltete sich die Ärztin ein, obwohl sie über den Krebs nichts weiter zu berichten wusste. Das hakte sie förmlich ab, ihr ging es mehr um den Schlaganfall und den allgemeinen Gesundheitszustand. Wenn es überhaupt ein Schlaganfall war, so war es ein leichter, also kein Grund zur Beunruhigung. So lautete ihr Statement.
Die schwere und teilweise nicht verständliche Aussprache von Mutter war dem Pfleger in der Reuterstraße Freitag Nacht aufgefallen und so hatte er sie in die Salzdahlumer Klinik einweisen lassen. Hinzu kam wohl eine Lähmung bzw. leichte Bewegungseinschränkung des rechten Arms. All dies sind Anzeichen eines Schlaganfalls, mir nicht unbekannt, das kannte ich schon von der Mutter meiner Löwin.
Das erklärte natürlich auch den „Umfaller" in ihrem Krankenzimmer. In der Celler wollten sie mit Hilfe eines CT`s feststellen, ob es tatsächlich ein Schlaganfall gewesen war. Der Krebs spielte für die Ärztin gar keine Rolle, da wäre sie ja in Behandlung ihres Hausarztes. Auf alle Fälle ging es Mutter schon wieder sehr gut, so dass eine Entlassung aus der Klinik in den nächsten Tagen erfolgen sollte.
Neu war für mich, das Mutter Probleme mit ihren Beinen hatte. Angeschwollen waren sie ja schon seit längerer Zeit und Mutter beklagte sich auch öfter darüber. Jetzt war wohl so viel Wasser in den Beinen, das diese ständig gewickelt werden mussten.
Ich dankte der Ärztin für die umfangreiche Zeit, die sie zugunsten meiner Information opferte und verließ die Klinik, ohne Mutter überhaupt gesehen zu haben. Den ganzen Weg schlich ich langsam zurück, zum Glück ging es mir mittlerweile etwas besser. Ich war schon auf Höhe des Haupteingangs, als an mir ein Minicar vorbeifuhr.
Das gibt es doch nicht, dachte ich noch. Ist das da etwa Hotte am Steuer? Anfang April hatten wir uns endgültig verkracht, nichtsdestotrotz hob ich die Hand zum Gruß. Tatsächlich wendete er und hielt auf der anderen Straßenseite, bei der Ausfahrt des Besucherparkplatzes, an.
Hier muss ich das „Verkrachen" kurz erklären, weil ich es bisher in meinem Blog noch nicht erwähnt hatte. Wollte ich eigentlich auch nicht, aber da Hotte ausgerechnet jetzt, in dieser Situation, wieder auftauchte, muss ich das noch kurz anreißen.
Zu meinem Geburtstag dieses Jahr hatte ich meine Freunde, so wie in den letzten Jahren üblich, per Email eingeladen, weil mich das Anrufen jedes Einzelnen in der Vergangenheit viele Abende gekostet hatte und ich davon immer schwer genervt war. Seit zwei bis drei Jahren geht es mir diesbezüglich erheblich besser, seitdem ich nicht mehr stundenlang am Telefon hänge.
Nun war es so, dass Hotte die Email irgendwie überlesen hatte oder eine komplett andere Email Adresse nutzte, wovon ich nichts wusste. Dazu hatten wir uns wohl zwischen Email und meinem Geburtstag noch einmal bei mir zu Hause getroffen und ich hatte es dabei versäumt, ihn nochmal explizit auf den Termin meiner Feier (Karfreitag) hinzuweisen.
Schließlich erfuhr er den Termin indirekt vom Kanonier, war deshalb stinksauer und kam einfach nicht. All dies warf er mir am Telefon vor, als ich ihn im April aufgrund eines „Winks" vom Kanonier anrief. Ich meinerseits war ebenfalls sauer gewesen, weil Hotte auch im Vorjahr nicht zu meinem Geburtstag erschien, weil er da wohl am Abend zuvor mit dem Ex-Gitarristen von Bob Marley versackt war.
Das Ganze gipfelte in dem Telefonat vom April darin, das ich ihm den Besuch eines Psychotherapeuten empfahl, zumal er sich an jenem Abend mal wieder über seine Mutter aufregte. Über diese ärgerte er sich schon seit über 2 Jahrzehnten und ewig hörte ich dieselben Geschichten. Und nicht zuletzt war ich sauer, weil er den Beleidigten ob der angeblich nicht erfolgten Einladung gab. „Das war es dann" waren Hottes letzte Worte, bevor er auflegte.
Meine Verärgerung über das Ende unserer Freundschaft währte seinerzeit nur kurz, irgendwie war mir sehr schnell klar, das es so besser für uns beide ist. Wegen irgendwelcher Nichtigkeiten blafften wir uns schon seit mehreren Jahren häufig an, das konnten wir uns beide ab sofort ersparen. Witzigerweise hat sich seitdem mein Bild von Hotte erheblich ins Positive verschoben, wohl weil wir uns nicht mehr sehen. Mit den Jahren haben sich unser beider Leben ganz unterschiedlich entwickelt, die verbindenden Gemeinsamkeiten waren schon seit Längerem nicht mehr vorhanden.
Nun ging ich trotzdem freudig über die Straße und unterhielt mich mit Hotte. Ich erzählte kurz von meiner Mutter, er von seiner (kurz) und eigentlich verlief das Gespräch locker und nett; die alte Wunde vom Frühjahr rissen wir vorsichtshalber nicht noch einmal auf. Wir sprachen schon so ca. 5 Minuten, als mein Smartphone klingelte, so das ich mich deswegen von Hotte verabschieden musste.
Es war Sunny, die anrief. Ich denke, über den Verlauf und das abrupte Ende unseres Gesprächs war Hotte genauso froh wie ich. Keine weiteren Schuldzuweisungen, nur die Erkenntnis, das wir uns noch in die Augen schauen können, falls wir uns bei irgendeiner Gelegenheit wieder über den Weg laufen.
Sunny erkundigte sich nach meinem Besuch bei Muttern. Sie selbst war ja am Samstag dagewesen und hatte festgestellt, das es Mutter in der Klinik besser ging als in dem Heim. Sie bekam dort das zu essen, was sie mochte und die Schwestern kümmerten sich aufopferungsvoll um sie. Im Heim war das ja nicht so.
Außerdem sprach sie das Problem mit dem Wasser in den Beinen an. Hierüber machte Sunny sich große Sorgen. Meine Löwin meinte übrigens hinterher dazu, das dies eventuell zu einer höheren Pflegestufe führen könnte. Ich wollte aber mit der Beantragung noch abwarten, schließlich sollte der medizinische Dienst der DAK eh am Donnerstag zur Begutachtung der Pflegestufe kommen.
Sunny regte an, das ich vielleicht noch einmal im Curanis anrufen sollte, um zu fragen, ob nicht doch ein Zimmer im normalen Pflegebereich frei sei. Sunny hatte die Befürchtung, das Mutter in der Reuterstraße „vor die Hunde" gehen könnte.
Da ich in diesem Punkt mit Sunny übereinstimmte, versprach ich ihr, mich darum zu kümmern. Sie selbst wollte am nächsten Tag mit Berta zusammen in die Salzdahlumer Klinik fahren, so dass ich spontan beschloss, am nächsten Tag doch nicht dorthin zu fahren. Ich würde mich wieder auf die Reuterstraße, sprich Dienstag in der nächsten Woche, konzentrieren. So konnte ich andere wichtige Dinge in Angriff nehmen.

Samstag, 17. Juni 2017

Hartmudo: Endspurt 4

Sonntag, 15. Mai um 15.30 Uhr fanden alle 9 Partien der zweiten Liga gleichzeitig statt. Und da Hannover und Stuttgart sich in Hannover direkt gegenüber standen, hatte Eintracht gute Chancen, sich durch einen Sieg in Bielefeld auf einem direkten Aufstiegsplatz festzusetzen. Hier war ich noch skeptischer als vor dem Union Spiel, weil Bielefeld bei einem Sieg gute Chancen gehabt hätte, den 17. Platz zu verlassen und wohl auch dem Abstieg von der Schippe gesprungen wäre.
Interessant in dem Zusammenhang war noch eine Bemerkung von Ulli gewesen. Er selbst war an dem Tag schon im Urlaub auf Heiligenhafen und würde das Spiel dort in einer Kneipe seines Vertrauens betrachten. Die letzten beiden Male, als er dort Eintracht sehen musste, gewann Eintracht gegen Karlsruhe mit 6:0 und gegen Nürnberg, diese Saison in der Hinrunde, mit 6:1. Wenn das kein gutes Omen war...
Aber Scheiße was! 6:0 stimmte ja auch... Ein Sieg für die Heimmannschaft, ja leider! Wollte Eintracht denn nicht aufsteigen? Warum hatten sie sich dermaßen abschlachten lassen? Bei einem 0:1 oder 1:2 hätte Eintracht noch eine minimale Chance am letzten Spieltag gehabt, Stuttgart oder Hannover über das Torverhältnis bei einer Niederlage eines der Konkurrenten zu überholen. So aber stand nun die Relegation an, wahrscheinlich gegen Hamburg. Alternativ gegen Wolfsburg, was wohl dank der guten Einbindung von VW in Liga und DFB nicht zu schaffen wäre.
Ich selbst konnte das Spiel diesmal nicht bei Charles oder Pocke verfolgen, da ich an dem Wochenende mit der Mannschaft auf der BiRe 2017 verweilte. Das Spiel konnte ich nur auf den Straßen bei Rejkjavik im Subaru Outback verfolgen. Die Netzanbindung war leider langsam und fiel dauernd aus, aber irgendwie bekamen wir die Zwischenstände über den Kicker Ticker doch mit.
Nach dem 0:2 zur Pause hofften wir noch, obwohl wir an das Wunder von Bielefeld nicht glauben konnten. Als Bielefeld in der zweiten Halbzeit wie im Rausch noch vier Buden hinterher schieben konnte, waren wir eh schon derart gefrustet, dass wir die Partie nur noch pro forma verfolgten. Auch Pocke, Kroll und Urmel waren entsetzt. Aber die wunderschöne Landschaft und ein Döschen Bier half uns schnell über den größten Frust hinweg.
0:6 in Bielefeld. Man gut, dass ich dies Spiel nicht noch hatte sehen müssen. Die Krönung dabei war noch die zur Heldentat verklärte martialische Halbzeitansprache des Bielefelder Co-Trainers. Sprüche wie „Kämpft für Eure Familien“ und ähnliches müssen in den Ohren der relativ gut bezahlten Zweitligaprofis , auch in Bielefeld, wie aus einer anderen Zeitlinie klingen. Wenn bei Eintracht schon kein Braunschweiger dabei ist, ist es denn in Bielefeld anders? Das glaube ich eher nicht. Auch in der zweiten Liga kann man von hochbezahlten Profis ausgehen, die bei Misserfolgen, wie z.B. einem Abstieg, einfach den Verein und die Stadt mit ihrer Familie wechseln und gut ist. Die emotionell im Netz verklärte Ansprache in der Halbzeit führt natürlich bei jedem Bielefeld-Fan zu Tränen der Rührung .
Mit diesem Spiel hatte Eintracht den direkten Aufstieg verspielt. Ärgerlich daran finde ich den Zeitpunkt, dem vorletzten Spieltag bei der sensationellen Tabellensituation. Und gerade vorher hatten sie noch Union aus dem Stadion gefegt. Das finde ich enttäuschend, nicht das Ergebnis oder die Niederlage an sich. Eine Niederlage in Bielefeld, die gegen den Abstieg kämpfen und in der Saison auch schon Stuttgart wie Hannover einen eingeschenkt hatten, kann ich akzeptieren. Aber ein 0:6? Ich denke, bei der Eintracht war mit dem 0:3 die Luft völlig raus; die haben sich dann abschlachten lassen, weil sie nicht mehr an den direkten Aufstieg glaubten.
Im Nachhinein ist der Frust aber müßig. Das 0:1 durch das Eigentor von Hochscheidt war unglücklich und das 0:2 einfach ärgerlich, passiert aber. Die Niederlage war wohl schon da besiegelt, weil Bielefeld eben ein Team ist, nicht so wie 60. Und selbst bei einer knappen Niederlage wäre Hannover durch den Sieg über Stuttgart an Eintracht vorbeigezogen. Nur ein Sieg hätte Eintracht geholfen, aber knappe und glückliche Siege hatte Eintracht in der Saison schon genug. Das Glück war einfach aufgebraucht.

Dienstag, 13. Juni 2017

Sonny West 1/4

Joe, genannt „Sonny“, wurde als jüngstes von 5 Kindern am 30. Juli 1937 zuhause in der Clovis Road am Stadtrand von Lubbock, Texas, geboren. Kurz nach seiner Geburt zogen Joseph und Alberta West mit ihren 5 Kindern nach El Morro, einer ländlichen Gegend in der Nähe von Grants, New Mexico. Die Familie konnte dort ein Anwesen von 160 Morgen bewirtschaften.
Sonnys Vater Joseph war in seiner Jugend sehr musikalisch gewesen. Er spielte in einem Kirchenquartett die Mundharmonika. Als Erwachsener jedoch zeigte sich Sonnys Vater rastlos und hielt es nie länger an einem Ort aus. Daher hatte Sonny die Gelegenheit, in 12 Jahren über 20 verschiedene Schulen kennenzulernen. Noch dazu zog die Familie beständig in abgelegene Gegenden, wo es keine Elektrizität gab.
Der sechsjährige Sonny lauschte andächtig den Klängen des aufziehbaren Grammophons seiner Eltern, auf dem er sich an der Sammlung von 78ern (Schellackplatten) abarbeitete, überwiegend Marschlieder von Gene Austin oder auch Jimmie Rodgers. Sonny selbst spielte in der Schule verschiedene Blechblasinstrumente. Er versuchte sich während einer Periode seiner Familie in Kalifornien sogar an der Mandoline, aber er stellte für sich schnell fest, dass Bluegrass nicht der richtige Sound für ihn ist.
Als die Familie endlich nach New Mexico zurückkehrte, erhielt Sonny privaten Gitarrenunterricht von Michael Lee Bell, dem Sohn eines örtlichen Musikers. An seiner Schule schätzte man bevorzugt klassische Musik. Sonny sollte sich in diese Richtung orientieren, doch der junge Teenager Sonny West interessierte sich mehr für den Blues, vor allem an Jimmy Reed. Daneben fand Sonny auch Gefallen an dem Country-Sound eines Hank Willliams. Diese beiden Vorlieben mündeten logischerweise in den Rock `n` Roll.
Im zarten Alter von 17 Lenzen verließ Sonny West die Schule in Gallup und arbeitete in einem Krämerladen im Reservat der Navajos, wo er hauptsächlich indianischen Schmuck und Teppiche verkaufte. Ein Zubrot verdiente er sich in dieser Zeit, indem er auf Schulkonzerten oder beliebigen anderen Konzerten spielte.
Ende 1955 lebte Sonny Westimmer noch in New Mexico und in Farmington, wo er sich mit dem Lead-Gitarristen auf einer Gibson, Buddy Smith, anfreundete. Für die lokale Radiostation KENN spielten sie live in einer „Saturday Night Show“; daneben nahmen sie jegliche Möglichkeit wahr, um live spielen zu können. Irgendwann im April 1956 rief Sonny sogar Sam Phillips, dem Besitzer von Sun Records, an, um dort vorspielen zu dürfen. Der Erfolg von Elvis Presley hatte sicvh schließlich bis nach New Mexico herumgesprochen.
Doch Sam Phillips verwarf jeglichen Gedanken an eine Verpflichtung von Sonny West schon im Ansatz, denn er konnte sich 1956 vor hoffnungsvollen und guten jungen Talenten kaum retten. Da war für Sonny West einfach kein Platz mehr. Sonny wiederum ließ sich nicht entmutigen, kündigte seinen Job bei einem Ford Händler und machte sich auf die lange und ungewisse Fahrt zum Vorspielen nach Memphis. Einen Termin hatte er bei Sun Records nicht, aber in seinem 51er Chevy war er trotzdem auf der Bahn.
Sam Phillips hörte ihn nicht einmal an und erklärte Sonny auch, dass er bereits mehr als genügend Talente unter Vertrag habe. Dert enttäuschte Sonny hatte all sein Geld vergeblich in diesen Trip investiert. Deshalb zog Sonny West zusammen mit seiner Schwester Ramona und deren Mann Walter T „Heavy“ Anderson nach Levelland in Texas. Dort traf er auf den DJ Bob Kaliff, der den mittellosen Sonny nach dem Fehlschlag aufmunterte und ihn beim Sender KLVT unterbrachte.
Sofort gründete Sonny eine Band mit Doc McKay am Schlagzeug und Jimmy Metz am Standbass. Da fiel ihm auch sein alter Kumpel Buddy Smith wieder ein. Um den Sound aufzuwerten, holte Sonny Buddy Smith in die Band. Sonnys Ziel war es, einen Plattenvertrag zu ergattern. Als Proberaum der Band diente das Tanzstudio von McKays Mutter. Dort schrieben sie die Songs und übten diese ein.
Alle Bandmitglieder waren nie mehr als Teilzeitmusiker, verdienten ihre Brötchen aber in der Nähe von Dallas. Deshalb schafften sie es auch, im Big „D“ Jamboree aufzutreten. Jedoch erkannten sie sehr bald, dass sie einem Jerry Reed mit seinem Country Sound nicht folgen wollten. Zum Glück hatten sie ja auch Auftritte in einem Teenager Club in Lubbock, der Geburtsstadt von Sonny West. Dort, im Bamboo, lernte Sonny Buddy Holly kennen, der ja bekanntlich auch in Lubbock geboren worden war. Für den Sender KDAV arbeiteten beide in der „Sunday Party Show“ zusammen.

Samstag, 10. Juni 2017

Contramann: kurz gesehen im Juni

http://www.tagesspiegel.de/sport/relegation-warum-wolfsburg-der-bundesliga-besser-tut-als-braunschweig/19868762.html
Starten wir mal mit einem anderen Thema. Nicht die schnöde Politik, sondern Fußball, der wichtigsten Religion des 21. Jahrhunderts. Brot und Spiele – das beherrschten ja schon die Römer perfekt. Und auch die heute Mächtigen haben das Potential von Religion erkannt. Die Menschen sind bei politischen Themen mittlerweile erstaunlich emotionslos. Ihren persönlichen Frust über die scheinbare Alternativlosigkeit des neuen Kapitalismus leben Sie über den Fußball aus. Früher wurden Hexen verbrannt, im Relegationsrückspiel sangen die Braunschweiger Zuschauer „Mario Gomez ist ein Hurensohn“, bloß weil dieser im Hinspiel sich genau so verhalten hat, wie es jeder Profi der Eintracht in derselben Situation beim Handspiel auch getan hätte. Die Parallelen Fußball zu Religion sind derart auffällig… aber ich wollte etwas zu diesem unsäglichen Artikel schreiben.
Allein das Duell von Wolfsburg (Retortenverein mit viel Kohle von VW, sprich Großkapitalist) gegen Braunschweig (klassischer Traditionsverein mit viel „ehrlichem“ Herzblut, sprich Arbeiter und Abgehängter des Systems) spiegelte den Riss in unserer Gesellschaft wunderbar auf unsere Bildschirme daheim.
Für mich als alten Eintracht Fan ist dieser Artikel höchst ärgerlich, da der Autor den Verbleib von Wolfsburg in der 1. Bundesliga mit der besseren Wettbewerbsfähigkeit dank des vorhandenen Kapitals begründet. Damit reduziert er den Fußball auf den reinen wirtschaftlichen Erfolg, die emotionellen Bedürfnisse eines nicht direkt betroffenen Fußballfans aus Ditzingen oder Suhl, der sich freut, wenn mal ein Kleiner den Großen schlägt (David gegen Goliath, hallo: Religion!), haben da selbstverständlich zurückzustehen.
Es sind solche bescheuerten Kommentare, die mir den Spaß am Fußball mehr und mehr verleiden. Allerdings – eins möchte ich den Wolfsburgern dann doch noch zugutehalten: Wie Eintracht wurden sie einmal deutscher Meister, haben dagegen aber noch einen Pokalsieg vorzuweisen. Mit der kommenden Saison hat Wolfsburg die Eintracht mit den Jahren der Erstligazugehörigkeit eingeholt. Daher halte ich das Berufen vieler Eintracht Fans auf die Tradition gegenüber dem verhassten Retortenverein als bigott.
Dessenungeachtet lebt der Fußball wie die Religion von Emotionen. Wenn der Kleine immer gegen den Großen scheitert, dann verlieren mehr und mehr Fans das Interesse und wenden sich anderen Vergnügungen zu. Oder: Was ist der Religionsersatz in 10 Jahren?

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/neustart-gescheitert-was-idioten-aus-der-welt-gemacht-haben-kolumne-a-1146110.html
Die unsäglich verkopfte Frau Berg hat in ihrer Kolumne auf Spiegel Online auch etwas über die „Abgehängten“ zu erzählen. Sie setzt diesen Begriff mit Wut- oder auch Reichsbürgern gleich, die zu dumm sind, um zu kapieren, dass sich nicht wirklich etwas für sie ändert, weil die Revolution ausbleibt. Dem Hass dieser Menschen auf das gesellschaftliche System setzt sie ihren eigenen Hass auf die „Abgehängten“, die die Welt einfach nur anders sehen, entgegen. Die fehlende Toleranz und Demokratiefähigkeit, die sie den Idioten vorwirft, legt sie dank ihrer Hasstirade selbst an den Tag.
Im Übrigen, Frau Berg: Abgehängt werden Schlachttiere, damit sie ausbluten. Als korrekte Analogie zur menschlichen Gemeinschaft wären ALLE Verlierer des neuen Kapitalismus anzusehen, da ihr Leben bzw. ihre Chancen in unserer Gesellschaft rücksichtslos der Fresssucht des Monsters Kapitalismus geopfert wird. Das ist jeder Langzeitarbeitslose, Rentner, Zeit- oder Leiharbeiter, um nur einige zu nennen. Die Reduzierung des Begriffs eines „Abgehängten“ auf zugegebenermaßen fehlgeleitete Menschen aus dem genannten Personenkreis ist unredlich und spielt letztendlich nur denjenigen in die Hände, über die sich Frau Berg zu Recht aufregt. Dem tumben AfD Wähler.

http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/smartphone-an-schulen-googlen-in-der-klausur-erlauben-a-1146879.html
Ganz klar – Frau Berg ist ein Opfer der deutschen Bildungspolitik. Hier ist mal ein Interview mit so nem Professor für Anglistik und Amerikanistik aus Marburg. So nen Sprachendussel, der meint zu wissen, was in MINT Fächern wichtig ist.
Gerade in mathematischen Fächern sind Unterstützungsmittel wie Formelsammlungen oder Taschenrechner ja bereits erlaubt, da bringt ein Internetzugang per Smartphone während einer Prüfung keinen Mehrgewinn. In sprachlichen wie geisteswissenschaftlichen Fächern bringt das natürlich eine ganze Menge… vor allem an Betrugsmöglichkeiten.
Über einen Chat quasi den Telefonjoker zu nutzen erspart das Lernen auf eine Prüfung, auch gerade in Mathe. Und warum soll ich dann überhaupt noch im Unterricht aufpassen? Spaß am Lernen, weil es im (eventuellen) späteren Arbeitsleben auch immer nur um Spaß geht? Meine Güte, soll der Dussel doch Studenten Fremdsprachen vermitteln. Aber eine Bitte, Professor Handke: Halten Sie sich mit ihren weltfremden Aussagen zurück, wenn es um die reale Berufswelt und dem Aneignen des dazu erforderlichen Wissens angeht.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/soziale-gerechtigkeit-und-digitalisierung-das-fatale-schweigen-der-politik-a-1148667.html
Ich bin erstaunt. Der Müller, seines Zeichens Wirtschaftsredakteur bei Spiegel Online und sonst ein Neoliberaler, wie ihn Michelangelo nicht schöner malen könnte, mit einem halbwegs brauchbaren Ansatz. Seine Schlussfolgerung beim Blick auf verschiedene Volkswirtschaften lautet, dass die Löhne trotz der gegenwärtigen Hochkonjunktur (?) entgegen der klassischen Volkswirtschaftslehre eben nicht steigen, wenn dann verhalten.
Tatsächlich sinken die Löhne sogar – inflationsbereinigt. Und Hochkonjunktur bei dem knappen Wirtschaftswachstum… Naja. Aber den Menschen hierzulande sind im Moment die Themen innere Sicherheit oder Zuzug von Flüchtlingen wichtiger als die soziale Sicherheit, da stimme ich mit Müller überein.
Leider, denn von den etablierten Parteien hat einzig die Linkspartei brauchbare Konzepte zur Lösung des immer wichtiger werdenden Problems der sozialen Gerechtigkeit. Wie Müller richtigerweise schreibt, werden zukünftig, das heißt innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre, viele Arbeitsplätze in Handel und Verwaltung durch die zunehmende Digitalisierung wegfallen.
Das bedeutet nach unserer bisherigen Wirtschaftsordnung, dass wir mit immer weniger Menschen dank der Automation die Wirtschaftsleistung weiter steigern werden, aber immer weniger Menschen die finanziellen Mittel haben werden, um all die schönen Produkte zu kaufen. Selbst der vor kurzem heiliggesprochene St. Martin aus Würselen hat da keine Antwort.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestagswahl-2017-linke-fordert-mindestsicherung-von-1050-euro-a-1151517.html
...die Antwort, die der Martin nicht geben kann, kommt von Links. Katja Kipping halte ich zwar nicht unbedingt für eine Politikerin, die ihre guten Absichten auch umsetzt, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen würde. Ich sehe in ihr eher eine blutjunge Andrea Nahles.
Die Wagenknecht mit ihrer fast preußischen Strenge hätte das Format, aber die Partei meint – nicht zu Unrecht – dass Frau Kipping in der Öffentlichkeit eher angenommen wird. Bei Sarah Wagenknecht setzt bei den Medien immer sofort ein Beißreflex ein.
1050,-€ Mindestsicherung – also bedingungsloses Grundeinkommen, bitte nicht mit Regelsatz Hartz IV verwechseln – sind doch mal im Gegensatz zur politischen Konkurrenz eine klare Kante. Ein Mindestlohn von 12€ sowie die Steigerung des Rentenniveaus auf 53% sind ebenfalls konkrete Ziele, um die sich selbst St. Martin drückt. Solche klaren Ansagen zur Verteilungsgerechtigkeit in unserem Land kannte ich nur von früher, als ich ein kleiner Junge war und gerade mal zur Schule ging.
Damals hieß die Partei SPD, heute wohl die Linke. Aber so wie auch niemand bei McDonalds isst, Bildzeitung liest oder bei Amazon einkauft, wird auch niemand CDU, SPD, Grüne oder die FDP wählen. Versprochen.
Das ist ja leider das Traurige: es geht uns Deutschen immer noch zu gut. Wir wissen ganz genau, was wo schiefläuft. Das wussten schon unsere Eltern und Großeltern von 1933 bis 45, aber sie konnten da leider nichts machen, außerdem wussten sie dann plötzlich doch von nichts. Und dass wir von nichts wissen, werden wir später unseren Kindern und Enkeln erzählen, wenn sie uns fragen, warum wir SPD oder CDU gewählt haben.
„Das konnte doch kein Mensch ahnen...“

Montag, 5. Juni 2017

Hartmudo: Endspurt 3

So kam neben Tesla noch Pocke am Montag vorbei. Patti konnte leider nicht, da sie noch im Urlaub weilte. Vorher hatte ich jedoch noch einen Termin beim HNO Arzt, da mich bereits seit Wochen meine trockenen Nasenschleimhäute quälten. Die HNO ist die Frau meines Orthopäden und betreibt mit ihm zusammen eine Gemeinschaftspraxis. Wenigstens konnte sie mich beruhigen. Es war wohl nicht so schlimm, wie ich alter Hypochonder befürchtet hatte.
Rechtsseitig traten bei mir morgens beim Schnauben Blutungen auf, ich hätte wohl nicht versuchen sollen, die Verkrustungen herauszuholen. Sie gab mir ein Rezept für eine Nasensalbe, für die der Apotheker meines Vertrauens (Petri Apotheke in Lebenstedt) 2 Tage zum Abmischen brauchte. Daher konnte ich mit der Behandlung auch erst kurz vor der diesjährigen BiRe beginnen.
Das rezeptfreie Gelositin schrieb sie mir ebenfalls auf und bat mich, nach 3 bis 4 Wochen nochmal zur Kontrolle hereinzuschauen. Meine Befürchtung, dass meine Beeinträchtigung durch die Behandlung mit Metex herrührt, bewahrheitete sich zum Glück nicht. Da konnte mich die Ärztin beruhigen.
Aber wir waren ja noch beim Montagabendspiel auf Sport1, dem letzten seiner Art. Eintracht gegen Union würde das letzte Livespiel auf Sport1 sein, denn der Sender hat die Rechte dafür ab nächster Saison verloren. Und ich nehme es vorweg: Es war ein würdiger Abschluss.
20.15 Uhr war Anpfiff, unsere Gäste kamen erst um 20.00 Uhr vorbei. Da hatten meine Löwin und ich schon mit dem Grillen angefangen, da unsere Mägen bereits in den Kniekehlen hingen. Meine Löwin hatte noch 2 Dips gemacht - die Knoblauchwürzung kam von mir - und Fleisch und Bratwurst und und und... Stand alles auf dem Tisch, ein großes Baguette hatte ich nach dem Arztbesuch noch organisiert.
Tesla und Pocke platzierten sich am Wohnzimmertisch. Würstchen und die Steaks wurden verteilt. Dazu lief im Fernsehen der Vorbericht zu diesem Spitzenspiel der Liga, nach der ersten Rutsche Wurst für unsere Gäste ging das Spiel los. Tesla und Pocke kauten noch, da drosch Reichel das Leder dank gütiger Mithilfe eines abfälschenden Unioners in die Maschen.
Vier Minuten waren da gerade mal gespielt, Donnerkiesel! Ein frühes Tor waren wir von unserer Eintracht ja gar nicht mehr gewohnt in dieser Saison, das ging ja prima los. Mit einem Sieg wäre zumindest die Relegation gesichert, da Union 6 Punkte hinten wäre. Aber auch ein zweiter Platz und damit der direkte Aufstieg wäre dank des Restprogramms gegen die beiden Tabellenletzten in greifbarer Nähe.
Sämtlicher Pessimismus, weil Eintracht gegen die direkten Mitkonkurrenten bisher nicht einen Sieg einfahren konnte, war wie weggewischt. Genüsslich schlürfte Pocke seinen Gin Tonic, Tesla und ich griffen zum Wolters. Natürlich tranken wir zur Feier des Tores ein Schnäppschen, Tradition verpflichtet eben.
Leider fiel im ersten Durchgang kein Tor mehr, doch kurz vor dem Wechsel hatte Union eine gute Einschusschance, die Fejsic dank einer starken Parade vereiteln konnte . Ein Tor für Union wäre unschön gewesen, denn die Eisernen hatten in der ersten Halbzeit nichts gerissen und waren nach vorne äußerst harmlos. Dabei brauchten sie doch unbedingt einen Sieg, um noch reelle Chancen auf einen Aufstiegsplatz zu haben.
Nach der Halbzeit ergab sich erst einmal keine Änderung. Pocke nahm noch einen Gin Tonic, der Biernachschub war ebenfalls gesichert. Das gleiche Bild auch auf dem Spielfeld - bis zur 54. Minute. Da bekam der Unioner Puncec die gelbrote Karte gezeigt. Es war wohl sein zweites schweres Foul. In unserem Wohnzimmer sangen wir deshalb Halleluja. Das müsste jetzt doch reichen, das sollten sie über die Zeit schaukeln können.
Zehn Minuten nach dem Platzverweis war es wohl Hochscheidt, der sich beim Spielen des Balls kurz hinter der Mittellinie fast den Fuß brach. Kopfschüttelnd musste ich mitansehen, wie der Ball unkontrolliert und im hohen Bogen nach vorne ins linke Toraus unterwegs war. Dass Nyman den Ball noch erlaufen konnte, hätte ich fast versäumt. Nicht aber seinen klugen Pass auf Reichel, der von hinten angerannt kam und den Ball gefühlvoll ins rechte obere Ecke schlenzte. Eine eigentlich ungefährliche Szene, doch auf einmal stand es 2:0 und Eintracht war sogar wieder an Hannover vorbei auf Platz 2 gezogen.
Ich schenkte uns allen gerade noch einen Schnaps als Belohnung ein, da klingelte es auch schon auf der Gegenseite. Der Gegentreffer resultierte aus einer Unachtsamkeit. Dank der schlampigen Abwehrarbeit war die Eintracht jetzt wieder auf den Relegationsplatz zurückgefallen. Das war zwar bedauerlich, doch wir hatten in der Folge nicht den Eindruck, dass Union noch den Ausgleich markieren könnte.
Natürlich kann man sich da nie sicher sein, dafür hatten wir mit der Eintracht schon zu viel erlebt. Also noch eine Runde Bier und noch einen Gin zur Verdauung. Übrigens: Meine Löwin und Pocke tranken Amarula statt Gin, das wollte ich hier nur noch kurz erwähnt haben. Jedenfalls fiel in der 75. Minute das erlösende 3:1 für die Eintracht.
Biada, von dem ich persönlich sehr viel halte, eroberte den Ball in der 75. Minute und rannte mit der Murmel energisch nach vorne. Klug spielte er den Ball im genau richtigen Moment zu Kumbela, der noch zwei Schritte lief und die Kugel dann überlegt zum 3:1 ins linke untere Eck schoss. Sein erstes Tor in der Rückrunde, der Kumbamann war wieder da!
Beim Abpfiff war unsere Freude verständlicherweise riesengroß, denn auch mit diesem Ergebnis stand die Eintracht auf einem direkten Aufstiegsplatz. Wir nahmen noch einen Scheidebecher, dann fuhren Pocke und Tesla nach Hause. Wir hatten ein schönes Spiel gesehen, was uns auch optimistisch für die letzten beiden Spiele stimmte. Und selbst wenn: Eintracht war damit zumindest in der Relegation. Vor der Saison hätten das alle in Braunschweig unterschrieben. Aber auch die Leistung des Teams passte diesmal. Nie hatte man den Eindruck, dass das Spiel kippen könnte.

Donnerstag, 1. Juni 2017

Hartmudo: Endspurt 2

4 Spiele waren es jetzt noch. Weiter ging es am folgenden Sonntag zum Auswärtsspiel bei den stark abstiegsgefährdeten 60ern. 30. April, der Tag vorm Feiertag. Meine Löwin und ich waren bei ihrem Bruder, dem anderen Harald, und Frida in Grassel zum Grillen eingeladen. Frida kümmerte sich erst einmal um die Haare meiner Löwin, während Harald und ich auf der Terrasse den Sonnenschutz anbrachten. Das war allerdings nicht nötig, weil es etwas frisch zum Sitzen auf der Terrasse war, so dass wir drinnen am Esstisch essen sollten.
„Frisch“ meint hier eher das Empfinden unserer Frauen. Harald war in Shorts und Sandalen unterwegs; und auch mir war es eher zu warm als zu kalt. Doch trotzdem war es gut, drinnen zu speisen, weil sich das Frisieren meiner Löwin durch Frida bis kurz vor Spielbeginn hinauszog und wir dadurch den Anpfiff nicht verpassten. Ich setzte mich freiwillig seitwärts zum Fernseher, weil ich dummerweise ein schlechtes Gefühl zu diesem Spiel hatte. 60 brauchte die Punkte dringend, weil sie in unmittelbarer Abstiegsgefahr schwebten . Dazu hatten Union und Stuttgart ihre Spiele am Freitag bzw. Samstag schon gewonnen gehabt; Hannover sollte mit Düsseldorf auch keine Schwierigkeiten bekommen.
Wir verpassten anfangs jedoch nichts. Eintracht stand hinten gut und 60 war zwar feldüberlegen, aber nicht wirklich gefährlich. Als wir schon auf dem Sofa vor dem Fernseher saßen, ich mein Opferbier am Hals hatte, da knallte ein Kopfball in der 45. Minute an den Pfosten der Eintracht, Aigner vergab gleich danach noch einmal so ein dickes Ding. Von Eintracht war offensiv bis dahin nicht viel zu sehen. Das änderte sich auch in der 2. Halbzeit nicht wesentlich - bis zur 55. Minute.
Ich saß noch entspannt auf dem Sofa, nuckelte an einem Pils und streichelte Fridas Katze, die sich an mich schmiegte. Auch den Anderen fiel nach dem opulenten Mahl mit Fridas sensationellem Kartoffelsalat das Bewegen schwer, weil das Spiel so vor sich dahin plätscherte. Auf der rechten Außenseite, fast an der Torauslinie, bekam Omladic den Ball. Eigentlich harmlos, aber der begnadete Techniker streichelte den Ball wie weiland Zidane mit der Sohle am Gegenspieler vorbei und lief in den Strafraum. Ein kurzer Pass zu Nyman, der, mit dem Rücken zum Tor und Gegenspieler stehend, sich in Gerd Müller-Manie drehte und den Ball humorlos unter die Latte knallte.
1:0, der erste gefährliche Angriff. In der Folge stürmte 60, hatte noch die eine oder andere Großchance… verballerte aber alles. Decarli kam mit seinem hochgestreckten Fuß an der Außenseite zu spät gegen Aigner, der voller Absicht mit dem Kopf in den Fuß knallte und wohl eine rote Karte provozieren wollte. Ich sage dies so deutlich, weil normalerweise sollte ein Profifußballer seinen Kopf etwas einziehen, wenn der Fuß des Gegenspielers in Richtung Ball geht. Der Ball war zwar auf Kopfhöhe von Aigner, aber den Fuß hat er garantiert gesehen. Gelbe Karte für Decarli, blaues Auge für Aigner.
Aigner versemmelte dann noch zwei 100%ige Chancen, während Hochscheidt bei Kontern noch zweimal den Pfosten der 60er anschoss. Ein zwar glücklicher Sieg, aber verdient war es irgendwie doch. Man konnte schon sehen, warum die Teams dort in der Tabelle stehen, wo sie sind. Eintracht hatte halt effektiv gespielt und am Schluss versäumt, noch etwas für das Torverhältnis zu tun. Dass der 60 Trainer Fereira Lieberknecht als Hurensohn beleidigt haben soll, ist zur Zeit noch ein Thema für den DFB Kontrollausschuss.
Wir verabschiedeten uns von Harald und Frida und ließen diesen schönen Sonntag gemütlich ausklingen. Jetzt noch das Spiel am 8. Mai gegen Union bestehen, wenigstens ein Unentschieden, dann klappt es auch mit der Relegation. Da war ich zuversichtlich, bei 3 Punkten vor den Eisernen. Bei einem Sieg könnte gar der direkte Aufstieg gelingen.
Schon bei der Geburtstagsfeier von Tesla zwei Tage vor dem Spiel sinnierten das Geburtstagskind, Wolfgang, Berthold, Pocke und ich zusammen über die Chancen der Eintracht gegen Union. Das Für und Wieder eines erneuten Aufstiegs in die Bundesliga wurde angesprochen, dazu gab es standesgemäß Korn und Bier. Bei der Gelegenheit lud ich alle für den Montag zu uns nach Hause zum Grillen ein. Wolfgang natürlich nicht, der hat ne Dauerkarte und schaut direkt. Und Berthold lebt in Magdeburg, da ist es Montags abends eher ungünstig, nach Braunschweig zu fahren.