Mittwoch, 28. Juni 2017

Contramann meets Hartmudo: Person of Interest 1/2

„Du wirst beobachtet. Die Regierung hat dafür ein geheimes System. Eine Maschine, die Dich ausspioniert. Rund um die Uhr, jeden Tag. Ich weiß das, weil ich Sie entwickelt habe. Sie war dafür gedacht, Terroranschläge aufzudecken, aber sie sieht alles. Gewaltverbrechen, in die normale Menschen verwickelt sind. Menschen wie Du. Verbrechen, die für die Regierung irrelevant sind. Sie würde nicht eingreifen, also beschloss ich, das selbst zu tun.
Aber ich brauchte einen Partner. Einen, der die Fähigkeiten besitzt, einzugreifen. Von den Behörden verfolgt, arbeiten wir im Verborgenen. Du wirst uns niemals finden. Aber ob Täter oder Opfer: Wenn Deine Zeit gekommen ist, finden wir Dich!“


Mit diesem oder einem leicht abgewandelten Text fängt jede Folge von Person of Interest an. Als RTL die erste Staffel vor fast 5 Jahren Dienstags abends auf dem Platz von „the Blacklist“ ausstrahlte, hatte ich zwar mal kurz reingeschaut, fand die Serie aber lahm. Ich bekam keinen Zugriff drauf.
Im Frühjahr dieses Jahres stolperte die Beste von Allen, meine Löwin, per Zufall beim Durchforsten von Netflix auf die Serie. Bei „Orphan Black“ hatten wir gerade die ersten 4 Staffeln mit Genuss geschaut, nun brauchten wir einen Nachfolger zur Gestaltung des Fernsehabends.
Person of Interest ist ein würdiger Nachfolger und verdient den Titel „unsere Serie“. Warum habe ich das nur vor 5 Jahren übersehen? Egal, dank meiner Löwin fand ich jetzt endlich auch den Zugang zu dieser überragenden Serie. Und während ich noch mit Kroll, Pocke und Urmel auf der diesjährigen BiRe in Rejkjavik über den Neoliberalismus und die Atlantikbrücke schwadronierte, fiel mir gar nicht auf, dass dies alles irrelevant ist.
Denn alle Überlegungen, wer und warum die Macht auf dieser Welt oder wenigstens in Deutschland in den Händen hält und wie man diese am Besten im Zaum hält, auf das wieder Gerechtigkeit herrschen möge, sind nach dem Betrachten von Person of Interest nun wirklich nebensächlich.
Zur Zeit stecken meine Löwin mitten in der vierten von fünf Staffeln der bereits eingestellten Serie. Dank Person of Interest ist mir klar geworden, dass die 1% an Superreichen, die auf Kosten der Allgemeinheit in Saus und Braus lebt, nicht wirklich die Macht über das System in Händen hält. Wie meine Freunde auch (der Eine mehr, der Andere weniger) hatte ich das bislang auch geglaubt, weil ich fälschlicherweise Geld mit Macht gleichgesetzt hatte.
Diese Fehleinschätzung wird durch unsere Prägung auf dieses Gesellschaftssystem, in dem (fast) aller Erfolg in Geld bemessen wird, verständlich. Was mir bislang nicht klar war, ist die relativ leicht zu verstehende Tatsache, dass es ab einem bestimmten Punkt an Reichtum oder auch Einkommen egal ist, wie viele Millionen oder Milliarden man hat. Dann ist alles nur noch Monopoly-Geld; auch Bill Gates isst morgens nur 3 Brötchen. Möglicherweise sind selbst meine Freunde und ich gar nicht so weit von dem besagten Punkt, an dem das Geld keine Rolle mehr spielt, entfernt.
In Person of Interest hält irgendwann nicht die von Harold Finch ursprünglich entwickelte Maschine zur Verhinderung von Terroranschlägen die Macht in den Händen, sondern der böse Gegenentwurf Samaritan, der unter der Leitung des gefühllosen ehemaligen MI6 Agenten John Greer für eine chinesische Firma entwickelt wird. Ähnlich wie in Matrix sieht Greer in Samaritan eine Gottheit und schaltet das System online.
Von diesem Zeitpunkt an gibt Samaritan die Befehle und Greer wird zum ausführenden Befehlsempfänger, meinetwegen auch Prophet oder auch erster Vertreter der Gottheit auf Erden. Während Finch in seine Maschine noch Sicherungen eingebaut hatte (Die Maschine löscht sich alle 24 Stunden und startet dann automatisch neu bei Null), ist Samaritan davon befreit und damit auch von sämtlichen moralischen Grundsätzen, die uns Menschen immer so quälen. Da wird der Mensch an sich unwichtig und kann sterben, wenn es Samaritan nützt.
Nun glaube ich natürlich nicht wirklich, dass eine Maschinenintelligenz die Weltherrschaft übernommen hat und über Erdogan und Trump die Menschheit unterjocht. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem tatsächlich ein System ist, dass unabhängig von irgendwelchen Einzelpersonen, ob Donald Trump oder Marc Zuckerberg, funktioniert. Dank gegenseitiger Abhängigkeiten ist ein unüberschaubares Netz von gegenseitigen Abhängigkeiten entstanden, aus dem eben niemand entkommen kann, um die alleinige Herrschaft zu erringen.
Die gegenseitige Beeinflussung und Kontrolle von Staat und Wirtschaft hält das System am Laufen. Wie Samaritan in Person of Interest agiert dieses System quasi autonom, der Unterschied zu Samaritan ist lediglich, dass in dem System unserer Realität, welches ich meine, keine zentrale Intelligenz gibt, die sich zumindest gegenüber einer Person wie Greer äußern kann.

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