Sonntag, 28. Februar 2021

Uncle Fester: grad gelesen Februar 2021

Dennis E. Taylor - Die Singularitätsfalle
Bekannt wurde er mit den bislang drei Romanen der Bobiverse-Reihe. Ein Mensch, der in einen Computer hochgeladen wird und alle Möglichkeiten einer KI hat, ohne seine Menschlichkeit zu verlieren. Das ist das Thema von Dennis E. Taylor und auch mit diesem neuen Roman, einem Einzelstück, nimmt der Kanadier das Thema wieder auf.
Ivan Pritchard heuert auf dem Asteroidenkreuzer Mad Astra an, um seiner Familie auf der kurz vor dem ökologischen Kollaps stehenden Erde ein auskömmliches Leben zu ermöglichen. Die Mad Astra hat einen Asteroiden zur Ausbeutung zugewiesen bekommen. Hopp oder Topp ist hier das Motto: Entweder wird die Crew auf der Suche nach Metallen und seltenen Stoffen fündig oder aber sie sind pleite; denn alle - auch Pritchard - mussten Anteile an dem Geologentrupp kaufen, damit das Unternehmen auch nur starten konnte.
Selbstverständlich hat die Crew tatsächlich Erfolg und kann den Asteroiden so gut an eine der Bergbaufirmen verkaufen, dass jeder Milliardär wird. Leider fasst Ivan Pritchard ein besonders schönes Stück Felsen an, welches sich als Alienartefakt entpuppt. Pritchard wird kontaminiert und sein Körper wandelt sich nach und nach um. Das Fleisch wird durch Chrom ausgetauscht.
Lediglich Pritchards Bewusstsein läuft auf diesem Computer, aber die eigentliche Kontrolle hat das Alien, welches Pritchard Ralph nennt. Ralph ist ein Vertreter der „Uploads“, ehemalige Lebewesen, die sich in diese Computer hochgeladen haben und als Schwarmintelligenz gegen ihre Feinde, die künstlichen Intelligenzen kämpfen, die die einzelnen Alienvölker einst selbst geschaffen hatten.
Ralph überlegt, ob er die Menschen uploaden und in den Kampf gegen die KIs einbeziehen oder aber vernichten soll, damit die Menschen nicht den KIs als Ressource dienen.
Während Pritchard versucht, Ralph auszutricksen, um die Menschheit zu retten, versucht das irdische Militär die Mad Astra mit Pritchard und Ralph als vermeintliche Feinde mit Atomraketen auszulöschen. Captain Jennings und Doc Kemp von der alten, inzwischen von der Seuchenbehörde evakuierten Besatzung, wollen mit der Pathologin Narang von eben dieser Behörde die drohende Katastrophe verhindern, da ein militärischer Schlag sinnlos ist.
Letztendlich arbeiten alle Menschen auch mit Pritchard zusammen und können Ralph von einer dritten Alternative überzeugen. Die Menschheit verpflichtet sich zum Upload in ungewisser Zukunft. Als Ausgleich rettet Ralph den Planeten und beseitigt ökologische Schäden, denn die Menschheit stand deshalb schon vor dem Aus.
Ein netter Zeitvertreib, dieser Roman. Er war angenehm zu lesen, aber die Handlung selbst war übersichtlich gestaltet. Sehr spannend ging es also nicht zu, da war die Bobiverse Reihe schon wesentlich interessanter.

                  

Dennis E. Taylor - Outland der geheime Planet
...und gleich der nächste Einzelroman von Taylor hinterher, wo ich grad mal so schön dabei bin. Es handelt sich hier um eine Überarbeitung seines allerersten Romans, den er vier Jahre zuvor als Selbstpublikation veröffentlicht hatte. Und warum auch nicht. Wenn man auf der Erfolgswelle reitet, sollte man das noch einmal mitnehmen.
Laut Beschreibung auf der Rückseite des Buches entdecken sechs Physikstudenten bei einem Experiment ein Portal in eine Parallelwelt. Nicht ganz zu Unrecht werden da Assoziationen an „Stargate“ wach. Quasi gleichzeitig bricht im Yellowstone Nationalpark ein Supervulkan aus, so dass die neue Erde als Rettung für die Menschheit erscheint.
Erscheint. Und deshalb war ich auch ganz gespannt auf diesen Roman. Meine Erwartungen wurden zwar nicht erfüllt, aber die Lektüre gestaltete sich dank des lockeren Schreibstils von Taylor als sehr unterhaltsam. Was nicht passte - und das ist mir leider schon sehr oft passiert - war die Beschreibung zu dem Buch.
Es geht schon mal damit los, dass wir hier lediglich über drei Physikstudenten sprechen. Richard hatte mit Kevin, dem typisch verschrobenen Genie und Einzelgänger, das Portal in eine andere Raumzeitdimension erfunden. Richards Intimspezi Bill ist der dritte Physiker, der die nötige Hardware zusammenkloppen wird. Mit ihm zusammen steigt noch Matt ins Geschehen ein. Das Computergenie wird die entsprechende Software bereitstellen und ist außerdem mit der Geologiestudentin Erin liiert.
Erin stößt erst etwas später zu der Gruppe, nachdem sie beinahe bei einem ersten Ausbruch des Supervulkans getötet worden wäre. Sie bringt dann später noch ihre beste Freundin und Zoologin Monica mit in die Gruppe. Dies erweist sich als notwendig, als sich herausstellt, das die geöffnete Parallelwelt im Pleistozän (Steinzeit bis vor 12.000 Jahren) verharrt. Dort scheint jedoch kein Supervulkan in Indonesien das Artensterben ausgelöst zu haben, weshalb Mammuts, Säbelzahntiger oder auch Riesenfaultiere die Landschaft dominieren. Von Primaten ist dort keine Spur vorhanden.
Diese Sechs planen nun, ihr Studiengeld durch Goldschürfen in der unberührten Parallelerde ein wenig aufzubessern. Beim Verkauf des Goldes ziehen sie aber die Aufmerksamkeit der Gangster Zeke und Carl auf sich. Diese wollen der Gruppe das Gold abnehmen, finden sich aber ziemlich alleingelassen auf der Parallelerde wieder, weil die Sechs die gestellte Falle durchschauen.
In einem Akt unerwarteter Aktion, ja Brutalität, werden beide später durch Monica umgebracht, als sie versuchen, die Rückkehr zur normalen Erde mittels Entführung zu erpressen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Supervulkan im Yellowstone bereits ausgebrochen; die Gruppe schafft es gerade noch, ca. 300 Leute - überwiegend Studenten - zu retten und auf der neuen Erde ein Camp zu errichten.
Immer wieder begeben sich die sechs „Toreigentümer“ zu Exkursionen auf die alte Erde, um das Camp mit Waffen und Absperrungen gegen die wilden Tiere absichern zu können. Bei einer dieser Touren gerät Bill auf der Originalerde in die Gewalt von Resten der Nationalgarde unter Lieutenant Collins und Korporalin Chavez., welche ihrerseits einige Hundert Menschen retten konnten.
Diese siedeln dann auch zur Parallelerde über. Die Nationalgarde ist bei dieser Gelegenheit behilflich, die Rebellion eines der Studenten zu bekämpfen. Die kurze Schreckensherrschaft von Adam Velitchkov (russischer Name, aha!) ist das letzte Hindernis, das es vor dem Happy End zu beseitigen galt.
Zwischendrin werden immer mal Nachrichten aus der Originalerde eingestreut. In diesen Schnitzeln wird deutlich, dass die riesige Aschewolke eine neue Eiszeit auslöst und ein großes Sterben von Flora und Fauna auslöst, was zum Zusammenbruch der Zivilisation mit Milliarden von Toten führt.
Dem ganzen Roman merkt man an, dass dies Taylors Erstlingswerk ist. Die Nebenstories wie z.B. der Aufstand der unzufriedenen Studenten oder die beiden Gangster werden notdürftig in die Haupthandlung integriert, fügen ansonsten aber keinen Mehrwert hinzu. Vergnüglich war das Lesen dennoch, aber wer nicht so ein Bücherjunkie wie meinereiner ist, verpasst nicht den nächsten Literaturnobelpreisträger.

Dienstag, 23. Februar 2021

Hartmudo: Mutter

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Sunnys Beleidigungen nach unserem Besuch bei der Nord/LB waren mir keine weiteren Gedanken wert, zumal ich mich ziemlich schnell auf Berta konzentrierte. Berta nahmen diese hasserfüllten Beleidigungen durch Berta sichtlich mit. Auf dem Weg zum Auto weinte sie hemmungslos.
Sanft streichelte ich ihren Arm, um sie zu trösten. Doch Berta war viel zu sehr verletzt, als dass sie meine Geste überhaupt mitbekommen hätte. Dass sie von Sunny als Lügnerin hingestellt wurde, war sicherlich zu viel für Berta. Doch zum Glück enthielt sie sich jetzt jeglichen Kommentars.
Falls sie sich umgedreht und Sunny ihrerseits angegangen hätte, wäre höchstens für die nicht vorhandenen Passanten (zum Glück) interessant gewesen. Ich glaube, dann wären die Fäuste geflogen. So aber gingen Berta und ich stumm weiter, begleitet nur von der immer leiser werdenden Stimme von Sunny, während Bertas Heulen und Schluchzen immer lauter wurde. Der DJ nennt dies wohl Fading.
Bud wartete auf dem Polizeiparkplatz auf uns. Er brauchte uns nicht zu fragen, wie es gelaufen war. Bertas Tränen waren redsam genug. Bud atmete lediglich tief durch, murmelte etwas davon, dass es jetzt endlich vorbei wäre, und fuhr los. Nach Lehndorf, wo meine Löwin bereits auf uns wartete.
Bud wie Berta nahmen meine Einladung zum Kaffee gerne an. Bei Berta und mir bestand jetzt absoluter Redebedarf; im Auto waren wir noch in einer Schockstarre gefangen ob des Theaters, welches Sunny nach der Bank im Einkaufszentrum entfacht hatte. Vor allem Berta, die am Boden zerstört war, konnte ich nach dieser Aktion nicht einfach so nach Hause fahren lassen.
Denn ihre größte Angst bestand darin, dass auch noch der Rest der Familie, also wir beide, im Streit auseinander gehen würden. Dies erwähnte sie im Auto wohl auch ausdrücklich. Derartige Befürchtungen waren zwar grundlos, doch ich konnte dies nicht lediglich durch Beteuerungen der Treue meinerseits bekunden.
Hinzu kam, dass nach diesem missglückten Nachmittag keine Notwendigkeit mehr bestand, sich weiter mit Sunny Auge in Auge auseinanderzusetzen. So pervers es sich anhört: Dies war eher ein Grund zu feiern als zu trauern. Wir brauchten einen sichtbaren Abschluss. Einen, der den Schlusspunkt setzte und uns wieder positiv in die Zukunft blicken ließ. Was gibt es da besseres als eine Tasse Kaffee?
Meine Löwin sah Berta nur kurz an und nahm sie dann sofort in den Arm. Ohne das sie wusste, was überhaupt vorgefallen war, erkannte sie an Bertas tränenreichen Augen, dass es am Nachmittag mal wieder heftig abgegangen war. Natürlich wollte sie auch über das Geschehen informiert werden. Da war selbst sie neugierig; Bei Streitigkeiten in der Familie nimmt sie grundsätzlich Anteil, zumal sie selbst mit betroffen war.
Nachdem wir alle am Esszimmertisch Platz genommen und Kaffee bzw. Tee nebst Keksen vor uns stehen hatten, begannen Berta und ich mit der Schilderung des Vorfalls. Unter Tränen brach es dann bei Berta durch. Dass Sunny sie als Lügnerin hingestellt hatte, war für sie besonders verletzend. Sie wertete dies als einen weiteren Versuch von Sunny, einen Keil zwischen mir und Berta zu treiben.
Schließlich sei es schon immer Sunny gewesen, die gelogen und Berta bereits in der Kindheit unterdrückt hätte. Und immer wieder äußerte sie ihre größte Sorge, dass der Kontakt zu mir und meiner Löwin wegen dieser ganzen Erbschaftsstreitigkeiten und den Intrigen seitens Sunny abbrechen könnte.
Da wäre für sie garantiert die Welt zusammengebrochen; das hätte sie bestimmt nicht verkraften können. Meine Löwin und ich waren über den heftigen Schwall an Gefühlen, die aus Berta hervorbrachen, sehr berührt und versuchten sofort, Bertas Ängste zu zerstreuen. Vehement versicherten wir Bud und Berta, dass sich an unserem Verhältnis zueinander nichts ändern würde. Berta brauchte von uns in dieser Situation ein klares Bekenntnis zu ihr und die Sicherheit, dass wir die ganze Angelegenheit ohne Schaden an unserem zukünftigen Umgang miteinander überstehen würden.
Für meine Löwin und mich stand dies eh nicht zur Debatte. Und so nach und nach konnten meine Löwin und ich dazu übergehen, Berta mit Buds Hilfe etwas aufzubauen. Ein Scherz hier, ein Scherz da - ganz langsam ging es Berta besser. Nach kurzer Zeit konnten wir zusammen wieder etwas lachen und entspannten uns.
Da stand der Obstler bereits auf den Tisch; Berta flössten wir zur Beruhigung den einen oder anderen ein. Auch hierbei ließ ich meine Sestra nicht im Stich, daneben nagelte ich schnell mal fünf Gin Tonic weg. Und während sich die Stimmung beruhigte und drohte, ins Positive umzukippen, wollte ich kurz auf mein Smartphone schauen und sehen, ob Sunny nicht noch eine ätzende Whatsapp abgesondert hatte.
Mein Smartphone? Wo war mein Smartphone? Es war weg. Wie ein Hammerschlag durchfuhr mich der Schock, auf einmal wurde mir ganz heiß. Wie weggewischt waren die erleichterten Gedanken der letzten Minuten, weil wir uns ausgesprochen hatten und uns jetzt bewusst wurde, dass all der Ärger der letzten Monate zu Ende gegangen war.
Sofort brach meine Paranoia wieder durch. Und sie ist stark in unserer Familie, die Paranoia. Sunny! Sunny musste mir das Smartphone weggenommen haben, als ich es auf dem Schreibtisch von Frau Peters liegen gelassen hatte, weil ich zum Geldautomaten gerannt war und die Kohle abgehoben hatte.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr steigerte ich mich in die Paranoia hinein. Auf meinem Smartphone war ja auch mein Adressbuch drauf. Da hätte Sunny leicht an Harald über mein Smartphone eine fiese Nachricht - in meinem Namen - senden können. Am folgenden Sonntag wollten meine Löwin und ich mit Harald und seiner Freundin Maria ins Eintracht Stadion gehen; Karten hatte ich schon.
Ich bildete mir doch tatsächlich ein, dass Sunny mich über eine Whatsapp Nachricht bei Harald madig machen würde. Dazu noch die anderen Adressen. Zu meinen Kollegen, meinen Freunden. Mein Puls ging höher und die Vernunft sank in den Keller.
Die vielen Kinder, die per Facebook von ihren Mitschülern gemobbt worden waren, fielen mir ein. Das derartige Mails, von Sunny mit meinem Smartphone abgesendet, trotz des ganzen Stresses ein absolut schwachsinniger Gedanke war, kam mir nicht in den Sinn. Solch schräge Gedanken sind meiner Familie nicht fremd. Ob Mutter, Sunny oder auch Berta: Unter Stress tendieren wir alle zu solchen Fehleinschätzungen.

Mittwoch, 17. Februar 2021

Contramann: Impfen

Ein User (SoShy) aus dem Telepolis Forum vom 16.02.2021 zu folgendem Artikel:

"Lassen Sie sich impfen, dann sind Sie sicher
Und kümmern Sie sich nicht um mich. Ich kann Sie dann nicht mehr anstecken. Sie sind geimpft und somit sicher. Falls Sie sich um Andere sorgen, sorgen Sie dafür, dass diese sich impfen lassen, ignorieren Sie mich einfach.
Falls das Virus mutiert, sind Sie entweder geimpft und sicher oder wir sind beide nicht sicher. Dabei ist es völlig gleich ob ich einmal geimpft wurde oder eben nicht.
Sind Sie geimpft und werden Sie trotzdem krank, dann kann natürlich nur ich, als "nicht geimpfter Mensch" daran Schuld sein. Auf die Idee, der Impfung die Schuld zu geben oder dem Virus oder der neuen Mutation werden Sie nicht kommen wollen, denn Sie haben ja mich. Das ist die Hilfe die ich Ihnen geben kann, denn jetzt ist nicht das Leben schuld, sondern eine bestimmte Person. Sie wissen zwar nicht wann, wie und wo ich Sie angesteckt haben soll, Sie können auch den Infektionsvorgang wissenschaftlich nicht nachweisen aber ich kann immerhin theoretisch Schuld sein. Das muss reichen, mehr hatte die Inquisition auch nicht zur Verfügung. (*sIcnr).
Alles andere sind Ableitungen dieser Logik.
Ausnahmen davon wären möglicherweise:
- Alte Menschen, die man vielleicht nicht impfen sollte. Aber das ist kein Problem, die impfen wir aktuell als Erste. Diese sind also bald geschützt, so sie die Impfung, die ja zur Unzeit geschieht, überleben. Zur Unzeit, denn man impft üblicherweise nicht, solange das Immunsystem runtergefahren ist. Gegen Grippe wird man man Anfang Herbst oder Ende Sommer immunisiert, nicht mitten im Winter. Aber Covid ist ja nicht die Grippe.
- Sehr junge Menschen, die man vielleicht noch gar nicht impfen darf. Die Baby's oder Kleinkinder haben dankenswerterweise, das Lymph- und Immunsystem eines 600 Kilo schweren Ackergauls.
Als ich im Herbst das letzte Mal beim RKI nachsah, war in Deutschland ein Kind unter 10 Jahren an Covid verstorben. Ich bin mir ziemlich sicher, ich habe es nicht angesteckt. Und ich kenne auch kein Kind, das an der Nachwirkungen einer Coviderkrankung leidet. Die Wahrscheinlichkeit an Covid zu sterben oder zu erkranken scheint für die Kleinen sehr, sehr, gering zu sein. Steigt sie drastisch an, können wir neu nachdenken.
Weitere Probleme fallen mir aktuell nicht ein. Ach eines noch:
Sollten Sie Angst davor haben, dass die Impfung bei Ihnen nicht wirkt, lassen Sie sich noch einmal impfen. Am Besten mit konkurrierenden Medikamenten.
Berechnet man mit welcher Wahrscheinlichkeit sie nach zwei Impfungen erkranken könnten, dann ist diese ungefähr identisch mit der Wahrscheinlichkeit mit der ich in der Lage wäre Sie anzustecken, hätten wir beide, je eine Impfung erhalten. Gegenüber Dritten ist Ihr Schutz durch zwei Impfungen natürlich besser als einem getrennten Vorgehen.
Also, lassen Sie sich impfen, dann kann ich Ihnen nichts tun. Selbst wenn ich versuchen sollte, Sie mit Hilfe von Covid umzubringen, wäre das ein ein Vorgehen mit geringen Erfolgsaussichten. Und ich kann Ihnen versichern, ich möchte sie nicht umbringen. Ich möchte schließlich nicht mal selbst erkranken.“
 
An diesem Text eines offensichtlichen Impfgegners konnte ich nicht vorbeigehen. Es ist ein schöner Kommentar zum gegenwärtigen Irrglauben, dass die Impfung Corona besiegen kann und wir alle schnell zu unserem Leben mit Malle(diven)-Urlaub und Proseco Frühstück zurückkehren können. Dem sind einerseits die Mutationen vor, andererseits aber auch die Wirksamkeit der Impfstoffe selbst. Bislang kann diesen lediglich attestiert werden, dass sie eine schlimme und damit lebensbedrohliche Erkrankung an Covid 19 verhindert.
Das bedeutet, dass man immer noch infiziert werden kann. Somit kann man auch andere anstecken, ohne aber selbst schwer zu erkranken. Wenn das schon ausreichen sollte, um alle Maßnahmen zur Eindämmung vom Corona-Virus aufheben zu können, dann frage ich mich, warum man dann nicht die Risikogruppen (über 80jährige und Menschen mit schlechter Immunabwehr) konsequent schützt und alle anderen, bei denen das Risiko einer schweren Erkrankung eher vernachlässigbar ist, in Ruhe lässt. 
Nach einem Jahr sollte zumindest dies aus dem Infektionsgeschehen herauslesbar sein. Und die bei vielen vorherrschende heimliche (weil zugeben tut dies keiner - was sind wir doch alles für Heuchler) Freude über das erzwungene Home Office bei voller Bezahlung, stellenweise sogar auch der Kurzarbeit mit 90% des Lohnes, weicht so langsam der Erkenntnis, dass dies nicht ewig so weitergehen kann.


Samstag, 13. Februar 2021

Sam Phillips 2/8

2
Trotz dieses Flops sollte sich in den nächsten Jahren die Freundschaft zwischen dem eher nüchtern agierenden Sam und dem sämtlichen Räuschen zugeneigten Dewey für beide auszahlen. Dewey spielte jahrelang in seiner nicht nur lokal beliebten Show die von Sam produzierten Scheiben und zog damit die Talente für Sun Records an, die sich in der 706 Union Avenue die Klinke in die Hand gaben.
Doch bevor Sam Phillips Sun Records am 27. März 1952 Sun Records in den Räumen des Memphis Record Service gründete, produzierte er ausschließlich für andere Labels. Später bekannte wie unterschiedliche Künstler wie B:B: King oder Slim Rhodes schätzten die familiäre Atmosphäre in der Union Avenue und ließen hier ihre Sessions von Sam Phillips abmischen. Hauptsächlich produzierte er jedoch für Chess Records in Chikago.
Womit wir bei Jackie Brenston and his Delta Cats wären. Das am 3. oder 5. März 1951 aufgenommene „Rocket 88“ war dank eines Schadens am Gitarrenverstärker ein früher Erfolg der Studioarbeit von Sam Phillips. Der Song selbst wurde wohl vom eigentlichen Bandleader Ike Turner geschrieben, welcher Sam Phillips von B.B. King empfohlen wurde.
Turners Band quetschte sich mit 5 Leuten und ihrem Equipment in ihre alte Karre. Sie fuhren in Richtung Memphis, nachdem sie von Phillips den erlösenden Anruf zum Studiotermin erhalten hatten. Auf dem Weg löste sich wohl der Röhrenverstärker vom Dach, wodurch die Membran einen Riss bekam.
Warum auch immer... Sam Phillips hatte die Idee, die Membran notdürftig mit Packpapier zu flicken. Dank des dadurch entstandenen Sounds gilt „Rocket 88“ heute als erste Aufnahme mit einer verzerrten Gitarre und damit des Rock `n`Roll überhaupt. Dieser eher zufällig entstandene Sound wurde später zum Vorbild der Fuzz Guitar.
Sam Phillips überzeugte Ike Turner im Studio davon, dass der Tenorsaxofonist Brenston anstatt seiner den Gesangspart übernahm. Das damals ungewohnt raue Saxofon des 17jährigen Raymond Hill sowie Turners Klavier im Hintergrund trugen mit zum Kultstatus dieser Aufnahme bei. Sam Phillips kaufte der Band die Rechte ab und lizensierte Chess Records mit der Veröffentlichung des Titels. „Rocket 88“ hielt sich im Sommer 1951 über einen Monat lang auf Platz 1 der nationalen Rhythm & Blues Charts.
Am Mischpult

Über den Erfolg zerbrach die Band, weil sich Turner aufgrund der Namensfixierung auf Brenston übervorteilt sah. Da hatte der finanziell ständig klamme Sam Phillips bereits seinen nächsten Schützling gefunden. Howlin Wolf verzauberte Phillips mit seiner düsteren Erscheinung und mit „Moanin`at Midnight“ erreichte dessen erste Single gleich Platz 10 in den Rhythm & Blues Charts. Bis 1953 konnte Phillips Howlin Wolf bei seinem kurz zuvor gegründeten Sun Label halten, dann ging Howlin Wolf endgültig zu Chess nach Chikago.
Howlin Wolf fand ebenfalls über B B King seinen Weg zu Sun und war der Künstler, welcher Sam Philips am meisten beeindrucken konnte. Seine eher zurückhaltende Art legte er erst im Studio in der Union Avenue ab, wenn er sich mit seiner Gitarre und den düsteren Texten in eine Intensität hinein steigerte, die Sam Philips von seinen Künstlern sehen wollte.
Erwähnenswert aus dieser Frühzeit des Labels ist noch eine Doo Wop Gruppe. Die Prisonaires nannten sich so, weil sie sich genau dort befanden: Im Tennesee State Penitentiary in Nashville. Für ihren Hit aus dem Jahr 1953 „Just walkin`in the Rain“ wurden sie von bewaffneten Wächtern zur Aufnahme in das Sun Studio gefahren.
Ebenfalls 1953 verzeichnete das Label Sun Records mit „Bear Cat“ von Rufus Thomas einen ersten Hit, der es am 28. März 1953 bis auf Platz 3 der Rhythm `n`Blues Charts im Billboard schaffte. Der spätere Soul Star auf dem Stax Label spielte lediglich zwei Singles für Sun ein. „Bear Cat“ war eigentlich eine Persiflage auf Big Mama Thornton`s „Hound Dog“. Sam Philips hatte hier den richtigen Riecher und konnte sich an den Erfolg der großen alten Bluesdame anhängen.
Neben den Prisonaires hatte er mit Little Milton, Billy (the Kid) Emerson oder Doctor Ross noch weitere gute und später bekannte schwarzer Musiker unter Vertrag. Weiße Künstler wie Hardrock Gunther oder Doug Poindexter waren da eher die Ausnahme. Doug Poindexter ist überhaupt nur erwähnenswert, weil in seiner Begleitband „the Starlite Wranglers“ Scotty Moore (Guitar) und Bill Black (Bass) spielten.
Sam Phillips wartete schon seit der Gründung des Memphis Record Service auf den Musiker, der den Blues der Schwarzen mit dem Hillbilly der Weißen verbinden würde. Er hatte keine Vorstellung davon, wie das genau klingen sollte. Er hatte einfach nur dieses Bauchgefühl. Bei all den Problemen zwischen Schwarzen und Weißen war er davon überzeugt, Milliardär zu werden, wenn er nur den Weißen finden würde, der das Feeling der "schwarzen" Musik dem zahlungskräftigen weißen Publikum schmackhaft machen könnte.
Im Juni 1953 kam dieser schüchterne junge Mann zum Memphis Recording Service, um von seinem ersten Verdienst bei einem Maschinenreparaturservice (LKW Fahrer wurde er erst Ende desselben Jahres) eine Single für seine Mutter aufzunehmen. Ein Original dieser Pressung von „My Happiness / That`s when Your Heartache begins“ erzielte anlässlich einer Auktion im Jahr 2015 einen Preis von 300.000 Dollar.
Bis zu ihrem Tod 1988 blieb Marion Keisker bei der Darstellung, dass sie diese beiden Songs in Abwesenheit von Sam Philips aufgenommen hätte. Laut Sam Philips jedoch hatte er diese Session selbst abgemischt. Er gestand aber Marion Keisker zu, dass er sich den Namen Elvis Presley nur dank des Zuspruchs von ihr fortan gemerkt hatte.
Und am 26. Juni 1954 kam dann Elvis Presley ins Studio, nachdem Marion Keisker ein Jahr lang auf Sam Philips eingeredet hatte, dass er mit Elvis arbeiten sollte. Und da Philips mit Sun Records gerade stagnierte, entschloss er sich, es mit Elvis zu versuchen. In dieser ersten „richtigen“ Session stellte er Elvis lediglich Scotty Moore und Bill Black an die Seite.

Montag, 8. Februar 2021

H. Lecter: Alf

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Während ich all die Geschichten um und mit Alf niederschreibe, bin ich immer wieder erstaunt über die große Anzahl an Begebenheiten, die mir da heute noch einfallen. Wir reden hier fast ausschließlich über die 90er Jahre, weniger über die „Nuller“. Über die gewiss nicht weniger schrillen Stories aus meinen Zügen mit Freunden durch die Braunschweiger Bars und Kneipen seit den 80ern oder die vielen erlebten Konzerte wüsste ich wohl nicht so umfangreich zu berichten.
Jetzt ist es endlich an der Zeit, den Alt68er zu erwähnen. Dieser war mit einer Inderin aus einer der obersten Kasten verheiratet und hatte 3 Kinder. Er selbst hatte nach seinem Studium der Sozialpädagogik ein Heim für schwer erziehbare Jugendliche auf Malaysia betreut und war lange Jahre Leiter eines von der Stadt betriebenen Jugendclubs in Salzgitter, in dem (in späteren Jahren) eine Menge Punkkonzerte liefen.
Als ich den Alt68er im Verlauf der 90er Jahre kennenlernte, war er nicht mehr Leiter dieses Jugendclubs, sondern war zur Bezirkssozialarbeit im Sozialamt verdonnert worden. Seinen Posten räumte er wohl nicht freiwillig. Auch er soff wie ein Loch, war in den einschlägigen Kneipen (Blubber, Jazzgalerie) bekannt wie ein bunter Hund.
Da ist es schon erstaunlich, dass mir da nur die eine folgende Story mit Alf und dem Alt68er einfällt. Sie bewegten sich halt in verschiedenen Szenerien. Die Szene vom Alt68er war ja eigentlich auch meine, aber in jenen Jahren war ich in beiden (Country UND Western) zu Haus, wobei mir die Malle- und Grannifraktion in jenen Jahren lieber war als meine heimische Alternativszene aus Braunschweig, da diese sich seinerzeit nur noch selbst zerstörte und dogmatisch alle „Normalos“ verteufelte.
Aber egal jetzt. Irgendwie kamen Alf, Mike, der Alt68er und ich wohl im „Köludu“ zusammen und arbeiteten uns an dem dunklen Gerstensaft ab. Ich nur in Spurenelementen, da ich als Fahrer fungierte. Wie es dazu kam, weiß ich nicht mehr, aber aus der allgemein ausgelassen guten Stimmung heraus fassten wir den Entschluss, Alf nach Hause zu fahren und auf dem Weg dorthin noch einen kleinen Absacker in Alfs Stammrevier zu nehmen. Also zwängten wir uns in meinen Fiat Panda und fuhren los.
Die Gartenkantine des Kleingartenvereins Immergrün liegt stadtauswärts auf der rechten Seite der Ludwig-Erhardt-Straße. Gegenüber der Krähenriede führt ein leicht übersehbarer und verschlungener Stichweg durchs Gebüsch auf den Parkplatz vor diese Hütte, die der vollkommen überdrehte Alf uns unbedingt zeigen musste.
Überschwänglich stürmte er in den Gastraum und begrüßte die Anwesenden mit all seiner Herzlichkeit, die Alf während der ersten Drinks zu Eigen war. Ab einem gewissen Pegel pflegte Alf dann übermütig zu werden; seine Lebensfreude schien dann grenzenlos. Und auch dieses Mal enttäuschte er uns in dieser Hinsicht nicht.
„Und jetzt mitsingen! Alle!“ Überschäumend vor Freude, dirigierte Alf zur im Hintergrund laufenden Schlagermusik und versuchte vergeblich einen älteren Herrn, der an der Theke einfach nur in Ruhe sein Bier und einen Korn trinken wollte, zu animieren.
„Sing jetzt mit! Los!“ Alf holte doch tatsächlich einen 10 DM Schein aus seinem schwarzen Portemonnaie und schmiss denselben vor dem Mann auf den Tresen. Der strich den Schein ein, sang mit Alf ein wenig mit und wackelte kurz mit den erhobenen Armen (…und dann die Hände… zum Himmel…), bevor er sich wieder auf Bier und Korn konzentrierte.
Während Mike und ich uns am Nebentisch vor Lachen nicht mehr einkriegten – wir kannten Alf ja zur Genüge, brach in dem Alt68er der Sozialarbeiter durch. Er setzte sich neben Alf an die Theke und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.
„Alf, Du sollst doch nicht immer so viel trinken. Das tut Dir gar nicht gut.“ Mit diesen und noch vielen weiteren Worten versuchte der Alt68er Alf zu überzeugen, den Fuß quasi vom Gas zu nehmen, bevor er sich noch mehr blamierte. Und wie die beiden da so an der Theke saßen – einer straffer als der Andere – da feixten Mike und ich erst so richtig drauf los.
Dass ausgerechnet der Alt68er Alf eine Moralpredigt hielt, war bei seinem Ruf mehr als ungewöhnlich. Da hatte sich der Alt68er quasi vom Bock zum Gärtner gemacht. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden bestand hauptsächlich aus ihren Lieblingsgetränken. Der Alt68er trank fast ausschließlich Bier, dies aber in der Sechs Liter Klasse. Für Alf war nach 2 Bieren zumeist Schluss, dann kamen die Mischungen dran, bis er dort einschlief, wo er sich gerade befand.
So nuschelten die Beiden an der Theke so vor sich hin und Alf beruhigte sich wieder. Niemand musste mehr mitsingen, alles gut also. Bis zu dem Moment, als die Tür aufging und eine Schar pubertierender Teenager in die Gartenkantine stürmten und sich sofort an die nächstbesten Tische setzten.
Als Letzter betrat der Lehrer den Gastraum und erblickte Alf im selben Augenblick. „Oh, nein! Nicht der schon wieder!“ rief er gequält aus. Und es waren wirklich genau diese Worte, dieses Bild… sein gequältes Gesicht… hat sich bis heute unsterblich in mein Gedächtnis eingebrannt.

Samstag, 6. Februar 2021

Contramann: kurz gesehen im Februar

Oh Mann! Und das wegen technischer Probleme bei der Software. Aktuell befinden wir uns Mitte Januar und die von der Kanzlerin groß angekündigte Hilfe für Gastronomen für den November 2020 (!) kann immer noch nicht ausgezahlt werden. Pleiten, Pech und Pannen.
Da muss ich mich weiterhin schämen, im der öffentlichen Verwaltung beschäftigt zu sein.

…oder Poppen für mehr Kinder und damit mehr Konsumjunkies?

Genau so ist es!

Corona Geimpfte sollen nicht mehr in ihren Grundrechten eingeschränkt sein. Dies war die Kernaussage des Außenministers Heiko Maas (SPD). Die Europaabgeordnete Nicola Beer (FDP) schloss sich wenige Tage später dieser Ansicht an. Die Ablehnung dieses Vorschlags durch die meisten Politiker, u. a. Jens Spahn (CDU), wird damit begründet, dass noch zu wenige Menschen geimpft seien.
Im Herbst, wenn genug Impfstoff da ist, sieht das dann wahrscheinlich anders aus. Da werden die Grundrechte der gesamten Bevölkerung seit einem Jahr eingeschränkt sein und wer sich dann nicht impfen lassen möchte (ohne akzeptable Begründung?) soll diese dann nicht wiedererhalten? Ist es schon wieder so weit?

Roberto J. De Lapuente bringt es auf den Punkt. So wie sich die Linke in der Zeit der Corona Pandemie geriert, kann man diese Partei links liegen lassen. Antikapitalistisch, antimilitaristisch und - ja - auch antirassistisch sind Themen, für die die Linke vor 10, 15 Jahren ein Alleinstellungsmerkmal hatte.
Das ist vorbei. Diese Werte sind von der Kanzlerin geschickt gekapert worden. Wer sich allein auf solche „Anti“werte stützt, kann dies genau so gut in der CSU oder SPD tun, antimilitaristisch vielleicht ausgenommen. In der Linkspartei sind eigentlich nur noch Sektierer oder Karrieristen a la Kipping unterwegs. Wenn sie die Sektierer jetzt auch noch wie Wagenknecht kaltstellen können, dann sind sie koalitionsfähig.
Was die SA seinerzeit für die NSDAP bedeutete, sind zuletzt die Sektierer für die Linke gewesen: Quasi nützliche Idioten zur Erlangung der Macht, indem sie unliebsame Konkurrenten in der eigenen oder in anderen Parteien ausschalten. Wenigstens geht das heutzutage nicht mehr so blutig ab; eine Torte im Gesicht ist wenigstens nicht ganz so schlimm.
Wo ist denn der Kampf der Linken für die Rechte der Arbeitnehmer? Für vernünftige Arbeitsbedingungen der systemrelevanten Pfleger/-innen, Supermarktverkäuferinnen oder Paketboten? Während sich die noch halbwegs gut bezahlte Mittelschicht im Home Office aalt oder „Reiche“ ihr Vermögen trotz Pandemie weiter steigern konnten, holen sich die Linken im Kampf gegen die Querdenker einen runter.
 
Donnerkiesel, Franz! Ein Artikel von Franz Alt, dem ich mal gänzlich zustimmen kann. Er mag zwar E-Auto-technisch auf dem falschen Ufer zu wandeln, aber seine an sich löbliche ökologisch richtige Grundeinstellung habe ich in der Vergangenheit fälschlicherweise nicht gewürdigt. Das war ein Fehler, wie dieser Artikel zeigt.
In seinem Vergleich von der Akzeptanz der Corona Schutzmaßnahmen und dringend benötigter Einsicht in notwendige Einschränkungen unserer Bequemlichkeit zur Abwendung einer Klimakatastrophe blitzt sein altes Können noch einmal auf.
Er nennt es zwar Freiheiten, die (vermeintlich) einzuschränken sind, aber selbst seinem christlichen Ansatz mit den Geboten „Du sollst nicht töten“, und abgewandelt: „Du sollst nicht krank machen“, stimme ich zu.
Leider wird daraus wohl nichts, weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist. Außerdem: Wenn man seit Jahren einen SUV fährt, kann man leichter auf die Annehmlichkeiten des Spätkapitalismus verzichten, als wenn man weder Auto noch Job hat.

Ein ebenfalls lesenswerter Beitrag. Auf die Schnelle zusammengefasst: Die reichen Staaten des Nordens (USA, EU mit Deutschland, Großbritannien, etc.) haben ihre Pharmaindustrien mit Milliarden Dollar gepampert, um Impfstoffe gegen die Corona Pandemie zu entwickeln, an deren Erforschung die Pharmaindustrie vorher kein Interesse hatte.
Geld geschenkt bekommen und dazu noch die Aussicht auf reichlich Profite! Die armen Länder der dritten Welt schauen da natürlich in die Röhre, solange die reichen Staaten nicht durchgeimpft sind. Eine Initiative zum Verzicht auf Patente, um einen besseren Austausch von Ergebnissen der Forschung zu gewährleisten, scheiterte.
Nicht zuletzt an der deutschen Bundesregierung, die ansonsten immer gern „gemeinsame“ Anstrengungen einfordert. Der Deutsche heuchelt halt gern.
 
Im zweiten Lockdown gilt es, die Ausbreitung von Covid-19 durch Eindämmung unnötiger Kontakte aufzuhalten. Unnötige, weil gefährliche Zusammenballungen von Menschen, die das Risiko von Super Spreadern in sich vereinen, sind selbstverständlich das gemeinsame Feiern der Partypeople, Kultur wie Konzerte und Theater im Allgemeinen und natürlich - diese Formulierung gefällt mir besonders - der Glühweinstrich.
Die „Covidioten“ habe ich da doch glatt vergessen. Praktischerweise sind Kritiker der Maßnahmen gleichzeitig die großen Gefährder. Das macht es leichter, die unerwünschte Kritik verstummen zu lassen. Da kann man dann gleich viel leichter durchregieren. Kurz vor einer Ausgangssperre (Sachstand 18.12.2020) bleibt nur noch zu konstatieren, dass nur noch sichere Kontakte erwünscht sind. Als da wären...
Notwendige außerhäusliche Aktivitäten wie Arztbesuche oder Einkaufen von Lebensmitteln, nicht aber Möbeln. Die Apotheken haben auf und sogar der Tierbedarf (Fressnapf). Ach ja, zur Arbeit darf man natürlich nach wie vor noch, zumindest die Bwanas, die im Supermarkt oder bei Lieferando wucken, im Krankenhäusern oder Altenheimen.. knapp über dem Mindestlohn. Der Rest sitzt sich im Home Offive den Arsch platt.
Ist es wirklich gefährlicher, sich mit 10 Leuten, ob Verwandte oder Freunde, im Freien zu treffen oder mit x Leuten in einer überfüllten Straßenbahn zu stehen, um dann im Büro auf x andere Menschen zu treffen?
Ich denke nein. Aber der Kapitalismus verlangt seinen Preis. Es ist wichtiger, dass die Wirtschaft und damit der Aktienmarkt läuft, als dass Rentner und Risikopatienten geschützt werden. Vergiss das nicht, wenn Ende September die Bundestagswahl ansteht. Wenn Dir wirklich an Menschen mehr liegen sollte als an der Wirtschaft, solltest Du ganz genau überlegen, welche Partei dies auch wirklich umsetzen will.
Kleiner Tipp: Die AfD nicht, die tut nur so.
 
Die Ärztin aus Tübingen hatte ich Ende Januar im Morgenmagazin gesehen. Ein taffes Mädel. Zu dem gern genommenen Argument, dass Schnelltests nicht zum allgemeinen Hausgebrauch an jeden Interessenten verteilt werden, weil diese Schnelltests nur zu 90% sicher seien, sagte sie nur:
„Das ist so, als ob ich sage, ich nehme kein Kondom, weil das nicht zu 100% sicher ist.“
Genau so!

Mittwoch, 3. Februar 2021

Hartmudo: Das letzte Merkel-Jahr

Nachdem der Lockdown über die Feiertage dank der Gesprächsrunde der Ministerpräsidenten mit Frau Merkel in der ersten Januarwoche gelaufen waren, wurde der Lockdown erwartungsgemäß nicht nur bis Ende Januar verlängert, sondern verschärft. In ihrem letzten Jahr als Kanzlerin lässt Angela Merkel noch mal die Chefin raushängen.
3 Tage später, am Freitag der ersten Woche, sass ich im Home Office und nahm die zu erwartende Reaktion meines Arbeitgebers zu der Verlängerung emotionslos hin. Bereits seit Mitte Dezember galt hier die Maßgabe, nicht nur jeden zweiten Tag im Home Office zu Hause zu arbeiten, sondern auch noch jeden zweiten „Bürotag“ zusätzlich dem eigenen Büro fernzubleiben.
Die Zweiteilung meines Teams - in Gruppe oder auch Kohorte (weia) - wurde also nochmals verstärkt, da selbst diese Gruppe jetzt zweigeteilt wurde. Nicht mehr als drei Mitarbeiter pro Gruppe sollen sich in den Büros aufhalten. Für mich bedeutete dies, dass ich ab sofort zu meinen Büroterminen (quasi einmal pro Woche) lediglich den neuen Kollegen sehen würde, während die anderen drei Kolleginnen meiner Gruppe im Home Office verweilen.
Nun ist es so, dass ich dank eines VDI-Zugangs zu Hause tatsächlich effektiv arbeiten kann. Um ehrlich zu sein, sogar besser als im Büro, weil nicht permanent das Telefon klingelt oder irgendein Kollege etwas wissen möchte. Ja, ich schaffe im Home Office tatsächlich mehr als im Büro. Allein... ich brauche dazu die Hardware; will sagen, die Posteingänge, aus meinem Büro.
Außerdem kann ich die Ergebnisse meiner Arbeit, die Ausdrucke von Bescheiden oder Mitteilungen, nur im Büro ausdrucken. Und dort erwartet mich an dem wöchentlichen Termin der körperlichen Anwesenheit ein ständig klingelndes Telefon und eben auch die Arbeiten, die ich doch tatsächlich nur im Büro ausüben kann, weil ich die dazugehörige Papierakte hierzu brauche. Ich schreibe dies am Samstag 9. Januar nachmittags. Mal sehen also, wie sich das bis Ende des Monats darstellt, zumal meine Vertreterin krankheitsbedingt komplett ausfällt und ich sie zu einem großen Teil vertreten muss.
Fängt also gut an, das letzte Jahr mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ähnlich wie ihr großer Ziehvater Helmut Kohl hatte sie es geschafft, die Menschen zu desillusionieren und ein weites Desinteresse für das Wirken der großen Politik auszulösen. Ob es unter den Nachfolgern Spahn, Söder oder gar Laschet besser wird, bleibt zu hoffen.
Doch gerade die Corona Pandemie letztes Jahr hat gezeigt: Wer vorher schon Pessimist war, hat es jetzt leichter. Pleiten, Pech und Pannen reihen sich nahtlos aneinander. Waren vor einem Jahr Masken noch verpönt, führte Söder Mitte Januar in Bayern die Pflicht zum Tragen einer FFP2 Maske beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr ein.
Und das mindestens ein halbes Jahr zu spät; die bessere Schutzwirkung dieser Masken war bereits letzten Sommer bekannt. Spahn selbst hatte wohl genug auf Halde bestellt. Aber nicht mal eine Ausgabe an die Risikogruppe der über 80jährigen oder Pflegepersonal in Krankenhäusern und Altenheimen haben sie bislang gebacken bekommen.
Überhaupt: Eins wurde bei Corona immer viel zu wenig betont: Die Eigenverantwortung. Der einzelne Bürger sollte sich zuerst selbst schützen und nicht lediglich verlangen, dass der Staat dafür sorgt, dass man selbst (besser) geschützt wird. Das, und nur das, ist die Freiheit des Einzelnen und seine Eigenverantwortung.
Wenn schon, dann sollte man die Risikogruppen besser direkt schützen (so wie es Boris Palmer in Tübingen durchgezogen hatte) als indirekt durch Beschränkungen, die alle treffen und deren Verletzung der Staat mangels Personal eh nicht verhindern kann. Also FFP2 Masken fürs Pflegepersonal in Krankenhäusern und Altersheimen, Zutritt dort nur mit Schnelltest. Ansonsten von den Kommunen bezahlte Taxifahrten für diese Gruppe.
Dies hätte man schon ab dem Spätsommer machen sollen, als die ersten Erkenntnisse der Folgen der Pandemie vorlagen. Aber nicht zuletzt Frau Merkel und ihr Minister Spahn wollten keine Lehren aus dem Geschehen der „ersten“ Welle ziehen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Maßnahmen nach dem Motto „Hauptsache Action“ beschlossen werden, denn die Widersprüche im Maßnahmenkatalog sind offensichtlich.
So werden zum Beispiel die persönlichen Kontakte eingeschränkt; Dies aber höchst penibel und bis ins Detail beschrieben. Gleichzeitig darf man sich in überfüllte Busse und Bahnen drängen, um zur Arbeit zu kommen. Das gilt jedenfalls überwiegend für die, welche „systemrelevant“ sind, weil sie eben nicht im Home Office arbeiten können.
Es sei denn natürlich, sie bleiben zu Hause. Wie die nicht relevanten Einzelhändler, Künstler oder andere Gruppen. Wohl dem, der seine Waren / Dienstleistungen online verkaufen kann. So haben dann endlich Migranten eine Chance, sich für offizielle 9,50 € als Auslieferungsfahrer für Pakete oder Imbissware zu verdingen. Da kann Wirtschaftsminister Altmaier zu Recht behaupten, dass die Beschäftigungszahlen gestiegen seien.
Oder: „Kontaktminimierung“ sei das Zauberwort. Die Kontakte passierten aber im Alltag, auf der Baustelle, in den Produktionshallen. Homeoffice ist aus seiner Sicht das Gebot der Stunde. Wie soll das denn von Industriearbeitern oder Bauarbeitern praktiziert werden? Sollen die alle aufhören zu arbeiten? Die meisten fahren doch eh mit dem Auto, da bringt Home Office auch keine großartige Entlastung im öffentlichen Personennahverkehr.
Das kann ich gut beurteilen, weil... „Isch `abe gar keine Auto“. Frühmorgens im Zug (06.00 Uhr) ist es egal, da fahren eh keine Schüler mit. Mittags hatte ich in der Vergangenheit häufiger das Vergnügen im Bus, wenn sich die Schüler dort nach Schulschluss hineindrängen. Am besten noch die Grundschüler mit ihren Riesenranzen auf dem Rücken.
Nun fallen die dank der Schulschließungen quasi weg, aber ich bin dennoch nicht zufrieden. Den Schülern fehlt jetzt schon ein komplettes Jahr. Das diese Kids hiervon keine Nachteile haben sollen.... wer glaubt denn so was? Die Verringerung von Kontakten im Personennahverkehr erreicht man dadurch natürlich, dafür wird den Eltern das Home Office erschwert, welches man ja eigentlich etablieren möchte.
Warum kann man die Schüler nicht mit den zur Zeit beschäftigungslosen Busunternehmen zur Schule befördern? Zu meiner Jugendzeit noch wurden die Kinder fast ausschließlich mit Schulbussen befördert. Schüler in „normalen“ Bussen und Bahnen waren da die Ausnahme gewesen; heute ist es die Regel.
Übrigens: Von geschlossenen Kindertagesstätten habe ich noch gar nicht gesprochen. Aber über deren Verluste an sozialer Entwicklung durch fehlende Kontakte zu Gleichaltrigen sprechen die Kanzlerin und ihre Berater schon mal gar nicht. Traurig ist das.
All dies ist so wie vieles, was Frau Merkel in ihrer Amtszeit zu managen hatte. Da gab es erst einen Atomausstieg und dann den Ausstieg vom Ausstieg gleich hinterher. Die Grenzöffnung für Flüchtlinge entgegen europäischen Beschlüssen (Schengen) 2015 wurde mithilfe eines medialen Gewitters knallhart durchgezogen. Die Maßnahmen während der Corona Pandemie reihen sich nahtlos in diesen Reigen ein.
Wobei ich zur Ehrenrettung der Kanzlerin aber sagen muss, dass eigentlich alle Länder der westlichen Industrienationen mit ähnlichen oder gar schärferen Maßnahmen arbeiten. Da machen selbst die Russen keine Ausnahme. In Deutschland wie überall geht es halt darum, den Aufwand und damit die Kosten minimal zu halten. Das Schützen von Menschenleben verkommt mehr und mehr zu einem vorgeschobenen Element.
Mitte Januar wurde dann noch Armin Laschet (da ist der Name Programm) als Parteichef der CDU inthronisiert. Das riecht nach Kanzlerkandidatur (wenigstens nicht Blackrock-Merz). Aber Markus Söder, der Alpen-Rambo, ist als Nachfolger von Angela Merkel auch noch im Rennen. So farblos wie Laschet ist Söder zugegebenermaßen nicht, aber Kanzler?
Man könnte jetzt meinen, Baerbock oder Habeck würden in Angelas Fußstapfen treten. Das halte ich für eher unwahrscheinlich, aber auch nicht wünschenswert. Ich will keine Extratoilette für das dritte Geschlecht! Und wer jetzt mit Olaf Scholz kommt.... Meine Güte. Bitte nicht diesen typischen Apparatschik.
Es bleibt also spannend, dieses letzte Jahr Merkel.