Mittwoch, 3. Februar 2021

Hartmudo: Das letzte Merkel-Jahr

Nachdem der Lockdown über die Feiertage dank der Gesprächsrunde der Ministerpräsidenten mit Frau Merkel in der ersten Januarwoche gelaufen waren, wurde der Lockdown erwartungsgemäß nicht nur bis Ende Januar verlängert, sondern verschärft. In ihrem letzten Jahr als Kanzlerin lässt Angela Merkel noch mal die Chefin raushängen.
3 Tage später, am Freitag der ersten Woche, sass ich im Home Office und nahm die zu erwartende Reaktion meines Arbeitgebers zu der Verlängerung emotionslos hin. Bereits seit Mitte Dezember galt hier die Maßgabe, nicht nur jeden zweiten Tag im Home Office zu Hause zu arbeiten, sondern auch noch jeden zweiten „Bürotag“ zusätzlich dem eigenen Büro fernzubleiben.
Die Zweiteilung meines Teams - in Gruppe oder auch Kohorte (weia) - wurde also nochmals verstärkt, da selbst diese Gruppe jetzt zweigeteilt wurde. Nicht mehr als drei Mitarbeiter pro Gruppe sollen sich in den Büros aufhalten. Für mich bedeutete dies, dass ich ab sofort zu meinen Büroterminen (quasi einmal pro Woche) lediglich den neuen Kollegen sehen würde, während die anderen drei Kolleginnen meiner Gruppe im Home Office verweilen.
Nun ist es so, dass ich dank eines VDI-Zugangs zu Hause tatsächlich effektiv arbeiten kann. Um ehrlich zu sein, sogar besser als im Büro, weil nicht permanent das Telefon klingelt oder irgendein Kollege etwas wissen möchte. Ja, ich schaffe im Home Office tatsächlich mehr als im Büro. Allein... ich brauche dazu die Hardware; will sagen, die Posteingänge, aus meinem Büro.
Außerdem kann ich die Ergebnisse meiner Arbeit, die Ausdrucke von Bescheiden oder Mitteilungen, nur im Büro ausdrucken. Und dort erwartet mich an dem wöchentlichen Termin der körperlichen Anwesenheit ein ständig klingelndes Telefon und eben auch die Arbeiten, die ich doch tatsächlich nur im Büro ausüben kann, weil ich die dazugehörige Papierakte hierzu brauche. Ich schreibe dies am Samstag 9. Januar nachmittags. Mal sehen also, wie sich das bis Ende des Monats darstellt, zumal meine Vertreterin krankheitsbedingt komplett ausfällt und ich sie zu einem großen Teil vertreten muss.
Fängt also gut an, das letzte Jahr mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ähnlich wie ihr großer Ziehvater Helmut Kohl hatte sie es geschafft, die Menschen zu desillusionieren und ein weites Desinteresse für das Wirken der großen Politik auszulösen. Ob es unter den Nachfolgern Spahn, Söder oder gar Laschet besser wird, bleibt zu hoffen.
Doch gerade die Corona Pandemie letztes Jahr hat gezeigt: Wer vorher schon Pessimist war, hat es jetzt leichter. Pleiten, Pech und Pannen reihen sich nahtlos aneinander. Waren vor einem Jahr Masken noch verpönt, führte Söder Mitte Januar in Bayern die Pflicht zum Tragen einer FFP2 Maske beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr ein.
Und das mindestens ein halbes Jahr zu spät; die bessere Schutzwirkung dieser Masken war bereits letzten Sommer bekannt. Spahn selbst hatte wohl genug auf Halde bestellt. Aber nicht mal eine Ausgabe an die Risikogruppe der über 80jährigen oder Pflegepersonal in Krankenhäusern und Altenheimen haben sie bislang gebacken bekommen.
Überhaupt: Eins wurde bei Corona immer viel zu wenig betont: Die Eigenverantwortung. Der einzelne Bürger sollte sich zuerst selbst schützen und nicht lediglich verlangen, dass der Staat dafür sorgt, dass man selbst (besser) geschützt wird. Das, und nur das, ist die Freiheit des Einzelnen und seine Eigenverantwortung.
Wenn schon, dann sollte man die Risikogruppen besser direkt schützen (so wie es Boris Palmer in Tübingen durchgezogen hatte) als indirekt durch Beschränkungen, die alle treffen und deren Verletzung der Staat mangels Personal eh nicht verhindern kann. Also FFP2 Masken fürs Pflegepersonal in Krankenhäusern und Altersheimen, Zutritt dort nur mit Schnelltest. Ansonsten von den Kommunen bezahlte Taxifahrten für diese Gruppe.
Dies hätte man schon ab dem Spätsommer machen sollen, als die ersten Erkenntnisse der Folgen der Pandemie vorlagen. Aber nicht zuletzt Frau Merkel und ihr Minister Spahn wollten keine Lehren aus dem Geschehen der „ersten“ Welle ziehen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Maßnahmen nach dem Motto „Hauptsache Action“ beschlossen werden, denn die Widersprüche im Maßnahmenkatalog sind offensichtlich.
So werden zum Beispiel die persönlichen Kontakte eingeschränkt; Dies aber höchst penibel und bis ins Detail beschrieben. Gleichzeitig darf man sich in überfüllte Busse und Bahnen drängen, um zur Arbeit zu kommen. Das gilt jedenfalls überwiegend für die, welche „systemrelevant“ sind, weil sie eben nicht im Home Office arbeiten können.
Es sei denn natürlich, sie bleiben zu Hause. Wie die nicht relevanten Einzelhändler, Künstler oder andere Gruppen. Wohl dem, der seine Waren / Dienstleistungen online verkaufen kann. So haben dann endlich Migranten eine Chance, sich für offizielle 9,50 € als Auslieferungsfahrer für Pakete oder Imbissware zu verdingen. Da kann Wirtschaftsminister Altmaier zu Recht behaupten, dass die Beschäftigungszahlen gestiegen seien.
Oder: „Kontaktminimierung“ sei das Zauberwort. Die Kontakte passierten aber im Alltag, auf der Baustelle, in den Produktionshallen. Homeoffice ist aus seiner Sicht das Gebot der Stunde. Wie soll das denn von Industriearbeitern oder Bauarbeitern praktiziert werden? Sollen die alle aufhören zu arbeiten? Die meisten fahren doch eh mit dem Auto, da bringt Home Office auch keine großartige Entlastung im öffentlichen Personennahverkehr.
Das kann ich gut beurteilen, weil... „Isch `abe gar keine Auto“. Frühmorgens im Zug (06.00 Uhr) ist es egal, da fahren eh keine Schüler mit. Mittags hatte ich in der Vergangenheit häufiger das Vergnügen im Bus, wenn sich die Schüler dort nach Schulschluss hineindrängen. Am besten noch die Grundschüler mit ihren Riesenranzen auf dem Rücken.
Nun fallen die dank der Schulschließungen quasi weg, aber ich bin dennoch nicht zufrieden. Den Schülern fehlt jetzt schon ein komplettes Jahr. Das diese Kids hiervon keine Nachteile haben sollen.... wer glaubt denn so was? Die Verringerung von Kontakten im Personennahverkehr erreicht man dadurch natürlich, dafür wird den Eltern das Home Office erschwert, welches man ja eigentlich etablieren möchte.
Warum kann man die Schüler nicht mit den zur Zeit beschäftigungslosen Busunternehmen zur Schule befördern? Zu meiner Jugendzeit noch wurden die Kinder fast ausschließlich mit Schulbussen befördert. Schüler in „normalen“ Bussen und Bahnen waren da die Ausnahme gewesen; heute ist es die Regel.
Übrigens: Von geschlossenen Kindertagesstätten habe ich noch gar nicht gesprochen. Aber über deren Verluste an sozialer Entwicklung durch fehlende Kontakte zu Gleichaltrigen sprechen die Kanzlerin und ihre Berater schon mal gar nicht. Traurig ist das.
All dies ist so wie vieles, was Frau Merkel in ihrer Amtszeit zu managen hatte. Da gab es erst einen Atomausstieg und dann den Ausstieg vom Ausstieg gleich hinterher. Die Grenzöffnung für Flüchtlinge entgegen europäischen Beschlüssen (Schengen) 2015 wurde mithilfe eines medialen Gewitters knallhart durchgezogen. Die Maßnahmen während der Corona Pandemie reihen sich nahtlos in diesen Reigen ein.
Wobei ich zur Ehrenrettung der Kanzlerin aber sagen muss, dass eigentlich alle Länder der westlichen Industrienationen mit ähnlichen oder gar schärferen Maßnahmen arbeiten. Da machen selbst die Russen keine Ausnahme. In Deutschland wie überall geht es halt darum, den Aufwand und damit die Kosten minimal zu halten. Das Schützen von Menschenleben verkommt mehr und mehr zu einem vorgeschobenen Element.
Mitte Januar wurde dann noch Armin Laschet (da ist der Name Programm) als Parteichef der CDU inthronisiert. Das riecht nach Kanzlerkandidatur (wenigstens nicht Blackrock-Merz). Aber Markus Söder, der Alpen-Rambo, ist als Nachfolger von Angela Merkel auch noch im Rennen. So farblos wie Laschet ist Söder zugegebenermaßen nicht, aber Kanzler?
Man könnte jetzt meinen, Baerbock oder Habeck würden in Angelas Fußstapfen treten. Das halte ich für eher unwahrscheinlich, aber auch nicht wünschenswert. Ich will keine Extratoilette für das dritte Geschlecht! Und wer jetzt mit Olaf Scholz kommt.... Meine Güte. Bitte nicht diesen typischen Apparatschik.
Es bleibt also spannend, dieses letzte Jahr Merkel.

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