Donnerstag, 26. November 2020

Uncle Fester: grad gelesen November 2020

Thariot – Nebula Rising Code Blue (Band 2)
Sieben Jahre sind seit den Ereignissen aus dem ersten Band vergangen. Auf Nebula sorgt Jonah im Auftrag von Kono dafür, dass es auf Nebula keine Siedler mehr gibt. Alle hat er ins Jenseits befördert - bis auf Leia und Jazemin mit ihren beiden Söhnen. Und Nebula selbstverständlich. Thariot zeichnet den Charakter Jonah dann auch gnadenlos nobel ob dieser Sentimentalität zu den Radicals-Mädchen.
Jonah hat seinen toten Bruder Kenan dank der „Wurstpresse“ (ich liebe diese Bezeichnung für die Maschine zur Androidenherstellung) wieder zum Leben erweckt und jagt gerade ein kleines Siedlerschiff, von denen nach und nach immer wieder welche ankommen. Hierbei muss er in der Arktis von Nebula Kenan allein zurücklassen, weil Kono ihn dringend sprechen will.
Auf dem Wrack der USS Crimson angekommen, eröffnet ihm Kono, dass die Gallium Vereinigung, eine christliche Religionsgemeinschaft, Anspruch auf Nebula erhebt. Die hatten die Siedler vorweggeschickt und irgendwie Wind von dem Schwindel Konos bekommen. Ein Major Bernstein ist bereits mit seinem Großraumschiff Tarantuga und Tausenden von weiteren Siedlern kurz vor Eintritt um Nebulas Umlaufbahn.
Für Kono ist es jetzt wichtig, dass Bernstein nicht merkt, dass Jonah der einzige Überlebende an Bord der USS Crimson ist. Casper kann von Kono überzeugt werden, mithilfe der Wurstpresse die alte Besatzung wiederzubeleben. Jonah spielt hierbei den verblichenen Major Heath, den Befehlshaber der Corporation vor Ort.
Doch zunächst will er seine kleine Familie auf Nebula retten; nicht einmal Kono weiß von ihrer Existenz. Leider weiß Major Bernstein Bescheid, denn die getöteten Siedler konnten noch Videomaterial an die Gallium Vereinigung schicken. Zusammen mit Jazemin und den Kindern kann Jonah sich gerade noch verschanzen.
Und während Major Bernstein die Kontrolle über die USS Crimson und die Wurmlochverbindung an sich reißt, muss sich Kono vor einem Gericht der Administration auf Zeta gegen die Vorwürfe des Massenmordes an den Siedlern verantworten. Da sie inzwischen über Jonah von den überlebenden Leia und Jazemin gehört hat, entschließt sie sich zur Flucht nach vorne.
Sie gibt die Morde zu, wohlwissend, dass der Anspruch der Gallium Vereinigung lediglich auf Verträge mit den Erben der verstorbenen Siedler beruht. Dank der überlebenden Leia und Jazemin halten diese die Eigentumsrechte an Nebula. Das Gericht verurteilt daraufhin Kono zur Verbannung in einen Androiden auf der USS Crimson. Dort will die Richterin die Sache vor Ort sondieren.
Auf dem Planeten versucht derweil Major Bernstein, seinerseits Jonah und seine Familie zu töten. Hier wird eine von Thariot geschickt eingeworfene Seitenstory zur Rettung von Jonah. Der von ihm in der Arktis zurückgelassene Klon von Kenan konnte von Bernsteins Leuten gerettet werden. Aber Kenan tötet diese Leute, übernimmt den Gleiter und trifft bei dessen Absturz auf Leia, mit deren Hilfe er Jonah und die anderen befreien kann.
Zusammen fliehen sie, werden aber von Bernsteins Leuten gefangen genommen. Jonah wird auf die Tarantuga gebracht, der Rest soll sterben. Gerade als Bernstein den Schussbefehl zum Töten erteilt, schlägt Xander Pedical zu und tötet Bernstein. Er und seine Anhänger übernehmen die Kontrolle auf dem Schiff.
Xander Pedical? Der kommt aus einer weiteren Nebenstory, mit der dieser Roman auch startet. Noch vor ihrem Tod unterstützt die Polizistin Felicitas einen Colonel James vom Militär der Corporation bei der Jagd auf Terroristen. In einem Hochhaus kommt es zum Gemetzel, bei dem alle Polizisten außer Felicitas sterben und sie den Anführer der Terroristen und Gallionsfigur der Radicals, Xander Pedical, festnehmen kann.
Als sie feststellt, dass sie von Colonel James geleimt worden ist, weil die Corporation die Radicals als Terroristen hinstellen will, um m ehr Planeten an sich raffen zu können, handelt Felicitas. Sie verrät Xander die Kombination seiner Handschellen und nennt ihm die Schuldigen für das Massaker im Hochhaus.
Xander ermordet alle, auch Colonel James, und flieht mit seiner Schwester auf die Tarantuga, wo er während des Fluges entdeckt und gefangen gehalten wird.. Als die Tarantuga 52 Jahre später
Nebula erreicht, kann er sich befreien. Sofort folgt ihm die Besatzung; er wird von den Christen quasi als Heiliger verehrt. Nach der Ermordung von Bernstein verhindert er die Exekution von Leia und den anderen.
Die verletzte Nebula leidet an einer Infektion, aber die Diagnosegeräte der Tarantuga können sie nicht als Mensch identifizieren. Dank der vergeblichen Eingriffe des Ärztepersonals aktivieren sich die Administrationscodes der KIs und Nebula steht urplötzlich auf der virtuellen Erde, dem Rückzugsort der Reichen und Mächtigen.
Nebula hatte alle Firewalls überwunden und hält alles für ein Spiel, bei dem sie viel Schaden auf der virtuellen Erde anrichtet. Nur Kono kann sie beruhigen; Casper ermöglicht Kono den Zugang zur virtuellen Erde. Kono rettet Nebula und bringt sie zurück auf die Tarantuga.
Am Ende erklärt sich Xander Pedical mit seinen Leuten für unabhängig; Jonah, Kenan und die Familie erhalten die USS Crimson und stehen unter dem Schutz von Pedical. Auch Kono gehört jetzt zu den „Guten“ auf der USS Crimson. An dieser Stelle hätte Thariot die Story beenden können - keine Angst, es kommen noch 2 Bücher.
Und noch eine Nebenstory wird wichtig werden. Denn Liz wurde nach der Flucht Jonahs von Exilium durch Casper gefangen genommen. Er lässt sie töten und lädt ihr Bewusstsein anschließend illegal ins Netz. Liz ist jetzt eine freie KI wie Casper und kann ihren Körper selbst bestimmen.
Doch ihr Hass auf Casper ist größer. Sie überredet Casper, sie zur Agentin wie er auszubilden und löscht dann ihr Bewusstsein. Was bleibt, ist eine KI, die sich nicht an Liz erinnert und Casper intensiv hasst. So hatte Liz dies geplant. Der Name dieser KI ist Kono. Das hat an einer bestimmten Stelle im Roman seinen Witz, als Jonah und Kono eng umschlungen in der Schwerelosigkeit schweben.
Statt knisternder Erotik Geschwisterliebe? Natürlich nicht. Thariot kann das geschickt umschiffen und macht Appetit auf die Fortsetzungen

Montag, 23. November 2020

Hartmudo: Mutter

64
Ich hatte den mir jetzt angereichten Überweisungsträger für uns alle drei flugs ausgefüllt, da kam Sunny von der Seite mit der nächsten Blutgrätsche. Sie wollte ihren Anteil an dem Verkauf von Mutters Wohnung partout in bar ausgezahlt bekommen. Und selbstverständlich wollte sie Mutters Konto noch an diesem Tage kündigen, weil sie nicht noch einmal wegen der Kündigung in diese Filiale kommen wollte, da ihr dies nach den Beleidigungen seitens Berta nicht zuzumuten sei. Sie ließ keinen Zweifel an ihrer Unschuld zu.
Zu ihrer Entschuldigung möchte ich jedoch anmerken, dass Sunny hierbei garantiert nicht daran gedacht hatte, dass eine Überweisung an den Makler von diesem Konto dadurch nicht mehr möglich war. Frau Peters war so freundlich, es uns näher zu erklären. Da wir also das Konto noch an diesem Tag auflösen wollten, sah sich die Bank nicht in der Lage, noch eine Überweisung auf ein anderes Konto auszuführen.
Den Überweisungsträger hatte ich ergo vergebens ausgefüllt; wir würden das mit dem Makler anders regeln müssen. Der von mir ausgefüllte Überweisungsträger wäre erst am nächsten Tag in der Zentrale der Nord/LB - zu spät. Und Sunny wollte, dass "hier und heute Schluss ist". Nicht noch einmal hierher müssen; dazu noch mit Berta treffen, das ging für sie gar nicht.
Alles nur, weil Sunny das Geld unbedingt in bar mitnehmen wollte. Sie betonte dies auch noch ausdrücklich. Ich nehme an, eine Kontozahlung kam für sie nicht in Frage, weil dann auch Reiner Zugriff darauf bekommen hätte.
Ursprünglich hatten wir uns gerade noch darauf verständigen können, dass Berta ca. 1500 € zusätzlich erhält, um noch ausstehende bzw. zu erwartende Rechnungen des Steuerberaters und des Finanzamtes zu bezahlen. Berta hätte dann hinterher eine Schlussrechnung aufgemacht und den verbleibenden Rest an Sunny und mich ausgezahlt.
So viel zur Theorie, aber dank des "unmöglichen" Auftrittes von Berta vor meiner Ankunft war dies Sunny natürlich nicht mehr zuzumuten. Sunny wollte dass "jetzt Schluss ist". Alles aufteilen - sofort. Das "gierige alte Weib" (damit meinte sie Berta) würde ihr Geld schon kriegen, wenn sie diese Rechnungen bezahlt hätte. Sunny traute Berta nicht, dass sie den Rest hinterher auch wirklich an Sunny (und mich) auszahlt.
Was für eine Verdrehung der Ereignisse. Bislang war es Sunny gewesen, die Verkaufserlöse aus dem Wohnungsflohmarkt oder das Geld für die Pelze nicht an Berta und mich weitergegeben hatte. Berta vermutete hinterher wohl nicht zu Unrecht, dass Sunny sie deshalb im Vorraum so getrietzt und zur Weißglut gebracht hatte, damit sie ausrastet und Sunny einen Grund hat, die 1500 € auch noch aufzuteilen. Ihre übliche Taktik.
Und ob Sunny ihren Anteil an den Kosten des Maklers und später des Finanzamtes nebst Steuerberater herausgerückt hätte, wenn Berta diese Beträge erst einmal vorgeschossen hätte, kann man nicht als sicher annehmen. Dazu hatte sie schon die ganze Zeit einige Böcke zu viel geschossen.
Den Banktussen war der ganze Vorgang sichtlich unangenehm. Sie wirkten reichlich angespannt ob der explosiven Gemütslage der vor ihnen sitzenden Erbengemeinschaft. Zwar versuchte Frau Peters Sunny nach ihrer Beleidigung an Berta etwas zu beruhigen, aber dies tat sie derart ängstlich statt laut und entschlossen, dass Sunny sich wohl noch im Recht wähnte. Berta und ich blieben nach dem Rumblaffen seitens Sunny ruhig.
Bei mir war das eine Mischung aus Genervtsein, unterdrücktem Ärger sowie erzwungener Ruhe. Eigentlich wollte ich nur noch weg. Berta dürfte es ähnlich gegangen sein. Beide wussten wir, dass eine lautstarke Auseinandersetzung mit Sunny nicht zu einer Beruhigung der Situation führen würde. Eher zum Gegenteil. Vielleicht wären Berta oder mir dabei auch noch die Nerven durchgegangen . Da rutscht einem leicht schon mal die Hand aus, das galt es zu vermeiden. Das lohnte doch alles nicht.
Doch es kam natürlich noch besser. Die Sparkassentussi ging wie selbstverständlich davon aus, dass wir alle Kunden der Nord/LB wären. Da musste ich sie eines Besseren belehren, denn ich bin aus gutem Grund bei der DKB Direktbank. Die Gebühren bei der Nord/LB neben den bekannt miesen Services (Überweisungen wurden nicht ausgeführt, weil ein Betrag an meinen Zahnarzt derart hoch war, dass die Nord/LB einen Missbrauch befürchtete) hatten mich vergrault.
Deshalb standen wir nun für die Auflösung von Mutters Konto bzw. die Auszahlung unserer Anteile vor denselben Problem wie bei der Überweisung an den Makler. Die Überweisung an mich wäre erst am nächsten Tag in der Zentrale zur Buchung und da wäre Mutters Konto aufgrund von Sunnys Vorgaben schon aufgelöst.
Da blieb als Ausweg nur noch eine Barauszahlung an Ort und Stelle. Bei den bald 20.000 € würde Frau Peters sicherlich einen metallenen Aktenkoffer (ich mag halt Agentenfilme) oder einen Holzschuber auf den Tisch stellen. Da lag ich aber komplett daneben. Wir würden das Geld aus einem Geldautomaten (!) in der Filiale ziehen müssen!
Denn aus Sicherheitsgründen hat die Filiale solch große Summen nicht am Schalter. Und auch Frau Peters nebst ihrer Kollegin hatte keinen Zugriff auf einen imaginären Safe im Keller. Wahrscheinlich befürchtete die Geschäftsleitung noch, dass der eine oder andere Geldschein beim Zählen durch die Mitarbeiter "herunterfallen" könnte.
Die Damen der Bank hatten da schon mal etwas vorbereitet. Fix hatten sie eine neue Karte zur Abhebung am Automaten im Haupt-raum ausgestellt. Allerdings nicht mehr als 5000 € auf einmal - aus Sicherheitsgründen. Nach jeder Leerung musste die Karte an der Kasse (dort war doch tatsächlich noch eine dritte Sparkassenangestellte nach Geschäftsschluss anwesend) manuell neu freigegeben werden.
Kompliziert - wie in einer Fernsehshow. Gebannt starrten alle drei Geschwister auf die Bankkarte mitten auf dem Schreibtisch von Frau Peters in der Filiale der Nord/LB im Heidberg. Als ob die Zeit still stehen würde... Wer von uns jetzt zuerst nach der Karte greifen würde, wäre für immer und ewig im Fegefeuer gelandet. Oder hätte wie bei "Hau den Lukas" eine Klatsche auf dem Handrücken verspüren dürfen.
Die Situation war uns Geschwistern unangenehm. Niemand wollte als gierig erscheinen und die Initiative übernehmen. Bloß keine Blöße geben und hinterher kann man sich noch jahrelang das Gegreine anhören, wie gierig man doch gewesen sei. Wie so häufig war es dann Sunny, die unsere Starre löste, indem sie mich beauftragte, das Geld aus dem Automaten zu holen.
Objektiv betrachtet war es ja die beste Lösung: Denn Berta traute sie nicht und sie selbst wollte nicht als geldgeil erscheinen. Dazu ging die ganze Situation beiden Sestras gehörig auf die Nerven. Beide waren sichtlich angespannt und mit ihren Gedanken eher woanders. Bestimmt gingen beiden die Geschehnisse der letzten Monate und auch Mutters letzte Wochen auf diesem Planeten durch den Kopf. Ging mir zumindest so, aber ich habe auf der Arbeit bei meinen Kunden bereits genug Leid erleben müssen; das härtet ab.
Nachdenklich mit dem Kopf nickend nahm ich also die Karte und ging aus dem Büro zum Geldautomaten in der Halle. Wie von einer EC Karte gewohnt, steckte ich die Bankkarte in den Schlitz und gab den PIN ein. Die Ziffernkombination hatte ich nach Abschluss aller Transaktionen schnell vergessen, so angespannt war ich.
Ich tippte 5000 € ein und die Maschine fing an zu arbeiten. Dabei ließ sich der Apparat so richtig Zeit. Als ob er die Geldscheine gerade erst drucken musste. Die Wartezeit zog sich ewig hin... Das konnte aber auch der Situation geschuldet sein, weil mir die ganze Szenerie mehr und mehr surreal vorkam.
Während ich da so stand und wartete, gingen mir Bilder durch den Kopf. Ich musste unwillkürlich an Walter Wallmann denken, der einst zu Zeiten der Flick Affäre die Geldspenden an die Partei in seiner Eigenschaft als CDU Schatzmeister bei den Frankfurter Geldhäusern in bar abgeholt hatte. Und da sein metallener Geldkoffer bereits voll war, musste er die Geldbündel schon in seine Jackentasche stecken, weil er sonst nirgendwo mehr Platz für das viele Geld hatte.
Der Vergleich hinkt natürlich, denn selbst Sunny ist nicht so unsympathisch wie ein Schatzmeister der CDU. Als ich die erste "Fuhre" geleert hatte, deponierte ich das Geldbündel voller druckfrischer Hunderter hinter mir am Schalter. Die Kassiererin lud die Karte neu auf - ich kann mich dunkel daran erinnern, dass hierbei noch eine Wartezeit von 5 Minuten zur Freischaltung als Sicherheitsmaßnahme eingebaut war - und dann kümmerte ich mich um die nächste Rutsche.
Nach vier Durchgängen war der Spuk vorbei. Die ganze Zeit über blieb ich nervös und ungeduldig. Jedes Mal steckte ich die neu freigegebene Karte sofort wieder in den Schlitz des Automaten. Das war natürlich wegen der fünfminütigen Wartezeit sinnlos, wie mir die Kassiererin versicherte. Doch das bekam ich eh nur am Rande mit, so angespannt war ich die ganze Zeit.
Schon beim Juwelier Monate zuvor fühlte ich mich wie in einem Film und betrachtete die gesamte Szenerie mehr aus einer Kameraperspektive, dabei war ich doch mittendrin und spielte auch noch eine Hauptrolle in diesem Drama. Ein Bild von Mutter tauchte auch jetzt wieder vor meinem geistigen Auge auf, stumm und unbeweglich schaute sie mich an. Nicht anklagend, nicht böse, auch nicht lachend. Nur stumm.
So richtig wollte selbst dieses Bild nicht stehen bleiben, immer wieder blitzte bei mir die Realität durch. Meine Sestras im Büro nebenan, meine Löwin zuhause, der die ganze Geschichte ebenfalls stark an die Nieren ging. Es war ein wildes Durcheinander, das ich wie in Zeitlupe oder im Zeitraffer beobachtete. Welches von beiden, weiß ich heute nicht mal mehr.

Donnerstag, 19. November 2020

Hartmudo: Amsterdam 3/5

3
Auf dem Weg zum nächsten Highlight vergaß ich meine Schande schnell. Mithilfe von zwei Fähren erreichten wir ein Werftgelände, auf dem sich laut Phil eine Vielzahl von Boutiquen und andere Kunsthandwerke niedergelassen hatten. Hier sollten unsere Frauen doch noch einmal fündig werden.
Aber dank einer großzügigen Straßenbaumaßnahme fiel dies ins Wasser. Der gerade stattfindende Flohmarkt sah seinerseits nicht gerade vielversprechend aus und erinnerte eher an die müllige Szenerie auf dem Braunschweiger Schützenplatz bei den entsprechenden Veranstaltungen. Viel gab es hier also nicht zu sehen, dafür war es wieder Essenszeit.
Phil war mit seinen Freunden anlässlich seiner BiRe schon einmal im Cannibale Royale gelandet und konnte uns diese Brasserie deshalb guten Herzens empfehlen. Eine gute Wahl und Pflicht bei meinem nächsten Besuch in Amsterdam. Das hier gebraute Bier schmeckte äußerst süffig und hätte fast die Qualität fränkischer Biere erreicht, wenn die im Cannibale enthaltene Kohlensäure feinperliger ausgefallen wäre.
Die Spareribs von Phil jedenfalls sahen nicht nur ausgezeichnet aus. Das zarte Fleisch löste sich gut von den Knochen, die hinterher wie abgeleckt aussahen. Ich selbst hatte ein Pulled Rib Sandwich und Süßkartoffelfritten, ansonsten gab es Steaks. Mein Sandwich war dann zwar doch ein Burger, ließ sich aber unfallfrei händig essen.
Nach dem Bier ist ja bekanntlich vor dem Bier. Da es auf der Werft nichts Interessantes mehr zu sehen gab, fuhren wir mit der Fähre zum Hafen zurück und schauten uns im Zentrum noch etwas um. Bei den vielen Geschäften waren die Mädels voll beschäftigt, so dass ich mich mit Phil, Danny und Jela an ein Tischchen in einer Gasse zurückzog.
„De Eeuwige Jeugd“ hieß das leckere naturtrübe Bier, welches mich geschmacklich stark an das Bier aus dem Schadt`s Brauhaus erinnerte. Dieses Craftbeer (auf Deutsch „die ewige Jugend“) schmeckte ähnlich säuerlich und ist demzufolge nichts für das übliche Vier Liter Besäufnis am Abend. Zumindest hatten wir etwas Ruhe und kauten die weitere Entwicklung in der deutschen Automobilindustrie durch.
Da der Tag noch nicht vorbei war, drängte Danny anschließend noch auf eine Bootsfahrt durch die Grachten. Diese hatte meine Löwin ursprünglich für den nächsten Tag geplant, aber Danny wollte sich für die Rückfahrt noch ein kleines Zeitfenster offen halten, zumal sich die Prinzessin noch auf eine Mathearbeit am Montag vorbereiten sollte.
Schließlich kauften wir kurz vor 19.00 Uhr die Karten für eine Grachtenfahrt ab 19.30 Uhr, welche eine Stunde umfassen sollte und auch eine deutschsprachige Führung über Kopfhörer bot. Der schlaksige wie grauhaarige Skipper Peter bot hierbei leider keine Getränke an, aber seine Verkäuferin zeigte uns den Weg zum nächsten Supermarkt.
Eine runde halbe Stunde blieb uns also für die Versorgung mit Getränken und Nüsschen. Ein eiskalter Sixpack Heineken Dosen sollte für Danny, Phil und mich genügen. Hinterher war das natürlich zu wenig, wie Danny zugeben musste. Jedenfalls saßen wir um halb Acht coronagerecht auf 4 Bänke am Heck des überdachten Bootes verteilt.
Die Architektur der Häuser, welche aufgrund des morastigen Untergrunds in leichtgewichtiger Bauweise errichtet worden waren, ist schon beeindruckend. Auch nach vier Jahrhunderten ist immer noch die einstmalige Pracht und der Reichtum der Hafenstadt zu spüren. Das verzweigte System der einzelnen Grachten spielte hier, ähnlich wie in Venedig, eine entscheidende Rolle als Verkehrs- und Wirtschaftssystem.
An einer besonders beliebten Stelle, an der man sieben Brücken auf einmal erblicken konnte, hielt Peter das Boot an. In der beginnenden Dämmerung ergab dies ein wirklich malerisches Bild. Doch auch der chinesische Palast, welcher eigentlich ein Restaurant am Wasser ist, stach aus der einsetzenden Dunkelheit hervor. Jedenfalls ging die Stunde viel zu schnell vorbei.
Burger gabs auch!

Hinterher ging es für uns nur noch darum, etwas zu essen zu bekommen und uns anschließend zurück ins Hotel zu begeben. Im FEBO Laden wurde ich glücklich, während Jessica und Danny ein leckeres Döner verspachtelten. Erwähnen möchte ich hier, dass Döner in A-Dam nicht als Junk Food wie bei uns durchgeht. Hier ist Qualität angesagt.
Den Junk Food hatte vielmehr ich am Wickel. Die FEBO Snacks werden klassischerweise in der Wand hinter kleinen Glastürchen angeboten. Nach Einwurf einer 2 Euromünze hielt ich eine leckere Krokette mit Putenfleisch und Bechamel Sauce als Füllung in Händen. Zwei Kroketten gönnte ich mir, mehr traute ich mir nicht zu. Frittierten Käse, Hot Dogs und natürlich Pommes gab es zwar auch noch, aber die Kroketten sind der wahre Lustgewinn.
Nachdem wir nun alle versorgt waren, machten wir uns mit der schlafenden Jela auf den Rückweg ins Hotel. Hierbei ist noch zu erwähnen, dass Phil und Danny an einem Masten mitten auf dem Fußweg anhielten, um zu pinkeln. Denn was auf de ersten Blick wie 2 Papierkörbe aussah, war in Wirklichkeit ein bzw. zwei Urinale.
Da waren wir alle ziemlich baff. Nicht nur in Deutschland wäre so etwas undenkbar. Mitten in der Öffentlichkeit ein Urinal - offen und für Kinder sichtbar. Was wohl ein GrünInnen Wähler dazu sagen würde? Am Vorabend hatten meine Löwin, Phil und ich noch einen Absacker in der Kneipe neben unserem Hotel genommen. An diesem Abend verzichteten wir darauf, weil wir nach den vielen Aktionen des Tages doch etwas ermattet waren.
So ging es an diesem Abend ohne Suff ins Bett.

Samstag, 14. November 2020

Hartmudo: Amsterdam 2/5

2
Samstagmorgen, ein neuer Tag begann. Erst jetzt nahm ich unser Zimmer im Ibis so richtig wahr. So wie ich es einst einmal in Hamburg erleben durfte, war die Nasszelle aus einem Stück Plastik gegossen und nachträglich eingebaut worden. Dies ist nicht gerade luxuriös, aber sehr praktisch und leicht zu reinigen.
Wir erhielten also die gewohnte Ibis Qualität, hatten hier aber aufs Frühstück verzichtet, was weiß Gott kein Fehler war. In solchen Hotelketten besteht das Frühstück zumeist aus in Plastik eingeschweißten Kleinformaten aus dem Großmarkt. Im Hamburger Ibis war das so gewesen. Und 14,- € für so ein Frühstück... Da schauten wir lieber selbst.
Die putzmuntere Jela blickte aus ihrer Karre vergnügt umher, während ihr Papa so ab 8.15 Uhr mehr und mehr auf die Tube drückte. Schließlich quälte ihn der Hunger und Phil, der sich in Amsterdam grob auskannte, suchte auf Google Maps immer noch nach der richtigen Lokation für ein gutes Frühstück.
Wir kamen bei der Suche an einigen Cafes vorbei, die jedoch sämtlichst geschlossen hatten. Auch Jessicas Unterstützung bei der Recherche auf Maps brachte uns da nicht weiter. So landeten wir dann tatsächlich erst kurz nach 9.00 Uhr, der anscheinend allgemeinen Öffnungszeit für Touris, die in einem original holländischen Cafe frühstücken wollen, in einer Omeletterie.
Bei „Get your egg on“ gab es - Überraschung! - nur Eiergerichte, vornehmlich als Omelette. Nachdem wir hier mit Ach und Krach einen Platz ergattern konnten, stürzten wir uns gleich darauf genüsslich ins Vergnügen. Dass die Prinzessin eher die süße Variante mit Nutella und Danny eine herzhafte Rustikalität bevorzugte, war vorauszusehen gewesen.
Nach einer knappen Stunde waren wir durch und satt geworden. Die dort servierten Variationen an Omeletts hatten meine Fantasie angeregt; An einem der kommenden Wochenenden würde ich das auch zu Hause mal ausprobieren wollen (Das machte ich hinterher allerdings doch nicht).
Durch die schmalen Gassen kämpften wir uns bis zum Hauptbahnhof durch, wo wir eine Fähre zum „A´Dam Lookout“ nehmen wollten. Hier hatte meine Löwin für uns alle Karten im Vorverkauf gebucht. Als vorbildlich möchte ich an dieser Stelle den Fährbetrieb über die Amstel erwähnen. Denn dieser städtische Betrieb funktionierte reibungslos - und das für lau! Da könnte sich eine deutsche Großstadt wie Hamburg eine Scheibe von abschneiden.
Das A’Dam Lookout befindet sich auf der Spitze des A’DAM Turmes in Amsterdam Nord, falls einer von Euch auf Nervenkitzel steht. Denn die Attraktion hierbei - die meine Löwin für alle außer Jela gebucht hatte - besteht in der höchsten Schaukel Europas.
ganz oben die Schaukeln

Hoch oben, in 100 Metern Höhe, schaukelt man am Rande der Aussichtsterrasse über diesen Rand hinaus und hat einen wunderschönen Blick auf die Stadt. Gesichert ist man hierbei lediglich durch den Bügel, den wir alle von Skiliften her kennen. Ich erwähne dies hier, weil ein Skilift normalerweise nicht schaukelt und mir dadurch eine zusätzliche Sicherheit gibt.
Ich gebe unumwunden zu, dass mich beim Anblick der Schaukeln die Angst fest im Würgegriff hielt. Andererseits wollte ich nicht als Feigling dastehen. Zunächst schlichen wir aber eine komplette Runde auf der obersten Etage des Turms herum und genossen den Blick über die Metropole unseres Nachbarlandes.
Ich sonderte mich von den anderen ab und erkundete die Terrasse erst einmal alleine. Ich hoffte, dass meine Löwin die Schaukelei vergessen hatte oder ich mich aus irgend einem anderen Grund drücken konnte. Doch der Zeitkorridor für unsere übers Netz vorab gebuchten „Flugzeiten“ rückte immer näher.
So stand ich dann mit zitternden Knien zwischen 12.00 und 12.20 in der Schlange, um kurz darauf mit meiner Löwin die Doppelschaukel zu betreten. Wir wurden mit dem Bügel fixiert und dann mechanisch hochgezogen. Unter meinen Füßen befand sich 100 Meter tiefer eine Rasenfläche, die einen Sturz nur unwesentlich abgefedert hätte.
Jetzt war es zu spät für eine Flucht. Es ergriff mich eine innere Ruhe, die man auch als Todessehnsucht bezeichnen könnte. Nach lediglich einer Minute hätte ich es überstanden; Umdrehen und in die Kamera lächeln... das traute ich mich schon gar nicht mehr. Die erhöhte Anziehungskraft der Erde konnte ich in diesem Moment förmlich spüren. Wie ein Magnet wurde ich vom Erdboden angezogen.
Auf der Doppelschaukel neben uns flogen Danny und die Prinzessin bis zu einem 70 Grad Winkel (geschätzt) hinauf, während wir nur sanft hin und her schwangen. Dann wurden meine Löwin und ich unerwartet wieder herabgelassen. Sollte der Spuk etwa schon vorüber sein? Würde ich das erste Zweitligaspiel von Eintracht noch erleben dürfen?
„Bitte wechseln sie die Partner. Sie beide zusammen sind zu schwer für die Schaukel. Da können sie nicht so hoch schwingen.“ So die Aussage einer der drei Hilfskräfte, die über den reibungslosen Ablauf des Geschehens wachten.
Diese Frau schaute mich mit großen Augen an, als ich - statt an eine andere Schaukel zu gehen - den Bereich fluchtartig mit den Worten: „Nein danke, mir reichts!“ verließ und mich in Sicherheit brachte. Für diese Entscheidung benötigte ich keine Bedenkzeit, sie kam aus tiefstem Herzen. Keine zehn Pferde hätten mich erneut auf eine dieser Schaukeln setzen können.
Die Scham über meine Schwäche und das Kneifen vor der Herausforderung hielt sich in Grenzen, obwohl ich der Prinzessin im Vorfeld großspurig zugesagt hatte, mit ihr zusammen zu schaukeln. Wenigstens konnte sie dank meiner Feigheit ein zweites Mal schaukeln. Leidtragende war hier die treue Seele Candela, die auf Jessicas Ticket todesmutig zu einem weiteren Höllenritt über den Abgrund überreden ließ.
Wie ich im Anschluss von den anderen erfuhr, war allen Schauklern unserer Gruppe - bis auf die Prinzessin - mulmig gewesen. Meine Löwin z.B. argwöhnte, dass sie mit ihrer Hose unter dem Sitzbügel hindurch rutschen könnte. Wenigstens hatten sich alle ihren Ängsten gestellt. Nur ich hatte gekniffen, was Danny allerdings laut seiner Aussage bei einer derartigen Gelegenheit ebenso gemacht hätte.

Dienstag, 10. November 2020

Contramann: kurz gesehen im November

https://www.heise.de/tp/features/Klimaschutz-Wenn-wir-Erfolg-haben-wollen-muessen-die-Buerger-freiwillig-mitmachen-4910510.html
„Freiwillig mitmachen“ Müssen ist natürlich Bullshit. Die Menschen in unserer
Wohlstandsgesellschaft wollen eben nicht auf lieb gewonnenen Luxus in Unterhaltung oder Mobilität verzichten. Selbst den meisten Fridays for Future Anhängern unterstelle ich dies mal pauschal. Der Traum vom „grünen Wachstum“ ist halt eine Illusion.
Das stattdessen ein fast kompletter Konsumverzicht das erfolgsversprechende Konzept zum Klimaschutz darstellt, sollte selbst einem Grundschüler mathematisch verständlich sein. Richtigerweise erwähnt der Autor in diesem Artikel, dass übergangsweise z.B. auf Kohlekraft nicht verzichtet werden kann. Sicherlich erscheint ein Speichern von überschüssiger Energie in Wasserstoff aufgrund fehlender Kapazitäten und des geringeren Wirkungsgrades im Moment unwirtschaftlich, aber:
Der Autor hat an einen wesentlichen Gesichtspunkt nicht gedacht – die Aktivisten von FFF bedenken diesen leider auch nicht: Der Kapitalismus in seiner Gier macht auch vor einem Ende der Zivilisation nicht Halt. Egal, wie grün man unsere Republik auch anstreichen möchte: Der Konsum muss auf Teufel komm raus gesteigert werden. Dies dämmt man auch nicht mit ein paar Reförmchen ein. Allerhöchstens wird das bittere Ende hinausgeschoben.
Entweder „wir“ erzwingen den Klimaschutz mit Zwang wie seinerzeit in der DDR und hoffen dabei, dass hierbei negative Effekte wie Unterdrückung Andersdenkender und Folter weitgehend unterbleiben, oder wir gehen mit der Zeit in eine „Mad Max Ära“. Wobei wir im letzteren Fall dann tatsächlich den „Erfolg“ haben, weil die Bürger freiwillig mitmachen.
Ob sich der Autor das so gedacht hatte, weiß ich nicht. Aber als er in einem Nebensatz den Übergang zur Elektromobilität als ein Mittel zum Klimaschutz erwähnte, hatte er bei mir die Sympathie bereits verspielt.
 
Bei all dem Hype um die E-Mobilität hatten Politiker und die Medien bislang vergessen, die Verbrauchskosten von Elektroautos durchzurechnen. Dieser Spiegel Artikel tut dies endlich und stellt klar, dass ein Diesel (oder auch ein Benziner unwesentlich) preiswerter im Verbrauch ist als ein reines Elektroauto oder auch ein Hybrid.
Süffisant wird noch das Beispiel einer britischen Studie erwähnt, nach der Geschäftswagen mit Hybrid und kostenfrei überlassener Tankkarte zumeist gar nicht aufgeladen, sondern nur mit Sprit betankt würden. Geht halt schneller, weil keine Ladezeit, und kostet den Nutzer des Firmenwagens eh nichts.,
Leute, so wird das nichts. Von wegen E-Auto statt Benziner; lächerlich. Was wir brauchen ist erheblich weniger Individualverkehr und vor allem kleinere Autos, wo Individualverkehr unvermeidlich ist. Aber leider sehe ich in einem Umdenken der Bevölkerung in diese Richtung nicht mal ansatzweise eine Mehrheit.
 
Die Abrechnung eines Musikers mit den Grünen. Hier schreibt er, warum er nicht mehr dabei ist. Sehr treffend geschrieben. Ich selbst kann zur Zeit niemanden verstehen, der grün wählt. Die Grünen sind mir mittlerweile noch suspekter als die CDU.
 
Dieser Lauterbach... erinnert mich an den legendären Hannes Messemer in seiner Paraderolle in „Brennt Paris?“, einem Belmondo Film von 1966. Dort spielte er Generaloberst Alfred Jodl. Oder an Peter Sellers in „Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben.“
Geht gar nicht, der Mann.
 
Corona und kein Ende. Am 29. September trafen sich unsere Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder, um über die gestiegene Zahl der Corona Infizierten zu sprechen. Hierbei ging es ausschließlich um die Anzahl der neu positiv getesteten Menschen, nicht um die Anzahl der schwer Infizierten, die auf der Intensivstation liegen müssen, oder der an oder mit Corona Verstorbenen. In der angeblich schwer betroffenen Hauptstadt Berlin z.B. werden gerade einmal 0,007 Promill, nicht mal Prozent, intensivmedizinisch betreut.
Dass man aufgrund der gestiegenen positiv Getesteten und der befürchteten zweiten Welle – die Grippezeit steht ja auch noch an – bei der Maskenpflicht bleibt und regional die Beschränkungen für Zusammenkünfte bei Hotspots einheitlich verstärken möchte, kann ich da noch nachvollziehen.
Selbst das Falschangaben auf Gästelisten in Restaurants oder bei Frisören mit einem Bußgeld belegt werden, erscheint mir noch verständlich bzw. ist da nur konsequent. Dass jetzt aber die Betreiber der Restaurants oder die Frisöre die Pässe ihrer Gäste vor Ausfüllen der Liste kontrollieren sollen – schließlich müssten sie ja das Bußgeld im Zweifelsfall zahlen – ist durch geltende Gesetze in keinster Weise gedeckt.
Da muss sich der Staat schon selber um die Kontrollen kümmern. Kann er dies aus verständlichen Gründen nicht leisten, müsste er die Gastwirte hierzu per Gesetz ermächtigen, welches nach den eingangs erwähnten geringen Zahlen an tatsächlich Erkrankten im Sinne einer Pandemie vom Bundesverfassungsgericht schnell einkassiert werden würde.
Allein die Vorstellung, beim Kauf eines Big Macs den Perso oder Führerschein vorzeigen zu müssen… „Wie in der Zone“ hätte Alfred Tetzlaff gesagt. Wobei noch nicht einmal die DDR zu solchen Methoden gegriffen hatte. Aber da gab es kurz zuvor ja noch einen anderen deutschen Staat…
In einem Leserbrief auf Telepolis las ich letztlich folgende Losung: „Die Maske ist der neue Hitlergruß.“ Wir sollten aufpassen, dass dieser sarkastische Spruch nicht Wirklichkeit wird.
 
Eigentlich war das Thema für mich schon durch, aber Fleischhauer hat es geschafft, das Ganze noch einmal auf den Punkt zu bringen. Deshalb meine steile These: Den Kapitalismus und die unverschämte Vermögensansammlung bei wenigen Milliardären auf dieser Welt werden wir nur überwinden können, wenn die Intellektuellen, speziell die grün angehauchten, ihren vermeintlichen Alleinanspruch auf Deutungshoheit verlieren.
Um es mal intellektuell auszudrücken.
 
Was für ein Schmarrn. Anstatt auf das übliche Bashing der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst weiter einzugehen, hier nur noch kurz ein Kommentar meiner Kollegin, unserer Rententante:
„Seitdem ich in der Verwaltung angefangen habe, seit Jahren und Jahrzehnten, wurde ich dafür belächelt und dumm gehalten, dass ich für das wenige Geld in der Verwaltung arbeite. Und heute mosern dieselben Leute über meinen sicheren Arbeitsplatz.“
Und mein Kommentar: „Augen auf bei der Berufswahl.“

Sonntag, 8. November 2020

H. Lecter: Alf

21
Der Vorgang im Schadts war ja eigentlich noch harmlos. Dies geschah in unserer Freizeit. Viel bedenklicher waren da schon die Exzesse während der Arbeit. Diese sollten so nicht passieren. Auf der anderen Seite war dies nur allzu menschlich. Auf nahezu jedem Arbeitsplatz können derlei Dinge schon einmal vorkommen. Ob am Band im Werk, im Verkaufsraum beim Discounter oder eben im Büro einer Verwaltung – egal, ob öffentliche oder private. Überall arbeiten Menschen. Und Menschen haben nun mal Schwächen. Da möge bitte keiner die Moralkeule schwingen!
Ich hatte ja bereits schon mal erwähnt gehabt, dass es bei uns zeitweise hoch her ging. Wobei ich gleichzeitig betonen muss, dass es in den 90ern, als ich im „blauen Bock“ angefangen hatte, vergleichsweise ruhig zuging. In den Jahren vor meiner Zeit wurden Abteilungsleiter schon mal mit dem Rollstuhl aus dem Büro entfernt, weil sie nicht mehr laufen konnten.
Auch gab es weitaus heftigere sexuelle Ausschweifungen, zumindest nach den Erzählungen über die 70er und 80er Jahre. Die Begebenheit, die ich jetzt erzählen werde, war dagegen richtiggehend prüde. Allerdings hatten wir zu der Zeit noch keine Frauenbeauftragte. In diesem Jahrtausend hätte Alf so ein Ding nicht straffrei durchziehen können.
Schuld an dem Vorfall war natürlich nicht Alf, sondern sein Doktor. Denn der gab Alf auf, das eine oder andere Kilo abzunehmen. Da gab es seinerzeit so ein Mittel namens Herbalife. Heute gibt es ja viele dieser Formula Diäten a la Almased, aber Herbalife mit seinem System eines florierenden Direktvertriebs auf Kommissionsbasis war und ist Marktführer in dieser Kategorie.
Alf wurde nicht müde, die Vorzüge dieses Pulvers auf Eiweißbasis zu preisen. Sollte er damit eine Akquise bezweckt haben, war er aber eher erfolglos. Keiner von seinen Kollegen wollte auf diesen Zug aufspringen. Über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen tauschte er sämtliche Mahlzeiten gegen ein Gemisch aus Herbalife Pulver und H-Milch mit einem Fettgehalt von 0,3 % aus.
Er steigerte sich sogar noch richtig intensiv in die Materie hinein und verzichtete in der Zeit auf jeglichen Alkoholgenuss. Man muss sich das einmal vorstellen: Der uns bekannte Genießer verzichtete urplötzlich auf kalten, gegrillten Schweinebauch mit Senf auf Brot. Keine Hausschlachtewurst oder stinkenden Schmierkäse mehr. Da waren außer mir noch Max, Buck oder auch Detzer richtiggehend geschockt.
Ob eine Gewichtsreduktion damals augenfällig geworden war, vermag ich nicht mehr zu sagen. Ich kann mich lediglich daran erinnern, dass Alf in dieser Phase richtiggehend euphorisiert über den Gang schwebte. Für mich bestand kein Zweifel, dass er mit seinem Umstieg auf Herbalife den richtigen Schritt gemacht hatte. Wenn ich zu dem Zeitpunkt bereits mein höchstes Kampfgewicht von 2017 (125 kg) erreicht gehabt hätte, wäre Herbalife auch für mich eine machbare Alternative geworden.
Das diese Ernährungsumstellung bei Alf nicht lange vorhalten konnte, war uns allen natürlich klar gewesen. Und so begab es sich an einem Mittwochvormittag, dass Alf uns den Generator vorstellte. Wahrscheinlich wurde an diesem Tag der EDV Zahllauf durchgeführt. Für unser Publikum ist Mittwoch eh geschlossen; In den 90ern die Gelegenheit, das eine oder andere Ereignis zu feiern.
Weiß der Teufel, woher Alf dass mit dem Generator aufgeschnappt hatte. Aber das Rezept dieses Getränks ist relativ einfach umzusetzen. Der Drink besteht aus einem Drittel Milch, einem Drittel Weinbrand und einem Drittel Eierlikör. Da Alf gerade noch die 0,3 prozentige
H-Milch im Kühlschrank eingelagert hatte, ergriff er die Chance zu einem kalorienarmen Drink am Mittwochmorgen.
Die üblichen Verdächtigen hatten das Gesöff probieren dürfen. Mir kam spontan der Begriff „Schlüpferstürmer“ in den Sinn, als ich dieses süße und klebrige Getränk probiert hatte. So wie ich nahmen dann auch die anderen Abstand vom Genuss dieser exklusiven Spezialität. Da waren Kopfschmerzen vorprogrammiert.
Für Alf gab es derartige Bedenken nicht. Er machte das Wasserglas bis obenhin voll und trank es im Tempo seiner Herbalife Mischungen leer. So wie man ein Glas Milch eben hinunterschluckt. Leider war sein Körper eher auf Herbalife eingestellt; kein Wunder nach der Komplettumstellung über zwei bis drei Wochen.
Obwohl es wie immer faszinierend zu beobachten war, wie der Kollega binnen kurzer Zeit Farbe ins Gesicht bekam und seine Laune merklich fröhlicher wurde, blieb ich nur kurze Zeit in seinem Büro. Seinerzeit hatte ich bereits genug Postrückstände gehabt, um die ich mich nur in den Zeiten ohne Publikum kümmern konnte.
Erst am Nachmittag, so nach 15.00 Uhr, schaute ich zum Abschied des Tages nochmals in seinem Büro vorbei. Und da hing er bereits entspannt ab. Seinen wohl etwas zu schwer gewordenen Schädel hatte er auf der Schreibtischunterlage geparkt. Seine Brille hing dabei auf halb Acht und war dazu noch mit dieser milchigen Flüssigkeit – dem Generator – beschmutzt.
„Aufstehen, Alf! Es ist Zeit, Feierabend zu machen:“ Ich rüttelte an seiner Schulter, worauf Alf seinen Kopf gerade noch mühsam anheben konnte. Vollkommen orientierungslos schauten seine Glubschaugen zu mir auf. Er war noch vollkommen weggetreten. Ist ja nun wirklich nicht überraschend, wenn man derart unsanft aus dem Schlaf gerissen wird.
Bis heute eingeprägt hat sich bei mir vor allem das Relief aus kleinen Karos am unteren Rand der Schreibtischunterlage, die sich in seine Stirn eingemeißelt hatte. Dazu war er klitschnass geschwitzt gewesen. Man kann hier getrost von einer hilflosen Person sprechen, dessen Aussprache für Nichteingeweihte unverständlich sein musste.
„Wo bin ich? Hartmudo! Du bist es. Wo bin ich?“ Keine Frage, Alf hatte eindeutig die Peilung verloren. Er brauchte ein paar Minuten, dann wurde er so langsam wieder klar und konnte sogar den blauen Bock selbstständig verlassen. Ein paar Tage danach experimentierte er zwar noch mit Herbalife weiter herum, aber dieser Versuch war eher von kurzer Dauer und Alf war somit kein anhaltender Erfolg beim Abnehmen beschieden gewesen.
Erst ein paar Tage später erfuhr ich von seiner damaligen Vertreterin Babett, die seinerzeit auch auf der legendären Grannitour mit Onkel Hotte dabei war, dass sich Alf an dem Tag des Generators ein besonderes Stück bei ihr geleistet hatte.
Frohgelaunt hatte Alf Babett überreden wollen, doch auch mal ein Glas mit dem Generator zu probieren. Den Gefallen tat sie ihm noch, aber als er sie überreden wollte, mit ihm weiter zu trinken, da musste sie passen. Babett trank zwar privat gerne mal einen mit, aber im Büro war sie für derartige Aktionen einfach nicht zu haben.
Irgendwann war Alf dann vollkommen knatter und wollte seiner Kollegin demonstrieren, wie viel er dank des Herbalife bereits abgenommen hatte. Stinkbesoffen zog er sein Hemd aus und machte auch den Oberkörper frei. Babett sollte nun an seiner Brustbehaarung (davon hatte er reichlich) kraulen. Dieses Ansinnen hatte Babett mit einem lauten Lachen selbstverständlich abgelehnt.
Babett beschwerte sich damals nicht über diese Belästigung, die in den 90ern auch schon ein No Go gewesen war. Denn sie war, wie die anderen Kolleginnen in der Abteilung auch, nicht aus Zucker gemacht und lachte lediglich über die krude Show, die ihr von Alf geboten wurde. Eine eher zart besaitete Kollegin wäre sicherlich schreiend zum Chef gerannt.

Mittwoch, 4. November 2020

Hartmudo: Amsterdam 1/5

1
11. September, Jahrestag des Anschlags auf die Twin Towers in Manhattan. Meine Löwin und ich fahren nach Amsterdam! Dies ist ein Geschenk von Danny und Phil zum Geburtstag meiner Löwin. Und was meine Frau noch am meisten gefreut hat: Die Jungs kommen mit; samt ihren Frauen! Ein Familienausflug also, auf den meine Löwin seit Jahren verzichten musste.
Danny hatte das Ibis Hotel in Amsterdam gebucht - die Anreise erfolgt mit den Autos. Dannys Wagen war natürlich schon voll. Mit Carmen, Anouk und Mila waren die 4 Plätze schon weg. Meine Löwin und ich fuhren daher mit Phil. Da dieser vormittags noch arbeiten musste und der Umweg über Braunschweig groß ist, hatten wir flugs eine Zugfahrt nach Göttingen gebucht. Candela flog übrigens von München direkt nach A-dam, da sie auf der neuen Stelle keinen Urlaub bekommen konnte.
Und wir hatten ein schönes Erlebnis mit der Bahn. Das ging bereits am Bahnsteig los, wo gerade Baumaßnahmen im Gang waren. Im ICE nach Göttingen (48 Minuten) hatte ich Plätze reserviert. Die Tafel mit dem Wagenstandsanzeiger war natürlich dank der Sanierung des Bahnsteigs nicht existent. Das die Bahn es nicht auf die Reihe bekommt, den Wagenstandsanzeiger in einen der Schaukästen aufzuhàngen, ist sicherlich der Beamtenmentalität der Mitarbeiter des ehemaligen Staatsbetriebs geschuldet.
Das war zum Glück nicht so schlimm, da wir uns relativ gut positioniert hatten und unseren Wagen gleich gefunden hatten. Dass ich wegen der Maskenpflicht mein Milchhörnchen und das dänische Brötchen nicht essen konnte, hat natürlich die Bahn nicht zu verantworten. Aber die kostenlose Internetverbindung in den Zügen ist grottig.
Am Bahnhof in Göttingen angekommen, ging der Spaß ununterbrochen weiter. Meine Löwin wollte die Abfahrt mit dem Auto abkürzen, indem wir zu Phil mit dem Taxi fahren. Das war auch eine klasse Idee, die uns letztendlich eine halbe Stunde Zeitgewinn einbrachte, die wir hinterher auch gut gebrauchen konnten.
Eine Anmerkung zur Taxenfahrt muss ich aber noch loswerden, da ich diesen Job Ende der 80er Jahre im letzten Jahrhundert selbst ausgeübt hatte. Dass der Fahrer der deutschen Sprache nicht mächtig war, hatte mich nicht genervt. Schließlich haben die Fahrer heute alle Navis und müssen die Straßen nicht mehr auswendig wissen wie ich seinerzeit.
Aber: Die Carl-Mahr-Straße, Sitz der Carl Mahr Holding, sollte einem Taxifahrer zumindest geläufig sein. Ein Betrieb der Feinmesstechnik mit immerhin 1900 Mitarbeitern. Dass er uns dann noch fragte, wie man dorthin kommt, weil er die Straße trotz Buchstabierens im Navi nicht fand, ist schwach. Erst ein Kollege von ihm konnte helfen. Dies ist sicherlich nicht wirklich schlimm, aber einem ehemaligen Kutscher wie mir tut das weh.
Wenigstens war Phil mit seinem Home Office durch und musste nur noch ein paar Klamotten zusammenpacken, bevor wir endlich los konnten. Als ich nach dem Tanken irgendwo auf der Strecke ein kaltes Tyskie (Halbliterdose) in der Hand hielt, war die Welt auch schon in Ordnung. Der Stau mit gleichzeitiger Vollsperrung der Autobahn bei Paderborn war zwar ärgerlich, aber ich hätte lieber ein paar Stunden länger gestanden, als hinterher lesen zu müssen, dass hier vier Menschen von einem LKW am Stauende getötet wurden.
Dieser Stau und ein weiterer bedeuteten, dass wir erst viel später als Danny und seine Familie ankamen. Zumal wir zunächst noch Candela vom Flughafen abgeholt hatten, so dass wir erst gegen halb Neun unser Hotel erreichten.
Schnell checkten wir im Ibis ein, während Danny Phil per Handy erklärte, in welches Parkhaus er fahren musste. Aufgrund der langen Fahrt war Phil leider sehr überreizt, so dass er in ein falsches Parkhaus fuhr, in dem wir keine Ermäßigung des Preises durch das Hotel bekommen hätten. Zwischen 25 und 55 Euro pro Tag ist halt doch ein Unterschied.
auf dem Weg zum Treffpunkt

Da Danny mit seinen Mädels bereits in Richtung Innenstadt aufgebrochen war und gerade noch einen Platz bei einem Italiener für uns alle ergattern konnte, kamen wir nun in Stress. Während meine Löwin Phil entgegen ging, um ihm zu sagen, dass er im falschen Parkhaus gelandet war, rief mich Danny an, um mir mitzuteilen, dass er den Platz beim Italiener lediglich noch für 10 Minuten frei halten könnte.
Jetzt endlich wurde es gewohnt hektisch. Während meine Löwin und Candela am Eingang des richtigen Parkhauses darauf warteten, dass Phil endlich mit dem Wagen ankam, um ihn dort abstellen zu können, eilte ich bereits im Dunkeln zu Fuß über eine Gracht, um den freien Platz (einem zweiten Tisch) sichern zu können.
Und - oh Wunder! - dies Manöver klappte reibungslos. Kurze Zeit später saßen wir endlich alle zusammen an beiden Tischen und ich hielt endlich ein gezapftes Heineken in Händen. Nach einer großen Pizza hatte ich auch keinen Hunger mehr; den anderen erging es ähnlich. Nebenbei schaute ich permanent auf mein Smartphone und den Kickerticker.
Eintracht bezwang doch tatsächlich Hertha in einem dramatischen Spiel mit 5:4 in der ersten Pokalrunde und ich hatte es nicht sehen können. Da schmeckte das Heineken gleich viel besser. Dank der Pizza hatte ich auch mit der überschüssigen Kohlensäure dieses schnell gezapften Bieres keine Probleme.
Mehrere Getränke und angeregte Gespräche später gingen wir zusammen zurück ins Hotel. Die kleine Jela, die anfangs noch beim Italiener herumgealbert hatte, schlief da schon längst.
Wach wurde Jela dann erst wieder im Flur vor den Hotelzimmern, um dann ihre Eltern die halbe Nacht wach zu halten. Wir anderen hatten da wohl mehr Glück gehabt.