Samstag, 30. Januar 2021

Uncle Fester: grad gelesen Januar 2021

Thariot – Nebula Rising Code Black (Band 4)
Dieser Band knüpft nahtlos an seinen Vorgänger an. Thariot hatte ja auch einige Fragen offen gelassen, die weitere sieben Jahre später geklärt werden sollten. Durch diesen erneuten Zeitsprung kann Thariot in den einzelnen Kapiteln durch jeweils kurze Zusammenfassungen der vorherigen Geschehnisse Brücken zum neuen Band bauen.
Los geht es mit Liz. Auf der virtuellen Erde hockt sie im Verlies, wird von zwei Polizisten verhört und weiß nicht warum. Sie glaubt immer noch, ein Mensch zu sein. Mehr zufällig kann sie fliehen; in den einzelnen Gängen begegnet sie Zombies, die sie absorbieren kann. Derart gestärkt, kann sie eine andere Gefangene befreien. Kono.
Liz nimmt Kono in sich auf und schafft es tatsächlich, das Verlies hinter sich zu lassen. Draußen kapern sie 2 Avatare und fliehen in ein Hotelzimmer, wo Casper sie stellen kann. Jetzt stellt sich nicht nur zur Überraschung Caspers heraus, dass Liz und Kono ein und dieselbe Person ist.
Roger Leonard ist Commander der USS Sydney. Dieses Schiff der Corporation öffnet im Nebula System einen Wurmknoten, so dass die ganze Flotte von Sigma ins System eindringen kann. Die Aktion bringt auch eine neue Inkarnation von Casper ins System, der sofort das Kommando auf der USS Sydney übernimmt.
Casper will, dass die Söldner die Radicals auslöschen, um danach seinerseits die Söldner massakrieren zu lassen.
Carl O`Brien ist der Kommandant der Söldner und koordiniert auf der Jersey, seinem alten Minenschiff, die Angriffe auf die Stadt New Barcelona. Da er als Deserteur die Arroganz der Corporation kennt, hat er sich in den letzten 7 Jahren gut auf den versuchten Handstreich der USS Sydney vorbereiten können.
Als er und seine Führungscrew verhaftet werden soll, hat er deshalb noch ein As im Ärmel. Sieben Minenschiffe der Kolonialwelt Cygni tauchen urplötzlich aus dem Hyperraum auf um umschließen die 3 Schiffe der Corporation mit einem Sperrschild. General Li Kananga von der Cygni Flotte hat so erst einmal für ein Patt gesorgt und den Söldnern damit den Arsch gerettet.
Emma kämpft auf Nebula in den Gängen der unterirdischen Stadt New Barcelona mit den letzten Überlebenden der Radicals einen verzweifelten Kampf gegen die Söldner. Dabei stehen die Radicals nach sieben Jahren unmittelbar vor der Vernichtung. Leia ist tot. Lapidar wird dies kurz erwähnt, dann geht die harte Action weiter. Denn die nächsten sieben Jahre sind rum; die Flotte der Corporation ist im System angekommen.
Nebula, die ja eigentlich selbst eine KI im Körper eines Menschen ist, will die Truppen der von der Corporation gesteuerten Söldner besiegen, indem sie in Caspers Netzwerk eindringt. Dies kann Nebula dank der Administrationscodes von Annika Boergaard aber nur gelingen, wenn ihr Körper, der quasi in einer Starre verbleibt, geschützt wird.
Dies ist natürlich die Aufgabe von Emma, die es schafft, sich mit Nebula unter die Söldner zu mischen. Als erstes wollen sie den Bunker zerstören, um dass Sperrfeld zu deaktivieren. Die Corporation und die Cygnis sollen sich gegenseitig zerfleischen, damit Nebula Caspers Netzwerk unbemerkt infiltrieren kann.
Vermeintlich ergibt sich Nebula (in einem anderen Klonkörper) und wird von O`Brien erschossen; sie nutzt dies, um in das Netzwerk der Söldner und der Cygnis einzudringen. Eine Abschaltung des Sperrfeldes scheint die einzige Möglichkeit zu sein, Nebula durch den bislang isolierten Casper zu besiegen. Oder wäre dies das Ende der Söldner und der Flotte von Cygni?
General Li Kananga opfert die Söldner und schaltet das Sperrschild ab. Casper lässt die Söldner die geballte Feuerkraft der Corporation spüren, eleminiert O`Brien und will danach die Radicals auf dem Planeten Nebula endgültig ausradieren. So hatte Emma sich das nicht vorgestellt, aber Nebula hat ihr Ziel erreicht: Sie ist im Netz der Corporation und kann damit durch das Wurmloch Sigma erreichen, um die Zentrale der Corporation direkt angreifen zu können.
Während die Corporation auch die Söldner auf dem Planeten beschießt, schafft Emma Nebula dank der Mithilfe der Söldnerin Domino aus der Gefahrenzone.
Kenan und Jonah hängen immer noch auf Exillium fest. Kenan dringt in ein Depot der Federal Agency auf Exillium ein, um für den von ihm konstruierten Wurmlochgenerator ein letztes Ersatzteil (einen Phasendämpfer) zu stehlen. Dank seines über Novemba erhaltenen Körpers kann er mühelos die Gestalt wechseln und erreicht schließlich das Lager.
Er flieht mit dem Phasendämpfer im Körper einer Leiche. Als die Wächter die Leiche in der Wüste vergraben wollen, werden sie von Jonah abgeknallt. Mit den Resten der Kono KI basteln sie den Wurmgenerator in ihrem Erdloch zusammen. Das Wurmloch führt nach Sigma. Kenan will den alten Auftrag, einen politischen Sponsor mit dem Tridaterium zu schmieren, immer noch ausführen. Denn er weiß, dass die Flotte der Corporation Nebula inzwischen erreicht haben müsste.
Auf Sigma endlich angekommen, verschaffen sie der Kono KI erst einmal einen Avatar aus der Wurstpresse. Dort hat sich Nebula ins Netzwerk eingeklinkt und die digitalen Signaturen von Annika Boergaard losgelassen, die sofort Caspers Firewalls attackiert. Und nicht nur das: Sie lässt auch die auf der virtuellen Erde eingesperrten irren KIs über die Wurstpressen auf die realen Menschen auf Sigma los.
Kenan wird davon überrascht und fast getötet, bekommt aber aus der Wurstpresse einen neuen Avatar. Derweil erlischt Konos Identität und zu Jonahs großer Überraschung betritt stattdessen Liz wieder die Bühne. Die Geschwister sind nun endlich wieder vereint, nachdem Kenan wieder mal aus der Wurstpresse geflutscht war.
Zusammen versuchen sie mit dem übrig gebliebenen Tridaterium ein Wurmloch nach Nebula zu öffnen, bevor die dank Boergaards Angriff im Chaos versinkende Stadt auf Sigma im Meer zu versinken droht. Knapp vor den irren KI-Zombies können die drei Geschwister auf die USS Sydney springen, wo sie von Roger Leonard in Empfang genommen werden.
Roger Leonard sieht sich zuvor, als die 3 noch über Sigma irren, einem Ansturm der irren KIs ausgesetzt, die auch über dem Nebula System in die reale Welt streben. Roger schafft es gerade noch, die Verbindung zum Wurmloch zu kappen, um den Ansturm der KIs zu beenden. Casper und andere KIs auf der Corporation Flotte können gerade noch nach Sigma zurückspringen.
Nunmehr sind die Flotten der Corporation und derer von Cygni von allen KIs befreit, so dass sie sich jetzt endlich gegenseitig zerfleischen können. Mit dem alten „Totstell-Trick“ vernichtet Roger die Cygni Flotte vollständig.
Casper ist vernichtet, aber Liz hat ebenfalls Boergaards Signaturen und übernimmt nun die Kontrolle über die USS Sydney; Leonard hat ihr nichts entgegenzusetzen. Liz schafft es sogar, Kono einen eigenen Avatar zu verschaffen und Nebula in ihrem Körper, der von Emma bewacht worden war, wiederherzustellen.
Das Liebespaar Emma und Kenan ist auch wieder vereint und die Corporation besiegt. Die realen Menschen sollen wieder selbst Kontrolle über ihr Leben haben - so lautet wohl das Credo dieses wirklich packenden vierbändigen Zyklus.
Mir bleibt hier nur festzustellen, dass sich die Lektüre wieder mal gelohnt hat. Ich habe zwar keine tiefschürfenden Erkenntnisse gewonnen, wurde aber dank Thariots packenden Schreibstils besser unterhalten als bei Star Trek oder Star Wars. Das mag alles nicht den intellektuellen Ansprüchen der Intelligenzia genügen, aber drauf geschissen.
Ein echter Pageturner, möcht ich meinen. Nur das unerklärte Ende von Leia fand ich unpassend.

Samstag, 23. Januar 2021

Hartmudo: Mutter

66
Schein um Schein hatte ich abgezählt. Die einzelnen Anteile lagen aufgehäuft auf dem Schreibtisch von Frau Peters. Endlich war ich fertig. Doch leider... hatte ich mich verzählt. Ein Hunderter fehlte. In irgendeinem Bündel musste der Übeltäter stecken. Diese neuen Scheine klebten ja förmlich noch zusammen.
Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ließ sich allerdings nicht ändern, also fragte ich meine Schwestern, ob sie nicht nachzählen wollten. Beim Auszählen im Wahllokal ist es allgemein üblich, dass die Stapel beim Verzählen von einer anderen Person nochmals gezählt werden. Hat sich bewährt.
"Nein, das mach ich nicht. Ich bin ja sowieso immer die Böse. Zähl Du nochmal, Hartmudo!" Sunny blieb da konsequent ihrer Linie treu.
"Hartmudo, mach Du das. Sunny traut mir ja eh nicht." Auch Berta hielt sich hier bedeckt, da ging sie quasi rückwärts nach all den Kapriolen der letzten Zeit.
Da sich auch Frau Peters und ihre Kollegin von der Nord/LB sichtlich bedeckt hielten, blieb mir wohl gar nichts anderes übrig. Ich meine, beide Bankangestellten verhielten sich schon beim ersten Zählen betont unauffällig. Als ob irgendein falsches Wort von ihnen eine Lawine auslösen könnte.
Und wer weiß - vielleicht hat ja irgendein/-r von den Geschwistern ein Messer dabei. Oder schlägt einfach nur so um sich. Was auch immer die beiden Banktussis für Kurse in Sachen Deeskalation absolviert haben mögen: Da ist bei beiden nicht viel hängen geblieben. Souverän geht anders.
Somit begann ich, die einzelnen Stapel zu überprüfen. "Eins, zwei, Drei, Vier..." Mit stoischer Ruhe ging ich ans Werk und wurde zu meiner großen Freude bereits im 4. Stapel des ersten Haufens fündig.
"Elf!" Fast schrie ich die Zahl hinaus. Nicht nur bei mir, auch bei meinen Sestras löste sich spürbar die neu aufgebaute Spannung. Endlich hatte ich mal Glück gehabt, dass ich einen Fehler so schnell beheben konnte. Normalerweise gilt in derartigen Situationen vorzugsweise Murphy`s Law. Das wäre hier ein Fund des überzähligen Hunderters im letzten oder vorletzten Stapel gewesen.
Damit blieben mir als "Geber" noch drei Hunderter, die ich sogleich verteilte. Blieb noch das Geld aus dem Klingelbeutel. Fünfziger und Zwanziger kriegte ich noch gleichmäßig aufgeteilt. Ganz zum Schluss hatte ich noch zwei Zehner und 7,xy € an Kleingeld übrig, die natürlich auch noch verteilt gehörten.
Als ich hierzu meine Sestras um Rat bat, ergriff Sunny urplötzlich wieder die Initiative und meinte: "Nehmt ihr beide ruhig nen Zehner. Hauptsache, es ist jetzt endlich vorbei."
Da war es wieder - Sunny inszenierte sich mal wieder als Opfer. Sie musste leiden, weil Berta und ich so gierig waren. Blitzartig ging mir dieser Gedanke durch den Kopf. Als Krönung gab sie sich großzügig, ehe noch eins ihrer Geschwister von sich aus verzichten konnte. Was wir garantiert beide auch gemacht hätten.
Übrigens verlor Sunny kein Wort über die Höhe der Einnahmen des Wohnungsflohmarktes, der Pelze oder auch des Zahngoldes von Mutter. Dieses hatte ich wohl wegen der Assoziation zum dritten Reich in diesen Aufzeichnungen bislang nur kurz erwähnt. Und an dieser Stelle fingen Berta und ich nicht noch einmal mit diesem Thema an.
Denn wir waren es leid; Ohne es absprechen zu müssen, waren wir uns da einig. Wir wollten ein rasches Ende und nicht noch um einzelne Beträge feilschen. Sunny äußerte sich zu den von ihr vertickten Sachen lediglich dahingehend, dass diese zur Verrechnung mit den restlichen Barbeträgen von Mutter, die sie in ihrem Wohnzimmer aufbewahrte, gedacht seien.
Berta jedoch interessierte das herzlich wenig. Sie hatte nämlich diese Beträge aus einer Schatulle mitgebracht und verteilte diese gleichmäßig auf die 3 Haufen. Sie wollte "reinen Tisch machen. Das endlich Schluss ist." Wer da nun glaubt, dass Sunny daraufhin ihre Einnahmen offenlegte und doch noch unter uns aufteilte, irrt sich.
Bestimmt hatte sie sich gedacht: "Bitte, wenn Ihr meint. Nicht mein Problem." Sicher ist das nur eine Vermutung oder gar Unterstellung von mir. Doch so wie ich Sunny kenne und in den zurückliegenden Monaten kennenlernen durfte, liege ich damit eher richtig als daneben. Ein Charakterzug, der in unserer Familie nicht fremd ist. Da verhielt sich Sunny genau wie unsere verstorbene Mutter.
Das Geschachere hatte endlich ein Ende gefunden. Was wohl unsere Eltern zu den ganzen Vorgängen nach Mutters Tod gesagt hätten? Gern werden sie es nicht gesehen haben, so viel steht erst mal fest. Wobei... richtig traurig dürften beide nur über die Vorgänge beim Juwelier mit dem Zerkloppen des Schmucks und eben zum Ende bei der Verteilung des Geldes in der Nord/LB gewesen sein.
Nachdem das ganze Geld verteilt worden war, gab es zwischen uns nichts mehr zu bereden. Meine Sestras und ich nahmen unser Geld, steckten es weg und beeilten uns mit dem Aufbruch. Wir dankten Frau Peters und ihrer Kollegin für die Mühen und wünschten ihnen einen schönen Feierabend. Den Mädels war die Erleichterung förmlich anzusehen, dass während der gesamten Aktion kein Blut geflossen war.
Das dachten wir uns alle drei Geschwister auch, als wir unsere Jacken anzogen und zusammen nach draußen traten. Reiner stand auch schon da, um Sunny abzuholen. Ich erwähnte ihr noch kurz gegenüber, dass wir uns wegen ausstehender Rechnungen wie Steuerberater, Finanzamt und Makler bei ihr melden würden wegen ihres Anteils daran. Mit einem sparsamen "ist gut" bestätigte sie, diese Information akustisch empfangen zu haben. Ich äußerte abschließend ein unverbindliches "bis dann" und setzte mich mit Berta Richtung Parkplatz hinterm I Punkt in Bewegung.
Reiner nickte ich noch kurz zu, er nickte zurück. Gegen ihn hatte ich irgendwie nichts; ihm konnte ich noch aufs Fell gucken. Mit ihm hatte ich ja auch keinen Disput. Das sah zwischen ihm und Bud wohl anders aus, doch dazu kann ich lediglich Vermutungen anstellen, da ich mich in der zweiten Hälfte der 80er und in den 90ern bei gemeinsamen Aktionen mit der Familie stark zurückgehalten hatte.
Zu einem kleinen Eklat kam es dann auf dem Weg zum Auto. Ein Stück des Weges hatten wir noch gemeinsam zu gehen. Da ein Kontakt der zwei Gruppen nicht erwünscht war, trotteten Reiner und Sunny hinter uns her, seitlich leicht versetzt, als ob wir in Kabul gemeinsam nach Al-Kaida Kämpfern suchen würden.
Auf Höhe des Friseurs, also nach wenigen Metern, trennten sich unsere Wege. Plötzlich sprach - nein, brüllte - mich Sunny von hinten an. Sie wollte offenkundig noch etwas loswerden.
"Du wirst schon sehen, was Du davon hast, Hartmudo, als Du Dich auf ihre Seite geschlagen hast. Ein Waschlappen bist Du, der sich von Berta kontrollieren lässt. Schon immer hat sie gelogen, aber ich bin ja die Böse. Herzlichen Glückwunsch, jetzt habt ihr ja endlich, was ihr haben wolltet. Das Geld!"
Erwähnen möchte ich an dieser Stelle, dass ich mich lediglich für die ersten beiden Sätze verbürge. Einem Richter gegenüber würde ich da sagen: "So oder so ähnlich." Die restliche "Ansprache" ist mehr oder weniger ein Konglomerat aus Sunnys allgemeinen Tenor in jenen Monaten und dem ungefähren Wortlaut, so weit ich diesen nach bald zwei Jahren noch in Erinnerung behalten habe.
Die erneuten Hasstiraden, insbesondere der "Waschlappen", ließen mich zu meiner heutigen Verwunderung kalt. Wenn mich im Sozialamt ein Kunde derart anbrüllt und durchbeleidigt, dann raste ich schon mal aus. Auch wenn die Menschen, die mich näher kennen, es sich nicht vorstellen können, aber ich kann dann ganz schön ungemütlich werden. Eben so wie Sunny oder auch unsere Mutter - die konnte das ebenfalls sehr gut.
Ich hörte Sunnys Worte, aber sie perlten an mir einfach ab. Regungslos ging ich mit Berta weiter, vielleicht hatte ich noch die Hand winkenderweise - nein, kein Stinkefinger - zum Abschiedsgruß erhoben. So wie ein DJ im Radio den Song leise ausblendet, so wurde das Gezeter von Sunny auch immer leiser, bis es irgendwann ganz verschwunden war.

Samstag, 16. Januar 2021

Udorallala: Dictators again

 Tja, wo fang ich an? Am Besten am Samstag, dieses Wochenende oder auch: Heute. Da hatten wir morgens um halb Neun Besuch von einem Typen vom Angelverein meiner Löwin, der die Fangkarten für die beginnende Angelsaison von der Druckerei abgeholt hatte. Beiträge wollte er noch zahlen und Brötchen hatte er mitgebracht.
Wir hatten ein nettes Schwätzchen zu Salami- und Nutellabrötchen, als die Sprache auf den Webauftritt des Angelvereins kam. Der brauchte ein neues Outfit und sollte deshalb vorübergehend zum Neudesign aus dem Web entfernt worden sein, was es nachzuprüfen galt. Zur Kontrolle zückte ich mein Tablet hervor.
Die Webseite war down, so weit so gut. Aber meine Löwin entdeckte einen Facebookeintrag. Da sie kein Facebookkonto ihr eigen nennt, musste ich hier aushelfen und konnte bestätigen, dass momentan auch dort nur ein Foto der Angelhütte am See zu bewundern ist. Alles gut also. Ich wischte auf der Seite irgendwie drüber und erhielt einen Eintrag der Dictators (!). Da musste ich in der Vergangenheit wohl mal die Seite gebookmarkt (was für ein Sch...wort) haben.
Ich erhielt auch gleich die deutsche Übersetzung angezeigt: „Die Diktatoren präsentieren stolz unser neues Video... Verdammt New York. Unserem Waffenbruder gewidmet: Sylvain Sylvain, Ruhe in Frieden.“ Yeah, Man: R.I.P. Sylvain Sylvain - Urmel hatte am Abend vorher diese mehr als traurige Nachricht per Whatsapp geschickt. Der Gitarrist der New York Dolls wurde nur 69 Jahre alt.
 
  

Aber zunächst: Ein ganz frisches Video der Dictators. Ein neuer Song; und was für einer. Leck die Katze am Arsch! Andy Shernoff hat Ross the Boss bei der Stange halten können und sogar Scott Kempner wieder mit ins Boot geholt. Leider ist Handsome Dick Manitoba nicht mehr dabei, wohl weil er sich seinen Soloprojekten widmet.
Da gibt es von ihm eine Soloscheibe aus 2019 („Born in the Bronx“), ein Kochvideo (!) auf Youtube und nen Podcast, den er wohl regelmäßig befüllt. In die CD hörte ich kurz rein und musste sofort an die unsägliche Soloplatte von Angry Anderson denken. Rose Tattoo Fans wissen, wovon ich rede, so dass ich „Born in the Bronx“ nicht kommentieren muss.
Aber „God damn New York“ dagegen fängt mit einem zwar nicht neuem, dafür aber unwiderstehlichen Riff an. Ross the Boss kann es noch immer und ist natürlich im Zusammenspiel mit Scott Kempner von kaum einer anderen Gitarrenwand zu schlagen. Andy Shernoff steigt nach kurzer Zeit mit dem Gesang ein; hier hätte ich mir zugegebenermaßen auch Handsome Dick oder noch besser Joey Ramone („Er“ sei seiner Seele gnädig) vorstellen können.
Die sehr eingängige Melodielinie mit ihren Harmonien im Background erinnern dann tatsächlich eher an die späten Ramones, aber diese Feststellung ist nur für Puristen interessant. Es gibt bessere Sänger als Shernoff, doch so einen Song musst Du erst einmal schreiben und vor allem arrangieren.
Shernoff beklagt in dem Song den bedauerlichen Wandel New Yorks zur Banker-Town und verpackt dies in einem Ohrwurm, den heutzutage niemand hören will, so dass wir hier leider nicht über den Hit der Saison reden. Dieser Song ist Old-Style und wird nicht die Beachtung finden, den er zweifelsohne verdient hätte.
Ein weiteres Mitglied der aktuellen Besetzung ist der Drummer Albert Bouchard. Er war Gründungsmitglied von Blue Öyster Cult, einer Band, mit der die Dictators bereits in den 70ern über die Plattenproduzenten verbandelt waren. Als BÖC Mitte/Ende der 70er ihre größten Erfolge feiern konnten, war er dabei.
Bekanntermaßen konnten die Dictators seinerzeit keinen vergleichbaren Erfolg einheimsen, gelten aber wie BÖC unter Kritikern bis heute als stilbildend für das Genre. 1973 fingen sie an. In jenem Jahr nahmen die New York Dolls ihre erste LP auf. Nach der zweiten Platte war 1974 erst einmal Schluss für Sylvain Sylvain und die Dolls.
Sylvain und seine Mitstreiter David Johansen und Johnny Thunders konnten sich von ihrem Kultstatus nichts kaufen. Auch das ist eine weitere Parallele zu den Dictators, die es ebenfalls nie über den Status der Kritikerlieblinge hinaus geschafft hatten. Beide Gruppen waren halt zu früh unterwegs.
Zum Glück sind die prägenden Aufnahmen beider Bands heute nach wie vor abrufbar; genau wie die Songs all der anderen verkannten Genies der Rockmusik. Ich bin auch nach wie vor davon überzeugt, dass kommerzieller Erfolg den Ruf, sprich Nachruf, eher versaut. Elvis Presley oder die Stones sind meiner Ansicht nach hierfür gute Beispiele.
Was bleibt, ist ein herausragend guter neuer Song der Dictators, der auf ein Album hoffen lässt. Und Sylvain Sylvain bleibt unvergessen. Ich werde heut Abend mal die alten Scheiben wieder anhören. Skol!

Donnerstag, 14. Januar 2021

Hartmudo: Alles Corona 2/2

Natürlich ist es draußen im November kurz vor 6.00 Uhr noch stockfinstere Nacht. Normale Leute schlafen zu der Zeit wahrscheinlich noch, aber doch nicht im Bus! Der eingesetzte Sausewind-Bus war zugegebenermaßen ein Reisebus, mit dem normalerweise die Leute nach Rüdesheim zum Saufen gekarrt werden.
Da dämmt der Fahrer das Licht bei der Rückfahrt im Dunkeln, weil seine Passagiere einfach nur noch pennen wollen. Aber diejenigen, die noch nicht zu müde oder zu besoffen sind, können über ihrem Kopf eine Leselampe einschalten, eben um noch etwas lesen zu können. Und das Lesen im Zug macht mir nach wie vor sehr viel Spaß. Im Moment lese ich „Sam Phillips - the Man who invented Rock `n`Roll“ von Peter Guralnick..
Aber Leselampen in diesem Bus? Nada, Fehlanzeige! Wer verbaut eine derart schlechte Bordtechnik und warum kauft ein Busunternehmen solch eine Kutsche für Zombies, die bei dem fahlen Licht vor sich hin dämmern und darauf warten, dass beim nächsten Halt endlich mal etwas Frischfleisch an Bord kommt.
Auf der anderen Seite... mit dem Smartphone war das Licht erträglich. Während der gesamten Fahrt spielte ich „Dr. Mario World“ und wurde dank des trüben Oberlichts von nichts abgelenkt, sieht man mal von der unruhigen Straßenlage des Busses ab, wegen der ich diesen Artikel noch nicht beginnen konnte, weil der Fahrer jedes Schlagloch offenbar gezielt ansteuerte.
Erwartungsgemäß dauerte diese Busfahrt länger als sonst der Ritt mit dem Zug. Aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen steuerte der Fahrer zudem mit Immendorf und Watenstedt zwei Bahnhöfe an, die der ausgefallene Zug normalerweise nicht angefahren wäre. Diese werden nur von den Zügen bedient, die 19 Minuten nach einer vollen Stunde fahren.
Schließlich hatte der Fahrer es dann doch geschafft. Nach über 40 Minuten und damit doppelter Fahrtzeit im Vergleich zum Zug hielt er beim Multiplex Kino in Lebenstedt am Bahnhof an. Hier war die Endhaltestelle und alle (inzwischen 4) Passagiere mussten raus.
Der Fahrer unterstrich diese nicht ausgesprochene Bitte, indem er die komplette Innenbeleuchtung einschaltete. Gleißendes Licht fügte meinen Augen ruckartig Schmerzen zu, die aber nach kurzer Zeit verschwanden. Wie die bereits erwähnten Zombies schälten sich die Passagiere aus den Sitzen und strömten über die lange Treppe des Mittelausstiegs in Freie.
Und auch draußen nahmen wir alle unsere Gesichtswindeln nicht ab. Denn seitdem die Zahl der Coronainfizierten in Salzgitter Anfang November auf über 150 Personen pro 100.000 Einwohner schnellte, herrscht auch in der Fußgängerzone Maskenpflicht. Und diese beginnt ab der Bushaltestelle, auf der uns der Sausewind gerade abgeladen hatte.
Passend hierzu ging gerade ein feiner Regen ganz sanft auf uns hernieder. Etwas stärker als ein Morgen in Dublin, möchte ich meinen. Immer noch missmutig schaute ich auf die Anzeigetafel der Bushaltestelle. Der nächste Bus, der mich zum Rathaus (eine Station) fahren könnte, würde noch 12 Minuten bis zur Ankunft brauchen.
Das bedeutete eins: Mir stand ein kleiner Gang durch die Fußgängerzone bevor. Mit Maske und bei Nieselregen morgens kurz nach halb Sieben in Lebenstedt. Kann ein langer Donnerstag im Büro schöner beginnen? Ich glaube nicht. Da sich die Fußgängerzone bei der gerade beginnenden Dämmerung immer noch menschenleer präsentierte, drängten sich mir unwillkürlich Bilder von blutrünstigen Zombies auf, die hinter der Santander Bank hervorkriechen und mich jagen würden. Ich zog meine Mütze tiefer ins Gesicht.
Vorsichtig kämpfte ich mich auf dem glitschigen Pflaster voran. Warum das Pflaster glitschig ist? Na, weil da irgendein Schlaumeier im Bauamt diese wunderschönen rote Pflastersteine bestellt hatte, die so hübsch aussehen. Wenn es nicht regnet, weil dann wird es extrem rutschig. Bei früheren Gelegenheiten hatte ich mich hier bereits fast auf die Fresse gelegt. Da war ich nüchtern! Ich möchte nicht wissen, was los ist, wenn sich die erste Oma bei dieser Witterung flach legt. Dann rollen womöglich Köpfe.
Nach wenigen Minuten hatte ich die Fußgängerzone unbeschadet hinter mir gelassen und ging über die Straße und dem Vorplatz vom Rathaus ins Gebäude hinein. Die Maske nahm ich erst ab, als ich in mein Büro eintrat. Von meiner Kohorte war noch niemand anwesend. Ich fragte mich sofort, ob ich etwas nicht mitgekriegt hatte und wir jetzt komplett im Home Office verschwunden sind. So war es natürlich nicht.
Mit dem Begriff der Kohorte ist nicht der zehnte Teil einer römischen Legion gemeint, wie der fleißige Asterixleser vielleicht vermuten würde. In der Sozialwissenschaft ist die Kohorte eine Gruppe von Personen, die gemeinsam ein bestimmtes längerfristig prägendes Ereignis erlebt haben. Na ja, das passt auch nicht wirklich.
aber abends mit dem Zug zurück

Ich sage es mal so: In unserem Team sind wir 10 Leute, die wegen der Covid 19 Pandemie einfach in zwei Gruppen (Kohorten) aufgeteilt wurde und sich (während der Arbeit) nicht begegnen sollen. So ist immer abwechselnd eine Kohorte im Amt und die andere Kohorte im Home Office. Dadurch wird ein fortlaufender Dienstbetrieb sichergestellt, falls ein Teammitglied positiv auf Coronas getestet wird und der Rest dieser Kohorte deshalb in Quarantäne geht.
Ich bin in Kohorte A. Wie macht das die Deutsche Bahn mit ihren Lokführern? Offenbar nicht in zwei Gruppen wie mein Arbeitgeber, sonst würde ja jede zweite Fahrt ausfallen. Was noch zu ertragen wäre, weil dann wenigstens ein Konzept erkennbar wäre. Davon ist der ehemalige deutsche Staatsbetrieb jedoch befreit.
Wenn ich hier mal ein Zwischenfazit mit meinen persönlichen Erfahrungen im Home Office ziehen darf: Zu Hause schaffe ich tatsächlich mehr als im Büro, weil nicht dauernd das Telefon klingelt oder jemand anders stört. Zu den negativen Aspekten möchte ich mich nicht äußern, weil ich dann speziell meinen Arbeitgeber in ein schlechtes Licht rücken würde, worauf dieser entsprechend reagieren müsste Stattdessen verweise ich an die allgemeinen Kritikpunkte, wie sie Contramann zuletzt beschrieben hatte.
Jedenfalls bin ich gespannt, für wie lange diese Kohortenaufteilung beibehalten wird.

Freitag, 8. Januar 2021

H. Lecter: Alf

23
Alfs große Schwäche waren die süßlichen Liköre. So wie sein Vorbild aus der gleichnamigen Fernsehserie, der permanent auf Katzen scharf war, wurde Alf beim Anblick eines süßen Likörs griffig. Wir sprechen hier über die 20% Dinger, um die ein geübter Trinker wie ich vernünftigerweise einen weiten Bogen macht.
Die Geschichte mit dem Vaihenbacher – der übrigens um die 40 Umdrehungen hatte – wurde mir mehr von Dritten zugetragen, als dass ich es selbst mitbekommen musste. Doch die Geschichte mit dem Pfirsichlikör hatte mir Alf höchstpersönlich erzählt. Von daher sehe ich den Wahrheitsgehalt als sehr hoch an, obgleich Alf auch immer für die eine oder andere Übertreibung gut war.
Alf hatte es mit dem Auto nicht weit nach Hause. Zumeist fuhr er ja mit dem Fahrrad, aber ab und an zwängte er sich hinter das Steuer seines Audi 80. Vom Rathaus bis zu seiner Eigentumswohnung waren es vielleicht vier, maximal fünf Kilometer. Der Rewe befindet sich auf halber Strecke dorthin.
Auch Alf war so ein Typ, der seiner Frau gerne Geschenke mit nach Hause bringt. Ich mache das heute noch gerne, zumeist bringe ich meiner Löwin jedoch weder Blumen noch glitzerndes Geschmeide mit, sondern eher edle Wurst oder Käse. Alf war da aus demselben Holz geschnitzt.
Allerdings war seine Frau weniger für deftige Nahrung zu begeistern. Wie Alf mir „glaubhaft“ versicherte, war seine Frau bekanntlich eine Freundin der fruchtigen Liköre. Vorzugsweise der Sorte zwischen 20 und 30 Prozent Alkoholgehalt. Süß mussten sie sein – also nichts für mich, denn ich trinke ja eher Obstbrände statt Zuckerwasser.
Irgendwann muss es dann wohl an der Zeit gewesen sein, dass Alf auf dem Nachhauseweg bei Rewe anbremsen musste, um seiner Frau eine Freude zu machen. Wohl in dem dortigen Schnapsregal fand er diesen fiesen Pfirsichlikör, Marke „0,7 Liter und dann mach mit mir was Du willst“. Bauchige Flasche mit einer klebrigen, künstlich orange aussehenden Flüssigkeit im Innern… Wenn ich nur daran denke, bekomme ich sofort eine Gänsehaut.
Wie gesagt: Finger weg! Alf war da zugegebenermaßen schmerzfrei und nahm die Pulle mit. Ab ins Auto… und keine fünf Minuten bis nach Hause; inklusive möglicher roter Ampeln. Auf der Strecke vom Parkplatz bis zu sich nach Hause hatte er dann die Flasche komplett weggenagelt. Hinter dem Steuer, während der Fahrt. Quasi auf ex. Ich für mein Teil hätte nicht einmal die gleiche Menge Pfirsichsaft in dieser Zeit runterwürgen können.
Eine andere Begebenheit wurde mir seinerzeit von Gregor, einem Schulfreund und Kollegen von Alf aus dem Rathaus, zugetragen. Es war eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen ich mich mit Gregor überhaupt unterhalten hatte. Beruflich sind wir in verschiedenen Gebieten untergebracht, da hatten wir keine Berührungspunkte.
Es muss an irgendeinem Vormittag am Wochenende gewesen sein. Gregor war in seiner Wohnung, als ihm sein Sohn zurief: „Papa, komm schnell gucken. Da liegt ein Mann auf der Straße neben seinem Fahrrad!“
Gregor ging wohl ins Wohnzimmer, guckte auf die Straße und sah dort tatsächlich einen Mann hilflos mitten auf der Straße liegen. Der Mann war klar erkennbar von seinem Fahrrad gefallen und rührte sich kaum, war dazu offensichtlich alkoholisiert.
Gregor schaffte es sofort, seinen aufgeregten Sohn zu beruhigen. „Ach, das ist doch nur Dein (Paten)onkel Alf. Mach Dir keine Sorgen.“ Lapidar… Als ob es das Normalste von der Welt wäre.
Nein, Gregor machte sich wahrlich keine Sorgen um Alf. Ich leider auch nicht, ebenso wenig der Rest der ganzen „Gang“. Egal ob Mike, Max oder Wastl: Wir alle hatten mit Alf gesoffen, ihm vielleicht auch mal ins Gewissen geredet. Ich weiß noch, wie ich einmal wutschnaubend ins Moravia Eck stürmte und wild auf Alf, der besoffen an der Theke abhing, einredete. Er solle doch nicht mehr so viel trinken.
Was für eine blöde Aktion. Alf war da schon viel zu besoffen, um auch nur ansatzweise etwas von meinen „Ratschlägen“ begreifen zu können. Und dann habe ich ja hinterher – vielleicht nicht an jenem Tag – trotzdem mit ihm gesoffen. Geht es noch hohler?
Ein Einziger machte es richtig. Das war Sylvester. Als Vorgesetzter (von uns allen übrigens) zählte er Alf irgendwann direkt an, ohne ihn fassen zu können. Sylvester trank auch nicht mehr mit Alf und machte uns anderen Vorhaltungen, dass wir immer noch mit ihm soffen. Wir hielten uns natürlich nicht dran.
Heute weiß ich, dass allein Sylvester richtig gehandelt hatte. Genützt hatte es aber leider kaum etwas. In späteren Jahren hielt sich Alf nur während der Arbeit zurück. Wenn, dann hatte er heimlich gesoffen.

Donnerstag, 7. Januar 2021

Hartmudo: Alles Corona 1/2

Ende November hatte ich mal wieder das zweifelhafte Vergnügen, den Schienenersatzverkehr nutzen zu dürfen. Und zwar am Donnerstag, dem 19. – einem Tag nach der Neufassung des Bundesimmissionsschutzgesetzes durch den Bundestag. Also einen Tag, nachdem das Parlament die Regierung im Gesetz ermächtigt hatte, in einem Pandemiefall Notverordnungen zu erlassen.
Ich selber war zu der Zeit zu 50% im Home Office - bin es vielleicht ja noch – und war gerade kurz vor 5.30 Uhr in der Früh am Bahnhof angeradelt gekommen, um turnusmäßig nach Salzgitter in mein Büro zu fahren. Heute war ich also wieder im Büro, würde zunächst meine ganzen Bescheide und anderen Dokumente ausdrucken, die ich tags zuvor im Home Office als Druckauftrag abgeschickt hatte.
Anschließend würde ich mein Postfach sichten. Nein, nicht das Email Postfach. Bei der Stadt haben wir natürlich (noch) kein papierloses Büro. Da steht keine Aushilfe in der Poststelle, welche die eingesandten Anträge, Rechnungen etc. einscannt und eben diese in mein Email Postfach sendet.
Hier passt Westernhagen: „Der Junge auf dem weißen Pferd… der kommt nicht mehr! Da müsstest Du schon selber geh`n…“ Dauert halt noch etwas. Die öffentliche Verwaltung lebt ja von der Präsenz des Mitarbeiters. Da ist das gerade eingerichtete „mobile Arbeiten“ über eine Virtual Desktop Infrastructure (VDI) bereits ein sensationeller Fortschritt. Und das Ganze läuft sogar auf meinem privaten PC! Da spart mein Arbeitgeber Kosten und wirft mir den Knochen der gesparten Fahrtzeit und –kosten hin.
Aber zuerst zurück zu 5.30 Uhr und dem Bahnhof. Da schnallte ich mir schnell den Mund Nasen Schutz vor und betrat frohgemut die Eingangshalle des Bahnhofs. Schon von weitem konnte ich erkennen, dass mein Zug an der großen Anzeigetafel mit einer Bemerkung versehen war. Fuhr die Deutsche Bahn heute wieder mal nur mit einem statt zwei Wagen?
Nein. Der Begriff, den es heute beim Glücksrad zu erraten gilt, heißt Schienenersatzverkehr. Toll. Als nützliche Zusatzinformation scrollte dann noch „Abfahrt Bahnsteig A hinterer Bereich“ über die Tafel. Diese Verschlüsselung konnte ich glücklicherweise dank jahrelanger (vor allem leidvoller) Erfahrungen mit dem Unternehmen Deutsche Bahn auflösen.

Morgens im Zug - diesmal nicht

Kurz darauf stand ich also wieder draußen - Bahnsteig A hinterer Bereich - und schaute auf meine Ticktack. 5.34 Uhr und ergo (nein Danke, bin schon versichert) noch 17 Minuten bis zur planmäßigen Abfahrt. Da hockte ich mich auf einem dieser festgeschraubten Metallsitze und holte ihn raus, nein, selbstverständlich es. Mein Smartphone. Dort habe ich doch die Power App drauf, sprich den DB Navigator.
Auf den schaue ich immer wieder gern drauf. Leider erst dann, wenn der Schaden, sprich der Zugausfall oder die Verspätung, bereits eingetreten ist. Und auch jetzt wurde ich nicht enttäuscht! Die App zeigte den Zugausfall korrekt an. Hinzu kam noch eine Zusatzinformation als Belohnung für mich: Grund des Zugausfalls war ein unvorhergesehener Personalausfall.
Corona? Könnte natürlich sein. Aktuell ist das ja die Begründung für alles Mögliche. Hieß es noch vor kurzem „hierzu habe ich keine Lust“, so sagt man neuerdings „tut mir leid, ich würde ja gern. Aber wegen Corona ...“. Angewandt bei Freunden, in der Familie oder im Kollegenkreis sorgt dieses eine Wort für Ruhe und Gemütlichkeit, wo sich vorher eine gesellige Runde fröhlich gefunden hatte.
So kann man in Corona-Zeiten einen Zugausfall auch mit fehlendem Personal begründen. In der Zeit vor Corona kam es interessanterweise niemals zu Personalausfällen, da gab es nur „Störungen im betrieblichen Ablauf“. Das klang immer so herrlich unkonkret, ja fast schon geheimnisvoll.
Doch neuerdings hat alles Negative, was einem so widerfahren kann, etwas mit Corona zu tun. Das ist praktisch, weil man dagegen ja nichts tun kann. Außer vielleicht die Maske aufsetzen und Abstand halten. Obwohl.... das hatte ich ja gemacht, aber mein Zug nach Salzgitter war trotzdem ausgefallen.
Zu meiner großen Freude hatte mein DB Navigator zusätzlich noch eine brandheiße Information für mich parat. Der Bus des Schienenersatzverkehrs würde von der Firma Sausewind gestellt werden. Donnerwetter! Da war ich baff. Ob der Name des Busunternehmens hier Programm ist? Ich zweifelte daran, weil der Bus auf sich warten ließ.
Er fuhr aber pünktlich um 5.52 Uhr (eine Minute nach der ursprünglichen Zugabfahrt) am Bahnsteig A vor. Will sagen, er fuhr am hinteren Bereich, wo ich mit zwei anderen Pendlern stand, vorbei und preschte bis zum Anfang der Haltestelle - und die ist 50 Meter lang - vor. Wir Pendler gingen sicherheitshalber sofort in den Laufschritt über.
Als ich dann endlich meinen Sitzplatz eingenommen hatte (was bei lediglich drei Passagieren anspruchsvoll war - welchen Platz soll ich nehmen?), fiel mir augenblicklich die doch recht schwache Deckenbeleuchtung unangenehm auf.
Diese schummrige Beleuchtung erinnerte mich unwillkürlich an den Verhörraum in all diesen Fernsehkrimis, in dem die Leute bei solch trüben Licht in trister Umgebung stundenlang hingesetzt werden, derweil sich der vernehmende Officer (oder Gestapobeamte) draußen einen Kaffee zieht, nicht ohne die Reaktion des Verdächtigen auf der anderen Seite der schwarzen Scheibe genau zu analysieren.

Sonntag, 3. Januar 2021

Contramann: kurz gesehen im Januar

https://www.rubikon.news/artikel/der-mundelsouveran
Wie hat es David Graeber kurz vor seinem Tod zusammengefasst: "Vor Corona haben viele vermutet, dass sich ihre Arbeit in 2 Stunden pro Woche erledigt, jetzt wissen sie es". Leider ist es auch so: Viele Jobs, die im Homeoffice erledigt werden, sind nämlich Bullshit-Jobs. Die gibt es nicht nur bei Banken und Versicherungen, sondern mittlerweile auch im technischen Bereich. Interessanterweise werden diese Jobs auch noch fürstlich vergütet und der Dienstwagen für Freizeitaktivitäten während der Arbeitszeit ist häufig auch mit dabei, gepaart mit weiteren Steuersparmodellen.
Ich sag mal ketzerisch: Was spricht also dagegen, gut bezahlte, aber vollkommen unnütze Jobs endlich mal zugunsten der nützlichen Jobs zu stutzen? Alles andere ist nichts anderes als ein politisch geförderter moderner Feudalismus!

https://www.zeit.de/arbeit/2020-03/david-graebner-coronavirus-kapitalismus-bullshitjobs?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F
Geil - hier das Interview mit David Graeber. Nur ein wortwörtlicher Ausschnitt:
„Leute haben zu mir gesagt: Ich habe als Kindergartenerzieher gearbeitet, das war toll und erfüllend und wichtige Arbeit, aber ich konnte meine Rechnungen nicht mehr zahlen. Und jetzt arbeite ich für irgendein Subunternehmen, das eine Krankenversicherung mit Informationen versorgt. Ich markiere den ganzen Tag irgendwelche Formulare, niemand liest meine Berichte, aber ich verdiene zwanzigmal so viel.“

https://www.heise.de/tp/features/Fall-Nawalny-Der-Bundesregierung-liegen-hierzu-keine-Erkenntnisse-vor-4975531.html
Damit es nicht in Vergessenheit gerät, bringe ich hier noch mal den Sachstand Anfang Dezember 2020 als Erinnerung. Jetzt unterstellen ja viele dem Portal Telepolis, und besonders dem Autor Florian Rötzer, eine Nähe zu Russland und verdächtigen das Portal der Fake News Erstellung.
Das mag jeder so sehen wie er will. Ich finde es aber auf alle Fälle sehr merkwürdig, wie schnell sich der Mantel des Schweigens um diese Nowitschok Affäre gelegt hat. In den etablierten Medien konnte man noch nicht einmal eine Meldung über die Anfrage der AfD finden. Lediglich Telepolis war dies diesen Artikel wert.
Um es kurz zu machen: Die Bundesregierung bezichtigt Russland, an der Vergiftung von Nawalny beteiligt gewesen zu sein. Rechtshilfeersuchen aus Moskau wurden bis zu dem Zeitpunkt nicht beantwortet und dies auf die Gewaltenteilung geschoben. Russland aber soll sofort alles „rüberschicken“.
Die haarsträubenden Antworten der Bundesregierung auf die AfD Anfrage lassen da tief blicken. Klingt alles nach so ner Agentenstory a la Jack Ryan. Bezeichnend, dass die „freie“ Presse das nicht weiter thematisieren möchte.

https://www.berliner-zeitung.de/news/baerbock-will-bundeswehr-staerken-li.122540
In den Achtzigern des letzten Jahrhunderts hatte ich Grün gewählt. Ich weiß noch, wie ich mit Freunden zu einer Demo gegen die Stationierung von Pershing II Raketen gefahren war. „Atomkraft nein danke“ und „Schwerter zu Pflugscharen“ waren zwei Seiten ein und derselben Medaille. Und deren Farbe war grün.
Zwischen diesen Jahren liegen 7 Jahre grüne Regierungsbeteiligung unter Schröder mit einem ehemaligen „Steinewerfer“ als grünem Außenminister. Joschka Fischer ist als derjenige Außenminister unvergessen, der die Bundesrepublik Deutschland in den ersten Krieg seiner Geschichte in den Kosovo führte. Das war schon schlimm genug.
Und jetzt diese Baerbock. Sie steht für die Generation Grüner, die in ihren Hybrid SUVs bei Denns ihre Bio-Produkte kaufen und auf den Pöbel herabblicken, der sich von der Billigsalami bei Penny ernährt. Die Bundeswehr weiter aufrüsten? Das hätte sie mal seinerzeit auf den Demos in Brockdorf oder Mutlangen fordern sollen. Die Grünen Sympathisanten hätten sie damals dafür geteert und gefedert.

https://www.focus.de/politik/deutschland/die-focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-deutschen-droht-boeses-impf-erwachen-merkel-war-im-rennen-untaetig_id_12813951.html
Corona ist halt das Thema, welches mir Fleischhauer näher gebracht hat. Empfand ich ihn beim Spiegel zumeist noch als ärgerlich, so ist er beim Focus - zumindest zu diesem Thema, welches leider alles überstrahlt - zu einem meiner Lieblinge geworden. Keine Bange, bei anderen Themen geht das sicher wieder vorüber.
„Wenn es ans Sterben geht, können die Leute manchmal furchtbar selbstsüchtig sein.“ So lautet der Schlusssatz und drückt genau das aus, was unsere Politiker, insbesondere die Kanzlerin, nicht bedacht hatten, als sie die Federführung bei der Bestellung des Corona-Impfstoffes komplett an die Europäische Union abgegeben hatten.
Jetzt ist die Situation folgende: Der (zu Recht) viel gescholtene Donald Trump hat für die USA genug Impfstoff von Biontech und Moderna bestellt. Auf einmal steht der Knaller damit als Held da, während Frau Merkel, die zuvor wegen ihrer Besonnenheit in der Krise auch von den Linken bewundert wurde, als Deppin dasteht.
Denn unter der deutschen EU Präsidentschaft von der Albrecht Tochter hatte man natürlich auf europäische Befindlichkeiten Rücksicht genommen und massig Impfstoff bei Sanofi (Frankreich) und AstraZeneca (britisch/schwedisch) bestellt. Doch die riesigen Bestellungen dort existieren lediglich auf dem Papier.
Momentan jedenfalls. Fleischhauer schießt sich auf die Franzosen ein, da bin ich nicht ganz bei ihm. Aber bei seiner Schlussfolgerung, dass der leichtfertige Verzicht auf eine Bestellung größerer Mengen bei Biontech (die hatten sich sogar noch förmlich aufgedrängt) ab Sommer nach hinten los gehen könnte.
Weil sich da die deutschen Wähler fragen werden, warum die Amis schon durchgeimpft sind, während in Deutschland womöglich der nächste Lockdown ansteht.