Freitag, 13. Dezember 2013

Bobby Charles 2/2

Da sich „See you later, Alligator“ doch einigermaßen verkaufte, korrigierte Chess nun den Kurs und öffnete das Label für weiße Künstler. Dale Hawkins war kurze Zeit später ebenfalls bei Chess unter Vertrag.
 Dessen ungeachtet ging Bobby Charles mit Chuck Berry und Frankie Lymon auf Tournee. Er selbst war der einzige „weiße“ Musiker auf dieser Tournee und genoß somit die gleiche bevorzugte Behandlung wie seine farbigen Mitstreiter. So war es z. B. Chuck Berry und seinen Musikern zu verdanken, das Bobby während eines Gigs an der University of Mississippi nicht von einer Horde von Footballspielern angegriffen wurde.
Bobby in den 70ern
Ein „schwarzes“ Hotel in Birmingham, Alabama, wurde in der Nacht abgefackelt, in dem die Tourmitglieder dort nächtigten. Nicht nur „weiße“ Rock `n` Roller hatten offenbar in den 50ern Probleme. Der Rassismus in den Südstaaten trieb so manch schlimme Blüte.
Aber zurück zur zweiten Session Januar 1956 bei Chess in Chicago. „Don`t you know I love You“ klingt ja auch nicht wirklich spannend; die Single floppte.
Für eine dritte Session begab sich Bobby zurück nach New Orleans in Cosimo Matassa`s Studio, diesmal aber mit der dortigen Studioband. Aus dieser Session resultierte „Only Time will tell“ und brachte Platz 11 in den R&B Charts.
Doch weil Bobby Charles nicht willens oder fähig war, die Promotion seiner Songs aktiv zu unterstützen, brachen die Plattenumsätze ein. Nach 7 Singles verlor Leonard Chess das Interesse an Bobby Charles und kündigte den Vertrag mit ihm Mitte 1958 auf.
Bobby Charles kehrte nach Crowley zurück und zeichnete einen Plattenvertrag bei Imperial Records. Hauptproduzent dort war die Blueslegende Dave Bartholomew, der auch Fats Domino betreute. Bartholomew unterstützte Bobby hauptsächlich mit eigenen Songs. Doch obwohl die Backing Band bei den Aufnahmen die gleiche wie bei den Chess Aufnahmen war, erreichten die hier entstandenen Songs nicht mehr die frühere Qualität. 
Das zweijährige Zwischenspiel bei Imperial endete mit einem Krach – und einem Hit von Fats Domino. „Walking in New Orleans“ erreichte Platz 6 der Billboard Charts in 1960. Co-Autor hier war Bobby Charles. Übrigens nahm Fats Domino noch andere Songs von Bobby Charles auf, aber von denen wurde keiner zum Hit.
Wahrscheinlich war es aber doch der Erfolg von „Walking in New Orleans“, der Bobby Charles zu Chess zurückbrachte. Nunmehr arbeitete er dort in den folgenden Jahren primär als Songschreiber und Promoter, weniger als Musiker.
Er schrieb für Clarence „Frogman“ Henry dessen Hit „But I do“ (1961) und noch weitere Songs, die nicht zu Hits wurden. Bobby selbst nahm in dieser Zeit lediglich eine Session im März 1961 auf. Doch da die 4 aufgenommenen Songs nicht zeitgemäß waren, wurden sie seinerzeit auch nicht veröffentlicht. Zwischen 1963 und 1965 spielte Bobby für Kleinstlabels wie „Hub-City“ noch Aufnahmen ein, aber seine Zeit als Rock `n` Roll Musiker war nun endgültig zuende.
Bis 1972. Da kam er nach Woodstock, New York. Unter falschem Namen, weil er wegen eines Drogenvergehens gesucht wurde. Er lernte Leute von „the Band“ oder auch Paul Butterfield kennen. Albert Grossman, ehemaliger Agent von u.a. Simon und Garfunkel, kümmerte sich um das Drogenvergehen. Als Gegenleistung zeichnete Bobby Charles für dessen Label „Bearsville.“
Jetzt nahm er endlich seine erste LP „Bobby Charles“ auf. Begleitet wurde er von illustren Mitstreitern wie Dr. John, David Sanborn oder Levon Helm von „the Band“. Die Kritiken waren zwar ordentlich, doch die Verkäufe waren enttäuschend und so zog sich Bobby Charles nach Abbeville zu seinen Tieren zurück, um sich aufs Songschreiben zu konzentrieren.
Nach über 20 Jahren trat Bobby Charles 1976 folgerichtig bei „the last Waltz“, dem letzten Konzert der „Band“ auf. Martin Scorsese schnitt aus seiner vielgerühmten Konzertdokumentation diesen Auftritt (zusammen mit Dr. John) aus dem Film heraus. Lediglich auf dem klassischen Dreier Album ist die Aufnahme zu hören.
1977 trennte sich Charles von Grossman mit den Worten „I can`t say that it was good doing business with you, so I`ll just say adios, Motherfucker!“ Ein zweites, bei Bearsville aufgenommenes Album, erschien daraufhin gar nicht erst.
Erneut begab sich Bobby Charles zu seinen Tieren und schrieb Songs. Unter anderem für Joe Cocker, Kris Kristofferson, Bo Diddley oder auch Tom Jones.
Sporadisch erschienen dann bis 2010 sechs weitere Alben auf verschiedensten Labels. Beteiligt waren Willie Nelson, Neil Young oder auch Fats Domino. Das letzte Album „Timeless“ wurde posthum 2010 nach Bobby Charles` Tod am 14. Januar 2010 veröffentlicht.
Bobby Charles litt an Nierenkrebs und hatte Diabetes. Er starb in seinem Haus in Abbeville.
Ihm war nie der verdiente Ruhm beschieden, doch er schrieb einen der wohl größten Songs der Rockgeschichte.
Und das, obwohl er weder Noten lesen oder gar schreiben konnte. Bobby konnte nicht mal ein Instrument spielen. Er komponierte üblicherweise, indem er seine Kompositionen auf ein Tonband sang. Hatte er kein Tonband, sang er auf einen Anrufbeantworter. Außergewöhnlich der Mann.
See you later, Alligator.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen