Montag, 23. Mai 2016

Hartmudo Spezial: Die dicke Wade 7/17

Eine schöne Überraschung hatte die neue Schwester gleich für mich parat. Ich würde das Zimmer diese Nacht für mich allein haben. Erst am nächsten Morgen sollte noch eine zweite Person in das Zimmer hinein gesetzt werden. Damit war klar, das ich mir einen schönen Fernsehabend machen würde.
Anders als am Vorabend hatte ich mittlerweile bessere, weil optimistischere Laune. Eine Operation unter Vollnarkose brauchte ich nicht mehr zu fürchten, da ich wohl keine Thrombose hatte. Nervig allein waren die Infusionen mit Penizillin gewesen, aber meine rechte Wade sah nicht mehr so angeschwollen aus wie bei der Einlieferung ins St. Vinzenz. Es hatte sich ausgezahlt, das ich das Bein die meiste Zeit hochgelegt hatte.
Endlich konnte ich mich so richtig über den Besuch meiner Löwin freuen. Wir packten die Krankenhaustasche noch schnell in meinen Schrank, einen Stuhl vom Tisch des Zimmers stellte ich an mein Bett hinter den Beistellwagen, um dort meine Schlafmaske zu platzieren.
Das Essen war auch sofort da. Ich hatte mich am Vortag bereits für 2 Scheiben Graubrot, Butter und Frisch- sowie Streichkäse entschieden. Fencheltee dazu, keine Wurst. Ich erwähnen es hier schon einmal: Ich hatte während dieses Krankenhaus Aufenthalts zu keiner Zeit einen knurrenden Magen. Gleichwohl hatte ich öfters ein leichtes Hungergefühl, aber es war gut auszuhalten und hat mir in keinem Fall geschadet, das sagte mir meine Waage hinterher.
Meine Löwin selbst war erschöpft. Immer der Ärger auf der Arbeit, hinterher noch Termine und dann auch noch ins Krankenhaus fahren. Sie war sichtlich geschlaucht, ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil damit jetzt erheblich besser ging (mental) als am Vortag. Außerdem merkte ich gerade in dieser Situation, das ich meine Löwin total vermisste. Ihr ging es umgekehrt genauso.
Zu meiner großen Überraschung und Freude hatte sie mir Zeitschriften mitgebracht. Den Kicker vom Montag hatte ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gelesen. Die Sportbild kenne ich ja von meinem Zahnarzt. Dazu hatte meine Löwin mir so eine "Familienzeitschrift" mit Kochrezepten und Rätseln besorgt. Dies sollte sie gleich wieder mitnehmen, aber sie meinte, das im Krankenhaus Kreuzworträtsel ganz einfach dazu gehören.
Als Knüller allerdings sollte sich die Kleine Box von Kinder herausstellen. Darin war ein Überraschungssieger, ein Riegel und so weiter. Sozusagen viel Milch, wenig Kakao. Wir waren beide erleichtert, das sich die schlimmsten Befürchtungen nicht bewahrheitet hatten und plädierten deshalb etwas entspannter. Auch die Katzen vermissten mich bereits, aber meine Löwin noch mehr. Dem steht auch nicht entgegen, das sie wegen des ganzen Stresses schließlich froh war, das sie nach Hause fahren konnte. Sie hatte jetzt mehr auszugehen als ich und brauchte unbedingt Ruhe.
Ich holte mir noch einen Tee vom Flur, Wasser hatte ich eh immer neben dem Bett stehen. Ich war selbst erstaunt, das ich mich derart über den nun folgenden Fernsehabend freute und hatte wegen meiner Löwin auch ein schlechtes Gewissen, aber nach den letzten Diagnosen der Ärzte fiel all das negative Denken von mir ab. Das Grab, in dem ich vermeintlich schon mit einem Bein stand, schloss sich wieder und ich verspürte eine hoffnungsvolle Lebensfreude.
Jetzt einfach nur in die Glotze schauen. Kein Grübeln, einfach nur berieseln lassen, allein im Zimmer ohne Mitbewohner. Selbst Galileo atmete ich förmlich ein, mit eingestöpselten Ohrhörern und hochgelegtem Bein entspannte ich mich in dem ansonsten eher kahlen Krankenzimmer. Gleich würde ich Deutschland gegen Holland sehen, ein wirklich überflüssiges Freundschaftsspiel.
Doch was war das? Das Spiel in Hannover wurde wegen einer Terrorwarnung abgesagt. Ich schaltete zwischen der nach Sensationen gierenden Berichterstattung und Galileo hin und her. Irgendwann reichte es mir, ich blieb bei Bones, später bei CSI Cyber hängen. Die letztgenannte Serie ist die mit Abstand schwächste Serie aus dem CSI Universum.
Nebenbei verschlang ich genüsslich die Box mit den Sweeties von Kinder. Im Ü-Ei befand sich irgend so ein Phantasie tief aus Plastik, welches noch heute auf einem Nachttisch steht. Die Schokolade fühlte sich toll im Mund an. So intensiv kann Schokolade schmecken, wenn man lange Zeit keine mehr gegessen hatte.
Nach den Krimis zappte ich ein wenig durch und ersparte mir möglichst die überflüssigen politischen Deutungen der Absage des Länderspiele durch die diversen Sportreporter. Fast hätte ich die Anstalt verpasst, denn die Anstalt begann sogar wegen der Absage früher. Zum Abschluss des Abends erhielt ich doch noch etwas Qualität in der Flimmerkiste, wenn ich auch sagen muss, das sich bei mir diesbezüglich ein gewisser Gewöhnungseffekt eingestellt hat.
Und dann... Ich hatte es schon mehr oder weniger verdrängt, tauchte die Nachtschwester kurz nach halb zwölf mit der Infusionsflasche auf. Den ganzen Abend hatte ich mich schon drauf "gefreut", jetzt schloss sie mich endlich an das Penizillin an. Die Anstalt lief noch.

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