Dienstag, 2. April 2019

Contramann: kurz gesehen im April


http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/grossbritannien-arbeitsmarkt-boomt-trotz-brexit-gehaelter-steigen-a-1253991.html
Mitte Februar überraschte mich diese Meldung. Die niedrigste Arbeitslosenquote seit 1975 und die stärksten Lohnsteigerungen seit 2008 - was ist denn da nur mit den Briten los? Kaum machen sie mal (wieder) etwas nicht so, wie die EU es verlangt - hier der Brexit, dann klappt es auf einmal in der Volkswirtschaft. Ähnliches passiert gerade in Portugal, dort sogar noch stärker dank der Tolerierung einer sozialistischen Regierung durch die Kommunisten.
Nun sind Statistiken bekanntlich mit Vorsicht zu genießen. Jedoch hätte ich beim Spiegel eher einen anderen Artikel bei den Briten a la „das große Heulen und Zähneklappern beginnt“ erwartet. Oder bin ich jetzt doch über eine Nebelkerze gestolpert?

http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/digitalpakt-wie-die-politiker-das-vertrauen-der-buerger-geschwaecht-haben-a-1254387.html
Also meiner Meinung nach ist das kein Grund zum Jubeln. 5,5 Milliarden für Computer, Netzanschlüsse und Fortbildungen will der Bund locker machen, davon sogar noch technisches Personal bezahlen, um die Schulen fit fürs digitale Zeitalter zu machen. Da freut sich im Endeffekt lediglich die Computerindustrie.
Gerne wiederhole ich meine alte Argumentationslinie: Die Kids werden mit den Laptops zunächst daddeln, bevor sie sich Ordnerstrukturen oder wenigstens das Office vergegenwärtigen. Die Lehrer kommen da eh schlecht mit und wenn der Strom ausfällt, muss man im Supermarkt die Preise im Kopf zusammen zählen können. Oder besser:
Wer Architekt werden will, muss früh mit Bauklötzchen anfangen. Und sich n i c h t Bauklötzchen auf einem Tablet angucken.

https://www.welt.de/wirtschaft/article189289833/Webasto-Mann-wird-gekuendigt-und-erhaelt-Angebot-als-Leiharbeiter.html
Dass jemand gekündigt wird und vom Jobcenter seine alte Stelle wieder angeboten wird, allerdings in Zeitarbeit für erheblich weniger Gehalt, ist eigentlich nichts Neues. Eine Kollegin von mir wusste dies bereits vor knapp 10 Jahren über ihren Mann zu berichten. Dieser arbeitete in der Hütte bei Peine-Salzgitter.
Das ändert jedoch nichts an diesen skandalösen Zuständen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Politiker Sprech über eine gerechte Gesellschaft und freie Entfaltungsmöglichkeiten des Einzelnen werden durch solche Vorkommnisse als Streusand für die Augen entlarvt. Über den real existierenden Sozialismus konnte man im Vergleich zum Kapitalismus mehr als genug negative Aspekte entdecken; aber eines gab es dort eben nicht: Der Profitgier des Unternehmers geschuldete Kündigungen.
Solange man dort als politisch zuverlässig galt, hatte man eine Arbeit und gleichzeitig damit ein auskömmliches Einkommen und deshalb Planungssicherheit, um eine Familie zu gründen. In den westlichen Demokratien gab es das nie. Nur in den Boomphasen der Wirtschaft, also vorwiegend den 50er und 60er Jahren, fiel das nicht weiter ins Gewicht, weil ein Arbeitskräftemangel herrschte. Übrigens wurden auch im Westen bereits seinerzeit politisch nicht verlässliche Menschen gern mal entlassen bzw. nicht eingestellt.
Heutzutage kommt noch der „Kostendruck“ der Unternehmen hinzu. Das Grundgerüst unserer demokratischen Gesellschaft gerät somit immer mehr ins Wanken. Der daraus resultierende Zulauf zur AfD sollte uns alle an das Ende der Weimarer Republik gemahnen, tut es aber nicht. Dank der „Volksempfänger“ Fernsehen, Smartphone und Co. fliegen uns die Informationen nur so um die Ohren, nicht zuletzt dank „Framing“ in der ARD. Bei den Privatsender erwartet ja schon niemand mehr eine unparteiische Berichterstattung.
Doch ich schweife ab. Mein Fazit lautet, dass unsere Gesellschaft immer weiter auseinander driftet und irgendwann zusammenbricht. Nicht heute oder morgen und hoffentlich erst nach meinem Ableben. Und es wird plötzlich passieren, so wie 1933.

https://www.heise.de/tp/features/Venezuela-Ein-Massaker-ueber-das-die-westliche-Welt-nicht-redet-4320938.html?seite=all
Sehr interessant zu lesen. 1989 waren Tausende aus den Barrios von Caracas auf die Barrikaden gegangen, weil der sozialdemokratische (!) Präsident Perez entgegen seiner Wahlversprechungen wirtschaftliche Sanktionen beschlossen hatte. Typisch Sozialdemokrat halt. Für die Polizei galt da nur: „Feuer frei!“
Wir reden da bei den damaligen Machthabern über Leute, die eine Politik vertreten hatten, die Guaido und die hinter ihm stehenden US Amerikaner predigen. Der gute alte freie Markt eben.
Warum hat damals die USA keine Hilfslieferungen für die unterdrückte Bevölkerung durchgedrückt. Konsequenterweise hätten sie damals eigentlich Chavez, der nicht zuletzt aufgrund der Unruhen vom Februar 1989 an die Macht kam, unterstützen müssen.
Und: Vor 30 Jahren hätte ich diesen Artikel noch in Rudolf Augsteins Spiegel lesen können. So etwas ist heute leider undenkbar. Leute, ich sage Euch: Wer sich heutzutage mit Politik ernsthaft beschäftigt, muss depressiv sein.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/venezuela-juan-guaidos-triumphale-rueckkehr-ist-das-die-wende-im-konflikt-a-1256248.html
Da hat sich SPON ja mal wieder einen geleistet. Es geht um Venezuela. Der von den USA designierte Präsident Guaido kehrte nach Venezuela zurück, nachdem er in Brasilien versucht hatte, Unterstützung zu finden.
Venezuelas amtierender Präsident Maduro hatte gedroht, Guaido einsperren zu lassen, weil dieser dazu aufgerufen hatte, die Regierung zu stürzen. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, wie er in jeder freien Demokratie auch üblich wäre.
Maduro jedoch ließ ihn nicht einsperren und sogar gewähren. Guaido sprach vor seinen Anhängern, als er in Caracas wieder angekommen war. Die von den Amis ausgesprochene Drohung, Maßnahmen zu ergreifen, lief also ins Leere. Ein sehr geschickter Schachzug von Maduro.
Übrigens: Man achte auf dem Foto auf die Masse der Anhänger Guaidos, die noch dazu nur in einem kleinen Ausschnitt präsentiert werden. Hungernde Menschen sehen anders aus. Guaido hat nicht die Armen seines Landes hinter sich, sondern die reiche Oberklasse, die bereits vor Maduro und Chavez das Land fest im Griff hatte.
Gleichzeitig zu Guaidos Auftritt hatte Maduro Karneval feiern lassen. Dort sollen sich mindestens genauso viele Menschen aufgehalten haben wie bei der Veranstaltung von Guaido.
Ich finde es befremdlich, das SPON hier eine üble Agitprop Masche reitet. Was für ein Absturz für diese ehemalige Speerspitze der Demokratie, den Spiegel.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/greta-thunberg-und-die-medien-das-erste-buch-greta-a-1258986.html
Gut gebrüllt, Fleischi! Dachte ich zumindest beim ersten Anlesen, denn "Atomenergie kann ein kleiner Teil einer neuen kohlenstofffreien Energie-Lösung sein", schrieb Greta Thunberg, die schwedische Ikone der „Fridays for Future“ Bewegung, vor wenigen Tagen auf Facebook. Die Schülerstreiks jeden Freitag erhitzen hierzulande die Gemüter.
Und dann noch pro-Atom - selbst Katrin Göring-Eckardt schien in diese Falle gelaufen zu sein. Doch die Anmerkung der Redaktion stellt es am Ende richtig. Greta Thunberg hatte zwischenzeitlich auf Facebook ergänzt: "Ich persönlich bin gegen Atomenergie, aber laut IPPC kann sie ein kleiner Teil einer sehr großen neuen kohlenstofffreien Energie-Lösung sein."
Ich würde sagen, dass man von einem autistischen 16jährigen Mädchen nicht zuviel verlangen darf. Dennoch: Hut ab, Greta. Und Tunnbrödsrulle!

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