Samstag, 2. April 2016

Hartmudo: Aggri

Abends am 19. März musste ich leider wieder feststellen, dass mein Nervenkostüm doch arg dünn geworden ist in den letzten Jahren. Es braucht nicht viel, um mich aus der Haut fahren zu lassen. In erster Linie muss meine Löwin unter meiner Übellaunigkeit leiden, zumeist wenn ich den Müll hinausbringen soll. Vor allem, wenn ich ein anderes Hemd anziehen soll oder es mal wieder heißt: „Nicht diese Jacke!“
Dann kriege ich Schnappatmung und reagiere unwirsch. Ich erfülle dann zwar ihren Wunsch, weil ich weiß, dass meine Löwin Recht hat. Aber knörig bin ich trotzdem und brauche dann eine Zeitlang, um mich runterzuregeln. Am Wochenende um den 19. herum trat das wieder besonders auffällig zu Tage.
Am Freitag ließ es sich ja erst einmal gut an. Nach der Arbeit bin ich ganz entspannt in die Mukkibude gefahren und habe dort meine Runde gedreht. Dann ging es schnell nach Hause, dort nicht lange fackeln, denn: Die Trantüten treffen sich zur Weihnachtsfeier.
Berta und Bud holten uns um halb sieben ab, so dass ich mich noch frisch machen konnte und sogar selbstständig ein schönes Hemd aussuchte. Da brauchte meine Löwin nicht meckern. Doch tief in mir drin saß der kleine Aggri und versprühte schon wieder sein ätzendes Gift.
Meiner Löwin ging es schon die ganze Woche nicht besonders, so dass sie sich fast jeden Abend schon früh zu Bett begab. Wie lange würde sie die Weihnachtsfeier durchhalten? Berta und Bud haben beim „gemütlichen“ Teil der Weihnachtsfeier meist eh keinen Spaß mehr und wollen früh nach Hause.
„Ich nicht ! Notfalls fahre ich mit dem Taxi nach Braunschweig und dann mit der Tram nach Hause. Nach der stressigen Woche will ich mit Ralle und Ulf ein Bier trinken und Spaß haben, die Woche zuvor beim Spargeltheater hatten wir unsere Kegelbrüder auch schon nach der Vorstellung stehen lassen ohne Abschiedsgetränk.“
mein erwichteltes Wichtelgeschenk

Das geisterte so durch meinen Kopf und vergiftete meine Laune. Ich bzw. Aggri packte schon mal sicherheitshalber den MP3 Player in die Jackentasche – für die Rückfahrt. Es brauchte lange, bis ich mich so weit im Griff hatte, dass ich meine Löwin sowie Berta und Bud im Auto auf der Hinfahrt nach Wolfenbüttel nicht mehr anmuffelte.
Aggri war natürlich vollkommen deplatziert. Mit den schon seit Wochen gepackten Wichtelgeschenken (wir brauchen immer etwas länger mit der Weihnachtsfeier, deshalb Trantüten) rauschten wir bei Ralle auf. Nach dem Essen waren wir alle immer noch sehr gut drauf, auch Berta und Bud, so dass ich nach einigen Bieren und Raki (jaa, ich weiß… vielleicht denk ich nächstes Mal dran) war Aggri endgültig eingesperrt und das Geschenk, welches am Schluss meins blieb, trug ebenfalls zur Erheiterung bei.
Und es wurde beim „gemütlichen“ Teil noch besser. Ralle zeigte ganz alte Fotos in seiner Kellerbar. Wir lachten sehr viel und mussten dieses Jahr auch nichts mehr essen, also keine Schmalzbrote. Ich zapfte dazu noch einige Biere und gegen halb eins waren wir dann zu Hause. Kein früher Aufbruch; keine Taxifahrt vonnöten. Ich hatte mich mal wieder vollkommen umsonst aufgeregt.
Gut, am nächsten Morgen ging es mir nicht besonders. Der Raki halt. Deswegen hätte ich aber trotzdem nicht so bölken müssen, als Berta uns um halb sechs abholte. Ich hatte natürlich die falsche Jacke an und wechselte dann wutentbrannt zum Wollmantel. Unnötig, Aggri hier einzuschalten.
Wir fuhren nach Schladen ins Restaurant der Schlangenfarm. Dort war „Dschungelnacht“. Afrikaabend mit Musik und Buffett. Nina und Ulf hatten das aufgerissen. Die Gruppe „Barikoo“ machte Musik, bzw. trommelte. Die von Afrika begeisterten Mitteleuropäer im rentenfähigen Alter motivierten das Publikum zum Mitmachen und legten auch Rasseln und Klöppelstöcke auf die Tische.
Der Renner aber war das Buffet. Zebraroulade, Antilopengulasch und natürlich das unvermeidliche Straußensteak fanden reißenden Absatz, bei mir blieb das Bobotie in besonderer Erinnerung. Ein Hackfleischauflauf aus Südafrika, ursprünglich aber aus Indonesien. Unten Reis, die Gewürze…. Und als Knaller die Rosinen darin! Das ist genau das Richtige für meiner Mutter ihren Sohn.
Der Nachtisch war auch sehr schokoladig, alles gut also. Wir unterhielten uns angeregt und es machte mir, wie am Vorabend auch, so richtig Spaß. Bis ich mit Ulf auf das Thema Müllabfuhr kam. Ihn nervt es insbesondere, das viel Müll einfach achtlos in den Wald geschüttet wird, bloß weil die eigenen Mülltonnen voll sind.
Es ging dann ziemlich schnell. Meine Löwin und ich können uns da eben nicht einfach mal so mit den Nachbarn abstimmen. Außerdem steh ich dazu, den Aussieb vom Katzenklo in den Papierkorb an der Bushalte zu bringen, wenn unsere Tonne mal wieder voll ist. Beim Thema Müllabfuhr in privater (Alba) oder öffentlicher Hand wurde mein Ton dann lauter und aggressiver; ich warf Ulf vor, Quatsch zu erzählen.
Bobotie ist links

Darauf meinte er, das ich ihn doch nicht beleidigen (wg. Quatsch) müsse. Da kam ich glücklicherweise sofort wieder runter und entschuldigte mich für den Ton und meine aggressive Argumentation während der Diskussion.
Denn, so erklär ich es Euch auch jetzt, in letzter Zeit ist mir bei politischen Diskussionen an mir selbst aufgefallen, das ich irgendwann lauter und aggressiver reagiere, wenn ich eine andere Meinung vertrete. Mich nehmen vor allem politische Themen seit 1-2 Jahren emotionell sehr mit, der kleine Aggri in mir gibt dann keine Ruhe mehr und explodiert irgendwann.
Das möchte ich selber nicht, hab das aber nicht unter Kontrolle. Bei dem Gespräch mit Ulf hatte ich mich gar die ganze Zeit sogar noch zurückgehalten, weil ich da schon früh merkte, wo die Reise hingeht. Zumal die Argumente von Ulf… aber lassen wir das.
Ich versuche seitdem, Streitgesprächen, insbesondere wenn es um Politik geht, aus dem Wege zu gehen. Das ist zwar nun wirklich nicht mein Anspruch, aber mit Anpöbeln von Freunden oder Ehefrau hört es halt auf. Solange mir nichts besseres einfällt, versuche ich es damit.
Ob der kleine Aggri sich so austreiben lässt? Ich weiß es nicht, wir werden sehen. Ich werde aber weiterhin hier Dampf ablassen, versprochen.

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