Sonntag, 10. April 2016

Uncle Fester: grad gelesen April 2016

Andreas Eschbach - Ausgebrannt
Ich hatte dieses Buch schon mehrere Jahre bei mir liegen, gekauft habe ich es seinerzeit vom Grabbeltisch bei Karstadt. Der Plot hatte mich interessiert: Was passiert, wenn das Erdöl zur Neige geht? Wahrscheinlich lag es an den spärlich bis gar nicht vorhandenen Science Fiction Elementen, das ich diesen Roman so lange Jahre verschmähte.
Eindeutig ein Fehler, denn der Held dieser Story, Markus Westermann, führt sich mit all seinem Opportunismus gleich gut ein. Der eher mäßig begabte Softwareentwickler will eine Green Card für die USA, denn er träumt von Ruhm und Reichtum. Nur in den USA kann er seinen Traum verwirklichen, als eigentlich Unbegabter eine Geschäftsidee ohne Eigenkapital aufzureißen und Sponsoren zu finden.
Eine herrlich unsympathische Flitzpiepe also, dieser Markus, der anlässlich eines USA Aufenthalts alles auf eine Karte setzt, auf gut Glück durch die Staaten cruist und durch Zufall Karl Walter Block, einem österreichischen Sonderling trifft. Dieser hat eine besondere Gabe entwickelt, um Erdölquellen zu entdecken, wo es nach herkömmlichen Messmethoden gar kein Öl geben dürfte. Markus ist obenauf, findet Geldgeber und dazu noch eine total heiße Frau. Amy-Lee hat einen megareichen chinesischen Vater und soll ihm das Geheimnis von Block entreißen, verliebt sich aber in Markus.
Kurz und gut: Als Markus nach diversen Irrungen und dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft dank des versiegenden Erdöls Amy-Lee durch Zufall wiedertrifft, trägt sie sein Kind in ihrem Leib. Ja, es wird kitschig gegen Ende. Markus ist geläutert und entdeckt sogar noch die verloren gegangene Erfindung seines Vaters , der natürlich mit Block bekannt war.
Ein alter Scheich in Saudi Arabien sowie ein ehemaliger CIA Agent spielen auch noch wichtige Rollen in der Story. Der ganze Roman schreit förmlich nach einer Verfilmung in einer 10teiligen Serie bei Netflix und Co. Von dem ganzen Kitsch abgesehen, sind die Charaktere prägnant beschrieben. Nebenbei beschreibt Eschbach die einzelnen Szenen derart plastisch, das ich diese direkt vor Augen beim Lesen hatte. Das passiert mir nicht häufig.
Meine liebste Nebenhandlung im Roman ist jedoch Dorothea, die Schwester von Markus, mit ihrem Mann Werner, der in der Erdölbranche im Schwäbischen schafft. Beide haben sich ein viel zu großes Haus mit Ölheizung andrehen lassen und kommen in der Ölkrise in Schwierigkeiten. Allerdings hat Dorothea mehr aus Langeweile im Dorf einen Lebensmittelladen übernommen, der gerade wegen der Ölkrise boomt. Werner arbeitet am Ende als Hilfskraft im Laden.
Die Erfindung ist übrigens eine effektive Methode, um aus Pflanzenabfällen Alkohol als Brennstoff zu gewinnen. Da werden dann alle Hippieträume wahr. Und obwohl trotzdem noch Erdöl in Saudi Arabien und anderswo gefördert wird, wenn auch nicht mehr soviel, ist die Macht der Ölkonzerne gebrochen und der Grüne in seinem Audi A8 kann sich nach der Lektüre dieses Buches befriedigt zurücklehnen.
Die wenigen, eben beschriebenen Schwächen im Roman können aber nicht darüber hinwegtäuschen, das Eschbach seine Leser zu fesseln vermag. Auch mich, jetzt bin ich gespannt auf „das Jesus Video“.


                        
Safia Monney – Am Ende ist noch längst nicht Schluss
Eher zufällig entdeckte ich diesen Mainstream Roman in der Buchhandlung am Bahnhof. Das Abbey Road Buchcover und der Handlungsabriss auf der Rückseite verpflichteten mich zum Kauf des mit knapp 280 Seiten eher kurzen Romans. Lediglich 3 bis 4 Tage brauchte ich für diesen leicht zu lesenden Roman.
Ralph ist 70, ehemaliger Roadie und lebt mit seiner Zimmerpflanze und der obligatorischen Plattensammlung alleine in seiner siffigen Bude. Wehmütig denkt er an die gute alte Zeit vor über 40 Jahren zurück, als er mit seinen 2 Kumpels Roy und Gonzo einen Schwur geleistet hatte, das sie sich spätestens mit 50 – 60 Jahren zusammen umbringen wollten. Bloß nicht alt und schwach werden war das Ziel.
Mehr durch Zufall befreit er den im Rollstuhl sitzenden Piet aus dem Altersheim, denn der hat die nötige Kohle. Zuerst fahren die beiden nach Paris, wo Roy seinen Träumen als Schauspieler immer noch nachhängt. Mit Roy reisen sie weiter zum Starnberger See. Gonzo hat ein Vermögen mit Überwachungskameras gemacht und hat als einziger eine Frau und offenbar ein immer noch reges Sexualleben.
Der Showdown findet in Wien statt, dort wollen sie jetzt endlich zusammen aus dem Leben scheiden. Natürlich ist das eine Farce, denn der einzige Tote ist Piet, der immerhin schon über 80 Lenze zählte und Roy und Gonzo überredete, einen gemeinsamen Selbstmord vorzutäuschen. Denn der gute Ralph braucht lediglich Abwechslung, ja ein Ziel zum Leben. Die findet Ralph in Edda, einer Hippietante, die er in Wien zufällig trifft. Happy End also.
Mittlerweile stehe ich auf solch einfache Botschaften, bin ja auch schon Mitte 50. Die Autorin Safia Monney ist Halbfranzösin, studierte in München und Wien und lebt mittlerweile in Paris. Wie man an den Städten unschwer erkennt, hat sie dies in ihrem bislang einzigen Roman verwurstet. Die Figur des Ralph hatte mich zum Kauf des Buches inspiriert. So wie Ralph würde es Hartmudo in 15 Jahren gehen, hätte er nicht seine Löwin vorher kennengelernt.
Auf the Who wird im Roman Bezug genommen – gute Wahl. Wie das Buch auch.

Daniel Suarez – Control
Den hatte ich mir aufgehoben. Und erneut schafft Suarez es nicht, mich zu enttäuschen. Laut Buchrücken schließt Suarez hier die Lücke, die Tom Clancy und Michael Crichton hinterlassen haben. Anbetracht der wie bei Eschbach eher spärlichen Science Fiction Elemente ist dieses Lob angezeigt. Ein richtig gutes Ding halt.
Und eine schöne Idee. Der Physiker John Grady entwickelt eine Apparatur, mit dem er die Schwerkraft in eine beliebige Richtung drehen kann. Darüber erhält er eine Antigravfunktion und träumt vom Nobelpreis. Als er in seiner Hinterhofwerkstatt seine Erfindung potenten Geldgebern vorstellt, wird er einer weltweit bekannten Antitechnik Terrorgruppe überfallen und scheinbar getötet. Aber nur scheinbar.
In Wahrheit steckt eine geheimnisvolle Organisation namens BTC, die Behörde für Technologiekontrolle, dahinter. Der Direktor Graham Hedrick lässt mit solchen Aktionen Erfindungen verschwinden, für die die Menschheit noch nicht reif sei. Der Terrorist heißt Richard Cotton und ist tatsächlich der Einbrecherkönig und ein Hackergenie, der von Hedrick in die Rolle des Terroristen gezwungen wird.
John Grady erwacht in einer unterirdischen Zelle, die von der Außenwelt hermetisch abgeschirmt ist. Von einer Maschine wird Grady monatelang bestialisch gefoltert, weil seine Gehirnwindungen in einer bestimmten Art verlaufen, die ihn zu dieser Erfindung befähigt hat. Befreit wird er dank eines Netzwerkes anderer Erfinder, u.a. dem Besieger des Krebses. Grady wird die Flucht ermöglicht, er soll Hilfe holen, um alle zu befreien.
Denise Davis war ermittelnde Beamtin des FBI und schafft es mit ihrem Assistenten, Cotton festzusetzen. Grady kontaktiert sie und zusammen schaffen sie es irgendwie, dem BTC zu entkommen und noch Cotton zu befreien. Das Netz zieht sich immer enger und schließlich sterben Davis und ihr Assistent unvermittelt nach zweidrittel des Romans. Ein Haupterzählstrang ist somit unvermutet weg.
Stattdessen rückt Alexa, ein genetisch aufgebesserter Klon von Hedrick und dessen Geliebte, in den Vordergrund. Als sie irgendwann merkt, dass Hedrick sie belogen hat und die Welt vernichten will, weil er vollkommen durchgeknallt ist, wechselt sie die Seiten und hilft Grady und Cotton bei der Zerstörung eines Satelliten im All, von wo aus die Gravitationswellen auf ausgewählte Ziele auf der Erde geschickt werden.
Selbst Homeland Security ist da machtlos, aber zuguterletzt gewinnen die Guten und Hedrick und sein Assistent Morrison werden in bester James Bond Manier zur Strecke gebracht. Die Erfinder werden befreit und Cotton schafft es sogar, das Erfindergen aus dem Kontrollzentrum zu klauen und als Virus unter die Menschheit zu verbreiten.
Ein Roman für den Paranoiker, zweifelsfrei ein Bond Liebhaber, der Suarez. Bemerkenswert ist auf jeden Fall der Wechsel der weiblichen Hauptperson mitten im Geschehen. Wirkt aufgrund des Happy Ends dann doch etwas zahm.

Jon Wallace – Barrikaden
Noch ein Engländer mit Gewaltphantasien. Was für eine Wohltat nach den 70ern mit dem verschnarcht-verkopften John Brunner oder später Ian Banks, um nur 2 Beispiele zu nennen. Diese Dystopie bietet ein schönes Szenario und liest sich flüssig. Das Ganze ist als Triologie angelegt, hoffentlich werden die 2 Folgebände noch übersetzt und bei Heyne auch aufgelegt. So wie sich der Buchmarkt auch dank Eigenveröffentlichungen entwickelt, scheint das nicht mehr sicher zu sein. Bei einem anderen Dreiteiler habe ich es schon erleben müssen, das der 3. Band nicht mehr übersetzt wurde. Wohl mangels Verkaufszahlen.
Bei der Barrikaden Serie wäre das sehr bedauerlich. Hier hat die Menschheit den Planeten unter Zuhilfenahme von Atombomben unbewohnbar gemacht, lediglich die englische Insel wurde verschont. Hinzu kommt, das ein Dr. Pander Androiden, hier Fizielle genannt, entwickelt hat. Diese sind dank Nanotechnik unempfindlich gegen Strahlungsschäden und verfügen über enorme Selbstheilungskräfte. Es gibt Soldatenmodelle zur Abwehr von Flüchtlingen, die vom Festland auf die Insel strömen (ein aktueller Bezug) und andere spezialisierte Modelle. Die Fiziellen wurden von den Menschen wie Sklaven behandelt; Deshalb beschließen sie irgendwann den Aufstand. Eine mysteriöse „Kontrolle“, wohl eine künstliche Intelligenz, koordiniert den Aufstand. Aber die Menschen lassen sich nicht einfach „selektieren“, also töten (auch in Lagern durch Gas, eine weitere historische Parallele) und wehren sich.
Zu Beginn des Romans hat der Atomkrieg auch die Insel erreicht. Die überlebenden Menschen leiden unter Strahlenschäden und leben auf Mad Max Niveau. Die Fiziellen haben sich in den Städten verbarrikadiert und warten auf Anweisungen von Kontrolle, die schweigt jedoch, existiert wohl auch nicht mehr. Der Fizielle Kenstibec, ursprünglich als Bauarbeiter konzipiert, ist als „Transporter“ unterwegs. Sein „Paket“ ist die Journalistin und ehemalige Lustsklavin Starvie, die er von Edinburgh nach London durch die von marodierenden Menschengangs schleusen soll. Unterwegs sammeln sie noch den Menschen Fatty ein, der unter der unheilbaren Krankheit „blauer Frosch“ leidet und die Gegend kennt.
Beim Durchbruch eines Kontrollpostens laufen sie in eine Falle und geraten in die Fänge des „Königs von Newcastle“, der eine tausende Köpfe zählende Schar von Mad Max mäßigen Hools befehligt. Dabei taucht kurz noch Dr. Pander auf, stirbt aber schnell. Er hatte noch ein Gift für die Fiziellen entwickelt, welches die Nanomaschinen lähmt und die Fiziellen genauso anfällig für Strahlenschäden wie die Menschen macht. Starvie hat offenbar die Seiten gewechselt, ist als Königin die Freundin des irren Königs, der über Fernsehshows seine Anziehung auf seine Fans ausübt. Sie spritzt Kenstibec das Gift; Zusammen mit Fatty soll dieser in die Stadt York vordringen und den dort lebenden und mit dem Gift schon infizierten Fiziellen ein Ultimatum unterbreiten, natürlich von Kameras aufgezeichnet.
In York ist alles tot, lediglich Shersult, ein Soldatenfizieller und der Auftraggeber von Kenstibec, lebt noch. Zusammen mit Fatty fliehen die beiden per Flugzeug, während Starvie eine geschmuggelte Atombombe zündet und damit sich und die gesamte Schar um den König vernichtet. Auch Shersult stirbt bei der Landung vor Brixton.
Kenstibec trennt sich kurz darauf von Fatty, der durch das verstrahlte Wasser nicht schwimmen kann. In Brixton wird er in Quarantäne von den Fiziellen gesteckt, die dank seines eingeschleppten Virus ein Gegenmittel für die Fiziellen entwickeln können. Jetzt endlich wird er zu „Kontrolle“ gebracht, und die Geschichte erfährt nochmals eine Wendung.
Starvie lebt, sie ist „Kontrolle“! Beziehungsweise benutzt sie in ihren Körper, um Kenstibec gegenüberzutreten. Es stellt sich heraus, das sie mit dem Virus die Fiziellen komplett auslöschen möchte, damit sich die Menschheit nach vielleicht Tausend Jahren wieder regeneriert. Dank eines simplen Tricks – Kenstibec sagt ihr, sie soll auf den grünen Knopf der Kamera drücken – explodiert sie und damit auch der gesamte Kontrollmechanismus.
Aus dem Chaos kann sich Kenstibec retten und trifft wieder auf Fatty, der sich zum Herrscher über eine Schar von Menschen aufgeschwungen hat. Sie reiten dann wohl ab Band 2 zusammen, ich freue mich schon drauf. Wie gesagt, hoffentlich wird der Rest auch übersetzt. Die Story ist fesselnd und Wallace fügt auch immer wieder überraschende Wendungen ein.
Erinnert sogar etwas an Dick, wenn die Androiden menschlicher sind als die abgestumpften Menschen.

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