Sonntag, 6. März 2016

Uncle Fester: grad gelesen März 2016

Neal Asher – Das Komitee 
Mittlerweile möchte ich Neal Asher auch als Altmeister bezeichnen, denn der Engländer ist seit dem Jahrtausendwechsel im Geschäft. Mit seinem „Polis Universum“ um Ian Cormac hatte er den mittlerweile arg angestaubten Cyberpunk dank knallharter Action und (leider) zeitgemäßer Gefühllosigkeit der Akteure – mancher bezeichnet es auch als Coolness – gewaltig aufgemöbelt. In seinen Romanen wimmelt es von Leichen und seine Protagonisten werden in der Regel nicht von starken Gefühlen eingeschränkt.
Das Komitee ist der erste Roman aus der neuen „Owner Trilogie“ und entwirft ein erschreckend naheliegendes Szenario. Alan Saul erwacht in einer Kiste und kann sich gerade noch befreien, bevor er in einer Müllverbrennungsanlage entsorgt wird. Die Weltregierung, das Komitee, regiert die mit 18 Milliarden aus den Nähten platzende Erde von der Raumstation Argus aus mit eiserner Hand und steuert gezielt Naturkatastrophen und Kriege, um die Bevölkerungszahl zu dezimieren. Und Alan Saul ist eine Bedrohung und muss beseitigt werden.
Denn Alan Saul ist der Endpunkt einer Versuchsreihe von Menschen, denen Hardware incl. Einer KI implantiert wurden. Dadurch ist er nahezu unbesiegbar, seine Heilungsprozesse laufen schneller ab etc. Kurz und gut der Killer, wie ihn Asher mit Ian Cormac mal eingeführt hatte. Mit Hilfe seiner KI Janus befreit er die Wissenschaftlerin Hannah, die einst das Projekt leitete. Zusammen mit Gangstern und einer Widerstandsgruppe besiegt Saul letztendlich den fast gleichwertigen „Bossgegner“ auf Argus und steuert die Station Richtung Mars.
Denn dort spielt eine parallele Handlung. Die Wissenschaftlerin Var und einige Mitstreiter müssen dort eine Revolte anzetteln, denn der neue politische Kommissar der Marsstation namens Smith (Matrix lässt grüßen) versucht offensichtlich, die Bewohnerzahl zu dezimieren, damit er und seine Mitarbeiter länger leben. Und die Zeit der Basis ist begrenzt, da die dringend benötigte Unterstützung von der Erde eingestellt wurde – zugunsten von Argus.
Der Cliffhanger ist, das die Argus mit Alan Saul zu seiner SCHWESTER Var fliegt, die Smith glücklicherweise besiegen konnte. Dieses Verwandschaftsverhältnis erinnert mich irgendwie an Star Wars und nervt, aber trotz alledem warte ich sehnsüchtig auf die Fortsetzung. Die hier geschilderte Welt einer grausamen Zentralregierung, gegen die es keine Chance des Widerstands gibt. Mit all ihren unrichtigen Pressemitteilungen und falschen Informationen erscheint mir diese Welt erschreckend real, denkt man einfach nur mal an die Drohnenkriege, die in der Realität im nahen Osten schon begonnen haben.
Müssen wir in unserer realen Welt auch auf einen Ian Cormac oder Alan Saul hoffen, damit uns Gerechtigkeit widerfährt? Am Ende des Buches erkennt Var eine tiefere Wahrheit: „Demokratie und Freiheit sind nur für Gesellschaften geeignet, die sich Zaudern und Zeitvergeudung erlauben können.“
Lies dies Buch und Du wirst ihr Recht geben müssen, denn ihre Welt… Ja und dann überlege weiter – wie ist es um unsere, reale Welt bestellt?


                   

Alastair Reynolds – Das Haus der Sonnen
Lange habe ich nichts mehr von Alastair Reynolds gelesen, obwohl ich „das Haus der Sonnen“ schon seit sechs Jahren bei mir zuhause rumliegen habe. Sein Revelation-Space Zyklus habe ich vor ein paar Jahren förmlich verschlungen und gehört zu den Zyklen, die ich auf eine einsame Insel mitnehmen würde.
Der Stil ist ähnlich, aber das Haus der Sonnen spielt in einem komplett anderen Universum… oder doch nicht? Denn die Handlung spielt hier mehr als 6 Millionen Jahre in der Zukunft. Die noch immer aktiven Menschen haben sich quasi nicht weiterentwickelt, so dass Reynolds uns eine Welt schildern kann, deren Protagonisten auch aus der heutigen Zeit stammen könnten, sieht man mal von einer relativen Unsterblichkeit ab.
Jedes der 8 Teile des Romans startet mit einem Kapitel über Abigail Gentian, die als Kind im „goldenen Zeitalter“ lebt und in einem großen Palast aufwächst. Ab und an bekommt sie Besuch von einem Jungen, mit dem sie in einer Puppenwelt spielt. Diese Fantasy Umgebung bildet den Grundstein der späteren Handlung, denn Abigail verfällt wie der Junge dem Spiel und findet nur schwer zur Realität zurück.
Nun ist ist Familie Gentian auf das Klonen spezialisiert. Abigail fasst als Erwachsene nach Überwindung ohrer Sucht den Entschluss, sich selbst 1000mal zu klonen und mit diesen das Sonnensystem zu verlassen und die Galaxis zu erkunden.
Die eigentlicher Handlung spielt 6 Millionen Jahre später. Im Mittelpunkt stehen 2 der ursprünglichen Klone, Campion und Portula, die als Liebespaar zusammen im Weltall unterwegs sind. Unterwegs zur „Reunion“, dem Treffen der Klone alle 200.000 Jahre.Unterwegs lesen sie noch den Androiden Hesperus auf, einem Angehörigen des Maschinenvolkes, welches sich im Laufe der Äonen aus den menschlichen Robotern entwickelt hatte. Der missmutige Doktor Meninx, ein Amphibienwesen, welches nur mit Hilfe eines quasi zweidimensionalen Avatars agiert, stirbt leider schon nach 150 Seiten. Hier hat Reynolds mögliche Optionen in der Handlung völlig ohne Not aufgegeben.
Es sind dann auch ca. 950 der Klone am Treffpunkt der Reunion gestorben, als Campion und Portula um Jahrhunderte verspätet dort erscheinen. Der Rest trifft sich am Ausweichpunkt, dem Planeten Neume, wo auch zwei andere Vertreter des Maschinenvolks auftauchen. Die Roboter Kaskade und Kadenz wollen den ramponierten Hesperus zu ihrem Volk bringen, stehlen dann Portulas Schiff und kidnappen diese sowie Hesperus.
Beide können sich in einem Schiff im Hangar verbarrikadieren. Hesperus, der wieder fit dank des Luftgeistes von Neume ist und dessen Persönlichkeit Valmik, einem früheren (vor Jahrmillionen) Menschen. Der liebeskranke Campion verfolgt die Roboter zusammen mit einigen anderen Klonen. Es folgen Raumschlachten, Tote und eine mögliche Bedrohung durch eine ausgestorbene erste Maschinenzivilisation, die dank der Familie Gentian ausgelöscht wurde.
Diese hat die Erinnerungen daran gelöscht (gut gelöst). Zum Schluss landen Campion und Portula in der Andromeda Galaxie durch ein Wurmloch und müssen feststellen, das die Überlebenden (also doch) der ersten Maschinenzivilisation keine Rachegelüste hegen. Denn Maschinen denken nicht wie Menschen.
Die einzelnen Kapitel dieses einfallsreichen Romans werden abwechselnd aus der Ich Perspektive von Campion und Portula erzählt. Der lässige Umgang mit den atemberaubenden Zeitabständen fasziniert mich immer noch. Als Steigerung könnte ich mir weitere Reisen der Familie Gentian in weit entfernte Galaxien vorstellen. Dorthin, wo bisher nur Perry Rhodan war.

Gregory Benford & Larry Niven – Himmelsjäger  

Die beiden Altmeister haben zusammen noch mal einen raus gehauen. Die Story ist, wie nicht anders zu erwarten war, mitreißend geschrieben und überfordert den Leser nicht mit einer Vielzahl von Charakteren.
Die Menschheit empfängt Gravitationswellen vom entfernten Planeten Glory und stattet ein Raumschiff aus, das diesem Phänomen auf den Zahn fühlen soll. Da ein überlichtschneller Antrieb nicht möglich ist, wird die Besatzung von über 200 Personen bis auf ein wechselndes Notteam tiefgefroren auf die Reise geschickt. Leider wird die Reisegeschwindigkeit nicht ganz erreicht, so dass der Proviant nicht ausreichen wird. Dazu stößt das Schiff 180 Lichtjahre vor dem Ziel, nach einer jahrhundertelangen Reise, auf ein weiteres Phänomen: Eine Schalenwelt!
Moment, Schalenwelt? War da nicht was mit der Ringwelt… Genau. In kleiner Abwandlung seiner erfolgsgekrönten Ringwelt konstruiert Niven hier eine große Schale, die selbst den Durchmesser unseres Sonnensystems hat und einer roten Sonne folgt. Dank riesiger, auf die Sonne gerichteter Spiegel am Grund der „Schale“ wird aus dem Sonnenwind ein Jetstream erzeugt, der gebündelt durch ein „Astloch“ in der Mitte der Schale rausgezogen wird. Durch dieses System bewegen sich Schale und Sonne durchs All – nach Glory.
Denn auf der Innenseite der Schale, die zwar die millionenfache Oberfläche der Erde aufweist, aber stellenweise nur 10 Meter dick ist, ist alles schön und grün. Hügel und Meere sind vorhanden, natürlich auch Leben in Hülle und Fülle. Beherrscht wird dieses System von 3 Meter großen Vogelwesen (nicht flugfähig), die das kleine Außenteam der Menschen bereits erwartet und für nicht hoch entwickelt hält. Die „Astronomen“ haben die Schalenwelt vor Äonen konstruiert und reisen schon eine geraume Zeit durchs All, Arroganz ist da vorprogrammiert.
Die Sunseeker, das Schiff der Menschen, ist zu der Zeit nur mit einer Notbesetzung ausgestattet. Das Außenteam besteht aus 2 Gruppen mit jeweils 6 Spezialisten, an Bord der Sunseeker hat Captain Redwing lediglich 4 wache Mitglieder zur Verfügung. Cliff Kammash und Beth Marble, ein Biologenpaar, führen jeweils eine Gruppe an. Bei der Landung werden beide Gruppen schnell getrennt und voneinander isoliert.
Die Gruppe von Beth wird von den Astronomen gefangen genommen und ausgiebig studiert, denn die Astronomen wollen die Menschen in die Gesellschaft ihrer verschiedenartigen Hilfsvölker integrieren. Cliff und seiner Gruppe gelingt die Flucht; Ständig von den Hilfstruppen der Astronomen verfolgt, bekommen sie schließlich Hilfe von den Sil, katzenartigen Wesen (aaah, die Kzin von der Ringwelt – nein, nur abgewandelt, weil kleiner und nicht so aggressiv), die sich gegen die Vogelwesen wenden und dafür einen hohen Blutzoll zahlen.
Auch der Gruppe um Beth gelingt schließlich die Flucht. Beider Gruppen kämpfen um ihr Überleben in einer manchmal erdähnlichen, manchmal stark exotischen Umgebung. Da können die Altmeister Benford und Niven ihrer Phantasie ordentlich die Sporen geben. Klasse.
Der Roman lebt von einer knisternden Spannung dank der Flucht und der allzu menschlichen Irrungen und Wirrungen aller Protagonisten, auch die Vogelwesen werden schön charakterisiert. Viele offene Fragen bestehen in diesem schönen Zweiteiler, voller Vorfreude warte ich also auf den zweiten Teil.

Gregory Benford & Larry Niven – Sternenflüge
...und da isser auch schon, nahtlos geht es mit der Spannung weiter. Ich werde das Gefühl nicht los, das hier ein einzelner Roman mutwillig in 2 Teile zur Gewinnmaximierung aufgespalten wurde, denn der erste Band hatte nicht wirklich ein Ende.
Mit Hilfe von intelligenten Schlangen gelingt der Gruppe um Beth schließlich die Flucht auf die Sunseeker, lediglich die Biologin Tananareve bleibt zurück, da sie verletzt wurde. Die Astronomin Memor hatte Tananareve bereits im 1. Band die Sprache der Vogelmenschen gelehrt, jetzt versucht sie es mit Experimenten an ihr, um eine Schallwaffe, die auf die Sil lähmend und schmerzhaft wirkt, auch auf Cliff und seine Gruppe anzuwenden.
Dieser ist mit seiner Gruppe und den Sil immer noch auf der Flucht und lernt dabei auch die wahren Herrscher der Schalenwelt kennen. Die Eisgeister, die auf der Außenseite der Schale, also im Weltraum quasi bei absoluten Nulltemperaturen leben, und deren Lebensrhythmus so unendlich langsam ist, haben die Schale wohl ursprünglich konzipiert.
Und die Vogelmenschen sind lediglich Verwalter und „Bauarbeiter“ dieser Welt, ja eigentlich stammen sie von der Erde. Denn wir reden hier über intelligente Dinosaurier. Diese haben das eigentliche Doppelsternsystem vom roten Stern befreit und dann aus Planeten und Asteroiden des Systems die Schalenwelt erbaut.
Sie kehrten aber nochmal kurz zum Sonnensystem zurück und zerstörten beim Ausprobieren des „Lambda-Speers“ Planeten, die dann als Kometen die Hochkultur der auf der Erde verbliebenen Saurier. Boah, was für eine Geschichte.
Die Diaphanen sind Lichtwesen und leben im Jet bzw. der Sonne, zusammen mit den Eisgeistern wollen diese nach Glory, um den Gravitationssignalen, die eigentlich für die Menschen bestimmt waren, nachzugehen. Denn die Wesen von Glory haben offenbar Angst vor den Menschen.
Das klärt sich im rasanten Ende der Geschichte aber leider nicht auf. Ein Teil der Menschen muss zwangsweise auf der Schalenwelt verbleiben, so das Beth und Cliff doch noch ihr privates Glück finden. Die menschliche Kolonie auf der Schalenwelt übernimmt die Verwalterfunktion von den Vögeln, weil die sich selbst diskreditiert hatten mit dem Abschuss eines Lambda-Speers, der dieSunseeker verfehlte und einen Teil der Sonne und damit viele Diaphanen zerstörte.
Die Sunseeker fliegt voraus nach Glory 8und soll das Rätsel der Gravitationssignale dort lösen. Ob es also noch nen dritten Band gibt? Ich weiß es nicht, bin aber skeptisch, denn im Epilog wird nur noch auf die Kolonie der Schalenwelt eingegangen. Aber es bleibt ja noch die Hoffnung.
Der Schluss dieses Zweiteilers ist etwas zu schnell runtergeschrieben, so als ob die beiden Autoren keine Lust mehr auf den Stoff gehabt hätten. Wenn es allerdings noch nen 3. Teil geben sollte… dann hol ich ihn mir sofort.

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