Mittwoch, 23. März 2016

Hartmudo Spezial: Die dicke Wade 5/17

La la la.... Ich muss piiiinkeln...... Endlich kam irgendwann die Tagesschwester und klemmte mich von der Infusion ab. Aber ganz schnell aufs Klo. Ich hatte gleich auch "Größeres" zu erledigen und schaffte dadurch mehr Platz im Körper fürs Frühstück. Horst bekam das alles kaum mit, weil er noch etwas vor sich hin träumte. Heinz atmete wenigstens noch, der hatte sich am Vorabend doch ziemlich schnell von uns abgemeldet, ihm ging es wirklich nicht gut mit seiner Lunge.
Etwas zu essen wäre mir nach der Morgentoilette gut zu Pass gekommen, allein... Vorher noch kam die Praktikantin des freiwilligen sozialen Jahres, um den Blutdruck und Temperatur zu messen. Muss ja alles seine Ordnung haben.
Bereits am Vortag hatte mir eine Schwester die Liste mit den Mahlzeiten der nächsten Tage zum Auswählen vorgelegt. Sofort erfasste ich die Situation und nützte die Gelegenheit, um eine fleischfreie Woche ein Zuläufen.
Fürs Frühstück wählte ich 2 Brötchen aus, als Beilage lediglich Butter, Quark und Marmelade aus. Und genau dies wurde mir von der Schwester endlich vorgesetzt, ein Kännchen Kaffee dazu und ab dafür! Den Quark vermischte ich mit der Marmelade auf den Brötchenhälften, lecker.
Kurz nach dem Frühstück schaute ein älterer, grobschlächtigen Typ mit rosa Duschhaube und grüner Schürze auf. Der Metzger? Nein, ein Arzt in OP Kleidung setzte sich zu Heinz und erzählte etwas von einer Operationen der Lunge, die jetzt wohl nötig werden sollte.
Eine Ärztin hatte seine Lunge punktiert, dabei wohl zu tief geschnitten und deshalb... Kurze Zeit später wurde Heinz vorübergehend auf die Intensivstation verlegt. Irgendwann waren seine Sachen weg, wir sollten ihn nicht mehr wiedersehen. Er hatte bereits in der Nacht so ungesund geröchelt. Ich hoffe, ihm geht es heute besser.
Auch für mich ging gleich die Action los. Beim Lungenfunktionstest sollte ich mich sofort melden, also humpelte ich (zu Fuß, ohne Rollstuhl) ins 2. Untergeschoss, wo ich bereits am Vortag während der Aufnahme malträtiert worden war.
Eine Frau, die neben mir im Warteraum saß, beschwerte sich über eine andere Frau aus ihrem Zimmer, die über Nacht wohl so richtig laut war. Kein Auge hätte sie zu gemacht. Ich wünschte ihr auch weiterhin viel Glück, denn jetzt war ich an der Reihe beim Lungenpest.
Den kannte ich vermeintlich schon von meinem Hausarzt, den Test mache ich jedes Jahr wieder. Zu meiner nicht geringen Überraschung wurde ich in einen luftdichten Glaskasten gesetzt und erhielt eine Nasenklammer. Das war denn auch der einzige Unterschied zu den gewohnten Tests, dann war ich nach ein paar Blasattacken durch.
Zurück auf dem Zimmer, kriegt ich gerade noch mit, dass sie bei Horst auch noch mal operieren mussten. Offenbar sollte er einen Blasenkatheter kriegen. Die Diagnose Nierensteine galt als gesichert. Entweder wurden die Steine durch die Wasser Infusionen raus gespült oder sie müssten schnippeln.
Horst sah wahrlich wie ein Häufchen Elend aus. Er hatte wohl schon 40 Jahre zuvor Probleme mit Nierensteinen, seinerzeit konnten diese rausgespült werden. Er hoffte inständig, das dies heuert auch so sei.
Ganz nebenbei sprachen wir die Schwester noch auf die Kopfhörer an. Erst jetzt wurde uns die "Fernbedienung" erklärt! Nachdem der Fernseher mit der TV Taste eingeschaltet ist, der Kopfhörer in der entsprechenden Büchse versenkt sein sollte, ja dann nochmals die TV Taste drücken und Voilà!
Da musst Du erst einmal drauf kommen. Meine MP3 Hörer sprangen auf ein Mal zufriedenstellend an, doch bei Horst klappte immer noch nichts. Er solle doch die Kopfhörer einfach umtauschen, so die Schwester. Na ja...
Horst war dies in dem Moment verständlicherweise nicht so wichtig, er setzte sich innerlich mit dem weiteren Ablauf auseinander. Um sich abzulenken, erzählte er mir weitere Einzelheiten aus seinem Leben.
Er beschrieb noch einmal eindringlich, wie er durch das brennende Braunschweig nach einem Bombenangriff lief. Die Hitze war wohl mörderisch und der Rauch beißend. So etwas vergißt man einfach nicht mehr.
Als sein Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurück war, arbeitete er wohl gleich bei Volkswagen. Horst war wegen des zuerst vergleichsweise geringen Lohnes als junger Mensch, also nach der Schule, nicht erpicht darauf, bei Volkswagen anzufangen. Monotone Handarbeit wäre nicht sein Ding gewesen, meinte Horst hierzu.
Jedoch am Ende konnte sein Vater ihn zur Lehre als Werkzeugmacher bei Volkswagen überreden. Noch heute sei er seinem Vater dankbar dafür, resümierte Horst.
Zum Thema Flüchtlinge fiel Horst nur ein, das diese hier "nichts zu suchen" hätten und zuhause bleiben sollten. Die wollten doch alle nur Sozialhilfe kassieren, das volle Programm also. Ich argumentierte mit der Not dieser Menschen, die andernfalls in den Flüchtlingslagern verhungern müssten usw. Horst ließ daraufhin etwas von seiner negativen Meinung ab, zumal ich ihm auch einige Zahlen sagen konnte. Horst ist eben kein Nazi, er weiß es halt nicht besser und kriegt außer der Tagesschau nicht mehr soviel mit.

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