Sonntag, 16. Juni 2013

Hartmudo: Drahtesel

Ich habe es garantiert schon mal erzählt, aber der Story wegen gern noch einmal.
In der Regel gehe ich Montags bis Freitags kurz nach halb sechs aus denm Haus, um mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Natürlich nicht die ganzen 25 km bis nach Lebenstedt, aber immerhin 5,5 Km bis zum Bahnhof. Abends zurück sind das dann 11 Km pro Tag.
Die Strecke frühmorgens hin schaffe ich in unter 20 Minuten. Es gibt kaum nennenswerten Autoverkehr und ich fahre über Nebenstraßen. Mit dem Bus wäre ich langsamer.
Auf der Rückfahrt lasse ich es dann gemütlicher angehen und auch den MP3 Player weg. Ist halt viel zu viel Verkehr am Nachmittag. Mal schwitz ich mich tot in der Jacke, mal werde ich bis auf die Haut durchgeregnet. Aber außer bei Schnee oder zu starkem Regen/Schneefall oder anderer Notwendigkeiten fahre ich mit dem Rad zum Bahnhof. Selbst wenn ich hundemüde bin – gerade nach Feierabend nachmittags – fahre ich gern auf dem Rad, weil es mich gut erfrischt und ich nach wenigen Pedaltritten wieder aufblühe.
Wenn aus dem Kopfhörer „New Rose“ von den Damned ertönt, während ich die lange Steigung der Kurt-Schumacher-Str. hochaste, kann ich schon aus der Ferne die Bahnhofsuhr sehen. Beim Überqueren des Berliner Platzes fällt sofort der Fahrradfriedhof links auf 11 Uhr vor McDonalds ins Auge. Morgens um 6.00 Uhr können gar nicht so viele Pendler unterwegs sein, um ihre Fahrräder da noch abzuholen.
Mein Drahtesel
Erstmal bringe ich mein Rad dann in die Radstation. Für lediglich 7 Euro pro Monat steht mein Rad dann überdacht und bewacht im Keller des Bahnhofes. Wenn ich dann ins Bahnhofsgebäude, Treppe rauf … am Taxenstand vorbei …, gehe, fallen mir an der Seite immer die dort abgestellten Fahrräder auf. Warum nur bringen diese Leute ihre Räder nicht in die Radstation. Platz wäre noch vorhanden. 70 cent pro Tag, 7 Euro für den ganzen Monat. Ich versteh das nicht.
Durch das Runterfahren in den Keller, das Hinaufhieven in die Standhalterung und das Latschen in das Bahnhofsgebäude verlier ich doch noch nicht einmal 5 Minuten. Und für mein Fahrrad habe ich vor 3 Jahren knapp 400 Euro bezahlt – 7 Gang Schaltung, Nabenschaltung und –bremse. Vor dem Gebäude neben den Taxen bis hin zum Kelleraufgang der Radstation stehen teurere Räder als meins ungeschützt im Regen. Sicher sind dort auch einige Rostbeulen dabei, aber trotzdem: Bei 7 Euro im Monat? Hallo?
Das sollte mir mein Drahtesel doch wert sein. Geöffnet von halb sechs morgens bis halb elf abends. 7 Tage die Woche. Da kann ich das Radl auch mal stehen lassen über Nacht oder übers Wochenende, wenn es mal wie aus Eimern schüttet. Aber draußen, neben den Taxen?
Dienstag letzter Woche wurden also 115 Fahrräder vom Bahnhofsvorplatz abgeräumt und für erstmal 4 Wochen im Keller eingelagert. Wenn sich kein Besitzer meldet, werden die „Leichen“ entsorgt.
Endlich, dachte ich. Warum nicht gleich alle? Das sind doch mehr als 500 Fahrradleichen, die vor McDonalds so vor sich hinrosten. Die holt doch eh keiner mehr ab. Ich war und bin da doch erstaunt.
Mehr aber noch erstaunten mich 2 Kommentare in den Forumsbeiträgen:
„die Radstation kostet Geld, was nicht jeder hat, vor allem viele Studenten und einige Pendler sind nicht so gut situiert wie Sie vielleicht…“
„Ich zahl doch nicht fürs Rad abstellen.“
Wer hat hier keine 7 Euro für nen Monat oder 70 cent für nen Tag? Was ist denn das für eine schwachsinnige Aussage? Wenn ich nicht mal das Geld für die Radstation übrig habe, wie will ich dann überhaupt das Geld zum Kauf eines Rades zusammenkratzen? Und selbst wenn geschenkt: Die Bahnfahrt im Anschluß oder meinetwegen vorher ist umsonst oder was? Mann o Mann. Wenn ich solche dämlichen Kommentare lese, da werde ich richtig griffig.
Wenn jemand partout nicht fürs Radabstellen bezahlen will, bitteschön. Aber was stellen diese Leute sich vor? Soll die Radstation umsonst sein für alle, sozusagen aus Steuermitteln? Solche Kommentare kommen in der Regel doch nur von Leuten – und da hole ich jetzt mal den Proleten raus – die für ihr Geld nicht arbeiten müssen. Dieselben Leute, die aus Umweltaspekten heraus keine Kondome benutzen. Natürlich, wenn ich eine alte Rostlaube, irgendwo vom Schrottplatz oder Sperrmüll organisiert, mein Eigen nenne, habe ich auch keinen weiteren Bezug zu dem Ding.
Und dann kann ich es ja auch später vor McDonalds am Bahnhof stehen lassen. Weiß ja keiner, das es von mir ist. Sollen doch die Dämels von der Stadt oder der Bahn den Müll wegräumen. Ich bin ja der Tollste und weiß wie die Welt sich dreht!
Diese Heuchler, 96 Fans allesamt!
Ich glaube, viele Leute kapieren es einfach nicht. Mit dem Rad in der Großstadt (über 250.000 Einwohner) macht schon Sinn, da man kein Parkhaus braucht und überhaupt schneller unterwegs ist. Das Wetter, na gut. Manchmal regnet es halt.
Aber sich auf der anderen Seite wegen der paar Piepen für die Radstation einscheißen. Das will mir nicht in den Kopf. Die Leute, die dort arbeiten, machen das ja auch nicht aus Jux und Dollerei. 14 Euro für eine Inspektion mit Reinigung. Fahrt doch mal zur Fahrradwerkstatt Eures Vertrauens und fragt mal, wieviel das da so kostet. Ihr werdet überrascht sein.
Sicher sind in der AWO Radstation auch Leute über die Beschäftigungsförderung des Jobcenters aktiv. Aber festangestellte Monteure haben die auch am Start. Das kann man doch einfach mal honorieren, indem man 7 Euro für den Monat, 70 cent pro Tag (gebetsmühlenartig bitte 10 mal wiederholen) schmückt.
Leute, bessert Euch.

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