Samstag, 20. Oktober 2012

Uncle Fester: grad gelesen Oktober 2012

Carl Reiner Holdt - Gezeitenwechsel
Wäre es nicht schön, einen deutschen Science Fiction Roman zu lesen, der im Schwarzwald spielt? Und – booom – da isser auch schon!
Die R`rall haben die Erde erobert. Die „Liga“, deren Mitglieder unerkannt unter den Menschen lebten, haben verloren und verlassen die Erde – bis auf wenige Agenten. Die R`rall erinnern übrigens stark an die Kzinti aus Nivens` Ringweltuniversum. Sie haben ihr Hauptquartier natürlich im Schwarzwald aufgeschlagen.
Und da kommt auch schon unser Held. Major a.D. von Reuters ist Afghanistanveteran (so weit ist es schon) und genießt im Schwarzwald seinen Ruhestand. Durch Zufall duelliert er sich mit einem R`rall Warlord und nimmt ihm den Ring ab. Dieser ist Statussymbol und birgt gewisse Kräfte.
Der etwas schüchterne von Reuters verliebt sich im Laufe der Story in Marcella, eine Agentin der Liga. Um es vorwegzunehmen: Es wird geheiratet und im allerletzten Absatz des Romans wird der drohende Koitus angekündigt.
Der Autor ist in Rom geboren, verbrachte 20 Jahre im Kloster und lebt heute – verheiratet – in der Nähe des Schwarzwaldes. 20 Jahre Kloster – was sich da für ein Druck aufbauen muß zwischen den Lenden...
Der adlige Held des Romans erinnert leider an die Offiziersgarde der deutschen Wehrmacht. Der heroische Schreibstil, kurz und knapp, verstärkt leider den leicht faschistoiden Gesamteindruck des Romans. Schade.
Trotzdem glaube ich, das dieser negative Eindruck aus den fehlenden Erzählerqualitäten des Autors resultiert. Kein Vergleich zu Brandhorst.
              
Charles Sheffield – Das dunkle Universum
Aaah, was für eine Erlösung. Sheffield ist ein Profi. Da wird eine Geschichte erzählt und nicht abgearbeitet. Die Spannung wird stetig erhöht und Du willst das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Herr Holdt – so geht’s !
Das dunkle Universum umfaßt 3 Romane; mehr hat Sheffield bis zu seinem Tod 2002 nicht mehr schreiben können. Die Romane spielen ca. 50 bis 60 Jahre in der Zukunft. Die Menschen haben das Sonnensystem bis zum Jupiter und seinen Monden kolonialisiert. Mitte der 60er Jahre des 21. Jahrhunderts kommt es dann zum großen Krieg zwischen dem Asteroidengürtel und den inneren Planeten (Mond, Mars und Erde). Milliarden sterben, die nördliche Erdhalbkugel ist verwüstet. Aber die Menschen etablieren nach der Niederlage des Asteroidengürtels das gute alte kapitalistische System.
Hatte ich erwähnt, dass Sheffield Ami war? In allen 3 Romanen, die jeder für sich allein stehen, ist lediglich eine Hauptfigur immer präsent: Rustum Battachariya, genannt Bat. Alias Megachirops (große Fledermaus). Menschenhasser und großer Meister des Puzzlenetzwerkes. Er erinnert an Rex Stouts Nero Wolfe und löst die kniffligsten Rätsel – deshalb Puzzlenetzwerk. Es gibt keinen Archie Goodwin und statt Orchideenzucht sammelt er Reliquien des großen Krieges. Aber sonst …
… ist er nur eine von vielen Hauptfiguren. Überhaupt sind die 3 Romane sehr nah an der Kriminalliteratur. Zwar ist auch hier der „Sense of Wonder“ spürbar, löst sich aber gegen Ende der Romane jeweils auf. Der kriminalistische Aspekt steht hier doch im Vordergrund.
Dank der gesponnenen Intrigen und der Vielzahl an Charakteren ist das geschilderte Universum gut vorstellbar. Die Problemlösungen, um die Habitate auch auf den unwirtlichsten Planetoiden noch wohnbar zu halten, sind alleine schon lesenswert. Das ist weniger Science Fiction als vielmehr eine realistische Zukunft.
Und es gibt hier – im Gegensatz zu Holdt – Schmuddelsex. Er war ja auch Mathematiker und eben nicht im Kloster. Die Romane sind lesenswert und insbesondere für Krimifans ein guter Einstieg in Science Fiction.

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