Seine
Filme „Außer Rand und Band“ - beide Teile – wurden im Ausland,
insbesondere Deutschland zum Renner. Bill Haley war denn auch im
Ausland populärer als in den Staaten. Dort dominierte Elvis die
Szene. Im Ausland aber lag der Erfolg sicher nicht in der Sexy
Ausstrahlung von Haley, sondern eher am neuen Sound der Musik. Die
Agressivität übertrug sich häufig aufs Publikum. Die folgenden
Jugendkrawalle führten in Deutschland häufig zum Abbruch oder
Verbot der Filme.
Im
Januar 1957 brach Bill Haley als erster Rock `n` Roller zu einer Tour
ins Ausland auf. In Austrlien kam es so zur Geburtsstunde der „Open
Air Konzerte“. 3 Tage hintereinander füllte er das Stadion in
Melbourne mit jeweils 40.000 begeisterten Fans. Danach war der
„Haley-Sound“ und die hervorgerufene Hysterie kreischender
Teenager und gewalttätiger Jugendlicher in Europa eine Bedrohung der
bestehenden Ordnung.
Für
die Musikindustrie war das egal. „Bill Haley and the Comets“
waren die ersten Superstars einer neuen Musikrichtung, die sich
ausschließlich an Jugendliche richtete. Bis heute ist die
Musikindustrie von dieser Strategie beseelt.
Die
Medien jedoch zerrissen den Sound jedoch in der Luft.
„Krawallmacher“, Radaumusik“ oder auch „nur für Underdogs“
waren Bezeichnungen, um Haley zu verunglimpfen. Wenn man heute alte
Videos mit dem dicklichen Haley sieht, muten diese Beschimpfungen
umso lächerlicher an.
Negativer
Höhepunkt waren die Vorkomnisse vom 26.10.1958 im Berliner
Sportpalast. Das Rock `n` Roll begeisterte Publikum bestand aus
kreischenden Mädchen und „Halbstarken“. Die glorreiche Idee der
Veranstalter, den 1. Teil des Abends vom Orchester Kurt Edelhagen
bestreiten zu lassen, würde heutzutage niemand mehr haben. Hatten
bereits vor Konzertbeginn ca. 1000 „Halbstarke“ den Eingang
gestürmt und sämtliche Scheiben eingeschmissen, so wurden jetzt
Kurd Edelhagen und sein Orchester von der Bühne geprügelt. Der
Schutz durch einen Ordnungsdienst war damals wohl nicht existent.
Die
Veranstalter waren ratlos. Bill Haley mußte vorzeitig aus dem Hotel
geholt werden, damit er sein Konzert vorzog und so das Publikum
beruhigte. So der Plan. Zum „Abkühlen“ wurden Schlager von Bill
Ramsey aufgelegt. Bill Haley kam auch, mußte aber nach 40 Minuten
den Gig abbrechen, da sich das Publikum nicht mehr beruhigte. Jetzt
war das Publikum nicht mehr zu halten; Sozusagen außer Rand und
Band. Die Zuschauerrän ger wurden kaputtgetreten, Lautsprecheranlage
und ein Konzertflügel kurz und klein gemacht. Die wenigen Saalordner
wurden von den enttäuschten Jugendlichen vor sich hergetrieben.
Ziel: Die Künstlerkabinen. Zum Schlimmsten kam es dann doch nicht,
weil die Polizei anrückte und die Jugendlichen auseinanderdrosch. 50
Verletzte und 18 verhaftete „Halbstarke“ schockten die junge
Republik.
Bill
Haley hat dies nicht geschadet. Artur Brauner baute Haley sogar noch
in einen Film ein, in dem es zu einem wunderbaren Duett mit Catarina
Valente (Viva la Rock and Roll) kam.
Aus
dem Jahr 1958 datiert auch Haleys letzter großer Hit in den Staaten
- „Skinny Minnie“. Er wechselte zu Wqarner Bros., aber in den USA
kam er nie mehr in die Charts. Er konzentrierte sich in den 60er und
70er Jahren auf Tourneen im Ausland, wo er in all den Jahren eine
große Fangemeinde hatte. 1964 gab es ein „Wiedergutmachungskonzert“
im Berliner Sportpalst. Und 1968 landete Haley vollkommen
überraschend mit „Rock around the Clock“ in England und
Deutschland in den Charts. Das „Rock `n` Roll Revival“ vom
5.8.1972 im Wembley mit Little Richard, Chuck Berry, Jerry Lee Lewis
und Bo Diddley war der Höhepunkt dieser Phase und gleichzeitig sein
letzter großer Auftritt.
Es
gab zwar 1974 noch eine kurze Tour durch Australien und Neuseeland
mit seinem Saxophonisten Rudy Pompilli. Dieser verstarb leider 1976,
woraufhin sich Haley depressiv zurückzog. Am 26.11.1979 spielte er
nochmal im Londoner Theater Royal vor der Queen, aber ein
inoperabeler Hirntumor durchkreuzte Haleys weitere Pläne. Am
9.2.1981 verstarb Bill Haley in seinem Haus in Harlingen, Texas.
Meine
persönlichen Lieblingssongs von Bill Haley sind „Thirteen Women“
und Skinny Minnie“. Letzterer wurde mir von meiner älteren
Schwester nahegebracht; den Gitarrenlick finde ich immer noch
unerreicht. Aufgrund seines großen Erfolges und der stark am
Mainstream orientierten Produktion seiner Songs schon in den 50ern
wird er heuer erst in zweiter Linie genannt, wenn man Musiker nach
ihren Vorbildern fragt. Aber Bill Haley war es zu verdanken, dass
Rock and Roll weltweit zu einer neuen Musikrichtung wachsen konnte.
Ein Sound mit erheblichen kommerziellen Potential. Leider taugte der
dickliche Familienvater schon in den 50ern nicht als Rock-Idol a la
James Dean oder Marlon Brando.
Hörenswert
sind auch die 1955 aus den Comets hervorgegangenen Jodimars. Obwohl
sie es nie in die Charts schafften, zeigte die Band durch ihren Sound
eindrucksvoll, warum man Bill Haley nicht vergessen sollte, wenn man
über die Roots des Rock `n` Roll redet.
Zum
Schluß noch Bill Haley himself, aus seinem Fan-Mag „Haley News“:
„Ich
dachte mir, wenn ich eine Dixieland-Melodie nehme und den ersten und
dritten Rhythmusschlag weglasse, dafür aber den zweiten und vierten
betone und einen Beat hinzugebe, nach dem die Zuhörer klatschen oder
auch tanzen können – das wäre dann genau nach ihren Wünschen“.
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