Montag, 8. Oktober 2012

H Lecter: Deutsche Wellen

Aus den Erinnerungen eines Musikjunkies Teil 3
Anfang der 80er Jahre ging es endlich auch los mit dem Deutschpunk. Neue Deutsche Welle wurde es von Anfang an genannt, aber als Fräulein Menke, Markus und Co ihre Runden drehten, wurde es kommerziell und somit ideologisch nicht mehr tragbar.
Bis heute verbindet mich mit Urmel die Liebe zur Musik von Peter Hein. Family Five und Fehlfarben – unzählig sind die Konzerte über 30 Jahre hinweg, die wir zusammen erlebt haben. Auch wenn meine Löwin ihn Sch... findet, so sind die Texte und damit die Parolen immer zitierbar, auch wenn sie für Außenstehende keinen Sinn ergeben. Hauptsache, Urmel und ich verstehen uns.
Ich hatte dann auch Singles und Maxis von kleinen Versänden wie dem Zensor bestellt. Darunter waren die Limburger Pest (3 Singles/Schallfolie von den Radierern, Wirtschaftswunder und Siluettes 61) und die Bommerlunder Single von den Toten Hosen. Da war Campino noch sensationell gut.
Die Informationen über neue Bands zog ich aus dem Sounds oder der Spex. Beide Zeitschriften hatte ich irgendwann abonniert. Denn im Gegensatz zu Heute gab es kein Internet und „freies“ Radio. Was im Spex oder Sounds nicht stand, existierte auch nicht.
Eine Single kostete Sechs Mark. MaxiSingle lag bei zehn bis zwölf. LP über Versand wie Zensor, Rip Off oder ZickZack kostete sechszehn, Siebzehn oder Achtzehn. Und alle diese Scheiben kaufte ich blind nach einer überschwänglichen Kritik von Harald InHülsen oder wem auch immer. Bei Govi oder gar Gabi brauchte ich gar nicht erst gucken. Wahrscheinlich hätten die mir die benötigten Scheiben auch bestellt – Aufschlag inbegriffen.
So war wenigstens die Vorfreude garantiert, wenn nach ein bis zwei Wochen der Postbote das Versandpaket brachte. Beziehungsweise den Zettel in den Briefkasten schmiß, weil ich nicht zu Hause war.
Logischerweise hatte ich die Platten dann andächtig abgehört. Zu der Zeit hatte ich wohl noch bei meinen Eltern in Melverode gewohnt. Dazu gab es natürlich auch immer das eine oder andere Bierchen. Mitwippen, ja mitsingen inbegriffen.
Die dazugehörigen selbst gemixten Musikcassetten liefen dann im Auto. Zwei Boxen, die eigentlich für Stereoanlagen gedacht warten, lagen auf dem Rücksitz. Nicht angeschnallt. Bei einer Vollbremsung hätten die mir in den Nacken schießen können, aber diesbezügliche Vorbehalte ließ ich damals nicht gelten.
Die wirklich guten Sachen der NDW - sprich der nicht-industrielle Teil – fand von ca. 1979 bis 1983 statt. Statt nicht-industriell kann man auch Independent sagen. In 500er bis 1000er Auflage erschienen überwiegend Singles und Maxis, die von Musik und Texten her besser durch den Begriff Deutschpunk charakterisiert werden. Die Platten erschienen auf Kleinstlabels. Aber rasch bildeten sich auch größere Labels wie ZickZack aus Hamburg oder No Fun aus Hannover heraus.
Von diesen beiden Labels hatte ich zeitweise alles; Der Jäger und Sammler blickte da durch.
Wenn ich dann im Sommer mit offenen Fenster in meinem BMW (!) durch die Stadt fuhr, dröhnte „Die U-Bahn rollt“ von Saal 3 aus meinen Boxen. Die Leute, die dachten: „Was ist das für ein Bekloppter?“ sah ich durch die schwarze Sonnenbrille ja nicht.
Schwarzes und gebrauchtes Nadelstreifensakko waren angesagt. Badges gehörten dazu. Ich hatte sogar eine Streifenhose (blau-weiß), die ich so lange trug, bis sie wirklich nicht mehr passte. Aber da war es mit dem „Deutschpunk“ eigentlich schon vorbei. NDW und damit Nena und Konsorten waren angesagt. Da gab es auch viel gutes, aber leider auch viel Schrott.
Was blieb – insbesondere nachdem Peter Hein Fehlfarben verlassen hatte – war Family 5 und vielleicht noch die Straßenjungs. Mehr über die „schöne Zeit“ kannst Du in Teipels „Verschwende Deine Jugend“ nachlesen. Vorsicht vor dem gleihnamigen Spielfilm – das ist NDW und hat mit dem Buch nichts zu tun.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen