Nach 3einhalb Wochen neigt sich die EM
den Ende entgegen. Heute Abend heißt das Endspiel Spanien gegen
Italien. Deutschland ist unter Löw zum 4. Mal (2006 noch mit
Klinsmann) gegen Spanien oder Italien ausgeschieden.
Die Vorrunde verlief mit 3 Siegen
optimal; Und nach dem überzeugenden Viertelfinale gegen die Griechen
schien der Titel nur noch eine Formsache zu sein. Und dann reichten 2
geniale Momente der Italiener aus, um Deutschland schon in der ersten
Halbzeit zu besiegen.
„Kann man noch an Yogi glauben?“
fragt Bild am Sonntag scheinheilig. „Uns stoppt keiner mehr!“
titelte Bild noch nach dem Sieg über die Griechen. So schnell kippt
die Stimmung vollends. Erst waren sie unbesiegbar, jetzt sind sie die
Deppen der Nation.
Und viele denken wirklich so. In meinem
persönlichen Umfeld habe ich dies gut beobachten können. Auf einmal
wird sogar das Endspiel uninteressant - „Wir“ sind ja nicht
dabei. Meine Löwin und ich schon. Wir nehmen das eher sportlich.
Es ist doch so: Die Italiener waren
einfach besser. Dieses Halbfinale wirkte auf mich wie ein Spiegelbild
des Holland-Spiels; Bloß mit umgekehrten Kennzeichen. Die 2 Tore
gegen statt für Deutschland und Balotelli statt Gomez als doppelter
Torschütze mit 2 genialen Momenten. Apropos Balotelli: Wie er da
nach dem 2:0 da stand – freier Oberkörper und zur Statue eines
Klingonen erstarrt. Das ist für mich das Bild dieser EM. Der
emotionalste Moment des Turniers, gerade weil er keinen Muskel
bewegt.
Sicherlich war die Niederlage nicht nur
Pech. Hinterher kann ich das natürlich leicht so analysieren, aber
trotzdem muß das sein. Die Hereinnahme von Kroos als 3. „Sechser“,
um die Kreise von Pirlo einzuschränken, war ein Fehlgriff. Als Pirlo
vor dem 1:0 den entscheidenden Paß über 50, 60 Meter nach
linksaußen aus der eigenen Hälfte schlug, war Kroos nicht bei
Pirlo. Die Überlegung von Optenhövel in der ARD, dass Özil dort
hätte rangehen sollen, mutet mir hier bizarr an.
Richtig überzeugend fand ich unser
Team auch nur gegen Griechenland. Gegen Portugal wäre ein
Unentschieden auch in Ordnung gegangen. Nur weil die Portugiesen aus
Angst zu defensiv begannen und erst nach dem Rückstand offensiv
wurden. Zwei geniale Momente von Gomez gegen Holland – siehe zuvor.
Und gegen die Dänen war es das erwartet schwere Spiel, bei dem
Bendtner überraschend frei war, aber mit dem Rücken zum Tor und
direkt genommen …. Wenn er den getroffen hätte, wäre dies das 2:1
für Dänemark gewesen und „wir“ wären bei so einem Endergebnis
raus gewesen.
Gegen die Griechen überraschte uns
Yogi mit einer gekonnt offensiven Aufstellung. Schürrle und Reuß
für Thomas Müller und Podolski, genau die richtige Wahl. Müller
und Podolski hatten in der Vorrunde nicht wirklich die Impulse
gesetzt; Reuß aber auch Schürrle nutzten gegen Griechenland ihre
Chance. Da hatte man wirklich das Gefühl, hier wird das Spiel
gemacht; Egal, wie der Gegner sich aufstellt.
Deshalb war ich schon erstaunt, als
Yogi gegen Italien Kroos in die Startelf hievte. Nach 19 Minuten
hatte Pirlo den Braten gerochen und zog sich einfach in die eigene
Hälfte zurück, um den entscheidenden Paß zu spielen. Nach dem 0:1
hätten Schweini, Khedira und Kroß den Druck auf die Italiener
erhöhen müssen, um Ballverluste zu provozieren. Und da sind 3
„Sechser“ einfach einer zuviel. Die druckvollen Halbaußen
Schürrle und Reuß wären hier die 1. Wahl gewesen.
Da war Podolski sichtlich überfordert.
Reuß konnte in der 2. Halbzeit seine
Gefährlichkeit andeuten; den Schürrle ließ Yogi aber draußen und
brachte stattdessen als letzte Option jenen Thomas Müller, der schon
in der Vorrunde durchgeschleppt wurde. Deshalb reichte es nur noch
zum Anschlußtreffer per Elmeter in der Nachspielzeit durch Özil,
der wiederum kein schlechtes Turnier spielte.
Bis zu diesem Spiel hatte Yogi immer
alles richtig gemacht. Ob die von mir favorisierte offensivere
Variante den Erfolg gebracht hätte, weiß ich nicht. Wahrscheinlich
hätten sich die Italiener auch darauf eingestellt.
Was bleibt, ist die Vorfreude auf das
Finale heute abend und die Hoffnung, dass Yogi weitermacht. Und 2012
in Brasilien freuen und ärgern wir uns dann über Reuß und
Schürrle. Vergesst mir da den Götze nicht! Von dem sprach diesmal
keiner!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen