Sonntag, 8. Juli 2012

H Lecter: John Akii-Bua

Irgendwann Mitte der 70er Jahre. Unser Erdkundelehrer – wir hatten alle etwas Angst vor ihm – sagte zu Axel, Spitzname Acki: „Was meinst Du dazu, Akii-Bua?“
Jetzt hatte er einen weiteren Spitznamen weg. Ich bin mit „Akii-Bua“ seit der 5. Klasse zusammen zur Schule gegangen und habe ihn jetzt seit 30 Jahren nicht mehr gesehen. Weder der Lange noch Pocke oder Tesla haben von ihm was gehört in all den Jahren. Schade.
Erzählen möchte ich 2 Szenen mit Acki, die mir im Gedächtnis geblieben sind. Aber zuerst zu John Akii-Bua; Wer war das überhaupt?
Kurz: !972. Olympische Spiele in München, 400 Meter Hürden. John Akii-Bua war der erste ugandische Olympiasieger. Und bis heute der Einzige! Wurde seinerzeit von Idi-Amin totgeschwiegen, da John Akii-Bua Christ war. Rest bei Wikipedia.
Zwischen der 5. und der 10. Klasse hatten wir bei uns an der Raabe-Schule einen schönen Brauch in den großen Pausen: Wir spielten Fußball ! Mit Tennisball oder kleinem Plastikball, egal. Am Anfang des Schuljahres wurden die beiden Mannschaften für das ganze Schuljahr gewählt. Und dann spielten wir in jeder großen Pause gegeneinander. Solange, bis der Erdkundelehrer uns den Ball wegnahm oder die Pause zuende war.
Wir alle hatten Halbschuhe mit hohen Absätzen an. Acki insbesondere. Die Sohle hing irgendwann immer halb durch, weil der Kleber sich aufgrund der Belastung durch das Fußballspielen löste. Dazu noch die weißen Stellen in Höhe des großen Onkels. Es waren halt keine „Pötten“. Turnschuhe außerhalb des Sportunterrichts war seinerzeit undenkbar. Die Tore ergaben sich aus den Umfassungssteinen für die höhergelegten Blumenrabatten. Besser kann ich es nicht mehr erklären. Jedenfalls waren die Tore ca. 2,5 Meter breit und 40 Zentimeter hoch.
Es muß kurz vor Ende der 70er gewesen sein, da begab es sich, dass meine Mannschaft in der ersten großen Pause ein Aufstellungsproblem hatte. Acki und ich standen allein gegen 5 bis 6 Jungs aus dem gegnerischen Team. Unsere Leute mussten wohl noch Schularbeiten abschreiben oder so. Ich weiß nämlich noch, dass sie ca. 5 Minuten nach Spielbeginn doch noch kamen und uns halfen, den sensationellen Sieg zu retten.
Diese 5 Minuten … Ich stand im Tor und Acki verteidigte gegen die 5 Angreifer erfolgreich. Dazu erzielten wir durch Dribbeln, Kampfgeist wie auch immer dieses eine Tor und lagen uns glücklich in den Armen. Diesen aussichtslosen Kampf gewonnen zu haben, gibt mir auch heute noch ein gutes Gefühl.
In der 2. Szene hatte ich kein gutes Gefühl. Mitte der 80er wohnte ich mit Pocke in der Nußbergstraße und war irgendwann sehr sehr unglücklich verliebt. Nicht in Pocke ! Endlich hatte ich dem Mädel meine Liebe gestanden, weil ich es mit meinen Gefühlen nicht mehr aushielt. „Halt mich fest, ich werd'  verrückt“ von Trio sag ich nur. Natürlich war das Ganze so dämlich, dass sie mich abblitzen lassen musste.
Pocke war irgendwie weggefahren, die Wohnung hatte ich für mich allein. Ich lief natürlich vollends aus dem Ruder. Von Angst- und Panikattacken geschüttelt, kapselte ich mich in unserer Wohnung ein. Stranglers und Cure waren angesagt – Endzeitstimmung !
Einen 10er Träger Wolters hatte ich am Start. Ich weiß noch, dass ich nach 5 Flaschen und ohne feste Nahrung mich hinlegen musste. Essen war natürlich wegen des Herzschmerzes nicht drin. Das Leiden lebte ich richtig aus – ich Idiot ! Egal, nach 2 Stunden war ich wieder wach und soff den 10er Träger weiter. Mein Leben machte keinen Sinn mehr, ich war fertig mit der Bereifung.
Da klingelte es am späten Vormittag: Ackie kam vorbei. Vielleicht brachte er Pocke irgendwelche Scheiben zurück, vielleicht auch einfach so. Pocke war außerhäusig und so quasselten wir zusammen.
Ich habe Acki natürlich nichts von meinem Herzschmerz erzählt; wäre ja „schwul“ gewesen. Ich hatte ihn ja auch schon lange nicht mehr gesehen. Acki war zwar Metal-Spezialist, aber irgendwie mit der ersten Freundin aus dem „Kader“ ausgeschieden und fand auch nie den Weg zurück.
Allein durch seine Anwesenheit und das Gespräch holte er mich ins Leben zurück, so dass ich hinterher meine Bratnudeln wieder gerne zubereitete. Rezept gibt es auf Anfrage !
Wo ist Acki heute ? In Düsseldorf zur Post war er gegangen – vor 30 Jahren. Nach seinem vormittäglichen Besuch hatte ich nichts mehr von oder über Acki gehört. Schade. Aber so isses halt.
Die 5 Minuten auf dem Schulhof. Das 1:0. Gespräch am späten Vormittag in der Nußbergstrasse. John Akii-Bua ! Bitte melde Dich.

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