Montag, 13. Februar 2023

Alan Freed 3/4

3
Privat hatte Alan Freed in den frühen Morgenstunden einer Nacht im April 1953 einen schweren Schlag hinnehmen müssen. Auf der Heimfahrt von einer seiner Radioshows schlief er am Steuer ein und knallte gegen einen Baum. Ob er besoffen oder einfach nur müde gewesen war, vermochte ich nicht zu klären.
Die Polizei fand ihn glücklicherweise; ihm wurde sogleich Adrenalin gespritzt, weil das Herz zu schlagen aufgehört hatte. Dazu hatte er eine durchstochenen Lunge sowie Schäden an Leber und Milz. Die Haut im Gesicht musste ihm abgezogen und ersetzt werden.
Nachdem er also glücklicherweise überlebt hatte und gesundete, erklärten ihm die Ärzte, dass er wohl keine 10 Jahre mehr leben könnte und nie mehr Drinks zu sich nehmen dürfte. Alan Freed sollte noch etwas mehr als 10 Jahre überleben. Das Trinken jedoch hatte er nicht aufgeben wollen, er soff einfach weiter.
Der Sender WINS gab Alan Freed eine zusätzliche Show hinzu. Und so ganz nebenbei sicherte er sich einige Co-Autorenrechte und damit Tantiemen für die von ihm gespielten Songs. Und dann war es endlich so weit: Alan Freed moderierte eine TV-Show! Seine Freitagabend Show "The Big Beat" war mit ihrer Erstausstrahlung am 4. Mai 1957 die allererste, welche mit einer Mischung aus Pop- und Rhythm & Blues Acts in der Flimmerkiste glänzen konnte.
Man sollte hierbei aber auch berücksichtigen, dass Alan Freed wohl nicht nur aufgrund seines Autounfalls mindestens 10 Jahre älter aussah als ein Mittdreißiger, der er eigentlich war. Stocksteif und starr moderierte er die Shows und wirkte dadurch eher wie ein Fremdkörper. Keine Frage, für einen Teenager sah Alan Freed ultimativ wie der typische Erwachsene aus.
Dies geschah vier Monate, bevor Dick Clark mit "American Bandstand" debütierte. Zu dem Zeitpunkt war es allerdings schon mit der Herrlichkeit von "The Big Beat" vorbei gewesen, denn ABC stellte die Show von Alan Freed bereits nach der zweiten Sendung ein.
Die Filialen von ABC in den Südstaaten zeigten sich überhaupt nicht begeistert, als der schwarze Sänger Frankie Lymon im TV mit einem weißen Mädchen getanzt hatte. Ein Skandal! Für Alan Freed stellte die Hautfarbe kein Problem dar, in dieser Hinsicht war er farbenblind. Er stand einfach auf den Beat, mochte die Leute, die diese Musik machten. Die Hautfarbe spielte für ihn schon mal gar keine Rolle.
Nicht zuletzt aus diesem Grund konnte er sich zurecht als Fürsprecher der Kids und Verteidiger des Rock 'n' Roll darstellen. Dies wird in den Musikfilmen, in denen er ab 1956 Hauptrollen übernahm, besonders deutlich. Schaut euch nur mal "Mr. Rock 'n' Roll" oder "Don't knock the Rock" an. In beiden Filmen gab er den Moderator einer entsprechenden TV-Show, in der dann viele der heute unvergessenen Musiker auftraten, während das ausschließlich jugendliche Publikum dazu tanzte.
The Big Beat
Neben diesen Aktivitäten nahm der umtriebige Freed auch noch jede Woche eine halbstündige Sendung namens "Jamboree" für Radio Luxembourg auf, das seinerzeit in Europa und auch auf den britischen Inseln zu empfangen war. Und in Liverpool war Radio Luxembourg besonders gut zu empfangen. So sollen Paul McCartney und John Lennon dank Jamboree Little Richard und Chuck Berry kennen und lieben gelernt haben.
In den USA heizte Freed die Stimmung mit seinen Konzerten immer weiter an. Die erfolgreichen Auftritte der Rhythm & Blues Künstler in den Theatern der Paramount in Manhattan und Brooklyn lockten sowohl weiße als auch schwarze Musikfans an, was weder der Kirche noch der Obrigkeit gepasst haben dürfte.
Das hielt Alan Freed natürlich nicht davon ab, seine Aktivitäten auf Tourneen in Dutzenden von Städten auszudehnen. Bei diesen Gelegenheiten präsentierte er Größen wie Jerry Lee Lewis oder Chuck Berry, die dadurch ihren Bekanntheitsgrad sicherlich weiter steigen konnten.
Am 3. Mai 1958 machte sein Tross in Boston Halt. Die überaus kirchlich angehauchten Bürger in Boston waren ob dieser Show sehr nervös geworden, wodurch eine verstärkte Polizeipräsenz erforderlich wurde. Als diese das Licht einschalten ließen, weil sie Randale befürchteten, war das Chaos vorprogrammiert.
Alan Freed sprach die Kids darauf an: "Es sieht so aus, als ob die Polizei nicht will, dass ihr euch hier amüsiert. Kommt schon, lasst uns eine Party feiern." Das ließen die sich nicht zweimal sagen und stürmten die Bühne. Dank der anschließenden Schlägereien nach dem Konzert in der U-Bahn wurde Freed am Ende wegen "Anstiftung zum Aufruhr während einer Rock 'n' Roll Show angeklagt. Infolgedessen wurde der Rest von Freeds Tournee abgesagt.
WINS trennte sich ganz schnell von Alan Freed, als dieser nach New York zurückgekehrt war. Der Sender hatte viele Gründe, mit Allen Freed unzufrieden zu sein. Einer davon war seine zahlreiche Aktivitäten außerhalb der Stadt, ein anderer betraf die Bestechlichkeit von Alan Freed. Außer in New York und Pennsylvania war es nämlich legal, das Discjockeys Geld oder Geschenke von Plattenfirmen erhielten, wenn sie deren Platten spielten.
Hierzu musste man diese Vergünstigungen lediglich bei der Einkommensteuer angeben. Doch unser Tausendsassa ließ sich einfach nicht unterkriegen. Am 2. Juni, also keinen Monat später, tauchte er beim New Yorker Radiosender von ABC namens WABC wieder auf. Nun war es wieder an der Zeit, seine Fernsehsendung "Big Beat" noch einmal aufleben zu lassen.
Auf WNEW, einem Fernsehsender der ABC. Doch auch hier war Alan Freed keine lange Ruhephase vergönnt. Ende 1959 fasste die New Yorker Staatsanwaltschaft den Entschluss, Anklage wegen Bestechung von Diskjockeys zu erheben. Die Staatsanwaltschaft kündigte umgehend Anhörungen vor Grand Jury an, zur selben Zeit, während sich ein Unterausschuss des Repräsentantenhauses mit Payola befasste.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen