Sonntag, 22. Dezember 2019

Uncle Fester: grad gelesen Dezember 2019

Peter Cawdron - Habitat
Der Neuseeländer Peter Cawdron wurde von Philip K. Dick und Arthur C. Clarke inspiriert. So die Beschreibung zum Autor. Klingt irgendwie nach Spargel mit Spagetti - passt also nicht. Aber: Der Roman ist gut und erschreckend passend zur aktuellen Lage auf diesem Planeten.
Aber jetzt zur Sache Schätzchen. 120 Forscher sollen über eine Zeitraum von 10 Jahren die Möglichkeit einer Besiedelung des Mars ausloten. In 4 Modulen sind die 4 Machtblöcke der Erde abgedeckt. Die Amis arbeiten mit den Russen, Chinesen und Eurasiern (also dem Rest der Welt) kollegial zusammen, bis die Nachricht vom 3. Weltkrieg den Mars erreicht.
Die Amerikanerin Liz ist mit Jianyu, dem chinesischen Chefarzt der Mission, liiert und nach dem Atombombeninferno auf der Erde entsetzt, wie schnell sich die Animositäten der Machtblöcke auf der Erde in der eigentlich unpolitischen Atmosphäre auf dem Mars auswirkt.
Zugespielt werden den Wissenschaftlern auf dem Mars Aufnahmen von den tödlichen Abwürfen der Atombomben auf die Metropolen dieser Welt. Zunächst scheinen die US Amerikaner die Aggressoren zu sein, was Liz von ihren Landsleuten entfremdet. Die Amis geben den Russen die Schuld und am Ende stellt sich eine künstliche Intelligenz als Übeltäter heraus.
Jianyu wird durch einen Bot getötet. Endlich raufen sich die Menschen zusammen und vergessen ihre bisherigen kleinlichen Händel. Da die KI dank der von ihr kontrollierten Bots das Habitat der Eurasier und das Verbindungsmodul zwischen den 4 Habitaten zerstören konnte, müssen die überlebenden Forscher zu entfernten Außenposten auf dem Mars fliehen.
Am Ende ist es die Ich Erzählerin Liz, die mit Hilfe von Harrison, ihrem Ex Geliebten und stellvertretenden amerikanischen Kommandanten, die KI besiegt. In einer ausgiebig geschilderten Sequenz erwehren sich beide angreifenden Bots, während LIZ die Stecker im Serverraum zieht, so dass die KI am Ende tot ist.
Im Epilog ist den Forschern die Lage auf der Erde immer noch nicht klar, dem Leser aber auch nicht. Wichtiger war es Cawdron, dem Leser Verständnis für die Andersartigkeit einer künstlichen Intelligenz näher zu bringen. Deshalb ist die KI nach dem Neustart der Server von Jianyus Bewusstsein beseelt. Da hat Liz genug zu forschen.
Ein schöner Roman mit einer klar umrissenen Handlung, bei dem es mal nicht um die Rettung des Universums geht.


                              

Andreas Brandhorst - Eklipse
In diesem Brandhorst muss nicht das Universum , sondern nur die Erde gerettet werden. Ich frage mich jedes Mal, woher Brandhorst all seine Ideen nimmt. Peter F. Hamilton fällt mir zu diesem Einzelroman als mögliches Vorbild ein. Und Brandhorst schaffte es auch diesmal, mich zu begeistern. Trotz großem beruflichen Stress brauchte ich für die satten 480 Seiten keine 2 Wochen.
Nach fünf Jahrzehnten kehrt das Raumschiff Eklipse mit reicher Beute von Ausgrabungen auf fremden Welten zur Erde zurück. Dank der Artefakte werden die Besatzungsmitglieder als reiche Menschen ihr restliches Leben bestreiten - dachten sie.
Doch sie haben unwissentlich ein „Spike“ an Bord. Diese von den Tahota, einem verschwundenen Volk, welches einst die Galaxis kolonialisiert hatte, konstruierte Lebensform vernichtet sämtliches tierische Leben auf den Planeten, auf die es losgelassen wird. Wie ein Virus verbreitet es sich in den Wirtskörpern, um dann in großer Gestalt quasi unbezwingbar zu werden. Die Besatzung hat nur acht Tage Zeit, die Erde zu retten, als sie bemerken, dass die Spike Sporen nicht nur Swift, die Nummer Eins des Teams an Bord, während der Tiefschlafphase getötet hatten, sondern auch schon zur Erde unterwegs sind.
Außerdem muss die Crew feststellen, dass niemand ihre Rufe beantwortet. Die Erde schweigt, Dazu hat sich um das Sonnensystem eine Gravitationsanomalie gelegt, die die Eklipse fast auseinanderreißt. Die überlebenden Besatzungsmitglieder müssen die Eklipse verlassen, um dem Spike hinterherzujagen. Eine Bombe (Kernbrecher) nehmen sie noch mit; die einzige Chance, dass Spike zu zerstören.
Lediglich Grayland, der Archäologe des Teams, bleibt an Bord, um mit der KI das antriebslose Schiff zu reparieren und zur Erde mit der gesamten Beute aus 50 Jahren zurückzuführen. Alle wussten aber, dass ein Besatzungsmitglied vom Spike infiziert ist und die Katastrophe eingeleitet hatte. Jeder verdächtigt jeden - praktischerweise erfährt Grayland sehr schnell, wer der Infizierte ist. Der Autor verrät es uns allerdings nicht.
Brandhorst baut die Spannung dadurch erst richtig auf. Während die Nummer 2, Samantha, zusammen mit dem Wissenschaftler Rufus M., der zwei Persönlichkeiten hat, auf der deformierten Erde landet und sich auf der Suche nach dem Spike unter die wenigen noch lebenden Menschen mischt, fliegen Lorenti, der Bordingenieur, und Kralle, die Pilotin vom Volk der Katzenwesen Innanawitt, getrennt. Beide hassen sich und verdächtigen sich gegenseitig, der Verräter zu sein. Letztendlich stirbt Lorenti bereits in der Mitte des Buches durch Markus, dem Machthaber auf dem Teil der Erde, auf dem die Crew gelandet war.
Markus war und ist Chef der Transportgesellschaft und herrscht mit eiserner Hand über eine postindustrielle Zivilisation, in der technisches Wissen verloren ging, Flugzeuge oder Autos aber noch funktionieren, bis sie repariert werden müssten. Die zerrissene Erde ist seit dem großen Bruch in viele voneinander abgeschottete Teile zerfallen. Andere Teile kann man nur über die Bögen erreichen, die eigentlich Tore sind und die einzelnen Teile verbinden. Nur die „Stadt im Eis“ ist nicht zu erreichen.
Dort, wo die alte Technologie sich gehalten hat, will Markus hin und sich an den „Alten“ rächen, die angeblich ihn und den Rest der Menschheit im Stich gelassen haben. Er jagt die junge Rebecca, die mit dem Waisenknaben Jasil vor seinen Häschern flieht. Denn Rebecca (und auch Jasil) hat die Gabe, Bögen zu spüren. Mit ihrer Hilfe hofft er die Stadt im Eis zu erobern.
Rebecca glaubt, dass die Rettung und Wiederherstellung der Erde aus dem All in Form von Samantha und Rufus M. naht. Mit ihrer Hilfe kann Rebecca Markus entkommen und erreicht schließlich die Stadt im Eis. Immer gejagt von Markus. Und auch das Spike hat inzwischen seinen kaum besiegbaren Endzustand erreicht.
Kralle ist unterdessen Markus und seinen Schergen entkommen. Über einen Bogen konnte sie Kontakt zur Eklipse herstellen und versucht zusammen mit Grayland, Samantha eine Nachricht zukommen zu lassen. Denn Samantha ist diejenige, die mit dem Spike infiziert wurde, und das war genau so vom Institut geplant. Der Institution, die die Eklipse einst auf die Reise schickte und die sich in die Stadt im Eis zurückgezogen hatte.
Es stellt sich heraus, das das Institut ein Artefakt der Tahota - die „Varianz“ - auf die Erde gebracht und eingeschaltet hatte. Die Varianz löste dann den Bruch aus, der sich immer weiter ausbreitet und sogar die Milchstraße zu zerstören droht. Die Besatzung der Eklipse versucht, wie in „Täglich grüßt das Murmeltier“ die Varianz durch das Spike in Samantha zu zerstören. Bislang waren sie aber immer gescheitert, weil zumeist die Unabhängigen, radikale Umweltschützer und Gegner des Institus, die Zerstörung verhindert hatten.
Dieses Mal endlich kann Kralle Samantha eine Nachricht schicken, um das Spike nicht zu zerstören. Zu dem Zeitpunkt haben Rebecca und Jasil den Bogen zur Stadt im Eis geöffnet. Dort, wo keiner mehr lebt, weil die Unabhängigen und die Institutsleute sich gegenseitig niedergemacht hatten, kommt es scheinbar zum Showdown mit Markus und seinen Leuten, aber als das Spike schließlich die Varianz zerstört, ist der Teufelskreis zerbrochen.
Kralle und Grayland verschlägt es mit der Eklipse bis in den Andromeda Nebel, den sie erforschen wollen. Samantha starb bei der Zerstörung; ihr Bewusstsein wird vom Spike zu den in einer sternenlosen Leere gestrandeten Tahota gebracht. Markus ist mit seiner Frau als Wissenschaftler auf einem Planeten im Alpha Centauri System gelandet, während Rebecca und Jasil auf der Erde die Gräber für die Besatzungsmitglieder der Eklipse pflegen. Rufus M. besucht ein Kloster auf einem fernen Planeten und wird das Buch schreiben, welches Rebecca während der ganzen Story gelesen hatte und ihr den Weg wies.
Gut, Lorenti fehlt hier, der war aber auch schon vorher raus. Brandhorst hat ein rundes Ende für diesen Roman gewählt und ließ mich nachdenklich zurück. Mir hat die Story sehr gefallen, insbesondere die überraschende Auflösung gegen Ende mit der Zeitschleife. Dieser abrupte Handlungswechsel erinnert mich stark an Dick. Kann man einem deutschen Autor ein größeres Kompliment machen?

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