Dienstag, 3. Dezember 2019

Hartmudo: Rampensau


Als ich im November mit meiner Löwin – oder auch allein – auf VOX unterwegs war, lief jedes Mal in der Werbepause ein Trailer für eine neue Serie. Diese Eigenproduktion des Senders wurde natürlich beworben ohne Ende. Der Name der Serie – Rampensau – erschloss sich mir anfangs nicht. Überhaupt war mein Interesse an dieser Serie eher nicht vorhanden. Deutsche Serien im Free TV, zumal bei einem RTL Sender, sind allgemein zu platt.
Bereits mit dem „Club der roten Bänder“ hatte VOX einen Erfolg sowohl beim Publikum als auch bei den Kritikern erzielen können. Bei mir allerdings nicht, was zugegebenermaßen am Thema (krebskranke Jugendliche) lag. Obwohl ich nie eine Folge gesehen hatte, war ich voreingenommen und ignorierte diese mehrfach preisgekrönte Serie. Das bei der Rampensau dieselben Showrunner unterwegs sind wie bei den Bändern bekam ich übrigens erst nach den ersten beiden Folgen mittels Recherche heraus.
Am Buß- und Bettag (20.11.), einem Mittwoch, lief die Rampensau bei VOX zur Primetime um 20.15 Uhr an. Jeweils 5 Mittwoche hintereinander haut VOX die Serie jeweils in Doppelfolgen raus; danach ist Weihnachten. Am frühen Abend saß ich vor meinem Rechner, haute in die Tasten und fuhr nebenbei einige Strecken auf Mario Kart Tour, dass bereits am ersten Tag der Veröffentlichung einen neuen Downloadrekord aufstellen konnte. Meine Löwin befand sich außerhäusig bei Freundinnen und erschien erst kurz nach 20.00 Uhr. Die zweite Staffel von „Jack Ryan“ auf Amazon Prime anzufangen, schien mir deshalb nicht angezeigt zu sein.
Ich fragte meine Löwin, ob wir die Rampensau schauen wollten, da sie noch Telefonate führen musste und beim Serieneinstieg in Jack Ryan sicher nicht vor Müdigkeit wegdämmern wollte. Sie erklärte sich einverstanden und ich stellte gleich mal den richtigen Sender ein. Da lief noch „Prominent“, eine Sendung wie eine Frauenzeitschrift und genauso informativ. Ich musste zum Glück nur den letzten Beitrag ertragen, und der befasste sich schon mit der Rampensau.
Die Schauspielerin Jasna Fritzi Bauer – eine Schweizerin – ist 30 Jahre alt und wollte nicht mehr Teenagerrollen spielen. Ihr Problem: Sie sieht halt aus wie ein 16jähriges Mädchen, ist aber keins. Doch für die Rampensau hatte sie noch einmal eine Ausnahme gemacht, denn… sie spielt dort eine 30jährige Schauspielerin namens Shiri, die es leid ist, ewig aufgrund ihres Aussehens für einen Teenager gehalten zu werden.
Doch um ihren Freund aus dem Knast zu helfen, lässt sich Shiri mit der Polizei auf einen Deal ein: Shiri ermittelt in einem Gymnasium Undercover gegen einen Dealer Ring, der dort Ecstasy Pillen an die Kids vertickt und dafür wird ihr offensichtlich unschuldiger Freund, dem der Verkauf zur Last gelegt wird, frei gelassen.
Das klang dann doch schon mal interessant und als ich 5 Minuten später die ersten Szenen sah, wo die kratzbürstige Shiri von den Dealern aufgegriffen wird, einen Polizisten verraten soll und als Drohung mit dem Kopf vor einem durchdrehenden Reifen eines Transporters gelegt wird, war ich positiv überrascht.
Als dann die Einblendung „…6 Tage zuvor“ mit einem Mini-Intro für die Serie kam, ahnte ich schon, dass ich an diesem Abend die richtige Wahl getroffen hatte. Zusammen mit der gut hörbaren Musik von Tina Pepper geht es gleich hinein in die Schulhofszenerie. Auch der Frust, den Shiri bei ihren Dulli-Jobs schiebt, und ihre Wutausbrüche lassen von Beginn an keinen Zweifel: Das ist keine RTL Familienunterhaltung, die alle ansprechen soll (und es dann eh nie schafft) und eine heile Welt vermittelt.
Dankenswerterweise haben die Macher hier den Weichspüler weggelassen. Und Jasna Fritzi Bauer ist in all ihrer Wut die Rampensau, die man entweder mögen muss oder eben nicht. Ihr überdrehtes Spiel erinnert stark an die Vorzeigeserien der neuen Fernsehwirklichkeit. Als da wären „Breaking Bad“ oder „Fargo“, um nur zwei zu nennen.
Wer die vorgenannten Serien mag, sollte seine Bedenken gegen RTL Serien kurz auf den Balkon stellen und sich einfach mal auf diese Serie einlassen. Zwei oder drei Nebendarsteller aus der überragenden ZDF Serie „Weißensee“ runden hier das gute Casting ab. Und das Beste: Der erste Werbeblock kam erst nach eineinhalb Stunden – also eine gute Viertelstunde vor Ende der zweiten Folge!
Wenn der schleimige Bulle von Shiri einen Gefallen einfordert (und damit die Arbeit Undercover meint) und diese dann augenblicklich anfängt, ihre Bluse aufzuknöpfen… Oder sie einen Regisseur bittet, ihren Freund Jan nicht aus dem Film rauszuschmeißen! Da muss sie in einer Schulmädchenuniform Krümel vom Boden auflecken – immer „freiwillig“ wegen „#metoo“ gefilmt! Um diesen Typen dann in die Eier zu treten.
Einiges an dieser Serie ist sicherlich etwas platt, aber das trübt nicht den insgesamt guten Eindruck. Ich möchte abschließend mal so sagen: Tatort war gestern!

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