Montag, 2. April 2018

Hartmudo Spezial: Mutter

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So schnell, wie Sunny und ich uns am Telefon in die Haare kriegten, so schnell beruhigten wir uns auch wieder. Von einen auf den anderen Moment sprachen wir wieder total sachlich miteinander. Meine Löwin konnte dies nicht nachvollziehen. Sie meinte, sie könnte so etwas nicht und fand dies typisch für meine Familie.
Da hat sie natürlich recht. Meine Löwin wertet dies als eine eher negative Eigenschaft, was ich natürlich auch so unterschreiben würde. Allerdings bringt das in solchen Situationen wie im Streit mit Sunny überhaupt nichts, zumal wir noch kooperieren mussten. Die Seebestattung für Mutter stand bald an.
Die Reederei hatte sich bereits in der Vorwoche bei Berta gemeldet. Der Termin der Seebestattung würde Mittwoch, der 26. Oktober, sein. Um 11.45 Uhr sollten wir uns direkt beim Schiff am Ostpreußenkai in Travemünde einfinden. Hierüber musste ich noch mit Sunny verhandeln, ein Gespräch zwischen meinen Schwestern war zu diesem Zeitpunkt wohl schon nicht mehr machbar.
Tage wie Wochen später hatte ich diesen urplötzlichen „Stimmungsumschwung" für mich analysiert. Ich halte dies nicht für eine negative Eigenschaft, denn in meinem Beruf muss ich des öfteren Ruhe bewahren. Das fällt manchmal schwer, besonders wenn man als Arschloch beschimpft wird.
In solchen Situationen schlagen dann die Gene meiner Mutter durch, fragt meine Kolleginnen. Oder besser diejenigen meiner Kunden, die mich in der Vergangenheit des Öfteren zur Weißglut gebracht haben. Denn die stellten alle irgendwann fest, das ich nur rumschreie, wenn ich richtig genervt bin. Ansonsten bin ich eher ruhig, vor allem freundlich. Das war der Charakter meines Vaters.
Aber genug davon. Ich besprach mit Sunny noch schnell den Termin in der dann folgenden Woche in Travemünde. Auch hatte ich für Dörte und Wolfgang noch eine Kopie der Sterbeurkunde am Sonntag in Mutters Wohnung für Sunny mitgebracht, da diese die Kopien für ihre Arbeitgeber brauchten, da sie mit ihrer kleinen Tochter auch mitkommen würden.
Apropos Arbeitgeber: Eine Woche vorher beim Urlaubsantrag konnte ich den zweiten Tag Sonderurlaub wegen der Seebestattung noch in meinen Urlaub einbauen. Für den ersten Tag, den ich für die Trauerfeier genommen hätte, musste ich doch tatsächlich eine Kopie der Todesanzeige mit dranheften.
Als ob ich den Tod meiner Mutter nur vortäuschen würde, um Urlaub zu schinden. Wittkamp hatte sich deswegen mehrfach entschuldigt, ich war da eher amüsiert. Nachdenklich stimmt mich das scheinbare Misstrauen meiner Amtsleitung schon, aber wahrscheinlich machten die sich gar keine Gedanken darüber, die gingen da lediglich streng nach Vorschrift ran.
Aber Schwamm drüber. Auch das Telefonat mit Sunny ging vorbei, allerdings hatte ich nach dem Auflegen noch den ganzen Abend lang Herzklopfen, so sehr hatte mich Sunny mit ihrem Gekreische aufgeregt. Nun gut, die Kopien der Sterbeurkunden für Dörte und Wolfgang hatte sie ja bereits. Nüchtern betrachtet, ist das gegenseitige Anschreien auch nicht gerade zielführend.
Zumal der Vorwurf, das sich Berta und wahrscheinlich meine Wenigkeit gleich mit an dem Schmuck bereichert hätten, halte ich nach wie vor für eine nicht zu tolerierende und vor allem böswillige Unterstellung. Wenn Du Deinen eigenen Geschwistern so etwas zutraust, dann bist Du für rationale Erklärungen nicht mehr zugänglich.
Das klingt jetzt widersprüchlich, weil demnach könnte man ja ruhig rumpöbeln, weil es sowieso egal ist. Aber nein, das genaue Gegenteil ist der Fall. Denn wir mussten noch den Haushalt auflösen und die Wohnung verkaufen, also das Erbe aufteilen. Und Mutter war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal beerdigt worden.
Und wenn ich dann mit meiner Schwester nicht vernünftig reden konnte, da sie sich übervorteilt fühlte und deshalb auf Krawall gebürstet war, musste ich notgedrungen zusehen, das die Lage nicht noch weiter eskaliert. Sunny ihrerseits dachte dies bestimmt genauso und blieb dann auch ruhig, was es uns in der Folge auch ermöglichte, die Formen zu wahren und nach außen vernünftig miteinander umzugehen, vorerst zumindest.
So hatten Sunny und ich dann auch noch fast eine Woche bis zur Seebestattung in Travemünde Zeit, um runterzukommen. Derweil freuten meine Löwin und ich uns auf Riga, was dann ja am Mittwoch losging. Morgens fuhren wir mit der Bahn nach Bremen, um dann zusammen mit Dora und Herbert nach Riga zu fliegen.
Dort hatten wir schöne eineinhalb Tage und abends immer Karten gespielt, eine Wohltat nach all dem Stress. Den Streit mit Sunny am Telefon konnte ich dabei gut vergessen, zumal meine Löwin und ich in Riga auch unseren Hochzeitstag zu feiern hatten. Hierzu gratulierte mir Sunny noch per Whatsapp, da war ich richtig baff.
Auch ich schickte in der Folge liebe Nachrichten, auch Bilder und Videos an sie. Dabei kristallisierte sich heraus, das wir beide versuchten, die Differenzen zwischen uns beizulegen, auch wenn es nur mit Ausklammern der leidigen Schmuckgeschichte ging. Zusätzlich wollten wir beide auf „schön Wetter" machen, wobei für mich sicherlich die rationelle Befürchtung maßgebend war, das Sunny ansonsten richtig dicht macht und nur noch querschießt.
Doch trotz allem Streit hatte ich das Bedürfnis des Zusammenhalts innerhalb der Familie nicht komplett aus meinem Katalog geworfen. Schon seit dem Sommer, als wir uns zusammen um Mutters Angelegenheiten kümmern mussten, hoffte ich, das uns die notwendige Zusammenarbeit wegen Mutters zunehmender Pflegebedürftigkeit ein wenig besser zusammenschweißen würde.
Diese Hoffnung erfüllte sich bislang nicht. Anstatt uns näher zu kommen, entfernten Sunny und ich uns voneinander. Das stimmt mich bis heute traurig, zumal ich mehr und mehr den Eindruck gewinnen musste, das es Sunny ihrerseits eben nicht so ging. Die zog wie weiland unsere Mutter ihr Ding auf Teufel komm raus durch. Ob dadurch die Familie zerstört wird, war ihr egal. Schuld haben da eh nur die Anderen.
Derweil ging die erste Woche unseres Urlaubs dem Ende entgegen. Meine Löwin und ich kehrten am Freitag erst gegen 23.00 Uhr aus Riga nach Hause zurück; die lange Wartezeit am Omnibusbahnhof in Bremen auf den verspäteten Bus hatte uns zermürbt. Dennoch fuhren wir bereits am nächsten gegen Tag zu Kroll und Jenny.
Nur ein paar Stunden hatten wir Zeit, um unsere Koffer neu zu packen und die beiden über einen Zwischenstopp bei der Frankfurter Buchmesse zu besuchen. Auf der Buchmesse wollte ich zum Stand von epubli, da diese ein Foto von mir mit meinem Buch über die Fussball EM (Warum spielt denn der Poldi nicht?) ausstellen wollten. Kaufen könnt Ihr das lesenswerte Buch über epubli direkt oder auch bei Amazon.
Nicht so müde, liebe Leute! Kauft es und macht mich reich.

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