Donnerstag, 13. April 2017

Hardrock Gunter 6/6

„Jukebox help me find my Baby“ setzte bei Veröffentlichung nicht gerade die Welt in Brand. Der Song erfreute sich lediglich eines begrenzt lokalen Airplays, und zweifelsohne verkaufte sich der Song in der Gegend von Wheeling nicht mal schlecht. Das änderte sich sogar noch zum Besseren, als der DJ Bill Randle aus Cleveland über die Single stolperte.
Randle war zu der Zeit sehr einflussreich. Teilweise machte man ihn verantwortlich für den Durchbruch von Elvis außerhalb des Südens. Vielleicht auch deshalb bezeichnete ihn das Fachblatt Downbeat als wichtigsten und sichersten Hit-Entdecker des Landes. Randle`s Airplay und Werbung für „Jukebox help me find my Baby“ führte nicht zur Platzierung des Songs in den lokalen Charts von Cleveland, nein, der Song schoss durch bis auf Platz 1 dieser Charts. Da jetzt auch andere DJ`s in den Staaten auf den Zug aufsprangen, sah es ganz danach aus, als ob Hardrock Gunter mit diesem Song einen nationalen Hit in den Händen hielt.
Und genau zu diesem Zeitpunkt tauchte Sam Phillips wieder in die Szene ein. Er sprang auf den Zug auf und wollte die Master leihen, um die Platte auf Sun noch einmal veröffentlichen zu können. Hardrock stimmte dem zu und das Master wurde nach Memphis zu Sun Records geschickt. Diese Entscheidung sollte Hardrock noch bereuen, so wie sein Entschluss zuvor, Sam Phillips überhaupt mit ins Boot zu holen.
Denn als Phillips das Master erhielt, entschied er eigenmächtig, das die Aufnahme zu lang sei und schnitt ungefähr zwanzig Sekunden heraus. Dem Schnitt fielen Hardrock`s improvisiertes Basssolo sowie einige andere kleine Gimmicks zum Opfer. Hardrock war davon überzeugt, das die Verkäufe der Sun-Version deshalb hinten runter fielen. Vor dieser Fassung verkaufte sich die Single prächtig; Sam Phillips entfernte wohl mit den Gimmicks gleich den kommenden Hit.
Unterdessen gründeten Hardrock und Bobby Durham ihr eigenes Plattenlabel in Wheeling namens Emperor Records. Beide wollten endlich die Freiheit über die Abmischung der Songs haben, um sie bei entsprechendem Erfolg größeren Labels zur besseren Vermarktung zur Verfügung stellen zu können. Wie auch immer sie sich das dachten, aber Emperor hatte keinen Vertrieb. Die Platten verkauften sich lediglich über Radio Airplay oder bei Auftritten.
Nahezu jeder Musiker, der beim Jamboree teilnahm und noch keinen Plattenvertrag hatte, wurde überredet, für das Label Emperor aufzunehmen. Hardrock`s eigener Beitrag auf seinem Label war der klassische Rocker „Whoo I mean free“.
Bei diesem Song nutzte er wieder mal eine Echokammer, um noch einmal den atmosphärischen Sound von „Jukebox help me find my Baby“ einzufangen. Von da an nahm Hardrock seine Stücke in diesem Stil und vor allem Tempo auf. Um die allgemeine Klangqualität zu verbessern, setzte er verstärkt auf diese Echoeffekte. Dieser Gimmick erreichte seinen Höhepunkt mit dem Song „Boppin` to the Grandfather`s Clock“. Diesen Midtempo-Rocker nahm Hardrock unter dem Pseudonym Sidney Jo Lewis auf und verlieh die Aufnahme an Island Records in Cleveland zur besseren Vermarktung. Der Einsatz eines Echos auf dieser Aufnahme grenzt schon ans Absurde, ist aber nichtsdestotrotz sehr effektiv, um einen unverkennbaren Sound zu kreieren, den Hardrock Gunter sich permanent als Ziel gesetzt hatte.
Hardrock verlieh mehrere Songs an Island, darunter auch eine neu eingespielte Version von „Birmingham Bounce“. Einen anderen Midtempo-Song nahm er mit „Rock-a-Bop Baby“ auf. Beide Songs wurden zusammen mit Material von Bobby Durham, den Cook Brothers und Bill Browning auf einer Eight Track EP, dem WWVA Jamboree Special, bei Island veröffentlicht.
Hardrock nahm fortgesetzt in Wheeling auf und nahm sein nächstes Projekt in Angriff; sein erstes Album namens „Songs they censored in the Hills“. Einige der Songs, die für das Album ausgesucht wurden, würde man, am heutigen Standard gemessen, als gewagt bezeichnen. Aber vor 60 Jahren waren Songs wie „I`ll go chasin` Women“, „Mountain Dew“ oder „the right Key but the wrong Keyhole“ beim Establishment schlichtweg verpönt.
Das Instrumental „Jumping Mule“ für das ‚D‘ Label aus Houston leitete eine Serie von Platten auf Hardrock`s neuem wie eigenem Gee Gee Label ein. Diese Scheiben waren eine wilde Mischung aus Singles, EP`s und auch Alben. Sie wurden einzig und allein als „Souvenirs“ produziert und waren lediglich bei Live-Auftritten oder bei WWVA direkt käuflich zu erwerben. Zunehmend nutzte Hardrock diese Veröffentlichungen, um sein Können als Gitarrist unter Beweis zu stellen.
Hardrock selbst sah sich als Entertainer und wusste, das er kein begnadeter Sänger war. Aber er schrieb gute Texte und ein noch besserer Gitarrist, deshalb stellte er dieses Können in den Vordergrund.
Nach seinen Veröffentlichungen auf Gee Gee blieb er zwar mit verschiedenen Labels in Kontakt, sporadisch tauchte er sogar noch in Studios zu Aufnahmen für verschiedene Labels auf. Zwischen 1964 und 1971 nahm er gar keine Platten mehr auf. Es wurde still um Hardrock Gunter. Der große Erfolg war ihm nie beschieden, aber trotzdem prägte er den frühen Rockabilly durch seine Wurzeln im Country.
Erst 1995 reiste Hardrock Gunter zum ersten Mal in seinem Leben nach Europa, um beim „International Rockabilly & Rock `n` Roll Meeting in München mit Wanda Jackson aufzutreten. Im Alter von 88 Lenzen verstarb Hardrock Gunter am 15. März 2013 an einer Lungenentzündung. Sein wohl wichtigstes Vermächtnis ist „Birmingham Bounce“. Von der country-lastigen Seite her möchte ich diese Nummer als allerersten Rockabilly Song durchgehen lassen.

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