Mittwoch, 23. November 2016

Hartmudo Spezial: Die dicke Wade 13/17

Trotz der offenbar vorherrschenden guten Laune war Horst für die Abwechslung dankbar und lotste mich gleich auf den Flur. Er setzte sich schon mal an den kleinen Besuchertisch, während ich die braune Lulle aus der Thermokanne in Gläser füllte; saubere Tassen waren mal wieder aus.
Horst hatte nochmal bekräftigt, das er ganz großen Bammel vor der Operation gehabt hatte. Zu seinem Glück waren die Nierensteine eher klein und konnten durch das Spülen herausgelöst werden. Eine richtige OP mit Schnippeln hätte er nicht machen wollen.
Vom Arzt, der ihm den Katheder gelegt hatte, war er ebenfalls nicht begeistert. Er drei brutal gewesen, das hatte er wohl schon sanfter erlebt. Während seiner Schilderung rutschte ich nervös auf meinem Stuhl hin und her. Es gibt halt Themen, auf die kann ich im Leben nicht wechseln.
Interessanter fand ich da seine Erzählungen über die Kindheit. So hatte er Glück gehabt, das er aus der damaligen sowjetischen Besatzungszone zurück zu seiner Mutter nach Braunschweig konnte. Da hatte der russische Kommandant im Ort seiner Verwandten, bei denen er eine Zeit lang am Ende des Krieges lebte, weil es in Braunschweig bei all den Bombenangriffen nicht sicher war, ein Einsehen gehabt und den kleinen Horst zurück in den Westen gelassen.
Es war ihm förmlich anzumerken, das ihm bei diesem Krankenhausaufenthalt sein ganzes Leben durch den Kopf ging. Es tat ihm richtig gut, sich jemand anderem mitzuteilen. Deshalb schreibe ich seine Erlebnisse so ausführlich, wie es meine Erinnerung erlaubt, auf, damit dieses eigentlich glückliche Leben in irgendeiner Form wenigstens in groben Zügen konserviert wird.
Leider musste ich gegen halb elf wieder in mein Zimmer zurück, weil ich noch zur Salzdahlumer gefahren werden sollte. Das MRT wartete also schon. Schweren Herzens verabschiedete ich mich von Horst, gern hätte ich noch mehr von ihm und seinem Leben, auch seinem Start ins Berufsleben bei VW gehört.
Sven schlief noch, als ich möglichst leise unser Zimmer betrat. Bis 11.00 Uhr hatte ich noch ein wenig Zeit und las noch ein paar Seiten. Kurz vor Elf machte ich mich friedfertig, sprich zog den Jogginganzug an, und setzte mich schon einmal auf den Flur, damit es schneller ging und Sven seine Ruhe hatte.
Der Taxifahrer kam mit etwas Verspätung und sah original aus wie Freewheelin' Franklin. Zu seinem Job gehört es übrigens, die Patienten von der Station abzuholen und zur Station am Ziel zu bringen. Das erzählte er mir als erstes auf dem Weg zum Fahrstuhl.
Der Drehtabak schaute aus seiner Jackentasche raus und auch sonst bewegte er sich extrem unhektisch. Das diese Klischees aber auch immer stimmen müssen, unglaublich. Abgesehen davon, war er wirklich nett. Sehr routiniert kutschierte er mich in den Nebeneingang der Klinik Salzdahlumer Straße, nicht bevor er bei der Info nach der Lage des MRT gefragt hatte. Nachdem ich seinen Krankentransportschein gegengezeichnet hatte, verabschiedete er sich.
Die Schwester der Station setzte mich wie erwartet erst einmal ins Wartezimmer, wo schon einige Leute herumsassen. Da Horst mir bereits von den langen Wartezeiten auf dieser Station erzählt hatte, war ich natürlich vorbereitet. Als erstes wanderte auch gleich mein Buch auf den Schoss und los ging es.
Eine halbe bis ganze Stunde las ich so gut es ging, denn ich konnte mich nicht wirklich auf das Buch konzentrieren. Immer wieder stockte ich, weil mir viele Sachen durch den Kopf gingen. So war die Schwellung in der Wade zwar immer weiter auf dem Rückzug, dafür bemerkte ich eine verstärkte Steifigkeit des Kniegelenks. Schuld hierfür war eindeutig die Baker Zyste in der Kniekehle, die mir das Anwinkeln des Knies erschwerte bis unmöglich machte.
Und was würde mich bei der Kernspin wirklich erwarten? Ich hatte ganz bewusst nicht im Vorfeld nachgefragt, denn ich wollte mich nicht verrückt machen lassen. Horst meinte lediglich, das das stille Liegen in der Röhre laut und unangenehm sein. Dunkel wäre es dazu, aber sonst? Jetzt war ich doch gespannt.
"Hartmudo, kommen Sie bitte mit". Die Schwester holte mich ab, wir gingen aber nur kurz um die Ecke herum, dort musste ich mich auf einen Stuhl im Flur setzen und warten. Die Schwester verschönerte meine Wartezeit, indem sie mir eröffnete, das sie mir gleich einen Zugang für das Kontrastmittel legen müsste. Eine größere Freude hätte sie mir kaum bereiten können.
Mit reichlich angespannten Gesicht saß ich kurze Zeit später ruhig da, während mir die Schwester einen Zugang legte, diesmal an dem anderen Arm als zuletzt. Ach, was hatte ich es vermisst, diesen süßen kleinen, aber ständigen Schmerz. Noch bevor sie anfing, bat sie mich, den Säugling auf dem Krankenbett zur Kernspin vorzulassen. Das Kind schlief gerade nach einer entsprechenden Injektion und würde wohl alsbald aufwachen.
Da stand ich selbstverständlich zurück, das ist ja wohl klar. So konnte ich das leichte Ziehen im Arm noch ein wenig länger genießen, ehe es für mich Zeit war. In einem abschließbaren Nebenraum zog ich Schuhe (meine Crocs Sandalen, was sonst) und Hose wie Jacke aus. Dann ging s hinauf auf die Liege vor dieser wunderhübschen Röhre.

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