Samstag, 13. Dezember 2014

Eddie Cochran 6/7

Gene Vincent`s anfangs auf 12 Tage konzipierte Tour im Dezember 1959 war derart erfolgreich, dass Jack Good augenblicklich eine elfwöchige Tour durch ganz Großbritannien arrangierte. Angekündigt als „The Gene Vincent Show“ startete die Tour Anfang 1960 mit dem „Co-Star“ Eddie Cochran.
Dieser hatte kurz zuvor eine Tour durch den amerikanischen Mittelwesten abgeschlossen und hatte vor seinem Abflug nach England gerade noch etwas Zeit herauspressen können, um in Goldstar Studios am 8. Januar 1960 eine Session aufzunehmen. Immerhin reichte es zu 3 Titeln: „Cut across Shorty“, „Cherished Memories“ und „Three Steps to Heaven“.
2 Tage später flog Eddie nach London; Tags darauf gab es im Hauptquartier von Decca Records einen Empfang für ihn. Zu diesem Zeitpunkt spulte Gene noch sein Konzertprogramm ab, während Eddie in Manchester für seine beiden Auftritte in „Boy meets Girl“ probte. Die Sendungen sollten am 16. und 23. Januar ausgestrahlt werden. Ihre erste gemeinsame Show spielten Eddie und Gene somit erst am 24. Januar in Ipswitch im „Gaumont“, um anschließend eine dreitägige Pause einzulegen, damit sie mit ihrer von Marty Wilde ausgeliehenen britischen Tourband namens „Wildcats“ das Programm einproben konnten.
Ende Februar waren Eddie und Gene zweimal gemeinsam in „Boy meets Girl“ zu sehen. Dazwischen lag noch ein Auftritt beim alljährlichen NME-Poll Gewinnerkonzert beim Empire Pool in Wembley. Danach reihten sich einwöchige Engagements in Leeds, Birmingham, Liverpool, Newcastle und Manchester bis in den frühen April hinein.
Jahre später äußerte sich Gene Vincent über diese Zeit dahingehend, dass Eddie und er „sich so nahe waren wie 2 Jungs es könnten ohne schwul zu sein“. Die wenigen Wochen der gemeinsamen Tour mit Eddie bezeichnete Gene deshalb als wahrscheinlich schönste Zeit seines Lebens. Kein Wunder, hatte er doch seit dem turbulenten Jahr 1957 nicht mehr den Erfolg und vor allem das Geld verdient.
Für die selbstzerstörerische Persönlichkeit eines Gene Vincent wirkte sich Cochran`s Anwesenheit beruhigend aus. Für Eddie war Gene das vermißte Alter-Ego. Während sich Gene durch seine raue und düstere Präsenz vom Mainstream absetzte, symbolisierte Eddie dank seiner bodenständigen Haltung das Popidol jener Tage. Und während Gene`s Umgang mit den Medien zögerlich und mysteriös wirkte, indem er sich knapp wie auch kaum hörbar äußerte, ging Eddie relaxed in die Interviews, was natürlich besser ankam. Darüber hinaus war Eddie auch musikalischer als Gene, der ausschließlich „nur nach Gehör“ arbeitete, und stand demzufolge nicht nur bei Gene, sondern bei allen Musikern, mit denen er es zu tun bekam, hoch im Kurs.
Was das angeht, betrachtete Eddie Gene eher als Saufkumpan, dessen Missachtung sämtlicher Konventionen des Business sich wohltuend abhob von den „vornehmen“ Typen des Biz, mit denen Eddie es normalerweise zu tun bekam. Man könnte auch sagen, dass Gene für Eddie`s notwendige Bodenhaftung sorgte.
Jedenfalls kam diese bahnbrechende Tour der Beiden zu einer Zeit, in der sich die englische Musikszenerie im Umbruch befand. Der Erfolg von Hits a la „save the last dance for me“ erforderten einen enormen technischen Studioaufwand. Dies förderte dazu den verstärkten Einsatz an A&R Managern und Arrangeuren als treibende Kräfte hinter den Popsongs. Derartig gehypte Künstler konnten die im Studio glatt gezogenen Songs nicht auf die Bühne transportieren – das war damals schon so.
Eddie und Gene hatten da natürlich keine Probleme. Nicht zuletzt deshalb galten sie in England als „Hüter der geheiligten Flamme des Rock `n` Roll“. Der kontinuierliche Erfolg der Tour führte selbstredend zu kurzfristig und überhastet angesetzten Zusatzkonzerten, da Eddie in den USA auch noch seinen Verpflichtungen nachkommen mußte: Am Sonntag, den 17. April wurde er in den USA für Aufnahmesessions erwartet.
Die Arbeitsgenehmigungen für Eddie und Gene wurden verlängert, um ihnen Auftritte für eine weitere Woche ab dem 11. April im Hippodrom in Bristol zu ermöglichen. Beide checkten in Bristols größtem Hotel, dem Royal, ein. Eddie wurde depressiv und soff sich mit Gene weiter zu. Sharon Sheeley stieß 3 Tage später in Bristol hinzu, weil sie es nicht leiden konnte, Eddie für längere Zeit nicht zu sehen.
Gene und Eddie bewegten sich in vertrauter Routine über die Bühne, doch Eddie schien schon etwas von seinem Enthusiasmus verloren zu haben. Das Publikum aus Südwestengland wurde eher flüchtig abgefertigt, als das es begeisternde Auftritte erleben durfte.
Als der Tourmanager schließlich die Flugtickets den Jungs am letzten Morgen der Tour ins Hotel brachte, saß Eddie auf dem Bett, riß den Umschlag auf und schrie förmlich auf. „Guck Dir das an, Junge. Wirklich echte Tickets in die USA!“ (frei übersetzt)
Am letzten Tag der Tour fuhr der britische Popsänger Johnny Gentle mit den Auto in Bristol vor, um einen krank geworden Support Act von Gene und Eddie zu vertreten. Begleitet wurde er von seiner Freundin sowie einem anderen Paar.
Kaum war der Vorhang der letzten Show gefallen - „10.30 pm on Saturday Night“ - traf Gentle auf Eddie im Flur vor dem Umkleideraum. Gentle sagte später hierzu folgendes: „ Der Rest der Show reiste auf der Tour mit dem Bus, aber ich bin lediglich für Jemanden eingesprungen und kam deshalb mit dem Auto. Eddie wußte das und fragte mich, ob ich ihn, Gene und Sharon mitnehmen könnte, wenn ich zurück nach London fuhr. Sharon stand daneben und sagte `Bitte`, aber mein Auto war vollgeladen und ich konte nicht mehr als 2 Leute mitnehmen. Ansonsten hätte ich sie mitgenommen. Eddie sagte dann, dass er ein Taxi nehmen würde.“ (frei übersetzt)

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