Montag, 28. Oktober 2013

Udorallala: Onkel Lou

Eigentlich hatte ich mich gestern abend hingesetzt, um noch etwas zu dem wirklich guten Konzert vom Freitag zu schreiben. Aber da mußte ich traurigerweise lesen, dass Lou Reed gerade verstorben ist.
Onkel Lou ist tot? Ich war fassungslos; das Konzert vom Freitag war sofort vergessen. Nachdem ich mich etwas gefaßt hatte, machte ich mir ein Bier auf (das erste des Tages) und ging noch nicht zu Bett. Stattdessen setzte ich den Kopfhörer auf und …
„Hey man, what's your style
How you get your kicks for living“ …
„Kicks“ aus dem 1976er „Coney Island Baby“ Album schien mir als Starter für meine Gedenkzeremonie passend zu sein. Der schleppende Rhythmus, die quäkende Gitarre und der gelangweilt nörgelnde Gesang ist typisch für Onkel Lou. Wobei die Gitarre normalerweise immer schrammelt – somit doch irgendwie außergewöhnlich für Onkel Lou.
Und außergewöhnlich war ja bekanntlich sein zweiter Vorname, wie wir nur zu gut wissen. Der Beginn seiner Solo Phase mit „Transformer“ markiert wohl auch seine privat übelste Zeit. Das von ihm selbst gestreute Bonmot, das Lou Reed seine Drogensucht mit Alkohol bekämpfte, kam in den Siebzigern nur bedingt zum Tragen.
Gerade in dieser Zeit, der Nähe zu seinen Westberliner WG Kumpels David Bowie und Iggy Pop, war drogengeschwängert ohne Ende. Man schaue sich nur Videos aus dieser Zeit an. Kurze, rotblond gefärbte Haare. Schwarze Sonnenbrille auf und ständig auf der Bühne rumzappelnd – das war Lou Reed zu jener Zeit, als er seine bekanntesten Solo Stücke schrieb.
Auf der „Blue Mask“ von 1982 wirkte er da schon routinierter und abgeklärter. Von nun an konnte man ihn zu den großen weisen Männern zählen. Seine Zusammenarbeit in jener Zeit mit u.a. Robert Quine zeigte einen musikalisch gereiften Reed, der live nur noch selten aus der Haut fuhr.
Sein meiner Ansicht nach bestes Werk „New York“ von 1989 brachte seine Qualitäten als Songschreiber voll zur Geltung, das den einzelnen Songs innewohnende politische Engagement führte Onkel Lou auch ein zunehmend junges Publikum zu. „Strawman“ oder „Dirty Blvd.“ Sind ja auch zeitlose Kracher. Songs für die Ewigkeit.
Oder eben für mein zweites Bier in jener Nacht. „Romeo had Juliette“ ist halt auch ein Song zum Mitwippen.
Zugegebenermaßen habe ich Onkel Lou danach nur noch selten mit seinen neuen CDs zugehört. So ist sein letztes Machwerk mit Metallica kaum erträglich, zeigt aber die unermüdliche Haltung des Urvaters aller Indie Gitarren Schrapler:
„Fight Them Back !“
Mich persönlich beeinflußte Lou Reed hauptsächlich in den 80ern, nachdem ich zum Frühstück bei Aki gelandet war. Wie immer mit viel Raketentreibstoff sowie Kaffee aufgeladen, hörte ich mir bei Aki Sachen an, die ich noch nicht kannte. John Cale und Lou Reed waren da auch mal dabei.
Kein halbes Jahr später hatte ich nicht nur eine Vielzahl von Onkel Lou`s Platten, sondern auch (fast) alle von Velvet Underground.
Die erste – „Velvet Underground mit Nico“ – darf heute in keiner ernstzunehmenden Plattensammlung fehlen, obwohl sich die erste Auflage 1967 nur 30.000mal verkaufen konnte.
Die düstere, getragene Stimmung war damals absolut neu und entstand aus der New Yorker Künstler Szene um Andy Warhol. Wohl zum ersten Mal flossen hier verschiedene Kunstgattungen zusammen, so man Rockmusik als Kunst zu begreifen bereit ist.
Mein drittes Bier – halb Liter Dose …
„I am tired, I am weary
I could sleep for a thousand years
A thousand dreams that would awake me
Different colors made of tears“ Velvet Underground – Venus in Furs (1967)
Selbst heute noch klingt diese Platte schräg, denn sicher gab es seitdem Bands, die einen ähnlichen Sound fuhren. Schließlich gilt Velvet Underground nicht zu Unrecht als Protoband der Punk- und späteren Indiebewegung. Aber dank Nicos sprödem Gesang und John Cales Streicheinlagen kommt gerade bei den Songs im Zeitlupentempo eine depressive Stimmung auf, die doch irgendwie positiv ist.
Das klingt ziemlich dämlich, aber auf die Schnelle fiel mir nichts ein.
Letztendlich wollte ich diesen Nachruf auf Onkel Lou so schreiben, wie er seine Songs schrieb: Kurz und schnell runtergeschrieben, nicht lange dran rumdoktern.
Und jetzt ab damit ins Netz.
Ciao, Lou.

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