Donnerstag, 3. Oktober 2013

Contramann: Nach der Wahl ...

… ist vor der Wahl. Das klingt müde für einen „Nachruf“ auf die Bundestagswahl vor eineinhalb Wochen; Und müde bin ich auch, wenn ich an die nächsten 4 Jahre denke.
Heute ist z. B. der Nationalfeiertag. Heute vor 23 Jahren wurde wieder das zusammengeführt, was zusammengehört. Die 5 Bundesländer der ehemaligen DDR sowie Ost-Berlin wurden in die Bundesrepublik einverleibt. Die bundesdeutschen Gesetze und das Grundgesetz wurden unverändert übernommen. Von der DDR blieb lediglich das Ampelmännchen (mittlerweile eine hippe Marke) sowie der grüne Rechtsabbiegerpfeil bei roter Ampel. Blühende Landschaften sollten entstehen.
Klingt ja fast wie bei der Annexion Österreichs 1938, oder ?
Aber das ist sicher nicht der passende Vergleich. Besser vergleichen wir den 3. Oktober 1990 mit dem 23. Mai 1949. Die Staatsgründung der Bundesrepublik Deutschland, wer es vergessen haben sollte. Da packen wir noch einmal 23 Jahre drauf …
Dann sind wir am 23. Mai 1972 angelangt. Hartmudo war gerade 11 Jahre alt geworden. Seine älteren Schwestern liefen im Hippielook durch die Gegend (Berta war wohl doch schon verheiratet). Die Wirtschaft boomte nicht mehr so stark wie in den ersten zwei Jahrzehnten, aber trotzdem sank die Arbeitszeit und die Gehälter stiegen. Bei zunehmender Produktivität der Wirtschaft ging dies auch. Zwar lagen Erdölkrise und Terrorismusangst noch in der (unmittelbaren) Zukunft, aber der Optimismus war ungebrochen.
Und heute? Wo stehen wir nach 23 Jahren Wiedervereinigung?
„Deutschland geht es gut.“ sagte die Kanzlerin vor der Bundestagswahl und begründete dies mit dem Wirtschaftswachstum, welches nächstes Jahr wieder anziehen soll. Dies motivierte 71,5 % der Wahlberechtigten, um ihr Kreuz zu machen. Die zweitniedrigste Wahlbeteiligung in der Geschichte der Bundesrepublik im Übrigen.
Bleiben wir kurz mal hier, was ist passiert? 41Einhalb Prozent für die Union und 25+ für die Nachfahren von Ferdinand Lasalle – 150 Jahre SPD dies Jahr! Bei einer sich abzeichnenden großen Koalition von CDU und SPD bedeutet dies fast 80 der Sitze.
Dies ist insofern von Belang, weil die verbleibende Opposition von Grünen und Linken damit nicht die erforderlichen 25% der Sitze erlangt haben, um im Bedarfsfall einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß einberufen zu können.
Aber vielleicht ist das nicht so wichtig. Schließlich gab es so etwas in der Volkskammer der DDR auch nicht. An etwaige Änderungen des Grundgesetzes habe ich hierbei noch nicht einmal gedacht. Das sieht mir dann doch nicht so stimmungsvoll aus.
Die Seeheimer bei den Genossen und allen voran hierbei der Dicke aus Goslar sowie der unsägliche Steinmeier werden schon zusehen, das sie in einer großen Koalition mitspielen dürfen. Natürlich nur zum Wohle des Vaterlands.
Und das wiegt doch schwerer als politische Grundsätze. Oder wesentliche Forderungen wie Mindestlohn oder Beschneidung der ungezügelten Finanzwirtschaft. „Wir dürfen den Finanzstandort Deutschland nicht gefährden.“ sagte der seinerzeitige Finanzminister Peer Steinbrück. 2013 war er Kanzlerkandidat der SPD und mußte ihm mißliche Positionen wie Mindestlohn und eben Beschränkung des Finanzcasinos vertreten.
„Großmutter, was hast Du nur für große Augen...“
Aber vielleicht kommt es noch anders. Schwarz-Grün ist auch noch möglich. Der Herr Kretschmann aus Stuttgart ward ins Kanzleramt zu Sondierungsgesprächen geladen. Der Herr Kretschmann, der im „Ländle“ regiert und richtig froh, das er Stuttgart 21 nicht stoppen muß äh traurig ist nicht stoppen darf.
Trittin mag ein eitler Geck und wachsweich in seinen politischen Ansichten gewesen sein. Aber der Schorlebruder aus Stuttgart steht nicht gerade für die Grundpositionen grüner Politik. Ein Apparatschik reinsten Wassers!
Im Wahlkamp wurde von SPD, Grünen und den Linken das Thema Mindestlohn hoch aufgehängt. 42 % der abgegebenen Stimmen und eine theoretische Mehrheit von 7 Sitzen für die Mehrheit „links der Mitte“ sind auch ein Ergebnis der Bundestagswahl. Es gab hierzulande Regierungen, die mit knapperen Sitzmehrheiten die Macht ausübten.
Aber da waren sich SPD und Grüne einig: Die Linke ist nicht regierungsfähig. Die Linken aus „Ostdeutschland“ hätten zwar gelernt (auf Landesebene gab es schon Koalitionen SPD-Links), aber die Linken aus Westdeutschland sind alles Sektierer.
Da reden wir von Klaus Ernst (Porsche-Klaus), Axel Troost oder Bernd Riexinger. Maurer fällt mir noch ein. Wir reden hier über Gewerkschaftsfunktionäre, die mit der Linie der SPD unzufrieden waren. Diese Leute liegen eher auf der Linie von Lasalle oder Bebel als Bruder Sigmar.
Das Lafontaine für die SPD ein rotes Tuch ist, ist ja nichts Neues. 
Aber der Rest? Quatsch mit Soße. Hier wird wiedermal Agitprop pur betrieben. Traurige Sache das.
Wenn es denn also zur großen Koalition kommt, ist Gregor Gysi auf ei9nmal Oppositionsführer. Dieser inoffizielle Titel gebührt dem Fraktionsvorsitzenden der zahlenstärksten Oppositionspartei. Und das, obwohl er ja vor nem halben Jahr mal wieder als Stasi Spitzel verunglimpft wurde. Was ist daraus geworden, aus diesem Vorwurf? Genau das, was ich prophezeit hatte: Nichts!
Trotzdem gelten die Linken vielerorts als unwählbar. Nicht nur SPD oder Grüne. Auch die Medien, obwohl dies wahrlich nicht überrascht. Und das führt datzu, das auch viele Menschen auf diese Propaganda hereinfallen.
Sowas gab es 1972 nicht. Die Wahlbeteiligung lag bei 91 %. Die höchste Wahlbeteiligung in der Geschichte der Bundesrepublik. Mit 45,8% holte die SPD das beste Ergebnis ihrer Geschichte, steigerte den Wahlsieg 1969 nochmals um 3%. „Willi wählen“ hieß das Motto. Die Aufbruchstimmung 1969 mit den heute selbst bei der Union anerkannten Erfolgen in der Außenpolitik neben einer sozialen Innenpolitik spülte die Wähler in die Arme der SPD. Mit der Guillaume Affäre und dem daraus folgenden Rücktritts Willy Brandts 1974 folgte dann der unaufhaltsame Niedergang der Demokratie, insbesondere der Moral der Politiker.
Selbst Leute wie Strauß oder Biedenkopf hatten damals noch Rückrat und waren nicht so wachsweich wie die Wulffs und Steinmeiers heutzutage. Gleiches läßt sich über den Wähler an sich sagen.
Heutzutage kommen die Menschen aus der Schule, ohne z.B. die Grundsätze der Gewaltenteilung vermittelt bekommen zu haben. Da ist es schon wichtiger, das nächste Event nicht zu verpassen oder zu chillen als zur Wahl zu gehen. Ist ja sowieso egal....
1972 waren die Menschen nicht so gleichgültig. Sie glaubten an die Demokratie und die Macht ihrer Stimme. Auch wenn es selbst damals egal war: Sie glaubten dran und gingen wählen. Heuer ist der Glaube an die Wahl und damit die Demokratie verlorengegangen. Schade.
„Helden – wenn Dein Land Dich braucht.“ lief heut abend auf RTL. Da wurde tief in die Gefühlskiste gegriffen. Das beruhigt den deutschen Michel, weil er glaubt, das irgendein Held im Notfall Alle retten wird. Im Zweifelfall der Michel selbst, es sei denn, er müßte aus dem Sessel …
Was gab es Gutes von der Wahl zu berichten? FDP und AfD blieben unter 5% und sind draußen. Geil. Doppelt verdribbelt und aus. Wenn die FDP bitte auch weiterhin unter 5% bleiben könnte, wäre das schön. Der AfD lebt von Protestwählern und ist bald Geschichte wie die Piraten offenbar jetzt schon.
Und NPD und Konsorten? Weitab vom Schuß. Gut, aber es gilt auch weiterhin, diese Idioten im Auge zu behalten. Sicher ist Sicher.
Ergo bin ich müde. Das Wahlergebnis überrascht nicht wirklich. Nur der tiefe Sturz der FDP erfreut mein Herz. Jetzt wohl große Koalition unter Angela Merkel und damit 4 weitere Jahre Stillstand. 4 weitere Jahre Demokratieabbau. 4 weitere Jahre Umverteilung von Oben nach Unten. 4 weitere Jahre Herrschaft der Finanzkonzerne. Und und und.
Mein Trost ist, das die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt. Schaun mer mal. Ich befürchte zwar, das uns die Scheiße in den nächsten Jahren um die Ohren fliegt. Asber ich hab mich schon öfters getäuscht.
Auf ein Neues!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen