Mittwoch, 8. Mai 2013

H Lecter: Konti

Nein, nicht die Reifenfirma aus Hannover ist hier gemeint. Wir sind schließlich in Braunschweig und da ist ein Konti nur eins, nämlich ein Zehnerträger.
Wikipedia zum Thema Konti:
„Im Raum Braunschweig und Umgebung wurde von den Biermarken Wolters und Feldschlößchen bis zirka Ende der 1990er Jahre eine Getränkebatterie im Zehnergebinde (statt heute üblichem Sechserträger) angeboten. Die enthaltenen Flaschen hatten ein Volumen von 0,33 l, waren jedoch schlichter und schmaler als die übliche Steinieform. Auch wegen der damaligen Pfandfreiheit war der Konti regional sehr populär.“
Gibt es heuer leider nicht mehr. 10 kleine 0,33 Liter Fläschchen Bier. Das Flaschenglas so dünn wie es nur ging. Wenn ein Konti mal aus der Hand glitt – Holla! Da war der Fußboden aber voller Glassplitter.
Soweit Wikipedia. Ich weiß allerdings noch, das es die Träger sowohl für Pils als auch für Export gab. Das war noch in meiner frühesten Trinkphase gerade so erhältlich. Und als kleiner Pöks hatte ich Kontis von Gala gesehen. Eine traditionsreiche Marke, welche dann 1977 endgültig im Feldschlößchen Imperium aufging. Bis 1977 war es aber eher als National-Jürgens in Form von Billigbier erhältlich.
Einmal, bei einem Konzert in Hannover, hatten wir nen Herrenhäuser von der Tanke organisiert!
Und dann war da ja noch die Geschichte mit dem Wittinger Träger.
Ich weiß noch, dass Pocke und ich von einer Plattenkaufaktion kamen und noch nen Konti brauchten. Zuhause war das Bier alle. Der in roter Pappe eingekleidete 10erträger von Wittinger rief mit 3,99 DM noch mal eine Mark weniger als Wolters oder Feldschlößchen im Supermarkt aus.
Endlich saßen wir in unserer Wohnung vor der Anlage. Die erste zu hörende Scheibe lief auf dem Plattenspieler gerade an, da öffneten wir unsere ersten Fläschchen. Ein tiefer Schluck; Entgeistert blickte ich Pocke an. Pocke blickte mich an. Ein derart ekelhaftes Bier hatten wir bis dato nicht getrunken. Ob das Bier überlagert war oder nicht, das hatten wir gar nicht abgeprüft. Der erste Schluck war auch der letzte. Das Bier schütteten wir sofort weg. Weeg mit dem Konti, da gab es keine zwei Meinungen.
Eine übliche Kommunikation lief seinerzeit am Festnetz mit Schnur, es gab keine Handys oder Smartphones, folgendermaßen ab: „Biste zuhause? Dann komm ich vorbei.“ - „Bring nen Konti mit!“ Meistens wurden die Kontis sofort geknackt. Die Flaschen einzeln auspacken und in den Kühlschrank stellen, ging gar nicht. Entweder paßte der Träger komplett in den Kühlschrank oder er blieb draußen. Das wir mal nen Konti entkernt hätten, bloß um kaltes Bier zu haben, kam selten vor.
Eine Gefahr der Überhitzung durch warmes Bier bestand ohnehin nicht. Meistens holten wir Kontis vom Kiosk. Dort standen die Träger eh in der Kühlung. Und falls nicht: Warmes Bier kriegte ich damals noch runter; Heuer fällt mir das schwer. Im Gegensatz zu heute war der Kühlschrank auch nicht mit Essen so voll. Schließlich gehört ne Pizza ins Eisfach.
Da konnte man locker noch den Konti auf die Seite legen. Auf der Glasplatte unten lag er gut. Zur Not war auch eine Mittelablage überflüssig.
Eine schöne Geschichte mit nem Konti fällt mir noch ein. Anfang der 80er, ich war noch in der Ausbildung, machte ich viel mit Fabi (Kollega) und Hermann (Kumpel von Fabi) zusammen. Mehr dazu ein andernmal, aber eins gehört hierher. Kurz vor Weihnachten hatten die Beiden mit anderen Kumpels einen Brauch, an dem ich auch zwei- oder dreimal mitmachen konnte.
Treffpunkt war – mitten im Dezember – der stillgelegte Friedhof in der Goslarschen Straße. Auf einer Parkbank stellten wir unsere Mitbringsel ab. Jeder brachte nen Konti mit. Ich weiß noch, das Fabi oder Hermann darüber hinaus das eine Mal nen kleinen Campingkocher und nen Topf für Glühwein mithatte. Das war an einem Tag, an dem es schweinekalt war. Brrrr.
Wichtig war es aber trotz der Kälte, das der Konti nicht einfach gierig aufgerissen wurde. Nein. Hier mußten die Pülleken einzeln und vorsichtig aus der Verpackung genommen werden. Die leere Pappe wurde noch gebraucht. Denn es galt, den Weihnachtskönig zu wählen!
In einem Jahr hatte ich die Ehre, Weihnachtskönig zu sein. Vorsichtig wurde die Kontihülle an einer Seite eingerissen, so das ich sie mir auf den Kopf setzen konnte.
Schließlich braucht ein König auch eine Krone, oder? Meine vorrangigste Aufgabe war es, Weihnachtslieder anzustimmen. Ebenfalls dazu gehörte es, mit Krone die älteren Damen, die auf dem verschneiten Friedhof spazieren gingen, zum Mitsingen zu animieren. Dies gelang immer gut. Die Damen waren begeistert und sangen mit. Nen Glühwein kriegten sie auch noch ab.
Diese Aktion ging von Mittagsd bis zur Dunkelheit. Und, jetzt weiß ich es wieder, es war nicht irgendein Tag im Dezember. Es war der 24. Dezember!
Angie war bei meiner Königswahl auch noch dabei. Angie war ja sowieso immer da, wenn es galt, einen sicherzustellen. Wohl eine der wenigen Frauen, die damals einen Konti abends alleine austrinken konnten.
Die Kontis waren schon klasse. Ich vermisse sie mittlerweile ein bisserl, so ein Stückchen Heimat ist schon weg und kommt nicht wieder. Schnüff.

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