James Corey: Leviathan erwacht
„Jesus, Käpt`n.
Sie sehen vielleicht beschissen aus.“
Und wieder ein
neuer Schriftsteller. „Das faszinierendste Debüt seit Jahren!“
urteilt die Washington Post. Über James Corey fand ich keine Infos
im Buch, also Wikipedia. Und dort, im amerikanischen Wikipedia, habe
ich es gefunden.
Es
handelt sich hierbei um ein
Pseudonym, eine
Zusammenarbeit von 2 Autoren. Daniel Abraham und Ty Franck kenne ich
persönlich gar nicht. Abrahams kommt aus Albuquerque, New Mexico.
Von Ty Franck fand ich auf Anhieb nichts und habe es dann gelassen.
Ich finde es aber traurig, das weder der Verlag im Buch oder im Web
noch die Händler (Amazon, Bol, Buch.de etc) darauf hinweisen.
Dieses kollektive „Schweigen“ ist ein weiteres Anzeichen für die
armselige Qualität des deutschen Journalismus bzw. Buchhandels. Aber
das ist eher ein Thema für Contramann.
Worum
geht’s bei diesem 650 Seiten starken Schmöker? Die
Menschen haben das Sonnensystem besiedelt. Mars und Erde stehen sich
waffenstarrend argwöhnisch gegenüber. Die Bewohner der Asteroiden
und Planetoiden stehen da schon eher unter Kolonialverwaltung – und
zwar durch die Großkonzerne der Erde, selbst die Polizei ist
privatisiert.
Jim
Holden ist die gute Seele des Romans. Mit seiner Crew entdeckt er die
Leiche von Julie Mao, „Terroristin“ und Tochter eines
Firmenbosses. Sie starb eines grausamen Todes auf einem Frachter.
Alles sieht nach einem Anschlag der Marsianer aus und führt an den
Rand eines Krieges zwischen dem Mars, Gürtlern und der Erde.
Detective
Miller ist Polizist auf Ceres und soll die verschwundene
Firmentochter – Julie Mao – ausfindig machen. Im Laufe der
Ermittlungen stellt er (und damit der Leser) fest,
das seine besten Tage schon
vorbei sind und er sich nur noch mit Mühe (und viel Alkohol) im Job
hält. Er ist besessen von der toten Julie Mao, kündigt seinen Job
und will nur noch die Mörder ausfindig machen.
Holde3n
und Miller kämpfen sich actionreich durch das Geschehen. Es gibt
keine großartigen Schlachtengemälde, aber eine powervolle Story um
einen tödlichen Virus bzw. Alienmolekül, der offenbar von einem
Erdkonzern nazimäßig zur Vernichtung von Menschen im großen Stil
getestet wird. Aber dieses Molekül ist auch der Schlüssel zu den
Sternen, könnte es doch einen Überlichtantrieb ermöglichen.
Die
Jagd nach dem Molekül ist der Auftakt zu 2 Triologien und ist
einfach nur noch klasse. So macht SciFi wieder richtig Spaß. Band 2
der ersten Triologie, Calibans
Krieg, ist soeben auf Deutsch erschienen.
John Scalzi: Redshirts
Der
neue, abgeschlossenen Roman von John Scalzi, von dem ich zuletzt
nicht mehr so überzeugt war. Hat mich dann doch umgehauen. Scalzi
selbst hat als Berater für die TV Serie „Stargate Universe“
gearbeitet. Seine Erfahrungen dort verwurstet er in dieser galligen
Satire.
Fähnrich
Andy Dahl ist ein Redshirt auf der Intrepid, dem Flaggschiff der
Universal Union. Als einfache Mannschaftsmitglieder sind die
Redshirts auf Außenmissionen immer mit dabei. Und wenn insbesondere
4 bestimmte Offiziere auf Außenmission gehen, schnellt die Todesrate
bei den Redshirts signifikant in die Höhe.
Genüßlich
zu lesen ist es, als sich alle aus Dahls` Abteilung blitzschnell
verkrümeln, bevor der Captain das Labor des Teams betritt, weil er
noch jemanden für den bevorstehenden Außeneinsatz sucht.
Die
Lösung dieses Rätsels ist ebenso verblüffend wie genial: Ein
Hippie, der irgendwo in den Maschinenschächten der Intrepid haust
und die Besatzungsmitglieder warnt, wenn ein Außeneinsatz
bevorsteht, hat
herausgefunden, das es sich bei diesem Universum lediglich um eine
Fernsehserie (noch dazu eine schlechte) aus einem anderen Universum
handelt. Jede Mission entspricht einer Folge und die Toidesfälle
kommen immer zur Werbepause, während die dümmlichen „Helden“
nicht sterben.
Mit
Hilfe einer Zeitmaschine löst Dahl das Problem im Hollywood des
beginnenden 21. Jahrhunderts und stellt fest, das die Hauptpersonen
der Serie in Wirklichkeit er und die anderen Redshirts sind.
So
philosophisch der Roman gegen Ende auch daherkommt: Insgesamt ist es
eine hübsche, vor allen Dingen frische Idee und ist toll
geschrieben. Da kann ich Scalzi auch die zuletzt schwächeren Werke
verzeihen.
Edward Gibson: Sternenreise
Der
Autor war selbst Pilot von Skylab 3 und befand sich während einer
Mission über 80 Tage im All. Dieses von mir 1990 gekaufte Buch
lagerte also über 20 Jahre in meinem Schrank. Jetzt erst habe ich es
gelesen, klang halt nicht so spannend.
Die
Warfare 1 soll eine Gruppe von Planetoiden untersuchen, die knapp
außerhalb unseres Sonnensystems befinden. Der Funkkontakt reißt ab
und eine Rettungsmission wird kurzfristig erstellt. Der Leser merkt
sehr schnell, das Gibson hier vor allem seine Erfahrungen mit der
Nasa als Astronaut verarbeitet. Das ganze Buch besteht fast
ausschließlich aus Kritik am Bürokratismus auf Cape Canaveral,
Loblieder auf die Astronauten und den Sorgen und Ängsten der
Angehörigen.
Am
Ende jeden Kapitels wird eine außerirdische Macht angedeutet, die
den Leiter der ersten Mission wohl getötet hat bzw.
die Gedanken entnommen hat, weil sich dieses Wesen davon ernährt.
Erst auf den letzten 20 Seiten, als die Rettungsmission Warfare 1
erreicht, löst sich die Story von einer bloßen Beschreibung
aktueller Probleme der amerikanischen Raumfahrt hin zu einer
Konfrontation mit einem außerirdischen Wesen.
Elektrische
Impulse als Waffe retten am Ende den Mitgliedern von Warfare 2 das
Leben. Auf der Warfare 1 waren eh schon alle tot. Als Fazit bleibt,
das dies eine unausgegorene Idee ist und lediglich dazu dient, dem
geneigten Leser die momentanen Probleme der amerikanischen
Raumfahrindustrie nahe zu bringen. Schade.
Ben Bova: Die dunklen Wüsten des
Titan
Der
Altmeister! Ben Bova ist Jahrgang 1932 und schreibt immer noch gute
SciFi. Dieser Roman ist aus dem Jahr 1972 und Teil einer neunbändigen
Romanreihe,m von denen die letzten 4 bis heute nicht erschienen sind.
Ich las die deutsche Erstausgabe von 1975 (!). Die hatte ich wohl vor
Jahren, Jahrzehnten vom Flohmarkt gekauft.
Und
selbst in diesem kurzen Roman zeigt Bova seine außerordentliche
Klasse. Auf dem Saturnmond
Titan haben Aliens seltsame Artefakte hinterlassen. Eine
jahrzehntelange Reise zu den Nachbarsternen soll Klärung bringen.
O`Banion liebt Marlene; beide sind im Astronautenprogramm und wollen
zu den Sternen. Marlene liebt leider (auch) Lee, ein Forscher, der
die Artefakte mit entdeckt hat und dem Wahnsinn verfiel. Aber er kam
zurück und fliegt mit zu den Sternen. Marlene ist mit dabei;
O`Banion schafft es nicht.
O`Banion
fliegt stattdessen zum Jupiter und erforscht dort die Tiefen des
Gasmeeres. Erst spät erkennt er, das er selbst sein Schiff samt
Besatzung in Gefahr bringt. Marlene und Lee wiederum treffen
Jahrzehnte später auf dem einzigen Planeten des Sirius-Systems auf
Neandertaler! Die letzte Gruppe von Neandertalern ist wieder auf
Steinzeitniveau zurückgefallen, nachdem Äonen zuvor die „Anderen“
ihre Zivilisation zerstört hatten.
Auf
Titan stellt sich letztendlich heraus, das die Maschinen auf Titan
zur Erzeugung von Gravitationswellen dienen, um die Sonne – wie mit
Sirius geschehen – überhitzen zu lassen, auf das das Leben auf der
Erde – und damit die Neandertaler – zerstört werden. Das hat
dann ja nicht geklappt.
Hier
könnte man sich noch Fortsetzungen vorstellen. Waren die Anderen
doch der Homo Sapiens, ähnlich der Lemurer bei Perry Rhodan? Wo sind
die Aliens jetzt? Da aber die 4 letzten Romane nicht auf Deutsch
erschienen sind, werde ich dies leider nicht herausfinden. Schade.
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