Dienstag, 27. November 2012

Uncle Fester: grad gelesen November 2012

Thomas Wieczorek – Einigkeit und Recht und Doofheit

Ca. einmal pro Jahr veröffentlicht Wieczorek ein Buch zum aktuellen Zeitgeschehen. Ich würde es als Polemik bezeichnen. Dies ist das 5. Buch von ihm, welches ich lese und das 6. steht auch schon im Schrank.

Kurz und knackig: Wenn Du beim Schlußplädoyer von Schmickler in den Mitternachtsspitzen nen Abgang hast, dann ist Wieczorek genau das Richtige für Dich. Du weißt dann mehr als Charlotte Roche. Du weißt dann, was ein multipler Orgasmus ist.

Auf knapp 250 Seiten plus Anhang, Quellenverzeichnis etc. brennt Wieczorek ein Feuerwerk gegen den „Deutschen“ an sich mit all seinen Macken ab. Schrebergärtner, Autofahrer und der Spießer an sich stehen im Focus. Und wie immer bei Wieczorek wird auf Politiker, der Wirtschaftselite und anderen Prominenten ordentlich draufgehauen.

Wieczorek, Jahrgang 1953, hat viel durch. Er war bei Reuters, der Frankfurter Rundschau und auch Bildredakteur in den 80ern. Ab 1989 dann bei Eulenspiegel. Gerne ist er heute im TV bei Talkshows. Und jedes Jahr ein Buch bei Knaur. Er scheint davon leben zu können.

Er selbst bezeichnet sich nicht als Linker, obwohl er gern in diese Ecke gestellt wird. Des öfteren denke ich „genau“ oder „so isses“, wenn ich dieses Buch lese. Ein Feuerwerk an Infos prasselt auf mich herab. „Recht hatter, der Mann!“

Man kann sich die ganzen Fakten unmöglich merken. Das Buch erschlägt einen förmlich. Trotzdem ist es eine gute Bett- und Klolektüre. Contramann ist jedenfalls begeistert.



Michael Marcus Thurner – Turils Reise

Hoo Chaka! Thurner ist ein Schluchtenscheißer aus Wien und seit 2005 im Stammautorenteam von Perry Rhodan. Für Maddrax schreibt er auch. Davor arbeitete er u. a. als Kellner und in einem Reitstall. Bei so einer Vita muß ein interessanter Roman rauskommen. Und so ist es dann auch – Brandhorst ist nicht mehr allein in deutschen Landen!

Der Kahlsack ist eine nach außen abgeschottete Region irgendwo im Universum. 30.000 Völker wurden hier angesiedelt. Da ist von vogelähnlichen Wesen bis zu Insektoiden alles dabei. Auch die Humans – genau: Menschen – dürfen da nicht fehlen. Turil ist ein Human und gehört zum Volk der Thanatologen. Als interstellarer Bestattungsunternehmer wird er z. B. Auch beauftragt, an einem Herrscher die rituelle Tötung vorzunehmen, weil dies nach einer bestimmten Zeit so vorgesehen ist. Noch bevor Turil den alten Herrscher die Klinge in die Brust stossen kann, überfallen die Kitar den Planeten und löschen alles Leben aus. Turil kann gerade noch fliehen.

Unterstützung im Kampf gegen die Kitar hat Turil durch sein Raumschiff, das ihn mit verschiedenen Hilfsmitteln ausstatten kann, wodurch er nahezu unverwundbar wird. Allerdings ist Turil nicht wirklich unabhängig von der KI seines Schiffes. Tatsächlich ist er Sklave der Maschine…

Die letzlich doch überraschende Lösung rundet das positive Bild ab. Im ganzen Roman hagelt es nur so von Ideen. Viele obskure Aliens und der ewig spannende Kampf Mensch gegen künstliche Intelligenz fesselten mich bis zum Ende. Hier hat sich ein begabter Autor ausgetobt, was ja bekanntlich im Rahmen der großen Serien nicht möglich ist.

               



Michael Marcus Thurner – Plasmawelt

Gleich hinterher las ich den zweiten Roman aus dem Kahlsack-Universum. Hiebei handelt es sich um einen Planetenroman.

Auf dem Planeten Marek zieht die wandernde Stadt Kamandar über den Planeten; Immer in der Nähe befindet sich eine Plasmasäule, die sich in den Himmel erstreckt. Gramo Darn 15 ist im Kastensystem der Stadt Sklave auf der untersten Ebene. Nach jedem Tod erfolgt eine Wiedergeburt eines neuen Klons. Gramo Darn 15 – der 15. Klon also – kämpft gegen das diktatorische System an und schart eine Gruppe Gleichgesinnter um sich. Tatsächlich schafft er es am Ende des Romans, zum Diktator vorzudringen. Das furiose Finale bietet eine überraschende Lösung, hinterläßt aber am Ende offene Fragen. Schade.

Eine Stadt auf Rollen. Eine schöne Idee, aber geklaut. Philip Reeve mit „Mortal Engines“ oder auch Alastair Reynolds mit „Offenbarung“ hatten diese Idee vorher. Aber Thurner macht was draus. Die düstere Atmosphäre innerhalb der Stadt wird toll und spannend geschildert. Man mag das Buch nicht aus der Hand legen. Die offenen Fragen am Ende mindern das positive Gesamtbild, aber wenn es noch zu einer Fortsetzung auf dem Planeten Marek kommt, dann ist es ok. Ich bin gespannt.



Jack McDeVitt – Firebird

Endlich ist er erschienen, der 6. Roman um Alex Benedict und Chase Kolpath. Wie immer gut.

41 Jahre vor dem Zeitpunkt des Romans verschwand der Physiker Chris Robin spurlos. Er beschäftigte sich mit Paralleluniversen und wurde zeit seines Lebens nur belächelt. Hatte er doch Übergänge in Paralleluniversen gefunden? Das würde auch unerklärbare Sichtungen von Raumschiffen in der Vergangenheit überall im bekannten Universum erklären.

Hochspannung wie üblich. Aber auch hier fällt mir wieder eins auf: Der Roman spielt fast ausschließlich auf dem Planeten Rimway. Wir schreiben das fünfte oder sechste Jahrhundert des zwölften Jahrtausends (!) christlicher Zeitrechnung. Aber abgesehen von der entwickelten Technik – KI`s haben ja fast schon Bürgerstatus – hat man den Eindruck einer Gesellschaft, wie man sie eher mit den 60ern des vorherigen Jahrhunderts verbindet.

Das liegt sicher auch am Alter und der Vita des Autors. Schade. Alles super spannend, interessante Charaktere inbegriffen. Aber es liest sich, als ob McDevitt den Roman 1966 geschrieben hätte.

Trotzdem warte ich auf den siebten Band. Ich steh auf diese heile 60er Jahre Sache.

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