Thomas Wieczorek – Einigkeit und
Recht und Doofheit
Ca. einmal pro Jahr veröffentlicht
Wieczorek ein Buch zum aktuellen Zeitgeschehen. Ich würde es als
Polemik bezeichnen. Dies ist das 5. Buch von ihm, welches ich lese
und das 6. steht auch schon im Schrank.
Kurz und knackig: Wenn Du beim
Schlußplädoyer von Schmickler in den Mitternachtsspitzen nen Abgang
hast, dann ist Wieczorek genau das Richtige für Dich. Du weißt dann
mehr als Charlotte Roche. Du weißt dann, was ein multipler Orgasmus
ist.
Auf knapp 250 Seiten plus Anhang,
Quellenverzeichnis etc. brennt Wieczorek ein Feuerwerk gegen den
„Deutschen“ an sich mit all seinen Macken ab. Schrebergärtner,
Autofahrer und der Spießer an sich stehen im Focus. Und wie immer
bei Wieczorek wird auf Politiker, der Wirtschaftselite und anderen
Prominenten ordentlich draufgehauen.
Wieczorek, Jahrgang 1953, hat viel
durch. Er war bei Reuters, der Frankfurter Rundschau und auch
Bildredakteur in den 80ern. Ab 1989 dann bei Eulenspiegel. Gerne ist
er heute im TV bei Talkshows. Und jedes Jahr ein Buch bei Knaur. Er
scheint davon leben zu können.
Er selbst bezeichnet sich nicht als
Linker, obwohl er gern in diese Ecke gestellt wird. Des öfteren
denke ich „genau“ oder „so isses“, wenn ich dieses Buch lese.
Ein Feuerwerk an Infos prasselt auf mich herab. „Recht hatter, der
Mann!“
Man kann sich die ganzen Fakten
unmöglich merken. Das Buch erschlägt einen förmlich. Trotzdem ist
es eine gute Bett- und Klolektüre. Contramann ist jedenfalls
begeistert.
Michael Marcus Thurner – Turils
Reise
Hoo Chaka! Thurner ist ein
Schluchtenscheißer aus Wien und seit 2005 im Stammautorenteam von
Perry Rhodan. Für Maddrax schreibt er auch. Davor arbeitete er u. a.
als Kellner und in einem Reitstall. Bei so einer Vita muß ein
interessanter Roman rauskommen. Und so ist es dann auch –
Brandhorst ist nicht mehr allein in deutschen Landen!
Der Kahlsack ist eine nach außen
abgeschottete Region irgendwo im Universum. 30.000 Völker wurden
hier angesiedelt. Da ist von vogelähnlichen Wesen bis zu Insektoiden
alles dabei. Auch die Humans – genau: Menschen – dürfen da nicht
fehlen. Turil ist ein Human und gehört zum Volk der Thanatologen.
Als interstellarer Bestattungsunternehmer wird er z. B. Auch
beauftragt, an einem Herrscher die rituelle Tötung vorzunehmen, weil
dies nach einer bestimmten Zeit so vorgesehen ist. Noch bevor Turil
den alten Herrscher die Klinge in die Brust stossen kann, überfallen
die Kitar den Planeten und löschen alles Leben aus. Turil kann
gerade noch fliehen.
Unterstützung im Kampf gegen die Kitar
hat Turil durch sein Raumschiff, das ihn mit verschiedenen
Hilfsmitteln ausstatten kann, wodurch er nahezu unverwundbar wird.
Allerdings ist Turil nicht wirklich unabhängig von der KI seines
Schiffes. Tatsächlich ist er Sklave der Maschine…
Die letzlich doch überraschende Lösung
rundet das positive Bild ab. Im ganzen Roman hagelt es nur so von
Ideen. Viele obskure Aliens und der ewig spannende Kampf Mensch gegen
künstliche Intelligenz fesselten mich bis zum Ende. Hier hat sich
ein begabter Autor ausgetobt, was ja bekanntlich im Rahmen der großen
Serien nicht möglich ist.
Michael Marcus Thurner –
Plasmawelt
Gleich hinterher las ich den zweiten
Roman aus dem Kahlsack-Universum. Hiebei handelt es sich um einen
Planetenroman.
Auf dem Planeten Marek zieht die
wandernde Stadt Kamandar über den Planeten; Immer in der Nähe
befindet sich eine Plasmasäule, die sich in den Himmel erstreckt.
Gramo Darn 15 ist im Kastensystem der Stadt Sklave auf der untersten
Ebene. Nach jedem Tod erfolgt eine Wiedergeburt eines neuen Klons.
Gramo Darn 15 – der 15. Klon also – kämpft gegen das
diktatorische System an und schart eine Gruppe Gleichgesinnter um
sich. Tatsächlich schafft er es am Ende des Romans, zum Diktator
vorzudringen. Das furiose Finale bietet eine überraschende Lösung,
hinterläßt aber am Ende offene Fragen. Schade.
Eine Stadt auf Rollen. Eine schöne
Idee, aber geklaut. Philip Reeve mit „Mortal Engines“ oder auch
Alastair Reynolds mit „Offenbarung“ hatten diese Idee vorher.
Aber Thurner macht was draus. Die düstere Atmosphäre innerhalb der
Stadt wird toll und spannend geschildert. Man mag das Buch nicht aus
der Hand legen. Die offenen Fragen am Ende mindern das positive
Gesamtbild, aber wenn es noch zu einer Fortsetzung auf dem Planeten
Marek kommt, dann ist es ok. Ich bin gespannt.
Jack McDeVitt – Firebird
Endlich ist er erschienen, der 6. Roman
um Alex Benedict und Chase Kolpath. Wie immer gut.
41 Jahre vor dem Zeitpunkt des Romans
verschwand der Physiker Chris Robin spurlos. Er beschäftigte sich
mit Paralleluniversen und wurde zeit seines Lebens nur belächelt.
Hatte er doch Übergänge in Paralleluniversen gefunden? Das würde
auch unerklärbare Sichtungen von Raumschiffen in der Vergangenheit
überall im bekannten Universum erklären.
Hochspannung wie üblich. Aber auch
hier fällt mir wieder eins auf: Der Roman spielt fast ausschließlich
auf dem Planeten Rimway. Wir schreiben das fünfte oder sechste
Jahrhundert des zwölften Jahrtausends (!) christlicher Zeitrechnung.
Aber abgesehen von der entwickelten Technik – KI`s haben ja fast
schon Bürgerstatus – hat man den Eindruck einer Gesellschaft, wie
man sie eher mit den 60ern des vorherigen Jahrhunderts verbindet.
Das liegt sicher auch am Alter und der
Vita des Autors. Schade. Alles super spannend, interessante
Charaktere inbegriffen. Aber es liest sich, als ob McDevitt den Roman
1966 geschrieben hätte.
Trotzdem warte ich auf den siebten
Band. Ich steh auf diese heile 60er Jahre Sache.
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