Wieder mal im Karrierespiegel fand ich
einen interessanten Artikel:
Spricht mir aus der Seele. In anderen
Artikeln versucht Spiegel Online, frustrierte Führungskräfte beim
täglichen Kampf mit den Untergebenen aufzubauen. Aber dieser hier
trifft es.
Der Reihe nach. Das Credo lautet: Wenn
Du befördert wirst und zum Chef mutierst, bist Du von einem auf den
anderen Tag nicht mehr der Kumpel unter den Kollegen. Du bist einsam,
alle gehen auf Distanz und keiner will mehr mit Dir essen gehen.
Es ist halt so: In jungen Jahren sind
alle karrieregeil. Gibt ja auch mehr Geld und – ganz wichtig –
mehr Ansehen. Damit kann man im Freundeskreis und der Familie
punkten. Ergo strengt man sich an. Sieht zu, das man nicht aneckt.
Tut, was erwartet wird (frei nach Loriot). Und dann rückt man
endlich in den Kreis der Führungskräfte auf. Vielleicht gibt es
dafür auch nen Dienstwagen oder Diensthandy. Endlich kann man etwas
bewegen, verkrustete Strukturen aufbrechen und so.
Doch was ist das? Die ehemaligen
Kollegen gehen mehr und mehr auf Distanz. Die Gespräche stocken,
wenn der Chef das Zimmer betritt. Schließlich wird die neue,
hochmotivierte Führungskraft von Tag zu Tag einsamer.
Sicherlich gibt es mehr Geld, dafür
ist aber auch nicht um 16.00 Uhr Feierabend. Mal eben zum
Kindergeburtstag eher abhauen – ist nicht. Endlose Besprechungen,
wo sich alle gegenseitig belauern. Und wenn der „Neue“ dann eine
frische Idee anbringen will, wird er schnell daran erinnert, das er
ja neu ist und die Zusammenhänge noch nicht versteht.
Da steht dann die neue Führungskraft
ganz alleine da. Immer unter Dampf; Abschalten ist schwer möglich.
Privatvergnügen sozusagen. 5 – 10 Überstunden werden natürlich
vorausgesetzt. Und wo früher das Fachwissen gefragt war, sind es
jetzt die Statistiken und Kennzahlen, die den Vorgesetzten
beschäftigen. Und die niemals endenden Besprechungen zu den
unmöglichsten Zeiten zehren an den Nerven.
Da ist es schon berechtigt, sich selbst
zu überprüfen und zu fragen: Ist es das wert? Vfür die paar Kröten
mehr so nen Streß? Mit dem Sachbearbeitergehalt ging es doch auch,
vor allem entspannter. Statt dem neuen Passat fährt man halt ne alte
Karre. Na und?
Dies merkt man allerdings erst im
höheren Lebensalter, wenn alles nicht mehr ganz so leicht fällt.
Und erst in diesem – hohen – Alter ist man normalerweise
überhaupt in der Lage, jüngere Menschen zu führen und somit den
„Chef“ zu spielen.
Bis in die 80er Jahre des letzten
Jahrhunderts hinein galt dies als Tatsache. Damals gab es keine
Führungsseminare oder Smartphones wie heute. Nicht zu Unrecht
vermutete man bei älteren Mitarbeitern kraft ihrer Lebenserfahrung,
mithin Familie und Kinderaufzucht, die notwendigen Qualitäten einer
Führungskraft. Das hieß damals Motivation, Organisation und
Durchsetzungsvermögen. Punkt.
Heuer wird Lebenserfahrung in
Führungsseminaren künstlich erlernt. Da ältere Mitarbeiter mit
Smartphones nicht umgehen können, disqualifiziert sie dies natürlich
als Führungskraft. Überhaupt ist das Lesen einer Statistik allein
schon ein Qualitätsmerkmal.
Ich bin immer wieder amüsiert, wenn
ich sehe, wie junge Menschen Mitte 30, sogenannte Führungskräfte,
über Excel-Tabellen brüten und glauben, was für eine unglaublich
schwierige Tätigkeit den Großteil ihrer Arbeitszeit in Anspruch
nimmt. Und dann ins Schlingern kommt, wenn er zwischenmenschliche
Konflikte unter seinen Mitarbeitern schlichten will/soll. Manche
Sachen kann man nicht lernen.
Viele bleiben auch deshalb lieber
Sachbearbeiter, weil für die paar Flocken mehr nur Statistikgedöns
gemacht wird. Fachlich austoben kann man sich nur als Sachbearbeiter.
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