In den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes – hier die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen - haben sich Gewerkschaften und Arbeitgeber lt. den Medien auf eine Erhöhung von 6,3% geeinigt. Laut den Medien deshalb, weil diese Erhöhung lediglich in 3 Stufen über 2 Jahre erfolgt. Mit der blanken Zahl von 6,3 wird fälschlicherweise suggeriert, das diese Erhöhung ab sofort gezahlt wird. Tatsächlich sollen es über 2 Jahre gerechnet 4,7% sein.
Aber darum geht es mir jetzt nicht. Im Netz habe ich zu diesem Thema viele Kommentare und Foren durchforstet. Hartmudo ist entsetzt, wenn auch nicht überrascht. Ich mußte viel geistigen Dünnschiß lesen. Alte Vorurteile gegen den öffentlichen Dienst sterben halt nicht aus. Da wird nicht richtig gearbeitet, heißt es. Der sichere Arbeitsplatz! Überflüssiges Personal. Bereiche wie Müllabfuhr oder Krankenhäuser sollen privat betrieben werden. Dann wird die Leistung billiger und besser. Dort – in der Privatwirtschaft – wird man noch freundlich bedient....
Was für ein Stuß! In Braunschweig ist die Müllabfuhr privatisiert. Preiswerter ist es nicht geworden. Das heißt... doch, die Kosten des privaten Betreibers sind geringer. Die Lohnkosten nämlich. Der Betreiber hat Personal eingespart und zahlt auch weniger bei Neueinstellungen als vorher die „öffentliche Hand“. Wurde diese Kostenersparnis an den Kunden bzw. Bürger weitergegeben? Klare Antwort: Nein!
Das eingesparte Geld der Lohnkosten wie auch höhere Gebühren kommen lediglich dem Arbeitgeber in Form von Gewinnen zugute. Für Krankenhäuser, wo auch schon eine große Privatisierungswelle angelaufen ist, gilt das erst recht. Und wenn mir irgendein Schwachstromstruller etwas von verbesserter Kundenfreundlichkeit erzählen will, muß ich mich immer arg zusammenreißen, um nicht ausfallend zu werden.
Die Dienstleistung einer Verwaltung kann naturgemäß nicht immer den Wünschen des Kunden entsprechen. Man kann dem Bürger eine Leistungskürzung oder ein Bußgeld noch so freundlich erklären – der Kunde wird sich bei für ihn negativen Entscheidungen immer „unfreundlich“ behandelt fühlen. Positve Entscheidungen hingegen werden häufig als selbstverständlich angenommen; eine Würdigung von Kundenfreundlichkeit oder Service findet nicht immer statt. Dies sind Erfahrungen, die ich in über 20 Jahren im Dienst für den Bürger machen durfte.
Der Kommentator der FAZ meint, das die Leistungen einer öffentlichen Verwaltung nicht meßbar seien. Erbsenzähler, dammischer! Kostenrechner sind potentielle Kinderficker, sag ich da nur. Wenn alles in Zahlen ausgedrückt werden muß, um einen Wert bzw. gesellschaftlichen Nutzen ermitteln zu können, dann gute Nacht Deutschland. Wenn Dein Haus brennt, wenn Du in der Klinik liegst oder auch nur die Polizei Deinen Verkehrsunfall aufnehmen soll... Alte Argumente, zugegebenermaßen, aber wenn diese Dienste nicht oder nur ungenügend bereitstehen, dann kann das richtig zu Schäden führen. Und um rechtzeitig helfen zu können, müssen diese Dienste vorgehalten werden. Das ist nichts anderes als eine Versicherung. Und das sollte es uns wert sein.
Denn eins ist doch wohl mal klar: Je schlechter die Bezahlung, desto schlechter das Arbeitsergebnis. Das der öffentliche Dienst der allgemeinen Lohnentwicklung seit über einem Jahrzehnt über 10% hinterherhinkt, wird auch von Kritikern des „hohen“ Tarifabschlusses so gesehen. Aber der sichere Arbeitsplatz, die klammen Kassen der Kommunen... Ist auch ne alte Platte.
Aber eines ärgert mich immer am Meisten: „Wenn ihr im öffentlichen Dienst so arbeiten müßtest wie ich in Firma XY, dann wüßtet ihr, was Arbeit eigentlich ist.“ Das habe ich so oft gelesen oder auch selbst in meinem Umfeld gehört, das ich diese Aussage nicht als Meinung einer kleinen Minderheit ansehen kann.
Ich kenne einige Ingenieure wie auch Doktoren. Viele davon sind in verantwortungsvollen Positionen und verdienen ordentliches Geld, mehr als ich. Auch kenne ich Leute, die nicht wie ich ein abgeschlossenes Hochschulstudium vorweisen können und trotzdem erheblich mehr Geld als ich nach Hause tragen. Das sei ihnen auch gegönnt. Dann möchte ich mir aber von diesen Leuten nicht vorhalten lassen, ich würde nicht „richtig“ arbeiten. Als Beamtenwitz lass ich mir das ja noch gefallen, aber wenn es ernst gemeint ist, dann hört es auf.
Um es ganz deutlich zu sagen: Wenn ich mitkriegen muß, wie der eine oder die andere Treffen mit Freunden oder auch Parties organisieren, da frage ich mich, wieso die Arbeitgeber dieser Leute nicht pleite gehen, da ich davon ausgehen muß, das ihr fehlendes Organisationstalent sich auf der Arbeit auch bemerkbar macht. Viele haben auch Probleme, sich schriftlich auszudrücken oder oder oder.
Verwaltungstätigkeiten wie z. B. das Abheften der Post (Miete, Kontoauszüge, Stromabschlag etc) werden gering geschätzt, weil sie keinen Spaß machen und unbequem sind. Häufig klingt die Post unverständlich und man versteht es nicht sofort. Aber sich damit auseinanderzusetzen ist dann oft schon schwierig. Grad solche Leute sind es meistens, die über den öffentlichen Dienst und die „einfachen“ Arbeiten lästern. Wenn man es selber nicht kann – einfach mal das Maul halten!
Über die Kundenfreundlichkeit in der Privatwirtschaft, insbesondere im Einzelhandel, kann ich häufig nur müde lächeln. Gelangweilte Verkäufer oder genervte Verkäuferinnen treffe ich erheblich häufiger als unfreundliche Kollegen von mir.
Und der sichere Arbeitsplatz ist auch nen Witz. Bei den heutzutage ebenfalls üblichen Zeitverträgen im öffentlichen Dienst passt das nicht. Aber auch bei mir als Beamten wird das auch schon mal zum Nachteil: Ein Arbeitgeberwechsel ist so gut wie nicht machbar und wenn dann nur innerhalb des öffentlichen Dienstes, ansonsten ist die Altersversorgung weg bzw. wird geringfügigst nachversichert. Beim heutigen Arbeitsmarkt ist dies vielleicht nicht so das Killerargument.
Mich wundert es auch, das die Leute, die über die „üppige“ Bezahlung im öffentlichen Dienst wettern, in der Vergangenheit nicht in die Verwaltung gegangen sind, wenn es dort so toll ist. Belächelt wurde ich seinerzeit, weil man „im Amt“ ja so wenig verdient.
Ich könnte wohl noch stundenlang weiterzetern und vieles hiervon hat Contramann schon vor Jahren geschrieben, aber mich stören manche Hackfressen aus der Privatwirtschaft immer noch. Ändern kann man das natürlich nicht und das ist auch gut so. Ich verbuche es einfach unter positiven Stress.
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