Als ich am 20. April im Krankenhaus zur Nachuntersuchung war, lag dort auch die aktuelle Ausgabe der örtlichen Kampfpresse namens Braunschweiger Zeitung rum. Irgendwie blättert man doch immer wieder rein, wenn man sie schon vor sich liegen hat.
Wenn dieses Blatt am Bahnhof oder im Supermarkt als kostenlose Leseprobe feilgeboten wird, antworte ich den Leuten vom Zeitungs-Stand immer wieder gern: „Nein Danke, keine Hugenbergpresse!“ Näheres zu Hugenberg hier:
Hugenberg hatte also Hitler „hochgeschrieben“. Während ich dies hier schreibe, haben wir den 20. April – Führers Geburtstag. Und, um das Deja Vu noch voll zu machen, will ich hier etwas über Ursula Piech schreiben. Eine geborene Plasser aus Braunau (!?) in Oberösterreich.
Aber damit keine Mißverständnisse aufkommen, möchte ich Frau Piech auf gar keinen Fall in die Nähe von Neonazis oder ähnlichem Gesockse rücken. Wer mir dies jetzt unterstellen möchte, dem widerspreche ich entschieden.
Nein, mir geht es um das „Hochschreiben“ durch die Braunschweiger Zeitung, welches man gemeinhin auch als Hofberichterstattung auffaßt. Denn in der heutigen Ausgabe stand im Wirtschaftsteil ein ganzseitiger Kommentar einer Redakteurin, in dem Frau Piechs Eignung für den Posten im Aufsichtsrat von Volkswagen mit ihrer menschlichen Art befürwortet wird. Leider hat die Braunschweiger Zeitung diesen Kommentar nicht online gestellt, so dass ich einen ähnlichen Artikel im Netz suchen mußte.
„Überraschenderweise“ mußte ich nicht lange suchen:
Aah, die Wirtschaftswoche. Der Name des Blattes gau(c)kelt einem so schön eine Seriösität vor, die nach Lektüre dieses Beitrages ruhig angezweifelt werden sollte. Aber weiter im Thema.
Frau Piech kam also Weihnachten 1982 als Kindermädchen, oder meinetwegen auch Gouvernante – klingt schön hochtrabend, zur Familie Piech und begeisterte durch ihre natürliche Art.
Das einige Aktionäre auf der VW-Hauptversammlung meinten, eine Erzieherin hätte nicht die notwendige Qualifikation , um in leitender Funktion des bald größten Automobilkonzerns der Welt zu wirken, stößt dem Kommentator hier auf. Deshalb stellt der Kommentator auf fast 2 Seiten die menschliche Seite von Frau Piech in den Vordergrund und begründet damit ihre Befähigung zu diesem Job. Außer dem Umstand, dass sie sich eingearbeitet habe, kann er keine anderen Argumente ins Feld führen.
So ein Quäse! Meine Löwin ist ebenfalls aufgrund ihrer natürlichen und ehrlichen Geradeheraushaltung genauso qualifiziert. Einarbeiten kann sie sich auch. Und außerdem ist sie keine Erzieherin, sondern ausgebildete Kauffrau in 2 Bereichen! Bloß leider ist sie bloß mit einem kleinen Beamten – also mir – verheiratet, der sie noch nicht einmal bei seinem Arbeitgeber „unterbringen“ kann, um eine evtl. drohende Arbeitslosigkeit zu vermeiden.
Als Aufsichtsratsvorsitzender von Volkswagen hat Herr Piech da natürlich ganz andere Möglichkeiten. Sicherlich kommt da ein bisserl Sozialneid meinerseits durch. Und eigentlich ist es zu begrüßen, dass eine Frau, die keine Bürokratin oder kalte Technikerin ist, in herausragender Stellung die Geschicke eines Weltkonzerns mitbestimmen kann. Da fallen mir auch gleich mehrere Filme mit Doris Day ein.
Aber trotzdem bleibe ich dabei: Als Ursula Plasser hätte man ihr diese Position niemals angeboten. Und so wie ich diesen Laden kenne, hätte sie noch nicht einmal als Putzfrau bei VW anfangen können. Das geht dort in der Regel wohl nur dann, wenn man Verwandte bei Volkswagen hat. Ausnahmen bestätigen hier sicherlich diese Regel. Schließlich ist Volkswagen einerseits ein Weltkonzern, andererseits eine kleine Klitsche in einem Dorf in Südostniedersachsen.
Ich bin mal gespannt auf die weiteren Kommentierungen anderer Medien zur Wahl von Ursula Piech in den Aufsichtsrat von Volkswagen. Wetten, dass auch Bild und Co dies positiv kommentieren?
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