Mittwoch, 14. März 2012

Hartmudo: Endlich ist es vorbei

8.3.2012 gegen 04:00 Uhr. Still ist es hier draußen. Vor ca. ner halben Stunde bin ich aufgewacht, weil ich nicht mehr schlafen konnte. Die Vorfreude ist wahrscheinlich schuld daran. Vorfreude über meine bevorstehende Entlassung aus dem Krankenhaus.
3 Tage vorher war die OP; danach das übliche Programm, wie ich es auch vom 1. Besuch in diesem Krankenhaus 3 Monate vorher kannte. Um 7:00 Uhr wecken zum Frühstück, dann kommen die Schwestern zum Kompressenwechseln. Die Visite der Chefärzte hinterher und irgendwann ist Mittag. Nach dem warmen Essen kommt irgendwann nochmal ein Kompressenwechsel (Vorher Toilette und Ausduschen) und a bisserl später bläst die Nachtschwester gegen 22.00 Uhr zum Zapfenstreich. Nein, nicht Kelly Trump, ihr Ferkel!
Die ganze Zeit bei mir im Zimmer Luffe Wolter (Dieser Alias, weil sein richtiger Name … war auch Torwart bei der Eintracht). Mein Leidensgenosse, der optisch an den jungen Toddn erinnert, hatte sich beim Sport auf den Steiß gesetzt und sich dabei einen 3fachen Abszeß oberhalb der Ritze eingefangen. Zusammen mit seiner Freundin und den Freunden ergibt das eine Mischung aus „Big Bang Theory“ und „How I met your Mother“. Oder für Nichteingeweihte: Klasse Typ. Einer der wenigen Endzwanziger, mit denen ich gut klar komme.
Aber es ist jetzt 4:00 Uhr morgens und ich sitze auf dem Flur der Station 2, Herzogin-Elisabeth-Heim in Melverode. Von Luffes Hustenanfall wachte ich kurz vorher auf, schnappte mir mein Buch und setzte mich auf den Flur. Am Vormittag sollen wir entlassen werden, ich kuriere die offene Wunde in meiner Ritze zuhause aus und in 3-4 Wochen sollte alles gut sein. Keine Drainage (Gummischlauch) wie im Dezember. Anfang April sollte alles dicht sein. Krankenhaus Ende und aus.
Aber erstmal rutsche ich von links nach rechts auf dem Stuhl – es schmerzt halt noch etwas. Und alles ist mucksmäuschenstill. Die Nachtschwester huscht vorrüber, ab und zu kommt auch ein Arzt vorbeigeschlichen auf den Weg in den OP oder den Pausenraum. Ich weiß es nicht.
Und dann, nach halb fünf, kommt aus dem Fahrstuhl ein älterer Herr auf Krücken in meine Richtung geschlendert. Er suchte den Raum der Stille und konnte ebenfalls nicht schlafen. Hüftoperation, 2. Woche im KH. Ich besorgte uns einen Kaffee und wir quatschten eine Stunde lang über dies und das. Er machte sich Sorgen um seine Frau, die allein zu Hause und nach einem Schlaganfall gehandicapt ist. Der Sohn versorgte sie während seines KH-Aufenthaltes. Er sinnierte über die Holzkirche in Hahnenklee, wo die beiden ihre Silberhochzeit feierten und dem Sinn einer Ehe. Das hat mich schwer beeindruckt. Als es dann politisch wurde, wollte er meinen Ausführungen zum historischen Materialismus nicht folgen und ging. Schade – bis zur Politik hatten wir uns prima unterhalten.
Zwischendurch ist es voller geworden; auch die schwarzafrikanische Putzfrau war jetzt aktiv. Nach und nach trudelten alle ein und ich ging ins Zimmer zurück. Frühstück war angesagt.
Montag gegen 7.00 Uhr kam ich an im Krankenhaus, Donnerstag gegen 10.00 Uhr wurden Luffe und ich entlassen. Stundenlang mußte ich Montag auf die Operation warten – angezogen, am Tischchen im Zimmer sitzend. Das Buch in der Hand. Dann kam die Schwester und machte Druck: In 15 Minuten sollte es los gehen. War mein Puls vorher noch überraschend ruhig, stieg er jetzt in luftige Höhen. Nach der OP im Aufwachraum war ich dann sogar euphorisch, erst recht nach dem ersten Toilettengang. Luffe ging es ähnlich. Aber Donnerstag um 10.00 Uhr gingen wir getrennte Wege und verloren uns schnell aus den Augen. Da ich noch nen Termin zur Nachuntersuchung fixen mußte, hatte ich Luffe wohl am Ausgang verpaßt. So stieg ich zu Berta, meiner Schwester, ins Auto. Aufgrund eines Warnstreiks fuhren die Busse nicht. Berta fuhr mich nach Hause.
Best Wishes zuallererst für Schwester Sigrid, die knuffige Schwester mit der rauen Schale und dem menschlichen Kern. Luffe dafür, das er so ein angenehmer Mitbewohner war. Und natürlich der operierende Arzt, der die einzelnen Schritte der OP genau erklärte, ohne mich in Angst und Schrecken zu versetzen.
Jetzt ist mehr als eine Woche seit der OP vergangen und ich kuriere die Wunde zuhause aus. 2 x täglich ausduschen ist Pflicht. Ich versuche immer, diesen Termin mit der Entsorgung des Nahrungsmülls in meinem Darm zu koordinieren, was auch sehr gut klappt. Leider zwickt es noch ziemlich fies auf dem Klo, aber lt. dem Arzt ist alles in Ordnung und eine offene Wunde ist halt eine offene Wunde. Ab und zu scheuert es ganz fies, insbesondere dann, wenn ich gehe. Dann fühl ich mich wie ein 80jähriger und schleiche nein schlurfe so vor mich hin.
Aber egal. So nach und nach wird es besser. Langsam zwar, aber stetig. Mit Glück bin ich an meinem Geburtstag etwas fitter. Bis dahin dusche ich immer schön aus. Erst mit kaltem Wasser, damit es nicht so zwiebelt, dann warm. Hoffentlich kann ich bald wieder Rad fahren. Das vermisse ich am Meisten.

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