Vor über 2 Jahren habe ich mir aus einer Bierlaune heraus „Please Kill Me !“ von Legs McNeil und Gillian McCain gekauft. Seitdem lag diese gebundene Ausgabe, ein unhandlicher, klobiger Wälzer, ungestört in meinem Bücherregal. Noch originalzugeschweißt.
Erst vorletzte Woche habe ich mir den Ruck gegeben und die Plastikummantelung entfernt. Im Bus und Zug ist es zwar etwas unhandlich, aber um es einfach so liegen zu lassen…. Dazu war es zu teuer.Mit Interesse las ich die Einleitung, die ersten Seiten. Es beginnt mit Andy Warhol und seiner Factory, dem Künstlertreffpunkt Mitte der 60er Jahre in New York. Mittendrin: Velvet Underground.
Von Seite zu Seite entwickelte sich ein sehr bildliches Panorama, das mich sofort veranlasste, zuhause die alten Scheiben wieder abzuspielen.
Wenn etwa Lou Reed einen aufstrebenden Jungliteraten bittet, ihm (Reed) aufs Gesicht zu scheißen oder Iggy Pop seinen ersten Tripper von Nico holt, dann werden Zusammenhänge deutlich und Entwicklungen sichtbar. Wenn ein Herr Bowie sich in der Scene einschleimt oder Dee Dee Ramone auf der Stricherscene unterwegs ist, dann wird hier großes Kino gemacht.
Man leidet förmlich mit den Musikern, Groupies und Fans. Die Scene war sehr speziell, hart sowieso. Da sind Rapper wie Bushido oder Frauenarzt Kindergarten dagegen. Wenn ich auch vor Lektüre dieses Buches schon gerne die Ramones in ihrer Anfangszeit im CBGB`s gesehen hätte, dann bedaure ich es im Moment sogar, damals nicht direkt dabeigewesen zu sein.
Das ganze Buch besteht lediglich aus Interviewschnipseln, die die Autoren geschickt zusammengestellt haben. So ergibt sich eine durchgängige Handlung, jeweils aus der Perspektive der Interviewpartner erzählt. Diese Anekdoten schildern die Scene und die Musik ungeschminkt; Besser als Alan Bangs es höchstselbst niederschreiben könnte.
Da werden Begleitmusiker oder auch Groupies zu Helden und Stars zu Arschlöchern. Und trotzdem bewahren alle Figuren irgendwie ihre Würde, weil die Scene (zumindest nach den Schilderungen) für die heutige Zeit vollkommen liberal und tabulos eingestellt war.
Erst nach Lektüre dieses Buches werden die Songs von Velvet Underground bis zu den Dead Boys greifbar. Und irgendwo bei Seite 250 erfährst Du auch, wie und warum der Begriff Punk erfunden wurde. Aus einer Laune heraus halt, genau wie die Jungs und Mädels dieser Scene auch jahrelang agiert haben.
Das Buch ist schon 1994 erschienen. Der Dreh, dass man einfach Interviews aneinanderreiht, so daß sich eine Story ergibt, wurde gern kopiert. Erwähnt seien hier Jürgen Teipels „Verschwende Deine Jugend“ und John Robbs „Punk Rock“.
Den Teipel habe ich schon vor Jahren gelesen. Das Buch ist Pflicht für jeden, der etwas von „NDW“ faselt und damit eben nicht Nena, Markus oder Fräulein Menke meint. Wir reden auch hier über die Wurzeln, die kommerziell scheitern mußten, weil sie für die Masse zu hart waren.
„Punk Rock“ habe ich mir gerade gekauft und nur kurz reingeblickt. Sieht auch gut aus. Interviewstil. Nach den Amis und den Deutschen habe ich also auch die Engländer abgedeckt. Punk Rules OK. Alle Mann an Deck !
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