Am Wochenende des 3. und 4.12.2011 stimmten sich die Piraten auf ein Grundsatzprogramm ein. Für Contramann die Gelegenheit, einige Anmerkungen zu dieser neuen Partei loszuwerden.
Man muß wohl schon auf sie achten, auf die Piratenpartei. Angeblich ständen sie laut Umfragen bei 6-8%, wenn jetzt Bundestagswahlen wären.
Als Ziele beschlossen wurden insbesondere ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) nebst Mindestlohn, liberale Drogenpolitik, Trennung von Staat und Religion sowie ein fahrscheinloser öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV). Wegen der erstgenannten Forderungen sehen die Lei(d)tmedien die Piraten in Richtung links abdriften. Contramann fiel noch auf, dass die Piratenpartei sich auch gegen die Beschränkung von Managergehältern ausspricht.
Das ist nun wirklich nicht links und eigentlich auch nicht erwähnenswert, wäre da nicht die kleine Stimme in meinem Hinterkopf, die da „FDP“ flüstert. Denn die FDP hatte das BGE auch schon zur Diskussion gestellt. Und das Thema Managergehälter ausdrücklich zu erwähnen, weil es kein Thema sein soll, das ist der FDP näher als der Linkspartei.
Sensationell sind die Beschlüsse ergo nicht wirklich. BGE wie auch Liberalisierung der Drogenpolitik haben die Linken schon seit Jahren auf der Pfanne und sind dementsprechend im Thema. Wozu soll ich dann für diese Punkte eigentlich die Piraten wählen, zumal das Ziel beim BGE lediglich ist, Näheres von einer Expertenkommission klären zu lassen und eine Volksabstimmung darüber herbeizuführen. Höhe oder Finanzierung des BGE – da konnten die Piraten sich nicht drauf einigen. Zu Religion und Staat fällt Contramann nichts ein. Ich bin nicht mehr in der Kirche und zahle demnach keine Kirchensteuer. Wenn die Kirchensteuer ganz wegfällt, wird wahrscheinlich ne andere Steuer erhöht.
Eine Piratin auf dem Parteitag |
Es gibt nun auch wirklich drängendere Probleme. Finanzkrise, globale Erwärmung, Bevölkerungsexplosion und und und. Hierzu habe ich von den Piraten noch nichts Konkretes gehört.
Schauen wir uns mal die Piraten als solches an: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/parteitag-der-piraten-mit-laptop-ohne-lederhose-11551188.html . Wir sehen hier also den typischen Nerd, der schon als Kind alle Konsolen kannte und natürlich sämtliche Online-Rollenspiele. Abitur, Studium auf alle Fälle. Die Generation Facebook hat also die Politik entdeckt. In der Regel fehlt diesen Leuten dann doch die Lebenserfahrung, um den Bürger an sich einzuschätzen. Dies ist nämlich sehr wichtig, da in Deutschland eben nicht 80 Millionen Nerds leben, die ihre Freunde auf Facebook haben und sicher auch bereit sind, Leistung zu zeigen im Beruf. Auch mal andere Wege zu gehen bereit sind. Flexibel, was Arbeitszeit und Lebensmittelpunkt angeht. Sehr schön. Überwiegend Männer. Ein paar Frauen sind auch dabei wie die politische Geschäftsführerin Marina Weisband, eine 24jährige Psychologiestudentin.
Und da fragt sich Contramann, was wollen diese Kinder mir eigentlich erzählen? Vor 25 Jahren waren „wir“ auch elitär und intellektuell unangreifbar. Aber wir hatten nicht einen Großteil unserer Zeit mit Facebook und im Netz verbracht. Wir haben Fußball gespielt oder auch gesoffen. Und zwar auch mit Leuten, die eben nicht wie wir Abiturienten oder Studenten waren. Mit Leuten, die froh waren, dass sie nen Job hatten, um sich nen Auto leisten zu können. Da gab es auch Leute, die hatten schon Kinder. Die sahen wir dann nicht mehr so oft. Die waren ja auch nicht flexibel.
Genau das ist ein Punkt, der mich an der Generation Facebook stört: Der mangelnde Blick fürs Ganze. Das BGE ist ja ganz schön und läßt einem auch Freiheiten, um z. B. heute in Hamburg und morgen in Köln zu arbeiten. Ist ja auch egal, wo man ist, man kennt ja über Facebook oder Lokalisten.de genug „Freunde“. Aber leider ist das z. B. ab dem 1. Kind anders. Da heißt es Nestbauen, werte Nerds.
In diversen Foren bin ich dann auf Piraten gestossen, die in dem BGE ein Heilsversprechen, eine quasi religiöse Erfüllung sehen. Der eine meint, aufgrund seines Biorhythmus nicht vor 11.00 Uhr arbeiten zu können. Der nächste meint, mal hier 2-3 Std. arbeiten, dann mal wieder nicht, wäre so möglich. Und überhaupt kann sich dann jeder selbstverwirklichen. Und hat Zeit für wichtigere Dinge, z. Bsp. Für Reisen um den Globus.
Einer dieser Spezialisten – zugegebenermaßen ein Extremfall – lebt in Malaysia von einer (deutschen?) Entschädigungsrente. Und nebenbei ist er in politischen Foren zu Hause und twittert, was das Zeug hält. Weltklasse. Sind die Strände in Malaysia so groß, dass dort 80 Millionen Deutsche Platz haben? Aber halt – wenn wir alle dort sind, wer erwirtschaftet hier die benötigten finanziellen Mittel, damit wir uns dort die Sonne auf den Bauch scheinen lassen können?
Wahrscheinlich wäre es dann eher so, dass dort ein neues „Malle“ entstehen würde. Wie ich schon zuvor beschrieb, sind die meisten Mitbürger keine Nerds, höchstens Wutbürger, wenn sie endlich merken, dass das System ungerecht (mit ihnen) umgeht, weil sie z. B. den Job verlieren und keinen neuen kriegen. Es geht nicht einmal um die „bildungsfernen Schichten“, wie sie bei RTL nachmittags gezeigt werden. Die meisten „Normalos“ haben sogar nen Job, durchaus auch besser bezahlt als mancher Akademiker. Ein konkretes Auseinandersetzen mit Politik ist diesen Menschen aber zu langweilig, Konsum ist da wichtig. Alles andere ist egal. Das dies aber nur funktioniert, wenn man den „Mächtigen“ auf die Finger schaut, ist den meisten Leuten im RTL-Gewitter schon abhanden gekommen.
Immerhin ist dies den Piraten hoch anzurechnen, dass sich auch junge Leute politisch engagieren. Wenn die Schnarchnasen, die in einer realitätsfernen Umgebung leben, aus dieser Bewegung herausgefiltert sind, weil die Mehrheit der Piraten dann doch konstruktiv neue Politik machen möchte, dann ist die Partei auch für Contramann wählbar. Denn das BGE ist vom Prinzip her schon ein vernünftiger Ansatz und würde erhebliche, bisher anfallende bürokratische Kosten sparen. Aber die Hoffnung, das jeder mit der Zahlung von z. B. 1200,- € auch klarkommt, ist unrealistisch und zeigt mir, dass einige Piraten weltfremd sind. Was ist mit denjenigen, von denen RTL immer erzählt? Den Zigaretten rauchenden und Bier saufenden Asos? Doch, es gibt sie wirklich. Nicht so viele, wie Bild uns manchmal glauben lassen will, aber es gibt sie. Da ist dann nach einer Woche die Kohle weg. Sollen die dann hungern? Auf der Straße mit ihren Kindern leben? Das werden sicherlich auch die Nerds nicht wollen. Also brauchen wir wieder eine Art Sozialhilfe. Damit Bürokratie. Da würde es im Endeffekt ausreichen, den Hartz IV – Satz erheblich zu erhöhen.
Contramann könnte jetzt noch seitenlang weiter zetern, das ist aber müßig. Ein erstes Fazit ist, dass die Piraten gute Ansätze haben, die aber durch ihre Nähe zur Linkspartei auffallen. Insofern wären sie zur Zeit überflüssig, ja sogar schädlich, da sie die Position der Linken durch Wegnahme von Wählerstimmen schwächen. Bei den Piraten sind wohl Internet – Unternehmer sehr stark vertreten. Hier befürchte ich eine FDPsierung der Piraten, wenn sich die Spreu vom Weizen getrennt hat. Die „Sozialen“ werden zu den Linken abwandern, die ewig Unzufriedenen werden sich neue Betätigungsfelder suchen und wer übrigbleibt, lebt vom Internet und deren Freiheiten, die für diesen Personenkreis verständlicherweise wichtig ist.
Das wäre dann eine Klientelpartei reinsten Wassers. Weimar läßt grüßen.
Aber vielleicht schafft es Marina Weisband ja, die ganze Truppe zusammenzuhalten. Psychologie ist da gefragt. Contramann bleibt gespannt und …. sieht Frau Weisband als Gast in der Harald Schmidt Show. Neben ihr Charlotte Roche. Ich erfahre, dass sie zur Entspannung gerne mal zu Macces geht. Mit schlechtem Gewissen natürlich, aber immerhin. Ich gehe da auch hin – zu McDonalds. Aber ohne schlechtes Gewissen.
Das geht ja schneller, als ich dachte. Da sind die Piraten grade mal nen halbes Jahr in den Medien groß rausgekommen, da taucht ihre Integrationsfigur schon im Unterhaltungs TV auf. Contramann ist jetzt sehr skeptisch, was die Glaubwürdigkeit einer neuen Politikkultur angeht. Dann doch lieber Sarah und Oskar. Und Gregor, alter Schlemil.
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