Samstag, 6. August 2011

Udorallala: Naive

Meine Zeit mit John Peels Music muß irgendwann 1978 – 1980 gewesen sein. Ich weiß noch, dass er irgendwann die „Seventeen Seconds“ von Cure rauf und runterspielte, als sie rauskam. Wegen der Single von den Killjoys terminiere ich den Beginn jetzt mal auf 1978, weil da diese Platte rauskam und …. Rauf und runter. Fast jede Woche brachte John Peel die 2 Songs über den Äther:
Johnny won`t get to heaven b/w Naive“ – von den Killjoys.
Aber der Reihe nach. Jede Samstagnacht klingelte um 1.00 Uhr mein Wecker. Von dem Zeitpunkt an lag ich immer für 2 Stunden auf der Erde vor meinem Universum Radiorekorder. Start- und Aufnahmetaste mußten gleichzeitig gedrückt werden, oder reichte das Drücken der Pausetaste für Aufnahme oder Stop aus? Egal. Nach jedem Song sagte John Peel ein paar Sätze, die ich dank meines Schulenglisch grob verstand. Ich mußte nur die richtige Zehntelsekunde zum Songbeginn erwischen. Es klappte nicht immer. Mal schlief ich zwischendurch sogar ein, so dass ich dann die Wiederholung der Sendung (Montags des Nächtens?) auch noch erwischen mußte.
Wenn ich Pech hatte, kam, dann doch ein Reggaestück um die Ecke. Das hieß: Stop drücken, zurückspulen und den Rekorder wieder scharf machen.
In ein Büchlein kritzelte ich die Songnamen und die Bands, so wie ich es phonetisch raushörte. Aufgenommen habe ich ca. 2 Jahre lang auf BASF Ferrooxid C 90; Die Fachleute wissen Bescheid. Auf Chrom hatte ich immer nur Platten überspielt. Die Chromkassetten waren ja teurer.
Nach 2 Jahren war dann wohl auch Schluß. Ich hatte wohl auch mehr und mehr die heilenden Kräfte des Alkohols entdeckt und brauchte den Schlaf. Vielleicht war ja auch nur die Luft raus. Die meisten Aufnahmen aus dieser Zeit habe ich mir in späteren Jahren eh als Platte nachgekauft. Die über 60 MC`s wanderten in einen Alukoffer samt handbeschriebenen Beiheft. Erst 1999, beim Umzug in die Gartenstraße, habe ich die Kassetten weggeschmissen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich das Cassettendeck schon nicht mehr in Benutzung. Die MC`s hatten sich wahrscheinlich schon selbst magnetisiert und gelöscht. Wenigstens das Beiheft hätte ich aber behalten sollen. Zum Beömmeln über die mißverstandenen Songnamen hätte es sicher noch gereicht.
Naive habe ich als Video leider nicht gefunden. Stattdessen aber die Band live (im Studio) mit Interview. Jetzt noch zu Naive:
Der letzte Song war vorbei, John Peel sagte nur nuschelnderweise „The Killjoys, Naive“ und los gings. Laut, schnell und hart bretterte die Gitarre drauflos. Der offenbar aggressive Sänger spie den Text förmlich ins Micro und nach knapp 2 Minuten war dann Schluß. Geil. Wenn ein Song Punk war, dann dieser. Was immer jemand im Sounds über diesen Musikstil sagte – hier war es zu hören. Junge Leute aufgepaßt: Suchen bei YouTube nach „Killjoys Naive“. Eine Audiodatei werdet ihr finden und wissen, was lange vor Eurer Geburt Punk war.
Die Killjoys kamen aus Birmingham und brachten es lediglich zu einer Single. 1999 kam noch eine Platte nach mit 7 Titeln, woher auch immer. 2 John Peel Sessions gab es noch. Und das wars. Vielleicht kam das Aus, weil der Sänger nach Aufnahme der Single zurück nach Birmingham fuhr und seine Freundin mit nem andern Kerl überraschte. Aber mußte er deshalb gleich eine Soulband gründen, diese Dexy`s Midnight Runners nennen und einen Riesenhit landen?
Wenn man die Killjoys mit Kevin Rowland hört und sieht – das Video ist etwas höher, Du Nase! - und dann an Dexy`s Midnight Runners denkt … Unfaßbar.
Die Bassistin übrigens hieß Gem und ging hinterher zu Girlschool. Das passt da schon besser.
Naive höre ich immer noch gern. Für mich einer der besten Songs ever. Die wahren Schätze findet man halt nicht im gutsortierten Fachhandel, sondern irgendwo abseits in den Tiefen der Grabbeltische.

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