Samstag, 18. Juni 2011

Contramann: Arbeitsbeschaffer

(zuerst veröffentlicht 27.01.2008)
Mittwoch, 2.1.2008 auf RTL. 21.15 Uhr. Doku Soap mit dem Arbeitsbeschaffer aus Gera, der in bewährter RTL-Manie(r) das scheinbar Unmögliche schafft: "Arbeitslosigkeit ist keine Einbahnstraße. Wer wirklich will, hat auch eine Chance.
Die erste Folge habe ich leider verpaßt - erst der sehr ärgerliche Beitrag auf  Spiegel online  sowie die dazu gehörigen Beiträge im Spiegel Forum haben mich aufgeschreckt.
Contramann hat seinen ersten Auftritt. So geht es ja nicht, Ihr Kameraden vom Spiegel. Der Beitrag des Herrn Mohr ist ja noch unter Bild-Niveau. Falls Sie es noch nicht wußten, Herr Mohr:
Niveau ist keine Creme!
Was bringt es Druck auf Arbeitslose auszuüben, Jobs anzunehmen die es nicht gibt, oder bei denen sie auf Grund ihres Status gar keine Chance haben diese zu bekommen?
Wer stellt denn einen Langzeitarbeitslosen ein? Wer stellt jemanden mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein? Wer die allein erziehende Mutter mit 2 Kindern - und wer den 55jährigen Arbeitslosen.
Übrigens, aus den statistischen Erhebungen der Arbeitsagentur geht ganz klar hervor, dass der Großteil der Arbeitslosen über eine Berufsausbildung und Berufserfahrung verfügt.
Die Mär von den vermeintlich Unqualifizierten ist ideologischer Blödsinn, da immer mehr Arbeitslose sowohl über Berufsausbildung als auch Berufserfahrung verfügen.
Gleiches gilt für den Spruch „wer arbeiten will, kriegt auch welche.“
In einer Zeit, wo auf eine Stellenanzeige 100 Bewerbungen und mehr kommen und nur jede 2. freie Stelle mit einem Arbeitslosen besetzt wird, wo 8 Millionen real existierende Arbeitslose um vielleicht 500.000 freie Jobs kämpfen und wo sich die Unternehmen natürlich die besten Bewerber aussuchen können, sind Bewerber mit leichten Handicaps (Krankheit, Alter, Kinder) schwer unterzubringen.

Aber da hatten Gas-Gerd und Strom-Clement die rettende Idee: Der 1€-Jobber mußte her, damit alle nochmal randürfen. Schließlich macht Arbeit ja frei und froh.
Jedoch: 1 €-Jobs sind absolut kontraproduktiv, denn für jeden 1€-Jobber erhält der Arbeitgeber monatlich 500 € von der ARGE als „Aufwandsentschädigung“, während der 1€-Jobber zumeist einen bisher Festangestellten durch seine Tätigkeit überflüssig macht.
Dem 1€-Jobber nutzen solche Arbeiten wenig, da sein „Mehrgewinn“ zum Faulenzen mit Harz IV lediglich im Freibetrag von max. 150,-€ liegt. Davon darf er dann noch z. B. die Fahrtkosten tragen.
Der Arbeitgeber dagegen hat eine freie Stelle preisgünstig nachbesetzt und kriegt auch noch eine Belohnung von 500,-€ dafür.
Dies sind dann zusätzliche Kosten für die Allgemeinheit. Ein zusätzlicher Arbeitsloser – der ehemalige Festangestellte – und die „Belohnung“ aus dem – im weitesten Sinne Staatssäckl, die die Allgemeinheit beisteuern darf.
Und am Ende der befristeten Maßnahme steht der 1€-Jobber wieder da, wo er auch vorher stand, denn eine Festanstellung erfolgt nicht.

Auch ist das Bild des biertrinkenden Asozialen auf der Couch eben nicht abendfüllend. Viele dieser Menschen haben bereits jahrzehntelang gearbeitet, denen muß man einen geregelten Tag nicht beibringen.
Sicherlich ist Arbeit, die man frei, selbstbestimmt und gern tut ist in der Tat kein Übel, aber hat mit der heutigen Arbeitswelt nichts zu tun.
Beispiel: Worin das „Adelnde“ einer Tätigkeit bei Aldi an der Kasse oder im Call-Center liegen soll, ist mir nicht ersichtlich.
Diese Tätigkeiten haben offensichtlich nur einen Zweck: Einkommen!
In der Arbeitswelt fühlen sich doch vor allem Leute in Führungspositionen geadelt, aber nicht durch die Arbeit, sondern durch die Tatsache, dass sie Macht über andere Menschen ausüben können.
Somit wird die Arbeitswelt, um es überspitzt darzustellen, unterschiedlich erlebt:
Auf der einen Seite die alleinerziehende Aldiverkäuferin oder Altenpflegerin, deren karges Gehalt auf Hartz IV-Niveau angehoben werden muß.
Auf der anderen Seite die Führungskraft ab mittlerem Management, die in unzähligen überflüssigen Besprechungen den Arbeitstag gestaltet und zum Feierabend in den Touran steigt.
Auch das ein Klischee sicherlich. Das ein Manager aber fleißiger sei als eine Altenpflegerin, ist ein Schmarrn.

Abschließend bleibt noch folgende Frage, die im Spiegel Artikel nicht auftaucht, da dort diese Information einfach unterschlagen wird:
Warum soll der Aso aus der Doku eine Fahrtstrecke zur Arbeit von 200km hin und zurück in Kauf nehmen für 1600 brutto? Sich dort ne Wohnung nehmen und von der Familie getrennt sein?
Das ist doch Humbug. Es gibt doch auch in Jena genug Arbeitslose, da muß nicht noch einer durch die Gegend gondeln und die Luft verpesten.
Dies ist nun wirklich ein übler Beitrag im Spiegel und zeigt, wie schlecht mittlerweile das Niveau des Spiegels geworden ist.

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