Mittwoch, 28. Februar 2024

Uncle Fester: grad gelesen Februar 2024

Peter F. Hamilton - Fallen Dragon Zyklus
Dieser ca. 20 Jahre alte Dreiteiler wurde vom Bellé Epoque Verlag letztes oder vorletztes Jahr wieder aufgelegt. Jahrelang war er nicht erhältlich gewesen und nun für mich als alten Hamilton-Fan natürlich Pflichtprogramm.
Lawrence Newton ist Sergeant eines Platoons in der Privatarmee des intergalaktischen Konzerns Zantiu-Braun. Dieser führt auf den von Zantiu-Braun finanzierten Kolonialplaneten sogenannte Gewinnrealisierungsmissionen durch. Die Platoons dienen hierbei der Einschüchterung der Kolonisten, während andere Mitarbeiter des Konzerns Rohstoffe und andere Wertschätze einsammeln.
Die Kolonisten wehren sich nur äußerst selten, zu übermächtig sind die Platoons dank ihrer kugelsicheren und hitzebeständigen Skinsuits von Zantiu-Braun. Hamilton ist ein britischer Autor, man erkennt hier unschwer die Parallelen zum Kolonialismus des britischen Empire des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Thallspring ist einer dieser Planeten, auf dem dank Terraforming große Teile des Planeten derart entwickelt werden konnten, dass die Lebensqualität der der Erde in nichts nachsteht. Hier vermutet Lawrence einen großen Schatz, den er bei einer früheren Mission gesehen zu haben glaubte. Desillusioniert vom Vorgehen seiner Company will er den Schatz für sich statt für Zantiu-Braun sichern, sein Platoon ist eingeweiht und will ebenfalls profitieren.
Die Motive von Lawrence kommen im Laufe der Romane allerdings erst so nach und nach ans Licht. In längeren Passagen bekommen wir einen Blick in Kindheit und Jugendzeit von Lawrence auf einem anderen Kolonialplaneten namens Amethi geboten.
Als Sohn eines leitenden Managers der Kompanie, welche den Planeten erschlossen hatte, genießt Lorenz eine beschützte Kindheit, träumt aber von Reisen zu entfernten Planeten. Um den Jungen etwas „aufzuheitern", besorgt ihm sein Vater eine Prostituierte namens Roselyn, welche sich tatsächlich in Lawrence verliebt. Als Lawrence nach etlichen Monaten die Farce endlich durchschaut, ist er derart enttäuscht, dass er den Planeten verlässt und sich als Söldner bei Zantiu-Braun verdingt.
In den weiteren Zwischengeschichten wiederum erfahren wir nach und nach, das Lawrence von dem brutalen Vorgehen bei den Gewinnrealisierungsmissionen angewidert ist und irgendwann den Entschluss fasst, seinen „Schnitt" zu machen, um auf seinen Heimatplaneten zurückzukehren. Denn eins wird auf all den Seiten deutlich: Lawrence hat mit seiner wilden Flucht von Amethi einen Fehler gemacht. Er hätte Roselyn niemals verlassen dürfen.
Denise ist eine weitere Hauptperson dieser Geschichte. Aufgewachsen in einer geheimnisvollen Kommune auf Thallspring, arbeitet sie als Kindergärtnerin im Touristenort Memu Bay. Und so ganz nebenbei leitet sie die Widerstandsgruppe gegen Zantiu-Braun, welche lediglich aus drei Personen sowie einigen Helfern besteht.
Das Platoon von Lawrence soll in Memu Bay nebenbei für Ordnung sorgen. Aber so nach und nach werden die Mitglieder des Platoons durch die Widerstandsgruppe ausgeschaltet. Mit den letzten drei noch lebenden Mitgliedern seines Platoons bricht Lawrence irgendwann zum Showdown auf.
Der große Gegenspieler von Lawrence ist Simon Roderick, ein Ermittler von Zantiu-Braun, der dank mehrerer Klone immer dort erscheint, wo die Action ist. Dadurch bleibt er Lawrence auf den Fersen und kommt der Widerstandsbewegung von Denise auf die Schliche. Das ganze kulminiert im Showdown in einem fernen Sternensystem.
Kommen wir nun noch zum gefallenen Drachen. Dieses titelspendende Alien war tausende Jahre vorher auf Thallspring gestrandet, aber nur ein Bruchstück und damit unvollständiges Wesen. Die Hippie Kommune von Denise (alles Frauen) bewacht dieses Alien, welches sich dafür mit der Preisgabe von Nanotechnologie revanchiert.
Dies ist der wahre Schatz, hinter dem Lawrence als auch Simon Roderick her sind. Erst im dritten und letzten Band offenbart sich die Geschichte dieser Alien Rasse.
In längeren Passagen hatte Denise den Kindern die Geschichte des Ringimperiums erzählt. Dies diente der Erziehung der Kinder und beinhaltete in Wirklichkeit die Geschichte der Vorfahren der Aliens. Diese hatten sich vor dem Ende ihrer Existenz digitalisiert und in steinförmige Stücke transformiert.
Als die dank Nanotechnologie mit Superkräften ausgestattete Denise Lawrence gefangen nehmen kann, erkennt der nun eingeweihte Lawrence endlich die moralische Verwerflichkeit seines Vorhabens, da die Aliens nur zu gern bereit sind, ihr überragendes Wissen mit allen Menschen bedingungslos zu teilen. Dies würde auch die Gewinnrealisierungskampagnen von Zantiu-Braun überflüssig machen können.
Lawrence hilft Denise und dem Alien bei der Flucht vom Planeten und organisiert den Flug in ein weit entferntes Sternensystem. Simon Roderick ist ihnen dabei stets auf den Fersen. Nach einem kleinen Scharmützel haben alle was sie wollen. Das Alien Bruchstück ist zu Hause bei seiner Familie, Denise kehrt nach Thallspring zurück und Lawrence begibt sich auf die Reise zu seinem Heimatplaneten Amethi, um sich mit Roselyn auszusöhnen.
Beide nehmen das Wissen über die Nanotechnologie mit sich. Auch zwei Klone von Simon Roderick erhalten dieses Wissen. Einer, um Zantiu-Braun noch stärker werden zu lassen und einer, um die ganze Welt daran teilhaben lassen zu können. Wer wird sich durchsetzen?
Wir alle hoffen, der letztere. Denn das ist die Quintessenz des gesamten Roman-Zyklus: Der seit Jahren vorherrschende und überbordete Neoliberalismus einer Maggie Thatcher muss eingedämmt werden, damit die Menschheit in Frieden leben kann. Dies ist die Moral, welches in die reale Welt abstrahlen sollte.
Hamilton hat hier einen politischen wie kritischen Roman geschrieben und die Kritiker hatten dies übersehen. Dies ist sicherlich dem Umstand geschuldet, das Science Fiction Literatur in Kritikerkreisen immer noch nicht ernst genommen wird. Anfang des Jahrtausends geschrieben, ist dieser Roman-Zyklus 20 Jahre später trotz einiger Längen aktueller denn je. Also unbedingt lesen.

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